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Das Recht auf Bildung

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Das Recht auf Bildung

Anforderungen an die rechtliche und politische Implementierung

Axel Bernd Kunze

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Ethik im Unterric ht

herausgegeben von Ursula Reitemeyer

Band 12

Waxmann 2013

Münster / New York / München / Berlin

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Axel Bernd Kunze

Das Recht auf Bildung

Anforderungen an die rechtliche und politische Implementierung

Waxmann 2013

Münster / New York / München / Berlin

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Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Ethik im Unterricht, Band 12 ISSN 1615-9497

ISBN 978-3-8309-7812-1

Waxmann Verlag GmbH, Münster 2013 www.waxmann.com

info@waxmann.com

Umschlaggestaltung: Pleßmann Kommunikationsdesign, Ascheberg Druck: Hubert & Co., Göttingen

Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier, säurefrei gemäß ISO 9706

Printed in Germany

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, verboten.

Kein Teil dieses Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

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Inhalt

Vorwort der Herausgeberin ... 7

Vorwort des Verfassers ... 9

1 Einleitung: Das Recht auf Bildung zwischen pädagogischer und sozialethischer Perspektive ... 17

2 Grundspannungen bei der politischen und rechtlichen Implementierung ... 21

2.1 Freiheitsverpflichteter Staat und freiheitsberechtigte Gesellschaft ... 23

2.1.1 Rechtskultur des Maßes ... 28

2.1.2 Unbedingte Normen und interpretierende Prinzipien ... 33

2.1.3 Begrenzte Wirksamkeit des Staates und freies Spiel der gesellschaftlichen Kräfte ... 37

2.1.4 Staatliches Unter- und Übermaßverbot ... 43

2.2 Staatsgewalt und Individualfreiheit ... 45

2.2.1 Begrenzte Wirksamkeit des Staates und Selbsttätigkeit der Einzelnen ... 46

2.2.2 Staatliches Wächteramt und elterliches Erziehungsrecht ... 51

2.2.3 Rechtes Verhältnis von Regel und Ausnahme ... 54

2.2.4 Gefahr einer pädagogischen Kontrollgesellschaft ... 58

2.3 Negative und positive Freiheitsräume ... 60

2.3.1 Bildung und politisch-rechtliche Freiheit ... 63

2.3.2 Komplementäres Spannungsverhältnis von Freiheit und Gleichheit ... 68

2.3.2.1 Gleichheitsansprüche ... 71

2.3.2.2 Freiheitsansprüche ... 78

2.3.3 Notwendige pädagogische Rekontextualisierung ... 86

2.3.4 Mögliche Folgekosten einer Überdehnung des Rechts auf Bildung ... 92

3 Ertrag: Wie lässt sich ein Recht auf Bildung realisieren? ... 95

3.1 Begrenzte Wirksamkeit des Staates im Bildungsbereich ... 97

3.2 Befähigung zur Freiheit ist nur in Freiheit möglich ... 101

3.3 Komplementäres Zusammenspiel von Gleichheit und Freiheit ... 104

Literatur ... 109

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Vorwort der Herausgeberin

Öffentlicher Unterricht steht in einem allgemeinen Rechtsverhältnis, auch wenn das Unterrichten bzw. das Unterrichtetwerden immer ein individueller Vorgang ist. Dieses Rechtsverhältnis ist von komplexer Struktur und vollzieht sich in ver- schiedenen Sphären: in der personalen Sphäre von Lehrer und Schüler, in der personal-institutionellen Sphäre von Schulgemeinschaft und Schule, in der for- malen Sphäre von Institution und Staat und schließlich in der naturrechtlichen Sphäre von Grundrechten und gesellschaftlichem Allgemeinwillen.

Auch wenn sich die hier aufgelisteten Rechtssphären theoretisch gut vonei- nander abgrenzen lassen, so vermischen sie sich in der Unterrichtspraxis unwei- gerlich. Denn sowie der Lehrer pädagogisch tätig ist, ist er nicht nur dem Schüler und seinem Lernfortschritt verpflichtet, sondern zugleich der Schul- und Unter- richtsordnung, dem staatlich bereitgestellten Lehrplan und nicht zuletzt seinem Amtseid, der den Lehrer in die Pflicht nimmt, das pädagogische Amt gemäß den verbrieften Grundrechten auszuüben.

Um das pädagogische Verhältnis zwischen Schüler und Lehrer im öffentli- chen Unterricht als ein substantiell moralisches Verhältnis zu realisieren, muss es zugleich als ein den Grundrechten verpflichtetes Rechtsverhältnis konstituiert worden sein, von dem die Schüler, da es sich um ein sehr abstraktes Verhältnis handelt, wohl noch keinen deutlichen Begriff haben, aber von dem sie dennoch, wenn auch ganz unbestimmt, wissen, ob es für sie existiert oder nicht. Dies be- deutet, dass die Voraussetzung für einen im weitesten Sinne bildenden Unter- richt, der jenseits ethischer Grundkategorien nur unzureichend beschrieben wer- den könnte, das Bewusstsein des Lehrers von der Rechtssphäre ist, in der er sich zusammen mit dem Schüler bewegt, und dass er nur in dem Umfang ethische Inhalte vermitteln kann, sofern seine Unterrichtsethik dieser in letzter Konse- quenz naturrechtlichen Rechtssphäre entspricht.

Vor diesem Hintergrund erklärt sich, warum die vorliegende Studie von Axel Bernd Kunze Recht auf Bildung in die Reihe Ethik im Unterricht aufgenommen wurde. Die eigentümliche Spannung zwischen dem Rechtsanspruch eines jeden Menschen auf die bestmögliche Bildung und die Unkalkulierbarkeit von Bil- dungsprozessen, die ja als gelingende auf die Wechselwirkung zwischen päda- gogischer Aufforderung und selbsttätiger Erkenntnis bzw. selbsttätiger Aneig- nung von Wissensgegenständen angewiesen sind, schlägt sich auch im realen Unterricht nieder. Es ist der Lehrer, der den Spagat zwischen dem Staat und den Grundrechten, zwischen wechselnden Curricula und individueller Förderung und schließlich zwischen Wissensvermittlung und moralischer Erziehung machen muss, denn der Pädagoge steht – mit Buber gesprochen – an beiden Enden der Erziehung, der Schüler nur an einem. Hilfreich dürfte es für den Pädagogen sein,

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8 Vorwort der Herausgeberin von diesen Widersprüchen, die sich aus dem Rechtsverhältnis zwischen Indivi- duum und Gesellschaft bzw. zwischen Bürger und Staat ergeben und die bis in den Unterricht hineinwirken, Kenntnis zu haben, um den Unterricht eben nicht nur als Rechtsverhältnis zu verstehen, sondern zugleich als moralische Praxis zu gestalten.

Münster, im September 2012 Ursula Reitemeyer

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Vorwort des Verfassers

Deutschland steckt zu Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts erneut in ei- ner Bildungsreformdebatte. Auslöser war nicht zuletzt die erste der PISA1- Studien, die seit 2000 im regelmäßigen Turnus von der Organisation für wirt- schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) durchgeführt werden.

Eine der vertragsmäßigen Aufgaben der OECD ist die Politikberatung; mit Ende des Ost-West-Gegensatzes in den vergangenen Neunzigerjahren wurde der Or- ganisation mit Sitz in Paris ein erweiterter Aufgabenkatalog zugeschrieben, dar- unter auch vermehrte Befugnisse im Bereich Bildungsmonitoring. Durch die in- ternationale Schulleistungsuntersuchung ist die veränderte Rolle der OECD einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden.

Veränderungen im Bildungssystem zeichnen sich aber nicht allein in Deutschland ab. Die verschiedenen Prozesse zur Vertiefung der europäischen Integration, vom Bologna- über den Lissabon- bis zum Kopenhagenprozess, ha- ben die Bildungssysteme in Europa deutlich verändert. Dies gilt für die Hoch- schulen, die zu einem einheitlichen europäischen Hochschulraum zusammen- wachsen sollen, bis zur beruflichen Bildung, die gleichfalls modularisiert werden soll. Der kompetenzorientierte Europäische Qualifikationsrahmen soll die Ver- gleichbarkeit der Bildungsabschlüsse in Europa garantieren.

Internationale Bezüge haben als Referenzpunkte innerhalb der Bildungsde- batte deutlich an Gewicht gewonnen. Zwei weitere Beispiele seien genannt: Auf der UNESCO2-Weltbildungskonferenz 1990 im thailändischen Jomtien wurde beschlossen, alle zwei Jahre einen Weltbericht „Bildung für alle“ vorzulegen.

Seit 1996 veröffentlicht die OECD unter dem Titel „Bildung auf einen Blick“

jährlich eine Zusammenstellung international vergleichender Bildungsindikato- ren. Den internationalen Organisationen werden implizit Kompetenzen attribu- iert, die über eine Berater- oder Beobachterposition hinausgehen. Jeder internati- onale Vergleich setzt eine Verständigung über bestimmte Standards voraus. Auf diese Weise wird ein öffentlicher Legitimations-, Rechenschafts- und Anpas- sungsdruck auf die nationalen Bildungspolitiken erzeugt – unbeschadet der Tat- sache, dass die Gewinnung belastbarer Befunde keinesfalls trivial ist, sondern mit erheblichen methodischen Schwierigkeiten verbunden bleibt.

Das Verhalten internationaler Regierungs- wie Nichtregierungsorganisatio- nen orientiert sich vorrangig an abstrakten Konzepten, die oft unzulässig eine

1 Programme for International Student Assessment (Programm zur internationalen Schüler- bewertung).

2 United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (Organisation der Ver- einten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur).

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10 Vorwort des Verfassers komplexitätsreduzierende Funktion erfüllen. Der Preis dafür ist, dass bildungs- politische Einzelinteressen mit einer bestimmten historischen oder nationalen Tradition aus ihren spezifischen Kontexten herausgelöst und zu griffigen Model- len zusammengefasst werden; kulturpsychologische Effekte auf das nationale Bildungssystem werden nicht selten ausgeblendet. Folgekonferenzen, Aktions- pläne und ähnliche Programme sorgen dafür, dass einmal beschlossene Konzepte sich in der Folge weiter verbreiten und verfestigen (vgl. Poenitsch, 2008, S. 59–

61; Schriewer, 2007).

Keinesfalls soll bestritten werden, dass zur Lösung entwicklungs- und men- schenrechtspolitischer Probleme eine solidarische Verpflichtung der Staatenge- meinschaft und eine verstärkte Kooperation auch im Bildungsbereich sinnvoll sind – und zwar im Zusammenwirken von Staatenwelt und globaler zivilgesell- schaftlicher Öffentlichkeit. Ein Beispiel hierfür sind die 2000 von der UN- Generalversammlung verabschiedeten Millenniumentwicklungsziele, die als ein Ziel formulieren, jedem Kind der Erde eine kostenfreie Grundschulbildung zu sichern. Problematisch wird eine Weltgesellschaft der Bildung allerdings dort, wo die verallgemeinerte Anerkennung ihrer bildungspolitischen Konzeptionen nicht mehr primär der Bearbeitung konkreter Probleme dient, sondern die per- manente Selbstlegitimierung in den Vordergrund rückt und internationale Kon- zepte nicht mehr darauf befragt werden, ob die angebotenen Lösungen den nati- onalen oder regionalen Besonderheiten gerecht werden. Die Diskussion in Deutschland um die ungewollten Nebeneffekte der „Bolognareform“ kann hier als ein Beispiel genannt werden.

Pädagogisch relevant werden die beschriebenen Dynamiken dort, wo die Entscheidungs- und Handlungsspielräume der Lernenden wie der Lehrenden, beispielsweise durch Angleichung, Kontrolle oder Einseitigkeit, eingeschränkt werden. So etwa beim sogenannten „Teaching for the test“, wenn Lernprozesse eng auf den erfolgreichen Umgang mit standardisierten Testaufgaben zuge- schnitten werden. Eine „umfassende Persönlichkeitsbildung im globalen wie eu- ropäischen Horizont“ sollte dazu befähigen, den Einfluss, den diese Prozesse – auch auf das eigene Leben – ausüben, realistisch einzuschätzen, differenziert zu erfassen, die damit verbundenen Chancen und Risiken kritisch-reflexiv zu beur- teilen und so zu deren verantwortlicher Ausgestaltung und Weiterentwicklung beitragen zu können.

Die „Zauberwörter“ im neuen „Europa des Wissens“ lauten hingegen

„Employability“ und Kompetenzorientierung, Outputsteuerung und Qualitäts- management, Standardisierung und Wettbewerb. In Deutschland hat dies gravie- rende Auswirkungen: Das auf den Neuhumanismus des neunzehnten Jahrhun- derts zurückgehende Bildungsverständnis steht auf dem Prüfstand oder auch das für die deutsche Universität typische Modell der Einheit von Forschung und Lehre, das untrennbar mit dem Namen Wilhelm von Humboldts verbunden

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Vorwort des Verfassers 11 bleibt. Wer allerdings – wie einst Jürgen Rüttgers als sogenannter „Zukunftsmi- nister“ – Humboldt für tot erklärt oder – so ein Tagungsbeobachter (vgl. Man- dry, 2009, S. 186 f.) – ein „humanistisches Bildungsideal“ vorschnell mit mess- baren Kompetenzen verrechnet, sollte zumindest wissen, worauf er sich damit einlässt.

Zunehmend in den Hintergrund rückt in der Schule oder Universität gegen- wärtigen Zuschnitts die Überzeugung, dass es an diesem Ort nicht vorrangig um Wissensvermittlung, sondern um Teilhabe geht – und zwar an der gemeinsamen Idee der Bildung. Wenn Lernen der Erweiterung der Selbstbestimmung dienen soll, kann nur das Gültigkeit beanspruchen, was von beiden – Lernenden wie Lehrenden – selbsttätig auf Sinn hin befragt und in Freiheit vor dem Richterstuhl der Vernunft geprüft wurde. In den Vordergrund treten hingegen heute Prozesse des Selbstmanagements, in denen der Einzelne sein Selbst oder seine wissen- schaftlichen Interessen an den Bedürfnissen des Marktes ausrichtet. Bildung wird auf vorgegebene Zwecke hin finalisiert. Die Bildung des Subjekts ist nicht einfach als Messgröße darstellbar. Wird die Intentionalität des Subjekts bil- dungspolitisch allerdings ausgeklammert, werden schnell Sinn durch Funktion, Wissen durch Information, Bildung durch Training, die pädagogische Beziehung durch unpersönliche Kompetenz, die personale Freiheit durch staatliche Zweck- setzung oder gesellschaftliche Egalisierung ersetzt. In der Bildungspraxis werden die Schüler und Studierenden alleingelassen mit einer Welt der „kalten Kompe- tenz“, der sie sich zu fügen haben, die sie aber nicht mehr mitgestalten können.

Der sogenannte „PISA-Schock“ hat einmal mehr bewiesen, wie schnell Bil- dungsdebatten in Deutschland kollektiv verunsichern und auch heute noch zu einer Art „nationalen Schicksalsfrage“ hochkochen können. Dies hat vielfältige historische und sozialpsychologische Gründe, denen hier nicht weiter nachge- gangen werden soll. Die Geschichte der deutschen Nationalstaatsbildung zeigt jedenfalls, dass der staatstheoretische und der bildungstheoretische Diskurs von Anfang an eng miteinander verflochten waren. Neu an der aktuellen Bildungsde- batte in Deutschland ist, dass Bildung zunehmend als ein Menschenrechtsthema wahrgenommen wird, und zwar ausdrücklich auch im Blick auf das deutsche Bildungssystem.

Im Gefolge dieser Debatte zeichnen sich aktuelle Veränderungen zwischen den bildungspolitischen und pädagogischen Akteuren (bedingt z. B. durch die verstärkte Förderung von öffentlichen Angeboten der frühkindlichen Bildung oder Ganztagserziehung) ab, die mit den damit verbundenen Normierungs-, Kontroll- oder Regulierungseffekten weit in die Strukturen des freiheitlichen Verfassungsstaates und einer pluralen Gesellschaft eingreifen. Eine hinreichende bildungstheoretische Reflexion der mit den sozialen Interventionen verbundenen Chancen oder Risiken steht noch aus. Hierüber zu reflektieren, ist notwendig, wenn die bildungspolitisch postulierten Ziele pädagogisch-verantwortlich, also

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12 Vorwort des Verfassers auf die Mündigkeit des sich bildenden Subjekts bezogen, formuliert werden sol- len.

Bildung und Erziehung werden in der laufenden Reformdebatte politisch- gesellschaftlich wie wissenschaftlich neu interpretiert. Zu beobachten sind eine Entgrenzung von Bildung, Erziehung und Betreuung sowie ein diesbezügliches Anwachsen öffentlicher Verantwortung – mit vielfältigen Folgen: So wird unter dem Eindruck sozialer Veränderungen proklamiert, die Grenzen zwischen priva- ten und öffentlichen Erziehungsleistungen aufzuweichen, nicht zuletzt im früh- kindlichen Bereich. Bildungs-, Sozial- und Gesundheitsbereich rücken näher zu- sammen. Aus sozialpolitischen oder kinderrechtlichen Erwägungen heraus wird ein erweitertes Eingriffsrecht des Staates in die Lebensumstände von Heran- wachsenden befürwortet. Die Schule wird stärker zum „Freizeitort“, übernimmt Funktionen der „Gleichaltrigengesellschaft“ und gewinnt an Bedeutung als öf- fentlicher, elternferner Ort der Sozialisation und Identitätsbildung. Parallel wer- den, wie z. B. der Deutsche Jugendsurvey zeigt, Lebensphasen anders wahrge- nommen, mit Folgen beispielsweise für Familiengründung oder Berufseinstieg.

Die gesellschaftspolitischen Effekte, die sich an dieser Stelle zeigen, sind nicht allein sozialethisch, sondern auch bildungstheoretisch zu beurteilen. Denn prob- lematisch werden die genannten Entwicklungen möglicherweise dort, wo die Frage nach dem Eigenrecht von Bildung und Erziehung verloren geht – mit der Folge, dass die funktionalen Interessen der Gesellschaft das genuin pädagogi- sche Interesse an der Mündigkeit des Einzelnen dominieren.

Ein Bildungssystem, das dem Anspruch auf soziale Gerechtigkeit entspricht, wird sich nur im komplementären Zusammenspiel von Freiheit und Gleichheit verwirklichen lassen, da „Chancen zur Bildung“ individuell verschieden genutzt werden. Instrumente bildungspolitischer Steuerung erlauben die Verständigung über bildungsethische, -politische oder pädagogische Standards, dürfen aber das Subjekt nicht normieren, wenn Bildungsprozesse die Selbstbestimmung des Ein- zelnen erweitern und pädagogisch effizient sein sollen. Sie werden daher nicht allein von den angezielten Effekten her konzipiert werden können, sondern sind so auszugestalten, dass es dem Einzelnen möglich bleibt, sich selbst an ihrer Ausgestaltung zu beteiligen und die ihm eröffneten Chancen zur Bildung frei und zunehmend selbständig zu realisieren.

Ideengeschichtlich sind der Deutsche Idealismus und seine Vorstellung aka- demischer Freiheit ein wichtiger Wurzelgrund unserer freiheitlichen Demokratie – bis heute. Was Gemeinwohl und soziale Gerechtigkeit bedeuten, lässt sich nicht einfach aus ein für alle Mal gültigen Normen und Regeln ableiten, sondern muss immer wieder von neuem gesucht und angestrebt werden – im gemeinsa- men Ringen um die höchsten Ziele und Inhalte des Lebens. Dies setzt selbstän- dige Persönlichkeiten voraus, die gelernt haben, frei zu denken und frei zu han- deln und für das einzustehen, was sie als gut und richtig erkannt haben. Doch ist

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