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Verhältnis von Wissen und Handeln in den

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in den Handlungstheorien Zhu Xis, Wang Yangmings und Yan Yuans

Von Thomas Tabery, München

Konfuzianer aller Zeiten waren sich darin einig, dass der Mensch von Na¬

tur aus über die Anlage zur Moral, über die Möglichkeit zur Einsicht in das moralisch Richtige verfügt und damit über die Voraussetzung zu ei¬

nem ethischen Leben. Diese menschliche Möglichkeit zur Moral wurde als Verpflichtung begriffen, sie in praktischem Handeln auch zu verwirklichen.

„Handeln" (xing -ff) ist nach konfuzianischem Verständnis zuallererst ein ethischer Begriff, bezeichnet es doch die konkrete Umsetzung moralischer Normativität. Dementsprechend zielen konfuzianische Handlungstheorien

auf den Erwerb moralischer Handlungskompetenz: Moralerziehung zum Zweck der aktiven Gestaltung sozio-politischer Ordnung nach ethischen Maßgaben stand von Anfang an im Zentrum des konfuzianischen Projekts.

Das konfuzianische Denken vor der Song-Zeit war vor allem mit Fragen der Ethik, des Rituals und der Staatsführung befasst. Erkenntnistheoretische Fragen spielten noch keine Rolle. Dies änderte sich ab der Song-Zeit unter

dem Einfluss des Buddhismus. „Der Buddhismus mit seiner stark erkenntnis¬

theoretischen und ontologisch-metaphysischen Ausrichtung besaß alle Vor¬

aussetzungen, um fehlende oder nur teilweise ausgebildete philosophische Bereiche auszufüllen und zu entwickeln," so Wolfgang Bauer. 1Aller anti¬

buddhistischen Rhetorik zum Trotz übernahm der Song-zeitliche Konfuzi- anismus - in der westlichen Sinologie allgemein als Neokonfuzianismus be¬

zeichnet - diverse inhaltliche Positionen und Kultivierungspraktiken aus dem Buddhismus, was sich unter anderem in den erkenntnistheoretischen Diskussionen, in der Implementierung dualistischer Strukturen in konfuzia¬

nisches Denken oder in der zunehmenden Praktizierung meditativer Übun¬

gen widerspiegelte.

In den äußerst komplexen Gedankengebäuden neokonfuzianischer Phi¬

losophen zeigte sich ein bedeutender Rationalisierungsschub, der unter an¬

derem darin zum Ausdruck kam, dass die Frage nach dem Verhältnis von Bauer 2001, S. 159.

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Wissen (zhi %p)und Handeln (xing) ins Zentrum philosophischer Anstren¬

gungen rückte. Gegenstand des Nachdenkens wurden Fragen, wie: Auf welche Weise ist ein klares moralisches Wissen zu erlangen? Wie folgt aus einem solchen Wissen ein entsprechendes Handeln? Braucht moralisches Handeln überhaupt ein explizites Wissen um Richtig und Falsch? Und wel¬

che Rolle spielt hierbei der menschliche Wille? Die unterschiedlichen Ant¬

worten auf diese Fragen begründeten unterschiedliche Modelle moralischer Kultivierung.

Wie unterschiedlich diese Fragen beantwortet wurden, zeigt ein Vergleich der Handlungstheorien Zhu Xis ijc^ (1130-1200), Wang Yangmings il^Bjf (1472-1529) und Yan Yuans M TL(1635-1704). Zhu Xis philosophische Sys¬

tematik war dasjenige neokonfuzianische Lehrgebäude, das staatlich sank¬

tioniert und prüfungsrelevant war und dadurch größte Verbreitung fand. Es stellte für viele Jahrhunderte die inhaltliche und terminologische Grundlage des philosophischen Diskurses dar. Wang Yangmings Kultivierungsmodell, das in der Ming-Zeit einflussreich wurde, stellte ein Gegenmodell zu dem¬

jenigen Zhu Xis dar. Yan Yuan wiederum entwickelte mit seiner praxiolo- gischen Handlungstheorie ein radikales Gegenmodell sowohl zum Modell Zhu Xis als auch zu dem Wang Yangmings. 2 Da Yan Yuans Denken in der westlichen Sinologie bisher nur wenig Beachtung gefunden hat, nimmt die Darstellung seines Handlungsmodells vergleichsweise breiten Raum ein. 3

Im Mittelpunkt der erkenntnistheoretischen Diskussionen des Neo- konfuzianismus stand seit Zhu Xis Auslegung des Daxue (Das Große Lernen) der Terminus gewu bzw. die Formel gewu zhi2zhi |#-$7S&.£a -4

Ge $5-ist ein Verb, das in der Zeichenverbindung gewu als Prädikat mit dem 2 Im Gegensatz zu Zhu Xi und Wang Yangming hatte Yan Yuan zu seinen Lebzeiten und in den Jahrzehnten nach seinem Tod keinen nennenswerten Einfluss auf die chinesi¬

sche Geisteswelt. Doch am Endedes 19. Jahrhunderts kames zu seiner Wiederentdeckung und zu Beginn des 20. Jahrhunderts sogar zu einer regelrechten Begeisterung für sein Denken in China. Rezipiert wurden seine Ideen unter anderem von so prominenten und einflussreichen Intellektuellen und Politikern wie Liang Qichao, Hu Shi und Mao Ze¬

dong.Zu Yans Rezeption siehe Ke 1999,S. 209ff. und Yang 1997, S.21Off.

3 Mansfield Freeman legte1972unter dem Titel Yen Yüan:Preservation of Learning.

With an Introduction on HisLife and Thought eine Ubersetzung von Yan Yuans Cunxue bian fé-^êlm (Manifestation [wahren] Lernens) vor. Die davon abgesehen bisher einzige Monographie in westlicher Sprache ist A New Interpretation of Yen Yüan (1635—1704) and Early Ch'ing Confucianism inNorth China von Yang Jui-sung aus dem Jahre 1997.

4 Das Daxue, ursprünglich ein Kapitel des Liji ^tíí (Ritualaufzeichnungen), stellte für Zhu Xi die wichtigste Schrift des Konfuzianismus dar, die er mehrfach bearbeitete und kommentierte. Das Ergebnis seiner Arbeit ist vor allemim Daxue zhangju J^S^^è]

(„Das Große Lernen" nach Kapiteln und Sätzen), im Daxue huowen A^áí, F=l(Verschie¬

dene Erörterungen zu „Das Große Lernen") und im Zhuzi yulei ^^-í§M (Thematisch geordnete Aussprüche des Zhu Xi), juan 14-18 zu sehen. Zur Textgeschichte des Daxue siehe Moritz 2003, S.55ff.

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Objekt wu ¡ski („Dinge", „Gegenstände") fungiert. Zhi 2 bedeutet „er¬

reichen", „hingelangen", zhi £o bedeutet „Wissen"; zhi 2zhi kann also mit

„Wissen gewinnen" oder „sein Wissen vollenden" wiedergegeben werden.

Die philosophische Auseinandersetzung entspann sich um die Frage, wie ge zu verstehen ist.

Vor Zhu Xi hatte gewu keine besondere philosophische Bedeutung be¬

sessen.5 Erst mit Zhu Xi wurde gewu zu einem Schlüsselbegriff neokonfu¬

zianischen Philosophierens. 6 Zhu Xi interpretierte ge im Sinne von „errei¬

chen", „auf den Grund gehen" (zhi3 iL). Die beiden Daxue-'Zeilen zhi2zhi zai gewu, wuge erhouzhizhi 3 &£pJl^¡sío, %l fâ-Jê & die den locus classicus zu gewu und zhi2zhi darstellen, sind bei Zhu Xi also so zu verstehen: „Das Gewinnen von Wissen - es besteht darin, dass man den Dingen auf den Grund geht. Den Dingen auf den Grund gehen - daraus folgt Wissen." 7

„Den Dingen auf den Grund gehen" bedeutete für Zhu Xi, durch die em¬

pirische Mannigfaltigkeit der Welt hindurchzuschauen und zum einheit¬

lichen Grund der Dinge, zur Einheit in ihrer Vielheit, zur normativen Iden¬

tität Ii 5L aller Phänomene zu gelangen. In Kapitel 5 seines Daxue zhangju J^^-j^La] („Das Große Lernen" nach Kapiteln und Sätzen) schreibt Zhu Xi: „Wenn wir Wissen (zhi %p) gewinnen wollen, dann müssen wir das innere Prinzip (Ii S) der Dinge, mit denen wir in Kontakt kommen, voll erfassen (qiong H)." 8 „Wissen" meint hier das Begreifen der Identität der menschlichen Natur mit dem Wesen aller Dinge. Erkenntnisgegenstand ist die normative Einheit von Mensch und Welt, nicht eine wie auch immer zu begreifende objektive Wirklichkeit. Es geht Zhu Xi nur bedingt darum, die Dinge zu untersuchen, wie sie sich empirisch darstellen - dies würde einen naturwissenschaftlichen Zugang, eine Suche nach wissenschaftlich¬

theoretischer Gewissheit bedeuten; es geht ihm letzten Endes um moralische Gewissheit: Das situationsadäquate Nachaußenbringen der dem Menschen immanenten Norm, das heißt das richtige Einordnen des Einzelnen in den Gesamtzusammenhang der Dinge, verlangt, in jeder Handlungs- und Ent¬

scheidungssituation die konkreten Umstände zu berücksichtigen. Moral¬

praxis verlangt also empirisches Wissen, das in Moralwissen eingeht. „Wenn die konfuzianische Wissensordnung durch den Vorrang des Moral-Wissens

5 Der Han-zeitliche Kommentator Zheng Xuan jtßiT (127-200) hatte ge mit „kom¬

men" erklärt (vgl.Liji zhushu, juan 60, in: Siku quanshu [nachfolgend abgekürzt SKQS], Bd. 116, S. 475b). Hat man ein tiefes Wissen um das Gute, folgen bzw. „kommen" die

„guten Dinge", ist das Böse die innere Norm, folgen die schlechten. Dieses frühe Text¬

verständnis bot eine einfache Erklärung dieser Passage, die keiner näheren Erörterung bedurfte.

6 Siehe Zhao 1998 und Fang 1995, Bd. 2,S. 857ff.

7 Übersetzung inAnlehnung an Moritz 2003,S.8.

8 Sishu zhangju jizhu, S. 6. Ubersetzung inAnlehnung an Moritz 2003, S. 16.

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gegenüber dem Welt-Wissen gekennzeichnet ist, so muss doch ergänzt wer¬

den, dass nach den Maßstäben dieser Wissensordnung Welt-Wissen zum Bestandteil von Moral-Wissen wird. Dieses Moral-Wissen wiederum bleibt die entscheidende qualitative Bestimmtheit von Wissen überhaupt," so Ralf Moritz. 9

„Den Dingen auf den Grund gehen" ist für Zhu Xi der Ausgangspunkt des im Daxue verkündeten achtstufigen Programms zur Ordnung der Welt. Die auf das Erlangen moralischen Wissens folgenden Stufen im Kul-

tivierungsprozess sind für ihn chengyi das „Authentisch-Machen (cheng der Intentionen / des Willens {yi ^:) 10", und zhengxin JL'<¿, das

„Korrekt-Machen (zheng JL) des Geistes / des Bewusstseins (xin 'C) 11": Aus einem durch gewu gewonnenen Wissen resultiert, dass die Intentionen des Menschen authentisch werden - d.h., dass sie die angeborene moralische Natur ausdrücken - und der Mensch über ein klares Bewusstsein von Rich¬

tig und Falsch verfügt.

Bei Zhu Xi hatte Bewusstsein {xin die Funktion einer vermittelnden Instanz zwischen Strukturprinzip {Ii S) und Vitalsubstrat {qi $C) 12und wurde, wie auch die Natur des Menschen {xing 2 'Ii), dualistisch gefasst:

Das universelle Normprinzip {Ii 5L bzw. tianli AS) wird in der Moral¬

natur des Menschen {tianming zhi xing 2A-^^'ü) als „vollkommenes mo¬

ralisches Bewusstsein" {daoxin it '^) manifest. Davon unterschied Zhu Xi ein „menschliches Bewusstsein" {renxin A'<^), das über das Vitalsubstrat an die phänomenale Welt gebunden dem partikularisierenden Einfluss der

9 Moritz 2000, S. 116.

10 Yi, hier mit „Intention" oder „Wille" wiedergegeben, umfasst alle psychischen Ak¬

tivitäten, die eine wache Beteiligung des Bewusstseins einschließen: Vorstellungen, Ab¬

sichten, Willensakte usw.

11 Xin („Herz", „Geist", „Geist-Herz") bezeichnet das Herz als Körperorgan und gleichzeitig den Sinn, den man sich dort angesiedelt vorstellt. Xin, das als philosophi¬

scher Begriff bei Mengzi prominent wurde, galt als Dirigent aller menschlichen Aktivität:

Es wurde als normierende, wertende, Denken und Handeln kontrollierende Instanz, als Quelle allen bewussten und moralischen Tuns verstanden und wird hier mit „Geist" oder

„(moralisches) Bewusstsein" wiedergegeben.

12 Die Grundbedeutung von qi, einem der ältesten und inhaltsreichsten Begriffe der chinesischen Kultur, kann mit „Atem", „Fluidum" oder „alldurchdringendem Lebens¬

prinzip" umrissen werden. Qz bezeichnet bei Zhu Xi das stoffliche-materielle Subst¬

rat des Universums, aus dem alle Dinge und Wesen sind und das in unterschiedlichem Reinheitsgrad existiert. Es ist das selbst Unbestimmte aber Bestimmbare, das zu For¬

mende, im Sinne von Materie oder Material, gleichzeitig aber auch das aus sich heraus Form suchende, dynamische Element der Kosmogenese und somit im Sinne von Energie oder Lebenskraft zu verstehen (siehe Leibold 2001, S.15f., Zeng 2001, S.298 und Zhang 1990, S. 153ff.). Hier wird qi mit „Vitalsubstrat" wiedergegeben: Das Kompostionsglied

„Vital-" verweist auf den dynamisch-lebensenergetischen Aspekt von qi, Substrat auf den Formbestimmungen aufnehmenden Charakter von qi.

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verschiedenen Einzelphänomene ausgesetzt ist. Durch Reaktion auf die Au¬

ßenwelt über das Vitalsubstrat läuft das „menschliche Bewusstsein" Gefahr, sich an die Außenwelt zu verlieren, Begierden und Wünschen nachzugeben und so dem „vollkommenen moralischen Bewusstsein" entgegenzuwirken.

Für Zhu Xi bedeutete, sich moralisch zu qualifizieren, renxin möglichst mit daoxin zur Deckung zu bringen, das heißt „sein Bewusstsein korrekt zu machen" (zhengxin). 13

Wie bereits angedeutet, verstand Zhu Xi unter ge („auf den Grund ge¬

hen") kein Ergründen an sich. Vielmehr werden das mittels gewu erworbene Wissen, wie auch Intentionalität und Bewusstsein, die aus einem derartigen Wissen folgen, als wesentliche Bedingungen für rechtes Handeln betrachtet, ist ein solches Wissen für Zhu Xi letztlich doch Wissen um die Unausweich¬

lichkeit rechten Tuns, aus dem der Impuls zu rechtem Handeln unmittelbar folgt. 14 Insofern sieht Zhu Xi Moral-Wissen als Voraussetzung für morali¬

sches Handeln, als den ersten und entscheidenden Schritt auf dem Weg zu einer allgemeinen Kultivierung, zu einer harmonischen Ordnung des Welt¬

ganzen.

Für „das Ergründen der Dinge" (gewu) als der Methode zur Gewin¬

nung von Wissen beschreibt Zhu Xi kein verbindliches praktisches Ver¬

fahren, sondern er gibt lediglich Hinweise auf die zu studierenden Inhalte und auf geeignete, vor allem meditative Praktiken. Ge, das „Ergründen", konnte Verschiedenes zum Gegenstand haben: Dinge des Alltags, den Men¬

schen, die klassischen Schriften usw. In der Praxis der lixue („Schule des Strukturprinzips") wurde das Ergründen der Dinge auf eher abstrakte Weise vorgenommen, und zwar in erster Linie durch das Studium der klas¬

sischen Schriften und ihrer Kommentare. 15 Dies erklärt sich damit, dass sie nach konfuzianischer Uberzeugung ein Idealbild der Wirklichkeit lieferten und somit eine Beschäftigung mit der Wirklichkeit jenseits der Texte über¬

flüssig machten. Zhu Xi hob die konfuzianischen Klassiker als die wichtigste Kategorie der „Dinge" besonders hervor. In ihnen sah er die ewig gültige Botschaft der Übereinstimmung von individuellem menschlichem Sollen und der integrativen Regel allen Seins rein enthalten. „Den Dingen auf den Grund gehen" heißt für Zhu Xi in erster Linie, den Sinn der Klassiker zu erfassen und ihm eine der konkreten Lebenssituation gemäße Bedeutung zu

13 Vgl. Zhuziyulei, Bd. 1, S. 56ff. und Bd. 5, S. 1977ff. Siehe hierzu Cheng 1997, S. 48lf.

und Zhang 2001, S.369ff.

14 Nicht nur bei Zhu Xi, sondern im Neokonfuzianismus insgesamt zielten Erkennt¬

nisfragen bzw. erkenntnistheoretische Überlegungen nicht auf intersubjektiv gültige und experimentell überprüfbare Aussagen über die Welt, auf „naturwissenschaftliche Wahr¬

heiten", sondern darauf, Wege zur Einsicht in das normativ Richtige als Voraussetzung für moralisches Handeln zu finden.

15 Vgl. Yü 1986,S.233ff. und Ivanhoe 1993,S.59.

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geben. Wie sich Zhu Xi den Weg von einem vorwiegend durch Textstudium gewonnenen Wissen hin zu einem Handeln gemäß diesem Wissen vorstellte, verdeutlicht folgende Passage aus seinem Zhongyong huowen T" ác F»l (Ver¬

schiedene Erörterungen zum „Einhalten der Mitte"):

After one has studied extensively, he can have the principles of all things be¬

fore him. He can therefore examine them and compare them to get the right questions to ask. Then, as he asks accurately, his teachers and friends will wholeheartedly engage in give-and-take with him, thus stimulating him, and he will begin to think. As he thinks carefully, his thoughts will be rehned and free from impurities. Thus he achieves something for himself. He can now sift what he has achieved. As he sifts clearly, he can make decisions without mak¬

ing a mistake. He can therefore be free from doubts and put his thoughts into action. As he practices earnestly, all he has achieved from studying, asking, thinking, and sifting will become concrete demonstrations and will no longer remain empty words. 16

Der Kultivierungsprozess, der Weg zu praktischem moralischem Handeln, ist bei Zhu Xi ein intellektueller, er bestand im Wesentlichen aus Textstu¬

dium, Belehrung und reflektierender Verstandestätigkeit. Anders gesagt hatte für ihn moralisches Handeln zur Voraussetzung: ein reflektiertes und explizites Moral-Wissen, ein hohes Maß an Bewusstheit um das moralisch Gebotene und authentische Intentionalität. Daraus resultierte eine Kultivie¬

rungspraxis, die auf intellektuelle Übungen und geistig-spirituelle Askese konzentriert war.

Auch Mitte der Ming-Zeit war die Frage nach dem Verhältnis von Wissen und Handeln ein zentraler Gegenstand des neokonfuzianischen Diskurses.

Es war Wang Yangming, der neben Zhu Xi die einflussreichste Position for¬

mulieren sollte. Schon Zhu Xis Zeitgenosse Lu Jiuyuan f^jhM (1139-1193) hatte die Eignung von Zhu Xis exzessiven Klassikerstudien als Mittel zur moralischen Kultivierung in Zweifel gezogen und gefordert, stärker auf das angeborene moralische Bewusstsein des Menschen zu vertrauen. 17Im Gegensatz zu Zhu Xi war es Wang Yangming im Anschluss an Lu Jiuyuan um die grundsätzliche Identität von menschlichem Bewusstsein bzw. Geist (xin) und Strukturprinzip (Ii) zu tun - im Diktum „Bewusstsein ist Struktur¬

prinzip" (xin ji Ii 'ü?pS) 18 pointiert zum Ausdruck gebracht. Wangs Den¬

ken sah das Strukturprinzip nicht als etwas auch außerhalb, sondern nur im menschlichen Geist Existierendes an. Entscheidend ist dabei Folgendes:

16SKQS, Bd. 197,S. 249.Übersetzung nach Chan 1967, S.69.

17 Vgl.deBary1991,S. 58.

18 Vgl. Sibu congkan (nachfolgend abgekürzt SBCK):Wang Wenchenggong quanshu, I,

S.56. Siehe auch Chan 1963,S. 7. Zu LuJiuyuan sieheXiangshan ji, YuLi 7,ai, Kap. 3,in:

SKQS, Bd. 1156,S. 270.

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Der Mensch muss danach streben, mit seinem xin zur Erleuchtung hinsicht¬

lich seiner Rolle im Weltzusammenhang zu gelangen. Um das Ist-xzra des Menschen logisch-konzeptionell vom Soll-xzrazu unterscheiden, greift Wang Yangming auf den Begriff des liangzhi (das angeborene und damit ur¬

sprüngliche moralische Wissen)bei Mengzi zurück: In seinem xin gewinnt der Mensch die Erleuchtung des liangzhi, indem sich dieses xin mit ren -f— [Mit¬

menschlichkeit] füllt.19

Um sich seines - bereits vollkommen im xin („Bewusstsein", „Geist") ent¬

haltenen - moralischen Wissens zu vergewissern, ist der Mensch für Wang Yangming im Gegensatz zu Zhu Xi nicht auf eine äußere Quelle angewie¬

sen. Das eigene Bewusstsein stellt die einzige Quelle der Moral dar. 20 Ent¬

scheidend war für Wang Yangming deshalb, in sich selbst hineinhorchend

„zur Klarheit des ursprünglichen Bewusstseins" (faming benxin %üft^><3) zu gelangen und so in sich das normative Prinzip Ii zu entdecken, die Ein¬

sicht in das identische Wesen aller Dinge zu erlangen und die eigenen In¬

tentionen (d.h. die Bewegungen des Bewusstseins) aufrichtig werden (d.h.

dem Bewusstsein entsprechen) zu lassen. Die herausragende Bedeutung von Meditation (jingzuo iff- ík) und Selbstprüfung (xingcha mit dem Ziel einer Reinigung des Bewusstseins von allem Begehren leitet sich aus diesen Gedanken ab.

Dass ein natürliches, tief eingesenktes Wissen um Gut und Böse (liangzhi) bereits vollständig im menschlichen Geist enthalten ist, bedeutete für Wang Yangming, dass sich dieses, sofern unverstellt, im menschlichen Handeln

zeigt. Wangs Rede von der „Einheit des Wissens und Handelns" (zhixing heyi j&jf'a —) bringt diesen Gedanken formelhaft zum Ausdruck. 21Aus der Versenkung in sich selbst heraus folgt rechtes Tun. Wang Yangmings Theorie setzte ein klares Bewusstsein vom Guten mit dem Tun des Guten

gleich. In diesem Kontext erhielt gewu bei Wang Yangming eine andere Be¬

deutung als bei Zhu Xi: Ge bedeutete für Wang Yangming „berichtigen",

„korrekt machen" (zheng); gewu meinte nicht mehr ein Ergründen von wu („Dinge"), sondern das Korrekt- Machen von wu durch das eigene, dem an¬

geborenen Moralwissen gehorchende Handeln. 22 Wu ist bei ihm nicht etwas, das unabhängig von Bewusstsein und Intention gegeben ist, sondern meint gerade bewusstes, ordnungsstiftendes Handeln. Ausgangspunkt der Kul¬

tivierung ist bei Wang Yangming nicht ein Untersuchen, ein „Ergründen"

äußerer Gegenstände wie bei Zhu Xi, sondern die Konzentration auf das

19 Moritz; Lee 1998,S. 36.

20 Vgl. Cheng 1997, S. 504 und Kern 1998,S. 97ff.

21 Vgl. SBCK:Wang Wencheng gong quanshu, I, S.89f. Siehe auch Chan 1963,S. 93f.

22 Vgl. SBCK: Wang Wencheng gongquanshu,I, S. 75. Siehe auch Chan 1963, S. 55.

Siehe hierzu Zhang 2002,S. 514ff.

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eigene Bewusstseinund eine diesem entsprechende Ausrichtung des Willens und Handelns. 23

Zweihundert Jahre später war es Yan Yuan, der eine Neuinterpretation des Terminus gewu bzw. der Formel gewu zhi^zhi vornahm und in diesem Zusammenhang das Verhältnis von Wissen und Handeln ganz anders be¬

stimmte. Yan Yuan sah die chinesische Kultur und mit ihr den Konfuzi- anismus als deren sittlich-ideologisches Fundament in einer tiefen Krise, die mit der Eroberung Chinas durch die Mandschus im Jahre 1644 einen Höhepunkt gefunden hatte. Die Tatsache, dass die Lehre Zhu Xis über Jahr¬

hunderte hinweg das staatlich sanktionierte Lehrgebäude war und augen¬

scheinlich dennoch keinen Beitrag zur Errichtung einer dauerhaften und stabilen sittlichen und politischen Ordnung zu leisten vermochte, rückte sie - und mit ihr die gesamte traditionelle konfuzianische Gelehrsamkeit - ins Visier seiner Kritik. Die Ursache dafür, dass es dem Konfuzianismus trotz

seiner breiten institutionellen Verankerung nicht gelang, eine auf konfuzi¬

anische Werte sich gründende, homogene und harmonische Epoche zu ge¬

stalten, sah Yan Yuan in einem verfehlten Modell persönlicher und gesamt¬

gesellschaftlicher Kultivierung.

Yan Yuans Interpretation der Formel gewu zhi2zhi unterschied sich si¬

gnifikant sowohl von der Zhu Xis als auch von der Wang Yangmings. Yan schreibt in seinem Sishu zhengwu V3 ^¡jLük (Korrekturen zu den [Kommen¬

taren der] Vier Bücher):

Li Zhixiu 24 fragte, was gewu zhi^zhi bedeutet. Ich antwortete: „Wissen [an sich] hat keine Substanz (ti ff). [Erst] mittels konkreter Gegenstände (wu) erhält es Substanz. Es verhält sich damit wie mit der [Sehkraft des] Auges, die [ebenfalls] keine Substanz hat und eine solche erst durch [die Wahrnehmung von] Form und Farbe erhält. Obwohl das menschliche Auge also über Seh¬

kraft verfügt, sind, damit diese zur Anwendung (yong ) kommt, visuelle Eindrücke [wörtlich: die Wahrnehmung von Dunkel und Hell] nötig. Und auch wenn das menschliche Bewusstsein noch so rege ist, hat es, wenn es sich nicht mit verschiedenen [konkreten] Dingen beschäftigt, nichts, worauf es sich richten kann.

Diejenigen, die heute darüber sprechen, „Wissen zu gewinnen" (zhi 2zhi), meinen damit nichts anderes als das Lesen von Schriften (dushu ff ^f), gelehrte Diskussionen (jiangwen iOi-ffi)und Reflexion (sibian ®>#f),ohne zu begreifen, dass Wissen so nicht zu gewinnen ist.

Wenn man beispielsweise wissen will, was Ritualität (li 2 ä) bedeutet, ist es egal, wie oft man die Ritenbücher liest, wie oft man [über Ritualität] diskutiert oder wie oft man darüber nachsinnt - all dies zählt nicht als Wissen [um Ri¬

tualität]. Man muss sich einfach hingekniet und verbeugt haben, mit anderen Vgl. Cheng 1997, S. 504.

Schülerdes Yan Yuan.Vgl. Chen 2004,S.60.

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Umgang gepflegt, den Opferkelch aus Yade entgegengenommen und Seide [als Geschenk oder Opfer] dargebracht haben; wenn man dies einmal am eigenen Leib erfahren hat25, dann weiß man, was Ritualität ist. Nur auf diese Weise erlangt man [wahres] Wissen um Ritualität.

Wenn man beispielsweise wissen will, was Musik 26ist, ist es egal, wie oft man Musiknoten liest, wie oft man [über Musik] diskutiert oder wie oft man darüber nachsinnt - durch all dies vermag man es nicht zu wissen. Man muss einfach [auf einem Instrument] gespielt, gesungen oder getanzt haben; wenn man dies einmal am eigenen Leib erfahren hat, dann weiß man, was Musik ist.

Nur auf diese Weise gelangt man zu [wahrem] Wissen um Musik.

Dies nennt man wuge erhou zhizhi 3$j$S-ffijÉí"í. („sich an den Gegenstän¬

den mühen - daraus folgt Wissen"). Ich bin davon überzeugt, dass sich wu („Gegenstände") auf sanwu üL$J („Drei Gegenstände") 27bezieht und dass ge die Bedeutung „mit eigenen Händen mit wilden Tieren ringen" {shou ge meng shou -f-$HÊ£-f") oder „mit eigenen Händen niederringen und töten" {shou ge sha zhi -f-fé-fsï^.) hat. In diesen beiden Bedeutungen wird ge in den Ge¬

schichtsbüchern der Han-Zeit verwendet. 28(...) Deshalb sage ich: „Sich mit eigenen Händen an den Gegenständen mühen - daraus folgt Wissen." 29 Und an anderer Stelle heißt es:

Ge in gewu wurde von Wang Yangming und seinen Anhängern mit zheng („richtigstellen"), von Zhu Xi und seinen Anhängern mit zhi } („erreichen",

„auf den Grund gehen") und von den Han-zeitlichen Gelehrten mit lai ifc.

(„kommen") erläutert. 30Wie es scheint, waren sie sich alle nicht sicher [über die Bedeutung vonge].

Wer nicht auf das Handeln der Weisen sieht, wie will der in der Lage sein, ihre Worte zu beurteilen; wer die Worte der Weisen nicht versteht, wie will der in der Lage sein, ihr Handeln zu beurteilen. Sieht man sich jedoch an, worauf 25 Wörtlich: „... wenn man dies nicht mit eigenen Händen gemacht hat."

26 Die konfuzianische Ethik schreibt der Musik eine mäßigende und harmonisierende Wirkung zu. Ähnlich wie Ritualität galt auch Musik als repräsentative und ideale Institu¬

tion des Altertums.

27 Zu den „Drei Gegenständen" siehe weiter unten.

28 Yan bezieht sich mit seiner Interpretation auf das Shiji ¿ Ï&un d das Hou Hanshu ÍÍL

;H«f •Die zuerst genannte Textstelle stammt aus dem Kapitel Yin benji {Ursprüng¬

liche Aufzeichnungen der Yin) des Shiji, wo es heißt, Zhou fef,der letzte Herrscher der Yin- oder Shang-Dynastie sei so stark gewesen, „dass er wilde Tiere mit seinen eigenen Händen niederringen konnte" {Shiji, Bd. 1,S. 105). Die zweite Stelle stammt aus dem Ka¬

pitel Liu Penzi zhuan S'Ji^-Hf- {Biographie des Liu Penzi) des Hou Hanshu, wo es heißt,

„sie alle konnten niederringen und töten" {Hou Hanshu Bd. 2, S. 482). Vgl. Zhao 1979, S.63. Zheng Xuan, Zhu Xi und Wang Yangming hatten sich mit ihren Interpretationen auf andere frühe Schriften berufen, wie das Erya Üft oder das Buch Mengzi jL-f-. Zu unterschiedlichen Verwendungsweisen von ge in den alten Schriften und darauf Bezug nehmenden unterschiedlichen späteren Interpretationen siehe Zhang 2002, S.459f.

29 Yan Yuanji (nachfolgend abgekürzt YYJ), S. 159.

30 Die Rede ist hier vor allem von Zheng Xuan. Siehe oben Fußnote 5.

(10)

die Weisen ihre Anstrengungen richteten, lässt sich die Bedeutung von gewu bestimmen. Ich erkläre ge entsprechend den Geschichtsbüchern im Sinne von

„mit eigenen Händen mit wilden Tieren ringen" (shou ge meng shou) oder von

„mit eigenen Händen niederringen und töten" {shou ge sha zhi), also im Sinne von „zupacken", „schlagen" oder „mit den eigenen Händen tun". Dies ent¬

spricht der Lehre der „Sechs Techniken" (liuyi -f^ des Konfuzius. 32 Für Yan Yuan verfügt der Mensch nicht von Geburt an über vollkommenes Wissen, wie Wang Yangming postuliert hatte, sondern nur über das Vermö¬

gen, zu einem solchen zu gelangen. Während Wang Yangming auf Mengzis Jl-?- (ca. 380-289 v.Chr.) liangzhi- Gedanken („ursprüngliches Wissen") abhob, stand im Zentrum von Yans Philosophie der ebenfalls auf Mengzi zurückgehende Terminus liangneng fLffe, („ursprüngliches Vermögen"). 33 Das angeborene Wissen um Richtig und Falsch ist für Yan, wie schon für Mengzi, lediglich der Keim, nicht jedoch eine hinreichende Bedingung für moralisches Handeln. Wie alle menschlichen Fähigkeiten - geistig-kognitive, körperliche oder moralische - bedarf auch das keimhaft angelegte mora¬

lische Urteilsvermögen der gegenständlichen Welt, um sich zu einer über ein angeborenes intuitives Wissen um Richtig und Falsch hinausgehenden moralischen Gewissheit und zu einem handlungsleitenden Wissen zu ent¬

wickeln, so Yan. 34 Erst wenn es an konkreten Gegenständen zur Anwen¬

dung kommt (yong ffl ), wird es substantiell (ti ft), wird es also in seinen Wirkungen sichtbar.

Entsprechend verhalte es sich mit dem Bewusstsein (xin): Sich in sich selbst zu versenken, um seinen Geist zu vollständiger Ruhe bzw. sein Be¬

wusstsein zu vollständiger Leere zu bringen, in der Hoffnung, dadurch zu tiefer Erkenntnis, zu einem richtigen Abbild der Welt und dem Wesen der Dinge zu gelangen, vergleichbar den klaren Spiegelungen der Dinge auf ei¬

ner unbewegten Wasseroberfläche, sei ein aussichtsloses Unterfangen, so Yan. Auf diese Weise entstünden lediglich Trugbilder. Diese Erfahrung habe

er selbst gemacht, als er sich in jungen Jahren intensiv der Meditation gewid¬

met hatte. 35 Denn so wie alles im Universum ununterbrochen in Bewegung sei, gehöre es auch zu den Merkmalen des menschlichen Bewusstseins, sich nie in vollkommener Ruhe zu befinden, sondern immer auf etwas gerichtet zu sein - und seien es die Perlen einer Gebetskette, die ein Buddhist ständig

31 Zu den „Sechs Techniken" siehe weiter unten.

32 YYJS.491.

33 Vgl.u.a. YYJS. 27f.

34 Yans anthropologische Positionen sind ausführlich in seiner Schrift Cunxing bian

■#Í4.4!¡ (Manifestation der menschlichen Natur) dargelegt.

35 Vgl.YYJS. 692 und 129.

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durch seine Finger gleiten lässt. 36 Bewusstsein (xin) ist für Yan immer Be¬

wusstsein von etwas. Bewusstsein muss sich auf etwas richten, damit man überhaupt von Bewusstsein sprechen kann. 37

Nicht nur das angeborene Wissen oder das menschliche Bewusstsein, sondern der Mensch in seiner leiblichen Ganzheit bedarf seiner konkret er¬

fahrbaren Außenwelt, ist auf konkrete Gegenstände und Situationen, auf Möglichkeiten zur Anwendung seiner Fähigkeiten angewiesen, um vom Möglichkeits- zum Wirklichkeits- und Kulturwesen werden zu können:

[Erst] wenn das Bewusstsein (xin) auf konkrete Angelegenheiten gerichtet ist, wird es manifest (cun fè). [Erst] wenn der Leib (shen $f) mit konkreten An¬

gelegenheiten befasstist, wird er kultiviert (xiu \%r).Bis hin zur Ordnung der Familie, zur Regierung des Reiches und zur [Schaffung bzw. Sicherung von]

Frieden in der Welt - dies alles sind konkrete Angelegenheiten; ohne [Aus¬

richtung auf diese] konkreten Angelegenheiten sind [alle Anstrengungen zur]

Uberlieferung der rechten Lehre (daotong ÜiM,) und zur Regierung [des Rei¬

ches] wertlos. 38

„Ohne [Ausrichtung auf] konkrete Angelegenheiten mit geschlossenen Au¬

gen meditieren, damit dann in konkreten Situationen Wissen und Handeln in Einklang sind" 39 - dieser Position Wang Yangmings stand Yans Ansatz diametral gegenüber. 40 Wang habe die Bedeutung praktischen Handelns (xing) als notwendige Bedingung einer Vervollkommnung des Wissens, einer moralischen Vervollkommnung insgesamt, verkannt, so Yan. In der Wang'schen Behauptung, in einem klaren Bewusstsein des angeborenen Wissens sei ein diesem Wissen entsprechendes Handeln inbegriffen, sah Yan

letztlich einen logischen Vorrang eines - wie auch immer gearteten - Wis¬

sens vor dem Handeln und damit eine Vernachlässigung moralischer Praxis.

Dieser Vorrang hat nach Ansicht Yans in der Praxisferne und der Realitäts- abgewandtheit, durch die die Kultivierungsanstrengungen vieler der An¬

hänger Wangs gekennzeichnet waren, sichtbaren Ausdruck gefunden. 41 Für Yan Yuan war klar, dass sämtliche dem Menschen angeborenen Fähig¬

keiten der Erfahrung bedürfen, um sich richtig ausprägen zu können. Zhu Xis Klassikerstudien, seine Anstrengungen, etwas aus den Klassikern zu

„erfahren" - im doppelten Wortsinn von „erfahren" -, reichten dafür nicht

36 Vgl. YYJ S.646.

37 Unter buddhistischem Einfluss habe man jing 3)1(„Achtsamkeit") fälschlicherweise im Sinne von jing2If- („Ruhe", „Andacht") verstanden, so Yan in YYJ S.91.

38 YYJ S. 631.

39 YYJ S.44.

40 Unter anderem in YYJ S. 794 wird die liangzhi-Theorie Wang Yangmings von Yan Yuan deshalb auch explizit als „Irrlehre" (yiduan -H-íjó) bezeichnet.

41 Vgl. YYJ S. 85.

(12)

aus. Wie im Falle Wang Yangmings führt Yan auch gegen Zhu Xi die realen Verhältnisse ins Feld: Zhu Xis Modell sei durch die Wirklichkeit widerlegt worden. Alle Beamten-Gelehrten der Ming hätten die klassischen Schrif¬

ten studiert. Nicht ein geordnetes Weltganzes war jedoch die Folge, son¬

dern der Untergang des Reiches. Ein durch Zhu Xis Methode erworbenes Wissen hatte sich als faktisch wirkungslos erwiesen, misst sich das Ergebnis

der Kultivierung doch an der Fähigkeit, zur Ordnung der Welt beizutragen. 42 Bei Wolfgang Bauer ist zu lesen:

Die allmähliche Anhäufung von Wissen, die letztlich zur Vollendung der Per¬

son und zum Frieden in der Welt führen sollte, war am Ende doch nur die Anhäufung von Buchwissen, das von der Wirklichkeit - entgegen dem, was Zhu Xi anfangs vielleicht gemeint haben mochte - eher wegführte, als dass es sie dem Geiste tatsächlich erschloss. 43

Genau dies kritisierte auch Yan Yuan. Wie das Kultivierungsprogramm Wang Yangmings zeichnete sich für Yan auch das Zhu Xis durch eine zu

große Praxisferne und einen mangelnden Wirklichkeitsbezug aus - mit fa¬

talen Folgen: Das bloße Reden über sittliche Maximen und die Vernach¬

lässigung ihrer Anwendung in der Wirklichkeit habe zu einer Aushöhlung eben dieser Maximen geführt. Yan Yuan bemüht in diesem Zusammenhang den Topos aller Ethiken, wonach nicht das Reden, sondern das Handeln be¬

ziehungsweise die Ubereinstimmung von Reden und Handeln entscheidend ist. Mit Verweis auf eine prominente Stelle aus dem Lunyu s^W (Gespräche), die vom „Richtigstellen der Bezeichnungen" (zhengming jLJ&Y* handelt, schreibt Yan über die philosophischen Diskussionen der Song-Zeit:

In der Vielfalt der Situationen [das ethische Ideal] nicht zu verwirklichen, führte dazu, dass die Bezeichnungen nicht mehr stimmten. (...) In späteren Zeiten gab es nur noch Bezeichnungen ohne realen Gehalt. 45

Die Hinwendung zur Wirklichkeit shi zielte auch bei Yan darauf ab, das sittliche Ideal des Konfuzianismus mit der Wirklichkeit zur Deckung zu bringen, also eine Übereinstimmung von ethischen Begriffen (ming %¡) und realen Verhältnissen (shi ijf ) herzustellen, damit es sich bei ersteren nicht nur um leere, gegenstandslose Ausdrücke handelt. 46

Yan kritisiert, dass bei Zhu Xi die Wirklichkeit der Texte zwischen den Menschen und dessen unmittelbar erfahrbare Lebenswirklichkeit getreten war. Yans Auffassung nach ist der Mensch für eine erfolgreiche sittliche

42 Vgl.YYJS. 82.

43Bauer 2001, S. 272.

44 Vgl.Lunyu 13.3(Lunyu yinde, S. 25).

45 YYJS.301.

46Zur langen Geschichte desBegriffspaares mingI shi siehe Fang 1995, Bd. 3, S. 719ff.

(13)

Kultivierung jedoch über die Wirklichkeit der Texte, über eine „Texterfah¬

rung" im Zhu Xi'schen Sinne hinaus auf eine Erfahrung seiner Selbst in der konkreten Auseinandersetzung mit den „Dingen" (wu) angewiesen: Wu sind bei Yan deshalb nicht die klassischen Schriften, auch nicht beliebige empirische Gegenstände, sondern die sanwu die „Drei Gegenstände", von denen im Zhouli M î$_ {Riten der Zhou) die Rede ist; ge erklärt er im

Sinne von „ringen", „sich abmühen", so dass bei ihm gewu also „Sich-Mü- hen an den [Drei] Gegenständen [sittlicher Kultivierung]" bedeutet. Bei den „Drei Gegenständen", die im Zentrum von Yan Yuans Kultivierungs¬

programm stehen, handelt es sich um die sogenannten „Sechs Techniken / Kunstfertigkeiten" (liuyi 7^ il), „Sechs Tugenden" (Hude T^itOun d »Sechs richtigen Verhaltensweisen" (liuxing T^ff)- 47 Den ersten und damit wich¬

tigsten Schritt im Prozess der Kultivierung stellt für Yan dabei das Erlernen bestimmter Techniken (yi ^) 48 dar, von denen wiederum einer die Rolle einer Grundtechnik zukommt: der Ritualisierung li2 Sie ist für ihn das kultivierungsleitende Prinzip schlechthin. Durch eine Ritualisierung des Verhaltens, durch eine Habitualisierung bestimmter Verhaltensweisen sol¬

len bestimmte Ziele - die Aneignung konkreter ethischer Haltungen (Hude) und Verhaltensweisen (liuxing) - erreicht werden. 49

Kultivierung bedeutet für Yan also im Wesentlichen, um die Beherrschung verschiedener Techniken (yi) und um eine den Sechs Tugenden (Hude) und Sechs Verhaltensweisen (liuxing) gemäße Haltung zu ringen. Gewu wird bei Yan nicht wie bei Zhu Xi erkenntnistheoretisch im Sinne einer komplexen

geistig-intellektuellen Erkenntnismethode, als textbasiertes Verfahren, den identischen Ordnungsimpuls Ii in allen Phänomenen zu erkennen, interpre¬

tiert, sondern praxiologisch im Sinne seines Erziehungsprogramms: Ohne permanente, mühevolle, ganzheitliche Kultivierungsarbeit, ohne „Anstren¬

gung" (gong tf¡), „Anwendung" (yong ffl), „Praxis" bzw. „Einüben" (xi f¡) und „Handeln" (xing -ff) kann Kultivierung Yans Auffassung nach nicht gelingen und vollendetes Wissen um das Richtige nicht erreicht werden. Mit Blick auf Zhu Xi schreibt Yan:

47 Vgl. Sibu beiyao: TJjouli S.72 (Zhouli, juan 9,Dignan, Dasitu). Im Einzelnen handelt es sich bei den Sechs Techniken um Ii ;ft (Ritualität), yue Ifl (Musik), she M (Bogen¬

schießen), yu #p(Wagenlenken), shu (Schreibkunst) und shu 2 Jjfc(Rechenkunst), bei den Sechs Tugenden um zhi4% (Einsicht), ren 'f— (Mitmenschlichkeit), sheng î? (Weisheit), yi H, (Angemessenheit), zhong ,ë (Treue) und he (Harmonie) und schließlich bei den Sechs richtigen Verhaltensweisen um xiao ^ (pietätvolle Fügsamkeit), you iL (Freund¬

schaft), mu (Güte), yin iH (eheliche Verbundenheit), ren2 -fi (Verantwortungsgefühl) und xu 'fit(Mitgefühl).

48 „Technik" wird hier (in Anlehnung an griechisch techne) im Sinne eines Könnens, einer Kunstfertigkeit verstanden.

49 Vgl. u.a. YYJS. 194 und 564.

(14)

Was durch konkretes Handeln nicht erreicht wird, kann auch Wissen nicht erreichen. 50

Doch Yan wirft nicht nur Zhu Xi, sondern den konfuzianischen Kultivie¬

rungsbemühungen seit der Han-Zeit insgesamt eine zu starke Reflexions- lastigkeit und eine Verkennung der Rolle von Praxis im Prozess sittlicher Kultivierung vor, wie folgende Stellen belegen:

Den Gelehrten der Han und der Song war es nur darum gegangen, [den Weg zur Vervollkommnung (dao ii)] zu erklären (jie $f-) 51und zu verstehen (xing 3 'B.); und in der Unterweisung der Menschen war es ihnen [ebenfalls] nur da¬

rum gegangen, [den Weg] zu erklären, [damit er] verstanden werde. Deshalb konzentrierten sie ihr ganzes Leben lang ihre geistigen Kräfte auf das Kom¬

mentieren und Kompilieren [von Schriften]. Den Weisen hingegen war es da¬

rum gegangen, dass die Menschen [den Weg zur Vervollkommnung] praktisch befolgen (xixing § -fx), nicht darum, [ihn] zu erklären, [damit er] verstanden werde.

Konzentrieren sich die Menschen der Welt darauf, [den Weg] praktisch zu befolgen (xixing) und nicht darauf, [ihn] zu erklären und zu verstehen, liegt der Weg zu allgemeiner Vervollkommnung (dao) im Hellen. Konzentrieren sich die Menschen der Welt [jedoch] darauf, [ihn] zu erklären und zu verstehen, und nicht darauf, [ihn] praktisch zu befolgen, liegt er im Dunkeln.

Als auf der Welt der Weg zu allgemeiner Vervollkommnung noch im Hellen lag, verstand (shi2HQ und wusste (zhi &») das Volk des Yao und Shun nichts von ihm, und die dreitausend Anhänger des Konfuzius vernahmen nichts von der Natur des Menschen (xing2 i±) oder dem Weg zu allgemeiner Vervollkomm¬

nung. Heute, wo der Weg zu allgemeiner Vervollkommnung im Dunkeln liegt, diskutiert alle Welt [über ihn] und jeder [meint ihn zu] verstehen. 52

Erkennen (jue %) und Reflektieren (si ®-) ist nachrangig gegenüber dem Ler¬

nen (xue íf?), Lernen aber braucht Praxis (xi S). 53

Yan Yuans Erziehungsmodell fußt nicht auf analytischem Denken (jie $f), reflektierender Verstandesaktivität (xing3 'ÏJL,si &) oder expliziter Wissens¬

vermittlung in Form von schriftlicher oder mündlicher Belehrung (dushu if If ,jiangshuo ff|f£), sondern auf den pädagogischen Verfahren des Lernens

am Modell, des Nachahmens von Vorbildhaftem, des Trainierens konkreter

50 YYJS. 86. Anne Cheng stellt mit Blick auf Yan Yuan wie auch auf eine Reihe an¬

derer Denker jener Zeit folgende Frage: „L'insistance quasi obsessionnelleavec laquelle le discours de penseurs des Qing revient sur l'unité del'étude et del'action ne serait-elle pas un signe de leur impuissance, del'impossibilité où ils se trouvent d'être à lafois érudits et hommes d'action?" (Cheng 1997, S.557).

51Jie bedeutet „erklären", „zerlegen" und meint ein analytisch-zergliederndes Er¬

klären komplexer Sachverhalte.

52 YYJS. 199.

53 YYJS. 726.

(15)

Verhaltensmuster (li2 44) und Kulturtechniken (yi H) durch regelmäßige, schematische Wiederholung. Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Verfahren nicht nur bei Yan zentral sind, sondern durchaus typisch für konfuzianisches Lernen als solches. Die ausgeprägte Reflexionslastig- keit, die Yan dem Neokonfuzianismus Zhu Xis und Wang Yangmings un¬

terstellte, veranlasste ihn jedoch dazu, sie besonders hervorzuheben und zu elaborieren.

Die Begriffe „Praxis" (xi), „Handeln" (xing) und „Wissen" (zhi) sind für Yan Yuan zentral: Praxis (xi) bedeutet bei Yan nicht eine praktische Beschäf¬

tigung mit der phänomenalen Welt im Sinne eines ergebnisoffenen Unter¬

suchens beliebiger empirischer Objekte. Praxis wird nicht von einem durch geistige Prozesse gebildeten Wissen dominiert. Dies wäre ein Verständnis von Praxis im Sinne einer theoriegeleiteten, reflektierten Praxis. Vielmehr muss xi bei Yan im Sinne einer primären Praxis, das heißt einer unreflek- tierten, vortheoretischen, mimetisch-nachvollziehenden Praxis verstanden werden. Für sie ist ein Funktionieren im Vorgegebenen, ein möglichst ge¬

nauer Nachvollzug und ein möglichst perfektes Nachahmen fester Schemata des Verhaltens und kultureller Techniken, die immer schon angewandt wer¬

den, das heißt die durch die Tradition legitimiert und kulturell bewährt sind, entscheidend. Xi bezeichnet das unreflektierte Einüben in die Praxis der Normerfüllung und bewegt sich damit im Feld des Habituell-Normalen, der unreflektiert hingenommenen Normen. Es stellt den Bereich des gewohn¬

heitsmäßigen, unhinterfragten, selbstverständlichen Kennens und Könnens dar. Auf dieser Ebene sind explizierbares, theoretisches Wissen über diese Praxis, eine Reflexion auf diese Praxis oder die Praxis begleitende Erklärun¬

gen oder Begründungen nicht nötig. Ein Funktionieren im Vorgegebenen ist Begründung für Richtigkeit genug - Erörterung und Reflexion würden Un¬

mittelbarkeit und Selbstgewissheit nur zerstören und Zweifel und Unent- schlossenheit fördern. Xi liegt jeder Scheidung in Theorie und Praxis voraus, bezeichnet somit eine Vorgängigkeitsstruktur und kann als Prozess des Zur- Gewohnheit-Werdens verstanden werden. 54 Es kommt darauf an, sich „mit eigenen Händen" mit den Kultivierungsgegenständen auseinanderzusetzen, wie Yan schreibt. Im xz-Prozess kommt es zu einer Internalisierung, einer

Einverleibung einfacher Bewegungsabläufe oder komplexerer Verhaltens¬

schemata.

54 Dieses Praxisverständnisschließt eine Einordnung Yan Yuans als Pragmatisten, wie

sie beispielsweise von Carsun Chang (Chang 1962, Bd. 2, S. 293fl.) oder von Wolf¬

gang Bauer (Bauer 1989,S. 348) vorgenommen wird, aus. Denn xi dient bei Yanweder

als Beurteilungskriteriumfür bestimmte theoretische Positionen, noch kennt sein Ansatz

eine Ergebnisoffenheit der Praxis und des Handelns.Praxis und Handelnsindvielmehr

auf genau bestimmte Ziele festgelegt.

(16)

Yan bedient sich verschiedener Vergleiche, um dies zu veranschaulichen:

Beispielsweise müsse ein junger Vogel immer wieder mit den Flügeln schla¬

gen und unzählige Flugübungen machen, bevor er das Fliegen tatsächlich beherrsche. 55 Ein anderes Beispiel ist das Erlernen eines Musikinstruments.

Nicht durch intellektuelle Anstrengung, nicht dadurch, dass man Noten le¬

sen lernt, den Tonumfang und andere Merkmale eines Instruments kennt oder erklärt bekommt, wie ein Instrument gespielt wird, sondern nur durch ständiges Üben und Wiederholen verinnerliche man Abfolgen bestimmter Griffe und anderer Bewegungen und gelange so zu einer virtuosen Könner¬

schaft eines Instruments. Yan überträgt dies auf den sittlichen Erziehungs- prozess: Auch hier gelangt man nur durch xi zu einem sicheren und meis¬

terlichen Spiel auf der Klaviatur sittlicher Normen, zu ihrer routinierten Anwendung in der Situationenvielfalt des Lebens. 56

Eng an xi gebunden und inhaltlich nur schwer davon zu differenzieren ist xing („Handeln") bei Yan: Zeichenkombinationen wie xixing (als Pro¬

zessbegriff mit „praktisches Einüben und konkreter Handlungsvollzug", als Gegenstandsbegriff mit „gewohnheitsmäßiges Handeln" wiederzugeben) oder xi er xing zhi f¡ ffij-fr-^. („etwas einüben und entsprechend handeln") sind in seinen Texten häufig zu finden. 57 Die Bindung an xi betont das Mi¬

metisch-Nachvollziehende und Routinehafte von xing; durch xi bilden sich Handlungsroutinen aus. Nachahmung und permanentes Trainieren von Mustern befähigt zu deren sicherem, routiniertem Nachvollzug. Xing meint den tatsächlichen Vollzug tradierter sittlicher Muster, die Anwendung der eingeübten Muster in konkreten Situationen. Xing bezeichnet also ein regel¬

geleitetes Vollzugshandeln, ein durch internalisierte Muster gelenktes Han¬

deln, einen routinierten, gewohnheitsmäßigen Vollzug sittlicher Muster.

Eigenes Handeln soll zum Abbild vorbildhaften Verhaltens werden. Xing ist gutes Handeln, insofern es funktional und erfolgreich, das heißt den je¬

weiligen Situationen angemessen ist.

Diesem engen Praxis- und Handlungsbegriff entspricht Yan Yuans enger Wissensbegriff (zhi) 5S: Zhi ist bei Yan kein „Wissen, warum", sondern ein

„Wissen, wie" oder ein „Wissen, dass". Es ist als „Funktionswissen" zu ver¬

stehen, als Wissen um den richtigen - das heißt nach Maßgabe des Kultivie¬

rungsziels erfolgreichen - Gebrauch des Körpers, das durch primäre Praxis xi erworben wird. Das bedeutet: Der Erwerb eines solchen Wissens geht kon¬

kretem Handeln und praktischer Kultivierungs- bzw. Ritualisierungsarbeit nicht voraus, sondern vollzieht sich gerade dadurch. Neben der natürlichen

55 Vgl.YYJS. 174und 178.

56 Vgl.u.a. YYJS. 78f.

57 Vgl.u.a. YYJS. 42, 50, 72, 157und 174.

58 Zu Yans Wissensbegriff siehe auch Chow 1994,S. 64.

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