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TU Bergakademie Freiberg - Institut für Werkstofftechnik Schülerlabor science meets school - Werkstoffe und Technologien in Freiberg

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Academic year: 2022

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TU Bergakademie Freiberg - Institut für Werkstofftechnik Schülerlabor

„science meets school“ - Werkstoffe und Technologien in Freiberg

GRUNDLAGEN SEKUNDARSTUFE I Modul: Werkstoffuntersuchung

Versuch: Haben Werkstoffe ein Gedächtnis? – Experimente zum Formgedächtniseffekt

Kann diese Feder, ohne äußere mechanische Hilfe (!), die Gewichte heben?

Abbildung 1: Demonstrator zum Formgedächtniseffekt

I. VORÜBERLEGUNGEN / VORVERSUCHE

a) Nimm Büroklammer 1 → verbiege sie. Halte sie in warmes Wasser. Beobachte und beschreibe!

b) Nimm Büroklammer 2 (NiTi) → biege sie auseinander. Halte sie in warmes Wasser.

Notiere deine Beobachtungen!

c) Vergleiche die Versuche a) und b). Worin liegt der Unterschied? Versuche eine Erklärung zu finden.

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2 II. GRUNDLAGEN

Im Gegensatz zu den bekannten Metallen des Alltags, wie z.B. Aluminium, Stahl, Edelstahl oder Kupfer, weisen Formgedächtnislegierungen ganz besondere Eigenschaften auf. Sie können z.B. beliebig verformt werden und danach ohne Einwirkung äußerer mechanischer Kräfte durch Temperatureinwirkung in ihre Ausgangsgestalt zurückkehren. Man kann also sagen, die Form-Gedächtnis-Legierungen „erinnern“ sich an ihre ursprüngliche Form, wie bereits ihr Name vermuten lässt. Die Fähigkeit der Gestalterinnerung haben nur Metalle mit einer besonderen Zusammensetzung. Die wichtigsten Formgedächtnislegierungen haben als Hauptbestandteile Nickel (sog. Nickel-Basis-Legierungen) bzw. Eisen (sog. Eisen-Basis- Legierungen). Daneben enthalten diese in definierten Mengenverhältnissen weitere Elemente wie z.B. Titan.

Um den Effekt der Gestalterinnerung zu verstehen, müssen wir uns zunächst einmal mit dem Aufbau der Metalle, vom Kleinen zum Großen, also seinem Gefüge, befassen. Beispielsweise ist ein Backsteinhaus aus etlichen Ziegelsteinen aufgebaut, die wiederum aus bspw. Ton, Sand und Wasser bestehen. Viele dieser Ziegelsteine bilden eine Wand. Die Wände bilden die Etagen, die Etagen bilden mit dem Dachstuhl das Haus.

Bei den technischen Materialien verhält es sich ähnlich. Die kleinsten Bausteine stellen verschiedene Atome (Am Beispiel des Hauses sind dies Ton, Sand und Wasser) dar, bei denen Elektronen auf Bahnen den Atomkern umkreisen. Diese Atome ordnen sich bei festen Stoffen in einer bestimmten periodisch aufgebauten dreidimensionalen Struktur an, die ein Kristallgitter (Ziegelwand) bilden. Dabei wird die kleinste Einheit eines Kristallgitters, die nur aus wenigen Atomen besteht, als Einheits- oder Elementarzelle (Ziegel) bezeichnet.

Zusammenhängende Bereiche im Gefüge mit gleichen Kristallstrukturen und gleicher Orientierung werden Körner (einzelne Wände mit gleich zueinander ausgerichteten Ziegelsteinen) genannt.

Anhand einer Elementarzelle lässt sich die Kristallstruktur eines Materiales exakt beschreiben.

Es gibt aber nicht nur ein Kristallgitter sondern viele verschiedene Arten und Untergruppen.

Abbildung zeigt bspw. drei typische Elementarzellen für die kubische Kristallstruktur (a-c) und für ein tetragonales Kristallgitter (d) deren Aufbau im Folgenden genauer betrachtet wird.

Abbildung 2: Schematische Darstellung der wesentlichen Gitterstrukturen [J. Rösler, Mech. Verh. der Wst., 2008]

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3 Ein kubisches Gitter ist dadurch gekennzeichnet, dass die drei Raumrichtungen x, y und z senkrecht aufeinander stehen (kartesisches Koordinatensystem) und der kleinste Atomabstand, auch Gitterkonstante genannt, in alle drei Raumrichtungen gleich groß ist (→ Würfelform). Bei der tetragonalen Kristallstruktur (Abbildung d) stehen die Richtungen x, y und z zwar senkrecht aufeinander, aber die Gitterkonstante in z-Richtung ist größer, als die in x- und y-Richtung, welche jeweils gleich groß sind (→ Quaderform). Die kubischen Gitter untereinander unterscheiden sich noch in der genauen Lage der Atome. Abbildung a zeigt ein kubisch primitives Gitter. Hier sind nur die Eckpunkte der Elementarzelle mit Atomen besetzt.

Daneben gibt es noch das kubisch raumzentrierte (krz) Gitter, bei dem sich zusätzlich zu den Eckatomen noch ein Atom im Zentrum der Elementarzelle befindet (Abbildung b). Im kubisch flächenzentrierten Gitter (Abbildung c) hingegen befindet sich neben den Eckatomen noch in der Mitte jeder Würfelfläche der Elementarzelle jeweils ein Atom.

Welches Kristallgitter sich letztendlich in einem Material ausbildet, hängt unter anderem von der Art und Größe der Atome der beteiligten Elemente ab.

Im Alltag finden häufig neben den reinen Metallen (Kupfer, Aluminium) vor allem Legierungen praktische Anwendung. Unter einer Legierung versteht man die Verbindungen verschiedener Elemente mit meist metallischem Charakter. Typische Legierungen sind z.B. Bronze (Kupfer + Zinn), Messing (Kupfer + Zink) und natürlich Stahl (Eisen + Kohlenstoff + weitere Elemente). In Abhängigkeit von der Konzentration der an der Legierung beteiligten Elemente, ihren chemischen Eigenschaften sowie Temperatur und Druck, können diese Elemente unterschiedlich gut miteinander zu Phasen vermischt werden. In einer Legierung können so unterschiedliche Phasen auftreten, die wiederum unterschiedliche Kristallstrukturen aufweisen können.

Eine typische Formgedächtnislegierung ist Nitinol, auch NiTi genannt. Es besteht zu 55% aus Nickel und 45 % Titan. Nitinol kann in zwei Phasen vorkommen. Zum einen tritt die kubisch flächenzentrierte Phase, die auch als Austenit oder Parentphase bezeichnet wird, auf. Zum anderen gibt es die als Martensit bezeichnete Phase, die eine tetragonal raumzentrierte Kristallstruktur aufweist. Der Formgedächtniseffekt ergibt sich aus der Umwandlung dieser beiden Phasen ineinander und ist von der Temperatur bzw. Verformung des Materials abhängig. Die Temperatur für diese Umwandlung liegt bei ca. 80°C. Oberhalb davon liegt die Austenit-Phase vor, darunter Martensit.

Bevor eine Formgedächtnislegierung genutzet werden kann, muss ihr zu Beginn eine Form gegeben werden, an die sie sich erinnern soll. Indem das Nitinol in der Ausgangsgestalt bei hohen Temperaturen (500 °C) behandelt wird, lässt sich diese einprägen.

Während des Abkühlens wandelt sich die austenitische in die martensitische Phase um. Die Formgedächtnislegierung ist einsatzbereit.

Nun gibt es zwei Wege auf dem eine Formgedächtnislegierung wieder ihre ursprüngliche Gestalt erlangen kann:

Bei der thermischen Gestalterinnerung (Abbildung 3) bleibt die Form durch eine eingebrachte Verformung (a) auch nach der Entlastung (b) zunächst erhalten. Wird das Bauteil nun bis auf ca. 80°C erwärmt (c), wandeln sich die verformten Martensitkörner im Material wieder in Austenit um und erhalten dabei ihre anfängliche Gestalt zurück. Das Material erinnert sich.

Durch das Abkühlen kommt es wieder zur Phasenänderung von Austenit zu Martensit, wobei letzterer wieder unverformt vorliegt.

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Abbildung 3: Prinzip der thermischen Gestaltänderung

Reagiert eine Formgedächtnislegierung mit mechanischer Gestalterinnerung, erinnert sich das verformte Material nach Wegnahme der äußeren Kraft sofort wieder an die ursprüngliche Form. Dieser Effekt wird auch als Superelastizität oder Pseudoelastizität bezeichnet. Auch hier kommt es wieder zur Umwandlung zwischen den beiden Phasen Austenit und Martensit, nur entscheidet nicht die Temperatur, sondern die auf das Material wirkende Kraft, welche Phase vorliegt.

III. ANWENDUNGSGEBIETE

Formgedächtnislegierungen finden in vielfältigen Bereichen Anwendung.

Nickel-Titan-Legierungen werden beispielsweise für Brillengestelle eingesetzt. Durch die mechanische Gestalterinnerung hält die Brille außerordentlichen Belastungen stand, ohne kaputt zu gehen, z.B. wenn man sich aus Versehen drauf setzt (Abbildung a). Andererseits kann die Brille platzsparend „gefaltet“ und verstaut werden, wenn sie gerade nicht benötigt wird.

a b c

Probe

unverformter Martensit

verformter Martensit Austenit

Gefüge

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Abbildung 4: Typische Beispiele für Alltagsanwendungen von Formgedächtniswerkstoffen

Im Bereich der Medizin finden Formgedächtnislegierungen ebenfalls Anwendung. In einigen Fällen besteht z.B. der Draht von festen Zahnspangen aus NiTi-Material (Abbildung b).

Um belegten Arterien wieder guten Durchfluss zu ermöglichen, werden meist röhrchenartige Körper, sogenannte Stents eingesetzt (Abbildung c). Bei Abkühlung auf eine Temperatur, die deutlich unterhalb der menschlichen Körpertemperatur liegt, zieht sich der Stent zusammen.

Mit Hilfe eines Katheders wird sie an den Bestimmungsort im Körper platziert. Durch die Erwärmung auf Körpertemperatur dehnt sich der Stent wieder aus und weitet damit die Arterie. Die Zirkulation durch den vorher eingeengten Arterienbereich ist nun wieder gewährleistet.

Im Maschinen- und Anlagenbau werden aus dem Material, bereits seit Mitte der 1980er Jahre, sog. Schrumpfmuffen hergestellt. Abgekühlt werden sie über die zu verbindenden Stücke / Leitungen gestülpt. Bei Erwärmen auf Umgebungstemperatur ziehen sie sich zusammen und bilden eine sichere Verbindung. Ebenso sind Nietverbindungen auf Basis von Formgedächtnislegierungen möglich.

Seit den 1980er Jahren arbeiten Roboter in japanischen Fabriken, die ihre Hände aus trainiertem Metall mit Hilfe von Stromstößen öffnen und schließen können.

Im Bereich der Elektronik werden kleine Bauteile, sog. Aktoren, mittlerweile häufig aus Formgedächtnislegierungen hergestellt.

In der Textilindustrie gibt es sogar vereinzelt Versuche, Formgedächtnisfäden in Hemden einzuspinnen. Nach dem Waschen wird das Hemd nicht gebügelt, sondern einfach geföhnt.

Auch zum Schalten, ähnlich Bimetallstreifen, sind Formgedächtnislegierungen im Einsatz und werden bspw. in Gewächshäusern zum automatischen Öffnen und Schließen von Lüftungsfenstern eingesetzt.

Die großen Vorteile von Formgedächtnislegierungen sind: kleine Bauart, wenig Material, vielseitig einsetzbar, keine anfällige Elektronik. Aber es gibt auch Nachteile, die den Einsatz im Alltag bisher (noch) verhindern: sehr teuer, Langzeitstabilität oftmals (noch) nicht ausreichende gewährleistet (Alterung).

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6 IV. EXPERIMENTE MIT FGL

Versuch 1 – Einbringen einer Ausgangsgestalt in einen Formgedächtnisdraht Material: NiTi-Draht (Nitinol)

Backförmchen (für die Formgebung) Zange

Durchführung: - Formgebung - Biegen des Drahtes um das Backförmchen - Einprägen der Form (im Ofen bei 500 °C für 2 min) - Verbiegen der eingeprägten Form

- Erwärmen mit Fön / Eintauchen in heißes Wasser

Aufgabe: Beschreibe deine Beobachtungen anhand der erlernten Fakten!

a) Was passiert bei der Formeinprägung?

b) Was geschieht mit der deformierten Probe nach der Erwärmung?

Versuch 2 – Federkonstante/Hubarbeit einer Feder aus FGL-Material Material: Stativaufbau mit hängender Nitinol-Feder

Versuchsaufbau Hebel mit Feder aus Nitinol Mehrere Gewichte (jeweils 44g schwer) Fön (Stufe1 – 55°C, Stufe2 – 80°C)

Durchführung: - Aufbringen verschiedener Lasten (0g, 88g, 176g) auf die hängende Nitinol-Feder, statisch und dynamisch

- Messen der Federlänge vor und nach dem (statischen) Aufbringen der Lasten bzw. nach Entlasten

- Erwärmen der Feder mit dem Fön, erneutes Messen der Federlänge - Heben einer Last mit dem Versuchsaufbau Hebel

- Erwärmen der Feder mit dem Fön, Messen der Hubhöhe Aufgabe:

a) Ermittle die gesuchten Werte für die unten stehende Tabelle!

b) Beschreibe das Verhalten der Feder für verschiedene Lasten anhand der Ergebnisse

c) Was passiert beim Erwärmen der Feder, was beim erneuten Abkühlen?

d) Hat die Größe der bleibenden Verformung (m=konst.) der Feder bei 25°C einen Effekt auf den Zustand der Feder bei 80°C?

e) Welchen Einfluss hat die Temperatur des Föns auf die Federlänge für den Fall einer Belastung von 176g?

f) berechne die Hubarbeit Whub, die die NiTi-Feder am Hebelaufbau anhand des Formgedächtniseffektes durch das Heben des Gewichtes (238g) verrichtet hat. Hinweis: Whub=m·g·h

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7

Gewicht in g Federlänge in mm Verlängerung in mm

m l (25°C,entl.) l (25°C) l (55°C) l (80°C) ∆l (25°C) ∆l (80°C) ∆l (25°C-80°C)

0 - 22 - 20 - - 2

88 33 50 - 33 28 13 17

174 50 100 60 50 78 30 70

Welche Erkenntniss hast du gewonnen? Ergänze die fehlenden Wörter!

Die Feder wird mit zunehmender Last ________(stärker/schwächer) verformt, die bleibende Verformung bei Raumtemperatur nimmt dabei ______(ab/zu).

Durch das Erwärmen der Feder ______ (zieht/dehnt) sich die Feder _______ (zusammen/aus).

Je höhere Lasten angehängt werden, umso ______ (weniger/mehr) zieht sich die Feder durch das anschließende Erwärmen zusammen.

Die maximale Höhe, auf die die Feder eine Last heben kann, nimmt zu, je _____

(geringer/höher) die Masse der eingesetzten Last ist.

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