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Funktionenreihen TU Bergakademie Freiberg 823 Punktweise Konvergenz Wir suchen nach geeigneten Konvergenzbegriffen für Funktionenfolgen

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10 Potenz- und Fourierreihen

10.1 Konvergenzbegriffe für Funktionenfolgen

Im letzten Kapitel soll es noch einmal um eindimensionale Analysis gehen. Speziell werden wir uns mit Folgen und Reihen reellerFunktionen auseinandersetzen.

Definition 10.1.

Eine unendliche Folge

f1, f2, f3, . . . , fn, . . .

von Funktionenfn:IRauf einem IntervallIRnennen wir FunktionenfolgeaufI.

Notation: (fn)n∈N oder kürzer(fn), analog zu Zahlenfolgen.

Funktionenreihen TU Bergakademie Freiberg 823

Punktweise Konvergenz

Wir suchen nach geeigneten Konvergenzbegriffen für Funktionenfolgen.

Das Naheliegendste ist:

Definition 10.2.

Eine Funktionenfolge(fn)aufIRheißtpunktweise konvergent gegen die Funktionf:IRwenn

nlim→∞fn(x) =f(x) für allexI, (1) d. h. wenn für jedesxI dieZahlenfolge(fn(x))n gegenf(x) konvergiert. Die Funktionf heißtGrenzfunktionvon(fn).

Äquivalent zu (1) ist die Aussage, dass|fn(x)f(x)| →0fürn→ ∞ für allexI.

Funktionenreihen TU Bergakademie Freiberg 824

Beispiele und Probleme

Die Funktionenfolgenfn(x) =nx(1x)n(links) undfn(x) =x(1x)n (rechts) konvergieren auf[0,1]beide punktweise gegenf(x) = 0.

1/121/6 1/3 1

1/e

f2 f5

f11

1/121/6 1/3 1

1/e

f2 f5

f11

Am Beispiel der Funktionenfolge links erkennen wir bereits, dass trotz punktweiser Konvergenz auch für großennichtalleFunktionswerte von fnbeliebig nahe bei Null liegen müssen.

(2)

Punktweise Konvergenz ist generell eine recht schwache Eigenschaft, z. B. kann auch folgendes passieren:

die Grenzfunktionfist nicht stetig, obwohl es alle Folgengliederfn

sind,

die Folge der IntegraleR

Ifn(x)dxkonvergiert, aber nicht gegen das IntegralR

If(x)dxüber die Grenzfunktion.

Illustrieren Sie dies an folgenden Beispielen:

fn: [0,1]R, fn(x) =xn, fn: [0,1]R, fn(x) =

n2x, 0x < 1n; 0, 1nx1.

Funktionenreihen TU Bergakademie Freiberg 826

Gleichmäßige Konvergenz

Die Problemfälle von S. 826 haben gemeinsam, dass die Funktionswerte fn(x)auch für großennichtgleichmäßignahe beif(x)liegen.

Wir formulieren daher einen strengeren Konvergenzbegriff:

Definition 10.3.

Eine Funktionenfolge(fn)auf einem IntervallIRheißtgleichmäßig konvergentgegenf: IR, wenn

sup

xI|fn(x)f(x)| →0 fürn→ ∞. (2) Erinnerung: Das SupremumsupMeiner beschränkten MengeMRist deren kleinste obere Schranke. Falls das Maximum existiert, giltsupM= maxM.

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Beispiel

Die Funktionenfolgefn(x) = sinx+n1sin(3x+n)konvergiert aufR gleichmäßig gegenf(x) = sinx, denn

sup

x∈R|fn(x)f(x)|= sup

x∈R

1

n|sin(3x+n)|= 1

n0 (n→ ∞).

Gezeichnet sind einige Glieder der Funktio- nenfolge sowie deren Grenzfunktion.

Man beachte, dass ab einem bestimmten n(hier z. B.n5) alle Funktionsgraphen komplett innerhalb eines beliebig dünnen

„ε-Schlauchs“ um die Grenzfunktionfver- laufen (blau gestrichelt).

(3)

Eigenschaften gleichmäßig konvergenter Funktionenfolgen Satz 10.4.

Konvergiert eine Funktionenfolge(fn)auf einem IntervallI

gleichmäßig gegenf, dann konvergiert sie auch punktweise gegenf.

Gleichmäßige Konvergenz ist also „stärker“ als punktweise.

Satz 10.5.

Konvergieren zwei Funktionenfolgen(fn)und(gn)auf einem Intervall Igleichmäßig gegenfbzw.g, so konvergieren

die Funktionenfolge(fn±gn)gleichmäßig gegenf±g, die Funktionenfolge(λfn),λR, gleichmäßig gegenλf.

Funktionenreihen TU Bergakademie Freiberg 829

Die gleichmäßige Konvergenz behebt auch die „Mängel“ von S. 826:

Satz 10.6.

Ist(fn)eine auf dem IntervallI gleichmäßig konvergente Folge stetiger Funktionen, so ist auch die GrenzfunktionfaufIstetig.

Satz 10.7.

Ist(fn)eine auf dem Intervall[a, b]gleichmäßig konvergente Folge integrierbarer Funktionen, so ist auch die Grenzfunktionf integrierbar, und es gilt Z b

a

f(x)dx= lim

n→∞

Zb a

fn(x)dx.

Funktionenreihen TU Bergakademie Freiberg 830

Schließlich formulieren wir noch ein Ergebnis für die Ableitung bei gleichmäßiger Konvergenz:

Satz 10.8.

Ist(fn)eine auf dem Intervall[a, b]gleichmäßig konvergente Folge differenzierbarer Funktionen mit Grenzfunktionf, und ist die abgeleitete Funktionenfolge(fn0)auf[a, b]ebenfalls gleichmäßig konvergent, so istf differenzierbar mit

f0(x) = lim

n→∞fn0(x) (für allex[a, b]).

(4)

Funktionenreihen

Wie bei Zahlenfolgen kann man zu einer Funktionenfolge(fn)n≥0eine Partialsummenfolge definieren:

f0, f0+f1, f0+f1+f2, . . . , Xn

k=0

fk, . . .

Diese Partialsummenfolge nennen wir auchReihe der Funktionenfk. Die FunktionenfkheißenGliederder Funktionenreihe.

Notation: P

k=0fkoderP

k=0fk(x), sowohl für die Reihe selbst als auch für deren Grenzwert, genau wie bei reellen Reihen.

Beispiel: Bereits bekannt ist die Funktionenreiheex=P

k=0xk k!.

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Gliedweises Integrieren und Differenzieren

Da Funktionenreihen spezielle Funktionenfolgen sind, kann man unsere Konvergenzbegriffe wie auch die Sätze 10.4 - 10.8 direkt übertragen.

SeiP

k=0fkgleichmäßig konvergent auf[a, b]mitP

k=0fk=f. Dann gelten:

Sind alle Reihengliederfkstetig, so ist auch die Summenfunktionf stetig, und es gilt

Z b a

f(x)dx= Z b

a

" X

k=0

fk(x)

# dx=

X k=0

Zb a

fk(x)dx.

Sind allefkdifferenzierbar, und konvergiert die abgeleitete Reihe P

k=0fk0 gleichmäßig auf[a, b], dann ist auch die Summef differenzierbar und

f0(x) =

" X

k=0

fk(x)

#0

= X k=0

fk0(x).

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10.2 Potenzreihen

Bei diesen Funktionenreihen wählt man als Glieder Funktionen vom Typ fk(x) =ak(xx0)k. Als Partialsummen entstehen Polynome n-ten Grades:sn(x) =Pn

k=0ak(xx0)k. Definition 10.9.

Eine Reihe der Form X k=0

ak(xx0)k (x, x0, akR) (3) heißtPotenzreihemitEntwicklungspunktx0undKoeffizientenak. Die berühmteste Potenzreihe kennen Sie bereits:ex=P

k=0 1 k!xk. Sie hat den Entwicklungspunktx0= 0, die Koeffizientenak=k!1 und konvergiert für allexR.

(5)

Konvergenzverhalten

Wir untersuchen nun das Konvergenzverhalten von (3) in Abhängigkeit vonx, währendakundx0 fest gehalten werden.

Satz 10.10 (von Cauchy-Hadamard).

Zu jeder PotenzreiheP

k=0ak(xx0)kgibt es einen

KonvergenzradiusR[0,∞)∪ {∞}mit folgenden Eigenschaften:

Die Potenzreihe konvergiert (absolut) fürx(x0R, x0+R).

Die Potenzreihe konvergiert gleichmäßig auf jedem abgeschlossenen IntervallI(x0R, x0+R).

Die Potenzreihe divergiert außerhalb[x0R, x0+R](nur sinnvoll fürR6=∞).

Jacques Hadamard, 1865-1963, französischer Mathematiker

Funktionenreihen TU Bergakademie Freiberg 835

Prinzipskizze zum Konvergenzverhalten

x0−R x0 x0+R Konvergenz

Divergenz Divergenz

? ?

Anmerkungen

Das Intervall(x0R, x0+R)wird auchKonvergenzintervallder Potenzreihe genannt.

Das Konvergenzverhalten an den kritischen Punktenx0Rund x0+Rmuss immer gesondert untersucht werden.

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Berechnung des Konvergenzradius Satz 10.11.

SeiP

k=0ak(xx0)keine Potenzreihe mit KonvergenzradiusR. Dann gilt:

R= lim

k→ ∞

ak+1ak

, falls fast alleakvon Null verschieden sind, und dieser Grenzwert existiert,

R= 1

k→ ∞lim

k

|ak|, falls der Grenzwert im Nenner existiert. Dabei sind die Konventionen „1 = 0“ und „10=∞“ zu treffen.

Beweisidee: Quotienten- bzw. Wurzelkriterium für Zahlenreihen.

(6)

Beispiel

Der Konvergenzradius vonex=P

k=0xk

k! ist∞. Tatsächlich ergibt sich mit dem erstgenannten Kriterium

R= lim

k→ ∞

ak

ak+1

= lim

k→ ∞

(k+ 1)!

k! = lim

k→ ∞(k+ 1) =.

Untersuchen Sie das Konvergenzverhalten der Potenzreihen X

k=1

kkxk, X k=0

xk k+ 1,

X k=0

xk 2k.

Vergessen Sie nicht, die Randpunkte des Konvergenzintervalls zu untersuchen.

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Gliedweises Differenzieren und Integrieren

Die Ergebnisse von S. 833 gelten natürlich auch für Potenzreihen:

Satz 10.12.

Die PotenzreiheP

k=0ak(xx0)kbesitze den Konvergenzradius R >0. Die Funktion

f: (xR, x+R)R, f(x) = X k=0

ak(xx0)k hat dann folgende Eigenschaften:

f ist stetig.

f ist auf jedem abgeschlossenen Teilintervall von(xR, x+R) integrierbar, wobei

Z

f(x)dx= X k=0

ak

k+ 1(xx0)k+1+C.

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Fortsetzung Satz 10.12

f ist beliebig oft differenzierbar mit f0(x) =

X k=1

kak(xx0)k1, f00(x) =

X k=2

k(k1)ak(xx0)k2, usw. Insbesondere istf(k)(x0) =k!ak.

(7)

Beispiel

Aus der Summenformel für die geometrische Reihe erhält man für f: (−1,1)R, f(x) =11x die Potenzreihendarstellung

f(x) = 1 1x=

X k=0

xk= 1 +x+x2+x3+. . .

Durch gliedweises Differenzieren (Satz 10.12, Punkt 3) erhält man für die Ableitung die Darstellung

f0(x) = 1 (1x)2 =

X k=1

kxk1= X k=0

(k+1)xk= 1+2x+3x2+4x3+. . .

Wie lautet die Potenzreihendarstellung zuF(x) = ln(1x) (x0= 0, |x|<1)?

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Darstellbarkeit durch Potenzreihen

Es stellt sich die Frage, wann z. B. eine unendlich oft differenzierbare Funktion als Potenzreihe geschrieben („in eine Potenzreihe entwickelt“) werden kann.

Aus der Formel in letzten Zeile von Satz 10.12 ergibt sich, dass für die Koeffizientenimmer

ak=f(k)(x0) k!

gelten muss. Die aus Abschnitt 4.6 bekannteTaylor-Reihe X

k=0

f(k)(x0)

k! (xx0)k

ist also der einzige Kandidat für eine mögliche Potenzreihendarstellung vonf.

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Warnungen

Leider gibt es unendlich oft differenzierbare Funktionen, die man nicht als Potenzreihen schreiben kann. Es kann vorkommen, dass

die Taylor-Reihe den KonvergenzradiusR= 0besitzt, d. h. nur für x=x0 konvergiert.

die Taylor-Reihe durchaus konvergiert (R >0), aber nicht gegen die Funktionf (!!). Ein prominentes Beispiel ist die Funktion

f(x) = (

ex12, fürx6= 0;

0, fürx= 0,

für dief(k)(0) = 0für allekNgilt. Die Taylorreihe ist somit die konstante Funktionf˜= 0und hat mitf nichts zu tun.

(8)

Wann genau eine unendlich oft differenzierbare Funktionfdurch ihre Taylor-Reihe dargestellt wird, ist schwierig zu charakterisieren.

Wir begnügen uns mit einer hinreichenden Bedingung:

Satz 10.13.

Die Funktionf: I= (x0r, x0+r)Rsei unendlich oft differenzierbar. Gilt

klim→∞

rk k! max

xI |f(k+1)(x)|= 0, so besitzt die Taylor-ReiheP

k=0f(k)(x0)

k! (xx0)kden KonvergenzradiusRr, und es gilt

f(x) = X k=0

f(k)(x0)

k! (xx0)k für allexI.

Funktionenreihen TU Bergakademie Freiberg 844

Man bestimme die Taylorreihe zuf(x) = sinx(x0= 0). Wie verhält es sich mit der Konvergenz? Könnte man diese Potenzreihe auch aus der Formeleix= cosx+isinxerhalten?

Die Funktionf(x) = sinxund einige ihrer TaylorpolynomeTn(x) =Pn k=0

f(k)(0) k! xk.

Funktionenreihen TU Bergakademie Freiberg 845

Rechnen mit Potenzreihen

Schließlich kann man Potenzreihen gliedweise addieren und in Produkten von Potenzreihen wie bei endlichen Summen ausmultiplizieren:

Satz 10.14.

Für Summe und Produkt zweier PotenzreihenP

k=0ak(xx0)kund P

k=0bk(xx0)kgilt im gemeinsamen Konvergenzbereich:

X k=0

ak(xx0)k+ X k=0

bk(xx0)k= X k=0

(ak+bk)(xx0)k bzw.

X k=0

ak(xx0)k

! X

k=0

bk(xx0)k

!

= X k=0

ck(xx0)k mitck=a0bk+a1bk1+. . .+akb0.

(9)

Beispiel

exsin(x) =

1 +x+x2 2! +x3

3!+· · · xx3 3! +x5

5!+· · ·

=x+x2+x3 3 x5

30x6 90 x7

630+ x9 22680+· · ·

Bestätigen Sie mindestens die ersten vier Summanden durch detaillierte Rechnung.

Funktionenreihen TU Bergakademie Freiberg 847

Division von Potenzreihen Will man die Koeffizienten von

X k=0

ck(xx0)k= P

k=0ak(xx0)k P

k=0bk(xx0)k berechnen, formt man zunächst um:

X k=0

ck(xx0)k

! X

k=0

bk(xx0)k

!

= X k=0

ak(xx0)k und führt dann einen Koeffizientenvergleich durch.

Mit Hilfe von sinx=xx3

3!+x5 5!x7

7! +· · · und cosx= 1x2 2!+x4

4! x6 6! +· · · berechne man die ersten fünf Koeffizienten der Potenzreihe zu tanx=cossinxx (x0= 0).

Funktionenreihen TU Bergakademie Freiberg 848

10.3 Fourier-Reihen

Im letzten Abschnitt suchen wir nach Reihendarstellungen für periodische Funktionen, speziell für2π-periodische Funktionen∗∗. Als Reihenglieder verwenden wir Funktionen, die selbst2π-periodisch sind:

Definition 10.15.

Eine Reihe der Bauart a0

2 + X j=1

(ajcos(jx) +bjsin(jx)) mit reellen Konstantena0, a1, a2, . . .undb1, b2, b3. . .heißt trigonometrische Reihe.

Istaj = 0(jN0), spricht man von einerSinusreihe.

Istbj= 0(jN), spricht man von einerKosinusreihe.

(10)

Konvergenz und Eigenschaften der Grenzfunktion

Wir gehen zunächst von einer gegebenen trigonometrischen Reihe aus und bemerken:

Satz 10.16.

Ist die trigonometrische Reihea20+P

j=1(ajcos(jx) +bjsin(jx))für allexRkonvergent, so ist

f(x) =a0

2 + X j=1

(ajcos(jx) +bjsin(jx)) (4) eine aufRdefinierte2π-periodische Funktion.

Es macht also umgekehrt nur für2π-periodische Funktionen Sinn, nach Darstellungen der Form (4) zu suchen. Für Funktionen wieg(x) =x2 oderh(x) =exist dies dagegen zwecklos.

Funktionenreihen TU Bergakademie Freiberg 850

Der folgende Satz liefert u. a. den Schlüssel zur Berechnung der gesuchten Reihendarstellungen:

Satz 10.17.

Sind die ReihenP

j=0aj undP

j=1bj absolut konvergent, konvergiert die trigonometrische Reihe a20+P

j=1(ajcos(jx) +bjsin(jx)) punktweise auf ganzR. Die Summenfunktion

f(x) := a0

2 + X j=1

(ajcos(jx) +bjsin(jx)) ist stetig aufR, und es gelten

aj =1 π

Zπ

π

f(t) cos(jt)dt (jN0), bj =1

π Zπ

−πf(t) sin(jt)dt (jN). (5)

Funktionenreihen TU Bergakademie Freiberg 851

Hintergrund: Orthogonalitätsrelationen inL2([−π, π]) Um die Darstellungen in (5) zu erhalten, versieht man den Raum L2([π, π])aller Funktionenf mitRπ

π|f(x)|2dx <mit dem Skalarprodukt

hf, gi= 1 π

Zπ

−πf(x)g(x)dx.

Es lässt sich zeigen, dass die Funktionensin(nx)undcos(mx) (mN0, nN)diesbezüglich eine Orthonormalbasis bilden, d. h.

1 π

Zπ

π

sin(nx) sin(mx)dx= 1 π

Z π

π

cos(nx) cos(mx)dx=

(0, fallsn6=m,

1, fallsn=m, 1

π Z π

π

sin(nx) cos(mx)dx= 0 (nN, mN0).

Die Darstellung (5) der Koeffizienten ergibt sich damit wie in Satz 6.29 ausaj=hf(·),cos(j·)iundbj=hf(·),sin(j·)i.

Genaugenommen muss man hier den Lebesgueschen Integralbegiff verwenden.

(11)

Darstellbarkeit durch Fourier-Reihen

Wir untersuchen nun für eine vorgegebene2π-periodische Funktionf, ob sie sich in eine trigonometrische Reihe entwickeln lässt.

Definition 10.18.

Seif: RReine2π-periodische, auf[π, π]integrierbare Funktion.

Dann heißen die Zahlen aj =1 π

Zπ

−πf(t) cos(jt)dt (jN0), bj =1

π Zπ

π

f(t) sin(jt)dt (jN).

Fourier-Koeffizientenvonf. Die Reihe f(x) =ˆ a0

2 + X j=1

(ajcos(jx) +bjsin(jx)) heißtFourier-Reihevonf.

Funktionenreihen TU Bergakademie Freiberg 853

Anmerkungen

Da die Integranden die Periodehaben, kann auch jedes andere Intervall der Längeals Integrationsbereich verwendet werden.

Das konkrete Rechnen erleichtert häufig:

Satz 10.19.

Istf:RReine2π-periodische, in[π, π]integrierbare, und auf (π, π)gerade [ungerade] Funktion, dann ist die Fourier-Reihe vonf eine Kosinusreihe [eine Sinusreihe].

Man berechne die Fourier-Reihe zumRechteckpuls f(x) =

(A, für|x| ≤π/2, 0, fürπ/2≤ |x| ≤π.

Funktionenreihen TU Bergakademie Freiberg 854

Wie bei den Taylor-Reihen stellen sich nun folgende Fragen:

Wann konvergiert die Fourier-Reihefˆ(x)?

Falls sie konvergiert – unter welchen Bedingungen gilt dann auchf(x) =ˆ f(x)?

Zur Beantwortung brauchen wir einen weiteren Begriff:

Definition 10.20.

Eine Funktionf: [a, b]Rheißt auf[a, b]stückweise glatt, wenn es eine Unterteilunga=x0< x1<· · ·< xn=bvon[a, b]gibt, so dass fauf jedem der Teilintervalle[xi1, xi]stetig differenzierbar ist.

(12)

Satz 10.21.

Ist die2π-periodische Funktionf:RRstückweise glatt auf[π, π], so konvergiert ihre Fourier-Reihefˆpunktweise aufR. Dabei gilt

f(xˆ 0) =1 2

xlimx0f(x) + lim

xx0+f(x)

für allex0R.

Istf stetig inx0, so folgtf(xˆ 0) =f(x0).

Beispiel:

0 pi 2 pi

0 A/2 A

s1

s3

s5

Partialsummen der Fourierentwicklung zum Rechteckpuls, vgl. Bsp. S. 854.

Funktionenreihen TU Bergakademie Freiberg 856

Weiteres Beispiel

Für dieSägezahnfunktionf(x) =x(|x| ≤π) ergibt sich aj= 0 (jN0), und bj= 2(1)j+1

j (jN).

Auch hier stellen wir die ersten Partialsummen dar:

0 pi 2 pi

−pi 0 pi

s1

s3

s5

Anmerkung: Tabellen wichtiger Fourierentwicklungen findet man in gängigen Tafelwerken, z. B. Merziger et al., S. 78 ff.

Funktionenreihen TU Bergakademie Freiberg 857

Exkurs: Gibbssches Phänomen

Wir betrachten die Partialsummens29für Rechteckpuls und Sägezahnfunktion:

0 pi 2 pi

0 A/2 A

s29

0 pi 2 pi

−pi 0 pi

s29

In einer kleinen Umgebung der Sprungstelle „überschwingen“ die Partialsummensn um etwa 9 % der Sprunghöhe („overshoot“).

DiesesGibbsche Phänomenverschwindet nicht fürn→ ∞, bewegt sich aber näher an die Sprungstelle.

Josiah Willard Gibbs, 1839-1903, US-amerikanischer Physiker

(13)

Ein typisches Problem, welches durch Überschwingen verursacht wird, sind Artefakte im JPG-Bildformat in der Nähe scharfer Kanten.

Grund ist u. a. die Verwendung einer Kosinustransformation im Kompressionsalgorithmus, die ganz ähnliche Eigenschaften wie die Fouriertransformation aufweist.

Insbesondere für qualitativ hochwertige Balkengrafiken und Diagramme ist JPG daher ein denkbar ungeeignetes Format.

Funktionenreihen TU Bergakademie Freiberg 859

Fourier-Entwicklung von Funktionen mit beliebiger Periode Istf:RRperiodisch mit PeriodeT, bestimmt man die Kreisfrequenzω0= 2π/T und entwickelt

f(x) =a0

2 + X j=1

[ajcos(jω0x) +bjsin(jω0x)], wobei

a0= 2 T

Zs+T s

f(t)dt und aj= 2 T

Zs+T s

f(t) cos(jω0t)dt, sowie bj= 2

T Zs+T

s

f(t) sin(jω0t)dt (jN).

Man nenntω0 die Kreisfrequenz der Grundschwingung und0(j >1) die Kreisfrequenzen der harmonischen Oberschwingungen. Die Zahl sRist beliebig.

Funktionenreihen TU Bergakademie Freiberg 860

Ziele erreicht?

Sie sollten nun (bzw. nach Abschluss der Übungen/Tutorien):

die Begriffe Funktionenfolge und -reihe gut verstanden haben, zwischen punktweiser und gleichmäßiger Konvergenz unterscheiden können und einfache Funktionenfolgen darauf untersuchen können, über die Konvergenzeigenschaften einer Potenzreihe bescheidwissen und Konvergenzradien sicher bestimmen können,

Funktionen in Potenzreihen (Taylorreihen) entwickeln und mit Potenzreihen sicher rechnen können,

den Begriff der trigonometrischen Reihe verstanden haben, die Fourierreihen zu stückweise glatten,−periodischen Funktionen berechnen können und über deren Konvergenz bescheidwissen.

(14)

Das Wort zum Ende. . .

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Treue und

viel Erfolg

bei den anstehenden Prüfungen! Und eine erholsame Ferienzeit. . .

. . . wo auch immer es Sie hin verschlägt!

Funktionenreihen TU Bergakademie Freiberg 862

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