1.2 Differenzierbare Strukturen
Ausgangspunkt sei ein hausdorffscher topologischer Raum X. Ist U ⊂ X offen und ϕ : U → B ein Hom¨ oomorphismus auf eine offene Teilmenge B ⊂ R
n, so nennt man ϕ eine (n-dimensionale) lokale Karte oder ein lokales Koordinaten- system. Ist pr
i: R
n→ R die Projektion auf die i-te Komponente, so nennt man die Funktionen x
i:= pr
i◦ ϕ : U → R lokale Koordinaten auf U .
Der Raum X heißt ein n-dimensionaler lokal-euklidischer Raum, falls er das zweite Abz¨ ahlbarkeitsaxiom erf¨ ullt und es zu jedem Punkt x
0∈ X eine offene Umgebung U = U (x
0) ⊂ X und eine lokale Karte ϕ : U → B ⊂ R
ngibt. X ist dann insbesondere lokal-kompakt und parakompakt.
Definition
Sei X ein n-dimensionaler lokal-euklidischer Raum. Zwei Karten ϕ : U → R
nund ψ : V → R
nheißen C
k-vertr¨ aglich, wenn U ∩ V = ∅ ist oder die Abbildung
ϕ ◦ ψ
−1: ψ(U ∩ V ) → ϕ(U ∩ V )
ein C
k-Diffeomorphismus (also eine umkehrbare differenzierbare Abbildung mit ebenfalls differenzierbarer Umkehrabbildung) ist.
Die Abbildungen ϕ ◦ ψ
−1und ψ ◦ ϕ
−1nennt man Koordinatentransforma- tionen.
Definition
Ein System von Karten ϕ
ι: U
ι→ R
n(mit ι ∈ I) heißt ein C
k-Atlas f¨ ur X, falls gilt:
1. [
ι∈I
U
ι= X.
2. Alle Karten ϕ
ιsind untereinander C
k-vertr¨ aglich.
Ist k = ∞, so sprechen wir kurz von
” differenzierbarer Vertr¨ aglichkeit“ und einem
” differenzierbaren Atlas“.
Bemerkung: K¨ unftig behandeln wir nur den C
∞-Fall.
Zwei differenzierbare Atlanten f¨ ur X heißen differenzierbar vertr¨ aglich, falls jede Karte aus dem einen Atlas mit jder Karte aus dem anderen Atlas differenzierbar vertr¨ aglich ist. In diesem Falle ist die Vereinigung der beiden Atlanten wieder ein differenzierbarer Atlas. Vereinigt man alle vertr¨ aglichen Atlanten, so erh¨ alt man einen
” maximalen Atlas“. Unter einer differenzierbaren Struktur auf X ver-
steht man die Festlegung eines (maximalen) differenzierbaren Atlasses.
Definition
Eine n-dimensionale differenzierbare Mannigfaltigkeit ist ein n- dimensionaler lokal-euklidischer Raum, versehen mit einer differenzierbaren Struktur.
1.2.1. Beispiele
A. Jede Untermannigfaltigkeit des R
nmit beliebig oft differenzierbaren Para- metrisierungen ist offensichtlich eine differenzierbare Mannigfaltigkeit. Ein typisches Beispiel ist die n-Sph¨ are S
n.
B. Sei X := R ∪ { i }, wobei i = √
−1 die imagin¨ are Einheit bezeichnet. Man k¨ onnte auch irgend ein anderes Objekt benutzen, das nicht in R liegt. Ei- ne ε-Umgebung um ein x
0∈ R soll einfach ein offenes Intervall der Gestalt (x
0− ε, x
0+ ε) sein. Eine ε-Umgebung von i sei eine Menge der Gestalt (−ε, 0) ∪ { i } ∪ (0, ε). Das ergibt eine Topologie auf X. Dieser Raum ist kein Hausdorffraum, denn die Punkte 0 und i besitzen keine disjunkten Umgebun- gen. Obwohl jeder Punkt von X eine Umgebung besitzt, die zu einer offenen Menge in R hom¨ oomorph ist, ist X keine differenzierbare Mannigfaltigkeit.
C. Sei X := R × (0, 1). Eine ε-Umgebung eines Punktes (x
0, t
0) ∈ X sei eine Menge der Gestalt {(x
0, t) ∈ X : |t − t
0| < ε}. Damit wird X zu einem topologischen Raum, der lokal-hom¨ oomorph zu R und ein Hausdorffraum ist.
Er ist dann auch lokal-kompakt und erf¨ ullt das erste Abz¨ ahlbarkeitsaxiom, aber nicht das zweite. Also ist auch dieser Raum keine differenzierbare Man- nigfaltigkeit.
D. Wir kommen zu einem etwas komplizierteren Beispiel. Es sei RP
ndie Menge aller 1-dimensionalen linearen Unterr¨ aume des R
n+1. Ist x = (x
0, . . . , x
n) ein Punkt aus R
n+1\{0}, so werde der von x erzeugte Raum mit [x] bezeichnet. So gewinnt man eine Abbildung π : C
n+1\{0} → RP
n, deren Fasern die Geraden durch den Nullpunkt sind, aus denen der Nullpunkt herausgenommen wurde.
Man nennt RP
nden n-dimensionalen (reell-)projektiven Raum und π die nat¨ urliche Projektion.
Der Punkt [x] wird auch mit dem Symbol (x
0: . . . : x
n) bezeichnet. Diese Bezeichnung ist nicht eindeutig, denn f¨ ur λ ∈ R \ {0} ist
(λx
0: . . . : λx
n) = (x
0: . . . : x
n).
Die Zahlen x
0, . . . , x
nnennt man die homogenen Koordinaten des Punk- tes (x
0: . . . : x
n).
Wir versehen jetzt den projektiven Raum mit einer Topologie. Eine Teilmenge U ⊂ RP
nsoll
” offen“ heißen, wenn ihr Urbild π
−1(U ) offen in R
n+1\ {0}
ist. Man erh¨ alt so die
” Quotiententopologie“, d.h. die
” feinste“ Topologie (mit anderen Worten: die Topologie mit den meisten offenen Mengen), f¨ ur die π stetig wird. Dass so tats¨ achlich eine Topologie definiert wird, ergibt sich aus der Mengenlehre. Eine Abbildung f : RP
n→ Y in einen anderen topologischen Raum Y ist genau dann stetig, wenn f ◦ π stetig ist.
F¨ ur i = 0, . . . , n sei U
i:= {(x
0: . . . : x
n) ∈ RP
n: x
i6= 0}. Jeder Punkt des RP
nliegt in einer der Mengen U
i. Da π
−1(U
i) offen ist, gilt das auch f¨ ur U
i. Nun definiert man die Abbildung ϕ
i: U
i→ R
ndurch
ϕ
i(x
0: . . . : x
n) := x
0x
i, . . . , c x
ix
i, . . . , x
nx
i.
Sie ist offensichtlich wohldefiniert, und sie ist bijektiv, mit ϕ
−1i(u
1, . . . , u
n) = (u
1: . . . : u
i: 1 : u
i+1: . . . : u
n).
Da ϕ
i◦ π stetig ist, ist auch ϕ
istetig. Die Stetigkeit der Umkehrabbildung ist etwas komplizierter zu zeigen: Sei α
i: R
n→ R
n+1\ {0} definiert durch
α
i(x
1, . . . , x
n) := (x
1, . . . , x
i, 1, x
i+1, . . . , x
n).
Dann ist π ◦ α
i= ϕ
−1ials Verkn¨ upfung stetiger Abbildungen wieder stetig.
Die Abbildungen ϕ
isind also Hom¨ oomorphismen. Wir m¨ ussen noch zeigen, dass RP
nein Hausdorffraum ist und das zweite Abz¨ ahlbarkeitsaxiom erf¨ ullt.
Gegeben seien zwei Punkte x = (x
0: . . . : x
n) und y = (y
0: . . . : y
n) mit x 6= y. Liegen beide Punkte in der gleichen Menge U
i, so ist klar, dass sie disjunkte Umgebungen besitzen (weil das ja im R
ngilt). Liegen die Punkte nicht in der gleichen Umgebung, so muss x
iy
i= 0 f¨ ur i = 0, . . . , n gelten.
O.B.d.A. sei x = (1 : x
1: . . . : x
s: 0 : . . . : 0) und y = (0 : . . . : 0 : y
s+1: . . . : y
n−1: 1). Dann sind
V
1:= {(1 : w
1: . . . : w
n) : |w
n| < 1}
und V
2:= {(w
0: . . . : w
n−1: 1) : |w
0| < 1}
offene Umgebungen von x bzw. y. Sie sind disjunkt, was man wie folgt sehen kann: Ist [w] ∈ V
1und w
n= 0, so liegt [w] nicht in V
2. Ist dagegen w
n6= 0, so ist [w] = (1/w
n: w
1/w
n: . . . : w
n−1/w
n: 1) und |1/w
n| = 1/|w
n| > 1, also auch in diesem Fall [w] 6∈ V
2.
Da π die kompakte Sph¨ are stetig und surjektiv auf den projektiven Raum abbildet, erweist sich auch dieser als kompakt. Dann ist insbesondere klar, dass das 2. Abz¨ ahlbarkeitsaxiom erf¨ ullt ist (in jeder der endlich vielen Koor- dinatenbereiche U
igibt es eine abz¨ ahlbare dichte Teilmenge).
Weiter ist
ϕ
i◦ ϕ
−1j(u
1, . . . , u
n) = u
1u
i+1, . . . , u d
i+1u
i+1, . . . , u
ju
i+1, 1
u
i+1, u
j+1u
i+1, . . . , u
nu
i+1(f¨ ur i < j), und das ist eine differenzierbare Abbildung auf
ϕ
j(U
i∩ U
j) = {(u
1, . . . , u
n) ∈ R
n: u
i+16= 0} (f¨ ur i < j).
Also ist RP
neine differenzierbare Mannigfaltigkeit.
1.2.2. Satz
Sei X eine n-dimensionale differenzierbare Mannigfaltigkeit und U = (U
i)
i∈Ieine offene ¨ Uberdeckung von X. Ist 0 < r < R, so gibt es eine lokal-endliche Verfeinerung V = (V
j)
j∈Jvon U , so dass gilt:
1. Zu jedem j ∈ J gibt es ein Koordinatensystem (V
j, ϕ
j) f¨ ur X mit ϕ
j(V
j) = B
R(0).
2. Die Mengen V
j0:= ϕ
−1j(B
r(0)) uberdecken ¨ X.
Beweis: Es gibt eine Folge von kompakten Mengen K
ν, die X aussch¨ opft.
Wir setzen M
1:= K
1und M
ν:= K
ν\ K
ν−1◦f¨ ur ν ≥ 2. Dann ist (M
ν) eine abz¨ ahlbare ¨ Uberdeckung von X durch kompakte Mengen.
Sei M = M
νf¨ ur ein festes ν. Zu jedem x ∈ M gibt es einen Index i = i(x) ∈ I und eine offene Umgebung V = V (x) ⊂ U
i∩ (K
ν+1◦\ K
ν−2). Dabei kann V so klein gew¨ ahlt werden, dass es ein Koordinatensystem ϕ : V → B
R(0) ⊂ R
ngibt.
Sei V
0:= ϕ
−1(B
r(0)). Endlich viele solcher Umgebungen V
0uberdecken bereits ¨ M . F¨ uhren wir das Verfahren f¨ ur alle M
νdurch, so erhalten wir eine abz¨ ahlbare Verfeinerung V von U . Nach Konstruktion ist V lokal-endlich.
Definition
Sei X eine n-dimensionale differenzierbare Mannigfaltigkeit und M ⊂ X eine offene Teilmenge. Eine Funktion f : M → R heißt differenzierbar, falls f ◦ϕ
−1ι: ϕ
ι(M ∩ U
ι) → R f¨ ur jede Karte (U
ι, ϕ
ι) eine C
∞-Funktion ist.
Die Menge aller differenzierbaren Funktionen auf M sei mit C
∞(M) bezeichnet.
Ist f ∈ C
∞(M ), so nennt man die Menge
Tr(f ) := {x ∈ M : f(x) 6= 0}
den Tr¨ ager von f . Mit C
c∞(M ) bezeichnen wir die Menge aller Funktionen f ∈
C
∞(M ) mit kompaktem Tr¨ ager.
1.2.3. Satz vom Hut
Sei a ∈ R
n, 0 < r < R. Dann gibt es eine C
∞-Funktion f : R
n→ R , so dass gilt:
f (x) ≡ 1 auf B
r(a) und f(x) ≡ 0 auf R
n\ B
R(a), sowie 0 ≤ f(x) ≤ 1 ¨ uberall sonst.
Beweis: Durch
g(t) :=
exp(−1/x
2) f¨ ur x > 0 0 f¨ ur x ≤ 0
wird eine C
∞-Funktion auf R definiert, die genau f¨ ur x > 0 Werte > 0 annimmt.
Dann ist h(t) := g (1 +t)g(1− t) genau auf dem Intervall (−1, 1) positiv und ¨ uberall sonst = 0.
Die Funktion
ϕ(t) :=
Z
t−1
h(τ ) dτ
. Z
1−1
h(τ ) dτ
ist wieder eine C
∞-Funktion, die nur Werte zwischen 0 und 1 annimmt. F¨ ur t ≤ −1 ist ϕ(t) ≡ 0 und f¨ ur t ≥ 1 ist ϕ(t) ≡ 1. Schließlich setzen wir
f (x) := ϕ R + r − 2kx − ak R − r
.
Diese Funktion nimmt auch nur Werte zwischen 0 und 1 an. F¨ ur kx − ak ≥ R ist f (x) ≡ 0, und f¨ ur kx − ak ≤ r ist f (x) ≡ 1.
Definition
Eine Teilung der Eins auf X ist eine Familie (f
ι)
ι∈Ivon differenzierbare Funk- tionen auf X, so dass gilt:
1. f
ι≥ 0 ¨ uberall.
2. Das System der Tr¨ ager Tr(f
ι) ist lokal-endlich.
3. P
ι∈I
f
ι= 1.
1.2.4. Satz
Zu jeder offenen ¨ Uberdeckung U = (U
ι)
ι∈Ivon X gibt es eine Teilung der Eins (f
ι)
ι∈Imit Tr(f
ι) ⊂ U
ι.
Beweis: Sei V = (V
λ)
λ∈Leine lokal-endliche Verfeinerung von U , so dass es
lokale Koordinaten ϕ
λ: V
λ→ B
R(0) gibt und f¨ ur ein r mit 0 < r < R auch noch
die Mengen V
λ0:= ϕ
−1λ(B
r(0)) ¨ uberdecken.
Sei f : R
n→ R eine C
∞-Funktion, so dass ¨ uberall 0 ≤ f(x) ≤ 1 ist, sowie f(x) ≡ 1 auf B
r(0) und f(x) ≡ 0 auf R
n\ B
R(0). Dann setzen wir
g
λ(x) :=
f ◦ ϕ
λ(x) f¨ ur x ∈ V
λ, 0 sonst.
Sei τ : L → I eine Verfeinerungsabbildung, also V
λ⊂ U
τ(λ). Dann ist W = (W
ι)
ι∈Imit W
ι:= S
λ∈τ−1(ι)
V
λeine offene Verfeinerung von U mit W
ι⊂ U
ι. Außerdem ist W lokal-endlich, denn zu jedem x ∈ X gibt es eine Umgebung P = P (x) und eine endliche Teilmenge L
0⊂ L, so dass P ∩ V
λ6= ∅ nur f¨ ur λ ∈ L
0gilt. Aber dann ist P ∩ W
ι6= ∅ h¨ ochstens f¨ ur ι = τ (λ), λ ∈ L
0, und das sind auch nur endlich viele.
Sei e g
ι:= P
λ∈τ−1(ι)
g
λ. Diese Summe ist ¨ uberall endlich. Deshalb ist e g
ιdifferen- zierbar, und außerdem ist Tr( e g
ι) ⊂ W
ι. Da jeder Punkt x ∈ X in einer Menge V
λ0enthalten ist, gibt es zu x mindestens ein ι mit e g
ι(x) > 0. Also ist g := P
ι
e g
ιeine
¨ uberall positive differenzierbare Funktion. Schließlich setzen wir f
ι:= e g
ιg .
Offensichtlich besitzen die f
ιalle gew¨ unschten Eigenschaften.
1.2.5. Folgerung
Sei U ⊂ X offen und V ⊂⊂ U ebenfalls offen. Dann gibt es eine differenzierbare Funktion f auf X mit f |
V= 0 und f |
(X\U)= 1.
Beweis: Sei (f
1, f
2) eine Teilung der Eins zur ¨ Uberdeckung (U, X \ V ). Dann ist Tr(f
1) ⊂ U , Tr(f
2) ⊂ X \ V und f
1+ f
2= 1. Wir nehmen f
2als Funktion f . Sei X eine n-dimensionale differenzierbare Mannigfaltigkeit.
Definition
Eine Derivation auf X in p ist eine R -lineare Abbildung D : C
∞(X) → R , so dass gilt:
D(f · g) = D(f ) · g(p) + f (p) · D(g).
Bemerkung: Da D(1) = D(1 · 1) = D(1) · 1 + 1 · D(1) = 2D(1) ist, folgt D(1) = 0.
Wegen der Linearit¨ at ist dann D(c) = D(c·1) = c·D(1) = c·0 = 0 f¨ ur jede konstante Funktion c.
1.2.6. Lemma
Sei f ∈ C
∞(X), U = U (p) ⊂ X eine offene Umgebung und f|
U= 0. Dann ist
D(f ) = 0 f¨ ur jede Derivation D in p.
Beweis: Sei V = V (p) ⊂⊂ U eine offene Umgebung. Zu der offenen ¨ Uberdeckung {X \ V , U } von X gibt es eine passende Teilung der Eins {ϕ, ψ}. Es ist ϕ|
V= 0 und ϕ|
X\U= 1 − ψ|
X\U= 1, also
ϕ · f =
1 · f = f in X \ U, ϕ · 0 = 0 = f in U.
Damit ist
D(f ) = D(ϕ · f) = ϕ(p) · D(f ) + D(ϕ) · f(p) = 0 und alles gezeigt.
Die Werte D(f) einer Derivation in a auf den Funktionen f ∈ C
∞(X) h¨ angen also nur vom Verhalten von f in der N¨ ahe des Punktes a ab.
1.2.7. Beispiel
Ist (U, ϕ) eine Karte f¨ ur X und a ∈ U , so kann man die Tangentialvektoren D
ν(oder ∂/∂x
ν) in a definieren durch
D
ν(f) = ∂
∂x
ν(f ) := ∂(f ◦ ϕ
−1)
∂x
ν(ϕ(a)), f¨ ur ν = 1, . . . , n.
Diese partiellen Ableitungen h¨ angen nat¨ urlich von der Karte ϕ ab, deshalb schreiben wir gelegentlich auch D
(ϕ)νstatt D
ν.
F¨ ur die lokalen Koordinaten x
µ= pr
µ◦ ϕ gilt dann:
D
ν(x
µ) = δ
νµ, f¨ ur ν, µ = 1, . . . , n.
Die Derivationen in a bilden einen Vektorraum T
a(X), den wir den Tangential- raum von X in a nennen.
1.2.8. Lemma
Sei f eine C
∞-Funktion auf einer Umgebung U des Nullpunktes im R
nmit f(0) = 0. Dann gibt es C
∞-Funktionen g
νauf U , so dass gilt:
f (x) =
n
X
ν=1
g
ν(x) · x
ν, mit g
ν(0) = ∂f
∂x
ν(0) f¨ ur ν = 1, . . . , n.
Beweis: Sei g
ν(x) :=
Z
10
∂f
∂x
ν(tx) dt, f¨ ur ν = 1, . . . , n und x nahe 0.
Nun sei ein x festgehalten und g(t) := f(tx). Dann ist
f (x) = g(1) − g(0) = Z
10
g
0(t) dt
= Z
10 n
X
ν=1
∂f
∂x
ν(tx)x
νdt =
n
X
ν=1
g
ν(x) · x
ν.
1.2.9. Satz
Die partiellen Ableitungen D
1, . . . , D
nbilden eine Basis des Tangentialraumes T
a(X). Insbesondere ist dim(T
a(X)) = n.
Beweis: Sei ϕ eine Karte mit ϕ(a) = 0. Ist f ∈ C
∞(X), so ist f ◦ ϕ
−1(x) = f ◦ ϕ
−1(0) +
n
X
ν=1
g
ν(x) · x
ν,
mit g
ν(0) = ∂(f ◦ ϕ
−1)/∂x
ν(0) f¨ ur ν = 1, . . . , n. Sei h
ν:= g
ν◦ ϕ. Dann ist f (x) = f (a) +
n
X
ν=1
h
ν(x) · x
ν,
wobei jetzt die lokalen Koordinaten mit x
νbezeichnet werden und h
ν(a) = g
ν(0) = ∂(f ◦ ϕ
−1)
∂x
ν(0) = D
ν(f) ist. Dann folgt: Ist D ∈ T
a(X), so ist
D(f ) = D(f (a)) +
n
X
ν=1
h
ν(a) · D(x
ν) + D(h
ν) · x
ν(a)
=
n
X
ν=1
D
ν(f ) · D(x
ν).
Weil das f¨ ur jedes f gilt, ist D = P
ν
c
νD
ν, mit c
ν:= D(x
ν). Das zeigt, dass die partiellen Ableitungen D
νein Erzeugendensystem des Tangentialraums bilden.
Ist umgekehrt D = P
ν
c
νD
ν= 0, so ist 0 = D(x
µ) = P
ν
c
νD
ν(x
µ) = c
µf¨ ur µ = 1, . . . , n.
1.2.10. Beispiel
Sei B ⊂ R
noffen, a ∈ B. Dann sei θ
a: R
n→ T
a(B) definiert durch θ
av(f) := D
vf (a) = Df(a)(v) =
n
X
ν=1
v
ν∂f
∂x
ν(a).
Dies ist eine lineare Abbildung. Ist θ
av = 0, so ist 0 = θ
av(x
µ) = v
µf¨ ur alle µ.
Das bedeutet, daß θ
ainjektiv, aus Dimensionsgr¨ unden also sogar bijektiv ist.
So kann man den Tangentialraum von B in a mit dem R
nidentifizieren.
Es gibt noch zwei andere, ¨ aquivalente Beschreibungen von Tangentialvektoren:
1) ¨ Aquivalenzklassen von Kurven als Tangentialvektoren:
Betrachtet werden differenzierbare Kurven α : (−ε, ε) → X mit α(0) = a. Zwei solche Kurven α und β heißen ¨ aquivalent (in a), falls gilt:
(f ◦ α)
0(0) = (f ◦ β)
0(0) f¨ ur alle differenzierbaren Funktionen f.
Eine ¨ Aquivalenzklasse [α] von Kurven definiert eine Derivation D durch D(f) := (f ◦ α)
0(0).
Ist umgekehrt D eine Derivation in a und ϕ eine Karte in a mit zugeh¨ origen lokalen Koordinaten x
1, . . . , x
n, so kann man α : (−ε, ε) → X wie folgt definieren:
α(t) := ϕ
−1ϕ(a) + t(D(x
1), . . . , D(x
n)) .
Dann ist
(f ◦ α)
0(0) =
n
X
ν=1
∂(f ◦ ϕ
−1)
∂x
ν(ϕ(a)) · D(x
ν)
=
n
X
ν=1
D(x
ν)D
ν(f) = D(f ).
2) ¨ Aquivalenzklassen von Vektoren mit Transformationsverhalten:
Betrachtet werden Paare (v, ϕ), wobei v ∈ R
nund ϕ eine Karte in a ist. Zwei Paare (v, ϕ) und (w, ψ) heißen ¨ aquivalent, falls gilt:
v
>= J
ϕ◦ψ−1(ψ (a)) · w
>.
Es ist klar, dass das eine ¨ Aquivalenzrelation ist. Die Vektorraum-Struktur des R
n¨ ubertr¨ agt sich auf die Menge der ¨ Aquivalenzklassen [v, ϕ].
Ist ein Paar (v, ϕ) mit v = (v
1, . . . , v
n) gegeben, so kann man eine Derivation D in a definieren durch D := P
ν
v
νD
ν. Ist (w, ψ) ¨ aquivalent zu (v, ϕ), so ist
n
X
ν=1
v
ν∂ (f ◦ ϕ
−1)
∂x
ν(ϕ(a)) =
n
X
ν=1
X
nµ=1
∂(ϕ ◦ ψ
−1)
ν∂y
µ(ψ(a))w
µ∂(f ◦ ϕ
−1)
∂x
ν(ϕ(a))
=
n
X
µ=1
w
µ∂ (f ◦ ψ
−1)
∂y
µ(ψ (a)).
Also ist die Definition von D unabh¨ angig vom Repr¨ asentanten.
Ist eine Derivation D gegeben, so setzt man v := (D(x
1), . . . , D(x
n)). Dieser Vek-
tor h¨ angt von den gew¨ ahlten Koordinaten ab. Wechselt man die Koordinaten, so
transformiert sich der Vektor wie oben.
1.3 Differenzierbare Abbildungen
Definition
Es seien X und Y zwei differenzierbare Mannigfaltigkeiten. Eine stetige Abbil- dung Φ : X → Y heißt eine differenzierbare Abbildung, falls gilt: F¨ ur jede offene Menge V ⊂ Y und jede differenzierbare Funktion g : V → R ist auch g ◦ Φ : Φ
−1(V ) → R eine differenzierbare Funktion.
Ist Φ : X → Y ein Hom¨ oomorphismus und sind Φ und Φ
−1differenzierbare Abbildungen, so nennt man Φ einen Diffeomorphismus.
1.3.1. Satz
Eine stetige Abbildung Φ : X → Y ist genau dann differenzierbar, wenn f¨ ur jede Karte (U, ϕ) von X und jede Karte (V, ψ) von Y mit Φ(U ) ∩ V 6= ∅ gilt:
ψ ◦ Φ ◦ ϕ
−1: ϕ(U ∩ Φ
−1(V )) → ψ(V ) ist eine differenzierbare Abbildung.
Beweis: 1) Sei Φ eine differenzierbare Abbildung, ψ = (y
1, . . . , y
m). Da die y
µdifferenzierbare Funktionen auf V sind, ist y
µ◦ Φ differenzierbar auf Φ
−1(V ), also y
µ◦ Φ ◦ ϕ
−1differenzierbar auf ϕ(U ∩ Φ
−1(V ).
2) Nun sei das Kriterium erf¨ ullt. Ist g eine differenzierbare Funktion auf Y , so ist g ◦ ψ
−1differenzierbar, also auch
(g ◦ Φ) ◦ ϕ
−1= (g ◦ ψ
−1) ◦ (ψ ◦ Φ ◦ ϕ
−1).
Das bedeutet, dass auch g ◦ Φ eine differenzierbare Funktion ist.
Eine Kategorie C besteht aus einer Klasse von Objekten A, B, C, . . . und aus einer Klasse von paarweise disjunkten Mengen Hom(A, B), so dass jedem geordneten Paar (A, B) von Objekten genau eine solche (eventuell leere) Menge zugeordnet ist. Die Elemente von Hom(A, B) heißen Morphismen von A nach B.
Zu jedem Tripel (A, B, C) von Objekten gibt es eine Abbildung Hom(B, C) × Hom(A, B ) → Hom(A, C) mit (g, f) 7→ g ◦ f, so dass (h ◦ g) ◦ f = h ◦ (g ◦ f ) ist.
Zu jedem Objekt A gibt es einen identischen Morphismus id
A∈ Hom(A, A), so dass id
A◦ f = f und g ◦ id
A= g ist.
Beispiele sind etwa
• die Kategorie der Gruppen und Gruppenhomomorphismen
• die Kategorie der Vektorr¨ aume und linearen Abbildungen
• die Kategorie der toplogischen R¨ aume und stetigen Abbildungen
• die Kategorie der differenzierbaren Mannigfaltigkeiten und differenzierbaren Abbildungen.
Hier sieht man, dass die Menge C
∞(X) der differenzierbaren Funktionen auf X ein Bestandteil der Mannigfaltigkeit ist. Das Objekt
” Mannigfaltigkeit“
besteht aus der Menge X und der differenzierbaren Struktur auf X.
1.3.2. Beispiele
A. Sei X eine n-dimensionale differenzierbare Mannigfaltigkeit, X e ein Hausdorff- Raum und π : X e → X eine stetige Abbildung. Man nennt π lokal- topologisch, falls es zu jedem Punkt p
0∈ X e eine offene Umgebung U von p
0in X e und eine offene Umgebung V von x
0= π(p
0) in X gibt, so dass π|
U: U → V ein Hom¨ oomorphismus (also eine
” topologische“ Abbildung) ist.
Man kann nun X e so mit einer differenzierbaren Struktur versehen, daß π zu einer differenzierbaren Abbildung wird. Ist n¨ amlich π : U → V topologisch und ϕ : V → B ⊂ R
neine Karte, so kann man ψ := ϕ ◦ π als Karte f¨ ur X e nehmen. Sind ψ
1= ϕ
1◦ π : U
1→ R
nund ψ
2= ϕ
2◦ π : U
2→ R
nzwei Karten mit U
1∩ U
26= ∅ , so gilt f¨ ur x ∈ ϕ
2◦ π(U
1∩ U
2)
ψ
1◦ ψ
2−1= (ϕ
1◦ π|
U1) ◦ (ϕ
2◦ π|
U2)
−1= ϕ
1◦ π|
U1◦ (π|
U2)
−1◦ ϕ
−12= ϕ
1◦ ϕ
−12. Das zeigt, dass die Karten differenzierbar miteinander vertr¨ aglich sind. Man beachte allerdings, dass X e nicht automatisch parakompakt ist.
Ist f eine differenzierbare Funktion auf X und ψ = ϕ ◦ π eine Karte f¨ ur X, so e ist auch (f ◦ π) ◦ ψ
−1= f ◦ ϕ
−1differenzierbar. Also ist π eine differenzierbare Abbildung.
B. Sind X und Y zwei differenzierbare Mannigfaltigkeiten (mit den Dimensionen n und m), so ist X × Y ein topologischer Raum. Man versieht X × Y mit der
” Produkttopologie“, die folgendermaßen aussieht: Ist U ⊂ X × Y , so nennt man einen Punkt (x
0, y
0) ∈ U einen inneren Punkt, falls es Umgebungen V = V (x
0) ⊂ X und W = W (y
0) ⊂ Y gibt, so dass V × W ⊂ U ist.
Mit der so eingef¨ uhrten Topologie ist X × Y ein Hausdorrfraum, der das 2.
Abz¨ ahlbarkeitsaxiom erf¨ ullt. Und X ×Y kann leicht zu einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit gemacht werden. Ist (U, ϕ) eine Karte f¨ ur X und (V, ψ) eine Karte f¨ ur Y , so ist (U × V, ϕ × ψ) eine Karte f¨ ur X × Y (mit (ϕ × ψ)(x, y) := (ϕ(x), ψ(y)) ∈ R
n+m). Die differenzierbare Vertr¨ aglichkeit solcher Karten rechnet man leicht nach.
Die kanonischen Projektionen pr
1: X × Y → X und pr
2: X × Y → Y sind
dann differenzierbare Abbildungen.
Bemerkung: Eine R -Algebra ist ein R -Vektorraum A mit einer zus¨ atzlichen assoziativen Multiplikation, so dass die Distributivgesetze gelten und r(f · g) = (rf ) · g = f · (rg) f¨ ur r ∈ R und f, g ∈ A ist.
Ist U ⊂ X offen, so ist C
∞(U ) eine kommutative R -Algebra.
Definition
Ist Φ : X → Y eine differenzierbare Abbildung zwischen Mannigfaltigkeiten und a ∈ X, so wird die (induzierte) Tangentialabbildung Φ
∗,a: T
a(X) → T
Φ(a)(Y ) definiert durch
Φ
∗,aD(g) := D(g ◦ Φ).
Offensichtlich ist Φ
∗,alinear, und es gilt:
1. (id
X)
∗,a= id
Ta(X).
2. Ist Ψ : Y → Z differenzierbar, so ist (Ψ ◦ Φ)
∗,a= Ψ
∗,Φ(a)◦ Φ
∗,a. Die Beweise sind trivial.
1.3.3. Satz
Ist (U, ϕ) eine Karte f¨ ur X und (V, ψ) eine Karte f¨ ur Y , so wird Φ
∗,abez¨ uglich der von den Karten induzierten Basen durch die Matrix J
ψ◦Φ◦ϕ−1(ϕ(a)) beschrieben.
Beweis: Sei D
ν(f) = ∂(f◦ϕ
−1)/∂x
ν(ϕ(a)) und D e
µ(g) = ∂(g◦ψ
−1)/∂y
µ(ψ(Φ(a))).
Dann ist Φ
∗,aD
ν= P
mµ=1
a
νµD e
µ, mit
a
νµ= (Φ
∗,aD
ν)(y
µ) = D
ν(y
µ◦ Φ) = ∂(y
µ◦ ψ ◦ Φ ◦ ϕ
−1)
∂x
ν(ϕ(a)).
Seien C und D zwei Kategorien. Ein kovarianter Funktor F : C → D ordnet jedem Objekt A von C ein Objekt F (A) von D zu, und jedem Morphismus f ∈ Hom(A, B ) einen Morphismus F (f) ∈ Hom(F (A), F (B )) zu, so dass gilt:
1. F (id
A) = id
F(A).
2. F (g ◦ f) = F (g) ◦ F (f).
Ein kontravarianter Funktor ordnet jedem Morphismus f ∈ Hom(A, B) einen Morphismus F (f ) ∈ Hom(F (B), F (A)) zu, so dass F (g ◦ f) = F (f ) ◦ F (g) ist.
Sei etwa C die Kategorie, deren Objekte Paare (X, x
0) mit einer differenzierbaren
Mannigfaltigkeit X und einem Punkt x
0∈ X sind.
Die Morphismen zwischen (X, x
0) und (Y, y
0) sind die differenzierbaren Abbildun- gen f : X → Y mit f (x
0) = y
0. Wir haben nun einen kovarianten Funktor F von C in die Kategorie D der Vektorr¨ aume, den
” Tangential-Funktor“:
F (X, x
0) := T
x0X und F (f ) := f
∗,x0.
Wenn klar ist, um welchen Punkt es geht, lassen wir den manchmal auch weg:
Φ
∗= Φ
∗,a.
Ist ein Tangentialvektor als ¨ Aquivalenzklasse [α] (von Kurven) gegeben, so ist Φ
∗([α]) = [Φ ◦ α],
denn es ist Φ
∗[α](f) = [α](f ◦ Φ) = d dt
0
(f ◦ Φ ◦ α) = [Φ ◦ α](f ).
Ist [α] = P
ν
a
ν∂
∂x
ν(bez¨ uglich einer Karte ϕ = (x
1, . . . , x
n) und α
ν:= x
ν◦ α, so ist a
ν= [α](x
ν) = α
0ν(0). Deshalb schreiben wir auch α(0) := [α] =
•α
∗∂
∂t .
Viele S¨ atze aus dem R
nlassen sich auf Mannigfaltigkeiten ¨ ubertragen. Dazu defi- nieren wir noch:
rg
a(Φ) := rg(Φ
∗,a).
Der Rang ist unabh¨ angig von den Koordinaten.
1.3.4. Satz (¨ uber inverse Abbildungen)
Ist Φ : X → Y eine differenzierbare Abbildung zwischen Mannigfaltigkeiten glei- cher Dimension und det(Φ
∗,a) 6= 0, also Φ
∗,a: T
a(X) → T
Φ(a)(Y ) ein Isomor- phismus, so gibt es offene Umgebungen U = U (a) ⊂ X und V = V (Φ(a)) ⊂ Y , so dass Φ : U → V ein Diffeomorphismus ist.
Der Beweis kann aus dem R
n¨ ubernommen werden.
1.3.5. Satz (vom Rang)
Sei dim(X) = n, dim(Y ) = m, a ∈ X und Φ : X → Y eine differenzierbare Abbildung. Ist r = rg
x(Φ) auf einer Umgebung W = W (a) ⊂ X unabh¨ angig von x ∈ W , so gibt es Koordinatensysteme (U, ϕ) um a und (V, ψ) um Φ(a), so dass auf U gilt:
ψ ◦ Φ ◦ ϕ
−1(x
1, . . . , x
n) = (x
1, . . . , x
r, 0, . . . , 0).
Beweis: Wir k¨ onnen annehmen, dass W = W (0) ⊂ R
neine offene Umebung
des Nullpunktes und Φ : W → R
meine differenzierbare Abbildung mit konstantem
Rang r ist. Außerdem k¨ onnen wir annehmen, dass J
Φ(x) =
A(x) ∗
∗ ∗
ist, mit A(x) ∈ M
r,r( R ) und det A(x) 6= 0 f¨ ur jedes x ∈ W ist. Dann sei
F (x) := (Φ
1(x), . . . , Φ
r(x), x
r+1, . . . , x
n).
Weil J
F(x) =
A(x) ∗ 0 E
n−rregul¨ ar ist, ist F ein lokaler Diffeomorphismus.
Es gibt differenzierbare Funktionen ψ
r+1, . . . , ψ
m, so dass gilt:
Φ ◦ F
−1(z) = (z
1, . . . , z
r, ψ
r+1(z), . . . , ψ
m(z)), also
J
Φ(x) · J
F(z)
−1= J
Φ◦F−1(z) =
E
r0
∗ J
ψ00(z)
.
Weil rg J
Φ= r konstant ist, hat auch die rechte Matrix den Rang r, und J
ψ00(z) muss verschwinden. Das bedeutet, dass die ψ
%nur von z
1, . . . , z
rabh¨ angen.
Sei G(y
1, . . . , y
m) :=
= (y
1, . . . , y
r, y
r+1− ψ
r+1(y
1, . . . , y
r), . . . , y
m− ψ
m(y
1, . . . , y
r)).
Dann ist J
G(y) =
E
r0
∗ E
m−r, also G ein lokaler Diffeomorphismus. Und nun ist
G ◦ Φ ◦ F
−1(z
1, . . . , z
n) = (z
1, . . . , z
r, 0, . . . , 0).
Damit folgt die Behauptung des Satzes.
Definition
Sei X eine n-dimensionale Mannigfaltigkeit. Eine Teilmenge Y ⊂ X heißt (p- dimensionale) Untermannigfaltigkeit von X, wenn es zu jedem a ∈ Y eine Karte (U, ϕ) f¨ ur X in a gibt, so dass gilt:
U ∩ Y = ϕ
−1{x ∈ ϕ(U ) : x
p+1= . . . = x
n= 0}
.
Eine Untermannigfaltikeit ist selbst wieder eine Mannigfaltigkeit: W¨ ahlt man (U, ϕ) wie in der Definition, so ist U ∩ Y offen in Y , und ϕ e : U ∩ Y → R
pmit
ϕ(x) := pr e
1◦ ϕ(x), . . . , pr
p◦ ϕ(x)
ist eine Karte f¨ ur Y . Die weiteren Details rechnet man leicht nach.
Ist f : U → R differenzierbar, so ist f ◦ ϕ
−1: ϕ(U ) → R differenzierbar. Sei i : Y → X die Inklusionsabbildung. Dann ist ϕ ◦ i(x) = ( ϕ(x), e 0) f¨ ur x ∈ Y ∩ U.
Ist y := ϕ(x), so ist e ϕ ◦ i ◦ ϕ e
−1(y) = ϕ ◦ i(x) = (y, 0), also
f |
Y∩U◦ ϕ e
−1(y) = f ◦ i ◦ ϕ e
−1(y) = f ◦ ϕ
−1(y, 0).
Das zeigt, dass f|
Y∩Uauf der Untermannigfaltigkeit differenzierbar ist. Und i ist eine differenzierbare Abbildung. Die von i induzierte Abbildung i
∗: T
x(Y ) → T
x(X) ist gegeben durch (i
∗D)(f) := D(f|
Y).
Sei umgekehrt f eine differenzierbare Funktion auf der Untermannigfaltigkeit Y , x ∈ Y und ϕ : U → R
neine Karte f¨ ur X in x, die im obigen Sinne eine Karte ϕ e f¨ ur Y induziert, sowie g := f ◦ ϕ e
−1. Dann wird durch b g(x
1, . . . , x
n) := g(x
1, . . . , x
p) eine differenzierbare Fortsetzung von g auf einer Umgebung von ϕ(x) im R
ndefiniert.
Sei f b := b g ◦ ϕ. Dann ist
f b ◦ i ◦ ϕ e
−1(y) = f b ◦ ϕ
−1(y, 0) = b g(y, 0) = g(y) = f ◦ ϕ e
−1(y), also f b |
Y= f , d.h. f b eine lokale differenzierbare Fortsetzung von f .
Ist D ∈ T
x(Y ) und i
∗D = 0, so ist D(f |
Y) = 0 f¨ ur jede differenzierbare Funktion auf X. Wegen der lokalen Fortsetzbarkeit ist dann D(f ) = 0 f¨ ur jede differenzierbare Funktion auf Y , d.h. es ist D = 0. Damit ist i
∗injektiv.
Definition
Sei f : X → Y eine differenzierbare Abbildung zwischen Mannigfaltigkeiten.
f heißt eine Immersion (bzw. Submersion) in x ∈ X, falls f
∗: T
x(X) → T
f(x)(Y ) injektiv (bzw. surjektiv) ist.
Die Abbildung f heißt eine Einbettung, falls f (X) ⊂ Y eine Untermannigfal- tigkeit und f : X → f(X) ein Diffeomorphismus ist.
1.3.6. Satz
Sei f : X → Y eine Immersion (auf ganz X). Dann gibt es zu jedem x ∈ X eine offene Umgebung U = U (x) ⊂ X und eine offene Umgebung W = W (f(x)), so dass f (U ) ⊂ W und f|
U: U → W eine Einbettung ist.
Beweis: Man w¨ ahle Karten ϕ f¨ ur X in x mit ϕ(x) = 0 und ψ f¨ ur Y in f (x) mit ψ(f(x)) = 0. Die Abbildung ψ ◦ f ◦ ϕ
−1hat konstanten Rang, stimmt also (nach weiteren Koordinatentransformationen) in der N¨ ahe von 0 mit der Abbildung j : (u
1, . . . , u
n) 7→ (u
1, . . . , u
n, 0, . . . , 0) ¨ uberein (Satz vom Rang).
Wir k¨ onnen annehmen, dass schon ψ ◦ f ◦ ϕ
−1= j ist, also f|
U= ψ
−1◦ j ◦ ϕ. Das ist offensichtlich eine Einbettung.
Selbst eine injektive Immersion braucht (global) keine Einbettung zu sein. Ein
Beispiel ist etwa die Lemniskate:
1.3.7. Satz
Sei f : X → Y eine Immersion. Ist f : X → f (X) ein Hom¨ oomorphismus (wobei f (X) mit der Relativtopologie zu versehen ist), so ist f eine Einbettung.
Beweis: Sei dim(X) = n, dim Y = m und x ∈ X. Nach Satz 1.3.6 gibt es eine offene Umgebung U = U (x) ⊂ X, eine offene Umgebung W = W (f (x)) ⊂ Y und Koordinaten y
1, . . . , y
mf¨ ur Y auf W , so dass gilt:
W ∩ f (U ) = {y ∈ W : y
n+1= . . . = y
m= 0}.
Weil f : X → f(X) ein Hom¨ oomorphismus ist, ist f (U ) offen in f(X) (in der Relativtopologie). Es gibt also eine offene Umgebung V = V (x) ⊂ Y , so dass f (U ) = f(X) ∩ V ist. Dann ist U b := V ∩ W ebenfalls eine offene Umgebung von f (x), mit f (X) ∩ U b = f(U ) ∩ W . Aber das zeigt, dass f (X) Untermannigfaltigkeit von Y ist.
Aus der lokalen Beschreibung von f (X) sieht man, dass X und f (X) die gleiche Dimension haben. Weil f eine Immersion ist, ist f
∗,xdann ¨ uberall ein Isomorphis- mus. Also ist f : X → f(X) lokal (und als Hom¨ oomorphismus dann auch global) ein Diffeomorphismus. Damit ist f : X → Y eine Einbettung.
Wir erinnern uns: Sei f : X → Y eine differenzierbare Abbildung zwischen Mannig- faltigkeiten. Ist f lokal eigentlich, so ist f (X) in Y abgeschlossen. Ist f außerdem noch injektiv, so ist f : X → f (X) ein Hom¨ oomorphismus. Daraus folgt:
1.3.8. Satz
Sei f : X → Y eine injektive, lokal eigentliche Immersion. Dann ist f eine Einbettung.
1.3.9. Folgerung
Ist X kompakt und f : X → Y eine injektive Immersion, so ist f eine Einbettung.
Beweis: Da X kompakt ist, ist f lokal eigentlich.
1.3.10. Satz
Sei F : X → Y eine differenzierbare Abbildung (zwischen Mannigfaltigkeiten).
Sei x
0∈ X und y
0:= F (x
0). Dann sind die folgenden Aussagen ¨ aquivalent:
1. F ist eine Submersion in x
0, d.h., es ist rg
x0(F ) = dim(Y ).
2. Es gibt Umgebungen U = U (x
0) ⊂ X und V = V (y
0) ⊂ Y mit F (U ) ⊂ V , eine Mannigfaltigkeit Z und eine differenzierbare Abbildung G : U → Z, so dass x 7→ (F (x), G(x)) einen Diffeomorphismus von U auf eine offene Teilmenge von V × Z definiert.
3. Es gibt eine offene Umgebung V = V (y
0) ⊂ Y und eine differenzierbare Abbildung s : V → X mit s(y
0) = x
0und F ◦ s = id
V. (Man nennt s dann einen lokalen Schnitt f¨ ur F .)
Beweis: (1) = ⇒ (2) : Wir k¨ onnen uns auf die lokale Situation beschr¨ anken und annehmen, dass U = U(0) ⊂ R
nund V = V (0) ⊂ R
moffene Umgebungen sind und F : U → V eine differenzierbare Abbildung mit F (0) = 0 und rg(J
F(0)) = m ist.
Wir schreiben J
F(0) = J
F0(0), J
F00(0)
, mit J
F0(0) ∈ M
m,m( R ) und J
F00(0) ∈ M
m,n−m( R ). Nach Wahl geeigneter Koordinaten k¨ onnen wir annehmen, dass det J
F0(0) 6= 0 ist. Wir definieren eine neue differenzierbare Abbildung F e : U → V × R
n−m⊂ R
ndurch
F e (x
0, x
00) := (F (x
0, x
00), x
00), f¨ ur x
0∈ R
m, x
00∈ R
n−m. Dann ist
J
Fe(0) =
J
F0(0) J
F00(0) 0 E
n−m, und daher det J
Fe
(0) 6= 0.
Nach dem Satz ¨ uber inverse Abbildungen gibt es Umgebungen U e (0) ⊂ U und W (0) ⊂ R
n, so dass F e : U e → W ein Diffeomorphismus ist.
Z := R
n−mist eine Mannigfaltigkeit und G := pr
2: U e → Z mit (x
0, x
00) 7→ x
00ist eine differenzierbare Abbildung, so dass (F, G) = F e nahe 0 ein Diffeomorphismus ist.
(2) = ⇒ (3) : Sind U , V , Z und G gegeben, so dass F (U ) ⊂ V und (F, G) : U → W ⊂ V × Z ein Diffeomorphismus ist, so kann s : V → X definiert werden durch
s(y) := (F, G)
−1(y, G(x
0)).
Dann ist (F, G)(s(y
0)) = (y
0, G(x
0)) = (F, G)(x
0) und daher s(y
0) = x
0. Außerdem
ist (F, G) ◦ s(y) = (F, g) ◦ (F, G)
−1(y, G(x
0)) = (y, G(x
0)), also F ◦ s(y) = y.
(3) = ⇒ (1) : Ist s ein lokaler Schnitt f¨ ur F mit s(y
0) = x
0, dann ist J
F· J
snahe y
0die Einheitsmatrix. So folgt unmittelbar, dass J
Feine surjektive Abbildung repr¨ asentiert, dass also rg
x0(F ) = m ist.
1.3.11. Folgerung
Ist F : X → Y eine Submersion, so ist f¨ ur jedes y ∈ Y die Faser F
−1(y) leer oder eine (n − m)-dimensionale Untermannigfaltigkeit von X. F¨ ur jedes x ∈ F
−1(y) ist T
x(F
−1(y)) = Ker F
∗,x.
Ist F zus¨ atzlich surjektiv und K ⊂ Y eine k-dimensionale Untermannigfaltigkeit, so ist F
−1(K) ⊂ X eine (n − m + k)-dimensionale Untermannigfaltigkeit.
Beweis: Wir betrachten einen Punkt x
0∈ X. Es sei M := F
−1(y
0) die Faser
¨ uber y
0:= F (x
0). Dann k¨ onnen wir Umgebungen U = U (x
0) ⊂ X, V = V (y
0) ⊂ Y , eine (n − m)-dimensionale Mannigfaltigkeit Z, und eine differenzierbare Abbildung G : U → Z finden, so dass (F, G) : U → W ⊂ V × Z ein Diffeomorphismus ist.
Folglich ist M ∩ U = (F |
U, G)
−1({y
0} × Z) eine Mannigfaltigkeit der Dimension n − m.
Da f|
Mkonstant ist, ist F
∗,x0≡ 0. Also liegt T
x0(M ) in Ker(F
∗,x0). Aus Dimensi- onsgr¨ unden muss dann sogar Gleichheit gelten.
Ist K ⊂ V eine k-dimensionale Untermannigfaltigkeit, so ist F
−1(K) ∩ U = (F |
U, G)
−1(K × Z) eine Mannigfaltigkeit der Dimension n − m + k.
Bemerkung: Dieser Satz ist eine Verallgemeinerung des Satzes ¨ uber implizite Funktionen und umfasst damit auch die Theorie der Untermannigfaltigkeiten des R
n.
1.3.12. Beispiel
GL
n( R ) ist eine offene Teilmenge von M
n,n( R ) ∼ = R
n2