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Das Erbe des «Müsli-Man»*

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Academic year: 2022

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Nun ist schon September. Das abends zunehmend früher verfallende Licht der zuletzt beständig gleissen- den Tage kündigte es schon an:

Dem gefühlt ohnehin zu kurzen Sommer gehen die Ressourcen aus, kaum dass er auf Touren gekommen war. Badis und Gar - tenrestaurants leeren sich, selbst braungebrannte Beine bevorzugen wieder Blue Jeans statt Bermu- das, und manch schöne Schulter verschwindet in Shirt und Strick- pullover.

Nicht wenigen wird das nicht viel ausmachen: Sommer- lich entblösste Körper sind ihre Sache nicht, zur Schau gestellte Schönheitsideale setzen sie unter Druck. Weil sie sich selbst nicht anziehend finden, ziehen sie sich nicht gern aus.

Das Diktat, schlank zu sein, ist nur eine Facette dieses neuen Körperkults. Wohlproportioniert, ausdefiniert, verziert, tätowiert – das sind gerade auch für Männer mittlerweile die treffenderen Schlagwörter. «Fit for fun»? – weit gefehlt: Bereits 15-, 16-jährige Jugendli- che, berichtete kürzlich der «Tages-Anzeiger», «arbei- ten» heute mit gezieltem Muskeltraining und Protein- diät an einem perfekten Körper. Sie treiben sich zu und, vor allem, ziehen ihren Selbstwert aus immer neuen sportlichen Höchstleistungen – und bringen sich damit nicht selten psychisch wie physisch in Gefahr. Und die jungen Frauen? Die Rechnungen plastischer Chirurgen lassen immer mehr von ihnen in die Schuldenfalle schlittern, schreibt der «Blick am Abend».

Werbung, Film und TV präsentieren die «Vor-Bilder»

eines solchen Körperwahns: Haben Sie zum Beispiel die olympischen Sprinterstars von London noch vor Augen?

Frauen wie Männer – muskelstrotzende Mensch - maschinen, medial mild-glänzend in Szene gesetzt.

Fragen nach den Kehrseiten der Medaillen werden «live vor Ort» nicht einmal mehr gestellt – und woanders

auch nicht wirklich beantwortet. Wie auch, wenn für die meisten leistungsfördernden Substanzen nicht einmal valide Nachweistests existieren … Die deutsche «Bild»- Zeitung will sogar wissen: Jamaikas Laufass Usain Bolt kam «Mit ‹Hamburger-Doping› zu Olympia-Gold».

«Ja, wenn Fastfood solche Körper formt», mag sich da der letzte noch selbstzufrieden in sich ruhende Bil- dungsbürger langsam fragen – «was hat die ganze Müeslifutterei seit den Achtzigerjahren am Ende gebracht?» Doch halt! Grundsätzlich ist es ja nicht ver- kehrt, sich ausgewogen zu ernähren, mehr Sport zu treiben, nicht mehr zu rauchen. Vielleicht etwas lang- weilig, aber nicht verkehrt. Sondern vernünftig, weil sicher gesünder und langlebiger, längerlangweiliglebi- ger. Die Jugend aber reagiert darauf, dass die Alten immer fitter werden, und zwar so, wie es ihr entspricht:

Sie sucht sich, naturgemäss oft unvernünftig, eigene Ideale. Der Kick ihres Körperkults ist nicht das Gesund-,

das Fit-Sein an sich, sondern das Extreme, das Exzes- sive und die Selbstbestätigung, die man daraus zieht.

Vor Kurzem warb das Institut für Präventive Medizin an der Uniklinik Freiburg im Breisgau in der dortigen Presse um über 65-jährige Männer als Teilnehmer an einer Trainingsstudie. Geklärt werden soll, wie sich Krafttraining auf Kraftentwicklung und Muskelmasse auswirkt und ob zusätzlich eingenommenes Eiweiss den Trainingseffekt verbessert. Alles gut und schön.

Dem Fortbestand der Menschheit ist es aber vielleicht gar nicht zuträglich, wenn diese immer älter wird und dabei immer gesünder bleibt – nicht nur wegen der Sache mit der Alterspyramide, sondern weil die Alten nicht loslassen können und mit ihrer Fitness den Jün- geren förmlich die Luft zum Atmen nehmen …

Ralf Behrens

* Titel der Kölner Mundart-Rockband BAP, erschienen 1981 auf ihrem dritten Album «Für usszeschnigge!» (http://www.youtube.com/watch?v=VWFEVEi-R9M)

EDITORIAL

ARS MEDICI 17 2012

857

Das Erbe des «Müsli-Man»*

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