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Teil 12: Fasten

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Prof. Dr. Christian Thies (Universität Passau)

Teil 12: Fasten

Das Fasten und Entgiften ist bei uns in den letzten Jahren wieder in Mode gekommen. Immer mehr von uns verzichten während der Fastenzeit auf liebgewonnene Ess- und Lebensgewohnheiten.

Sagen Sie mal, Herr Thies, was halten Sie eigentlich von temporärer Askese, Abstinenz und Enthaltsamkeit?

Ich bin nicht für temporäre, sondern für permanente Askese. Ist es nicht sogar unsinnig, elf Monate im Jahr zu schlemmen, um sich dann einige Wochen selbst zu kasteien? Auch andere Varianten einer solchen Entmischung halte ich für verfehlt – man denke nur an jene, die malochen bis zum Umfallen, um dann am Wochenende, im Urlaub oder bei Extremsportarten die Sau rauszulassen. Stattdessen sollten wir unsere Bedürfnisse durchgängig maßvoll befriedigen und dabei weiterentwickeln.

Vielleicht ist das Wort „Askese“ irreführend. Ich meine damit nicht mehr als die Idee eines bescheidenen Lebens. Sie wird vertreten von bescheidenen Menschen, die sich freiwillig zu bescheiden wissen. Das bezieht sich nicht nur auf Essen und Trinken, sondern auch auf Wohnen und Kleiden, Arbeit und Freizeit, Reisen und Feiern.

Gewiss, niemand darf in Armut leben. Die genannte Idee richtet sich nur an Personen, die die alten Geißeln „Hunger, Pest und Krieg“ abgeworfen haben. In dieser komfortablen Situation befinden sich jedoch fast sämtliche Mitglieder der demokratischen Wohlstandsgesellschaften.

Aber trotz aller Freiheit lassen wir uns nur zu leicht blenden von den Glücksversprechen des Kapitalismus, der uns immer neue Waren aufschwatzen will. Tatsächlich essen die meisten von uns zu viel, insbesondere zu viel Fleisch, und trinken zu viel Alkohol. Zudem sind unsere Häuser voll von Dingen, die wir eigentlich nicht brauchen. Viele Menschen orientieren sich sogar an dem pompösen und verschwenderischen Leben, das uns die Werbung und die Medien – mit freundlicher Unterstützung zahlreicher Prominenter jeder Couleur – als erstrebenswert vorgaukeln.

Hingegen soll schon Sokrates auf dem Markt von Athen gesagt haben: „Wie zahlreich sind doch die Dinge, derer ich nicht bedarf!“ Nicht nur Platon, sondern auch Epikur war in dieser Hinsicht sein Schüler. Noch radikaler war der Kyniker Diogenes, der in einer Tonne lebte und seinen Becher wegwarf, weil man ebenso aus den Händen trinken kann. Dennoch ist das bescheidene Leben, wie ich es mir vorstelle, nicht karg, sondern im Gegenteil der Weg zu einem nachhaltigen Glück. Es ist nachhaltig in dreierlei Hinsicht.

Erstens liefert es keine kurzfristigen Gelüste, dafür aber langfristige Freuden. Was ist eine durchzechte Nacht gegen die intensiven Glücksgefühle, die uns die produktive Selbstverwirklichung bei anspruchsvollen Tätigkeiten beschert! Das ermöglichen vor allem die Künste und die Wissenschaften. Zweitens ist ein bescheidenes Leben nachhaltig in sozialer Hinsicht, denn es spaltet die Menschen nicht in Reiche und Arme, sondern führt sie zusammen.

Epikur hat gesagt: „Entscheidend ist nicht, was man isst, sondern mit wem man speist.“ Drittens kann nur ein bescheidenes Leben nachhaltig im ökologischen Sinne sein – ist doch der bisher

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Prof. Dr. Christian Thies (Universität Passau)

propagierte westliche Lebensstil, gesteigert im American Way of Life, bereits rein rechnerisch im Hinblick auf Ressourcenverbrauch und Umweltbelastung nicht für alle Menschen zu verwirklichen, schon gar nicht für nachfolgende Generationen. Die Folge wäre vielmehr ein Kollaps des globalen Ökosystems.

Übrigens könnte gerade eine kleine Stadt wie Passau mit ihrer relativ intakten natürlichen Umgebung ein geeigneter Ort für ein bescheidenes Leben sein.

(PASTA!, März 2017, S.30/31)

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