DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
A
ngesichts der Arbeitslo- sigkeit passen den Ge- werkschaften Überstun- den nicht mehr in die Land- schaft: Arbeitgeber sollen sie nicht mehr anordnen, Be- triebsräte sollen sie nicht mehr genehmigen. Warum sollte man nicht auch Kassen- ärzte dazu bringen, ihre Ar- beitszeit zu verkürzen, im In- teresse der nachrückenden jungen Kollegen, die ande- renfalls arbeitslos werden?Diesen Gedanken ließ dieser Tage Willi Heitzer vom Sta- pel. Der DGB-Funktionär Wil- helm Heitzer ist sowohl auf Bundesebene wie auch in Bayern alternierender Vor- standsvorsitzender des jewei- ligen Verbandes der Orts- krankenkassen. Sein Audito- rium waren die jährlichen
„Hersbrucker Gespräche", die der Landesverband der Ortskrankenkassen in Bayern veranstaltet und bei denen in begrüßenswerter Offenheit laut über die Zukunft nachge- dacht wird.
Es zeigte sich noch deutlicher als früher, wie die Kranken-
„Beteiligung"
kassen bei ihren verzweifel- ten Bemühungen um Bei- tragssatzstabilität viele her- kömmliche Strukturen in der gesetzlichen Krankenversi- cherung in Frage stellen;
selbst kassenärztliche Freibe- ruflichkeit ist nicht mehr tabu.
Hans Sitzmann, Geschäfts- führer des bayerischen AOK- Verbandes, verlangte klipp und klar Sanktionen gegen Kassenärzte, die sich entge- gen einer Beratung über den Standortbedarf medizinische Großgeräte anschaffen. Die damit erbrachten Leistungen sollten von der Kasse ab sofort nicht mehr bezahlt werden müssen. Das Argument, hier gehe es um das unternehme- rische Risiko eines Kassenarz- tes, will man nicht gelten las- sen. Zumindest in Bayern ge- be es schon doppelt so viele Computer-Tomographen, als überhaupt nötig seien; die Kassenausgaben für Röntgen-
leistungen steigen aber im- mer weiter. Es könne, so Sitz- mann und Heitzer, doch nicht Aufgabe der AOK sein, die Folgekosten solcher unnöti- ger Investitionen zu finanzie- ren.
Große Sorgen machen den bayerischen AOK die Arznei- mittelausgaben. Sitzmanns Vorschlag: eine „mitglieder- bezogene Pauschalzahlung für den Therapie-Bereich Arz- neimittel". Hohe Arzneimit- telausgaben müßten zu La- sten der Kassenarzthonorare gehen. Wer es aber fertig- bringt, den Patienten billigere Generica zu verordnen, oder wer gar den Patienten so be- rät, daß er seine Lebensweise ändert und weniger Tabletten konsumiert, der würde dann mehr Honorar erhalten.
Die Kassenärzte sollen also fi- nanziell dafür bestraft wer- den, wenn die von ihnen ver- anlaßten Ausgaben — im Un- terschied zur selbst erbrachten Leistung — zu teuer werden. Ist es erlaubt, an Walter Ul- brichts Begriff „ökonomische Hebel" zu erinnern? gb
H
err Doktor, als Händler kann ich Ihnen nur zu- stimmen, wenn Sie ein Katalysator-Auto wollen."„Was macht das für einen Eindruck auf meine Patien- ten, wenn ich weiter die Luft verpeste . . . "
„Eben. Als Arzt müssen Sie schließlich Vorbild sein. Und es gibt ja nach wie vor unter- stützende Maßnahmen. Z. B.
die Kfz-Steuerbefreiung . . . "
„Das ist auch alles!"
„Sagen Sie das nicht! Ich kann Ihnen in Ihrer Vollkas- koversicherung einen Rabatt von 25 Prozent vermitteln. Bei einem größeren Wagen sind das leicht 600 DM im Jahr und mehr . . . "
„Das hört sich ja gut an!"
Kat-Auto muß sein
„Und ich kann Ihnen, Herr Doktor, eine Spezialfinanzie- rung für Umweltautos vermit- teln, wenn Sie Ihr Geld gera- de langfristig angelegt haben sollten."
„Das ist nicht so wichtig. Aber was nützt mir das alles, wenn - ich keine Bleifrei-Tankstelle in der Nähe habe?"
„Macht nichts. Auch hier bie- te ich was Neues — und zwar den BBB-Service!"
„Was ist das denn?"
„Das heißt: ,Bring-Bleifrei- Benzin"! Funktioniert wie Cash & Carry, nur umgekehrt.
Mein Azubi liefert jeden
Montag 50 Liter unverbleites Benzin bei Ihrer Praxis ab."
„Beachtlich, in der Tat! Aber sehen Sie, ich will im Sommer für drei Wochen nach Malaga.
Fährt da Ihr Azubi mit einem Tankwagen hinter mir her?"
„Da kriegen Sie selbstredend einen Mietwagen ohne Kata- lysator — und zwar kostenlos! -
„Donnerwetter! Dennoch ist mir das alles zu kompliziert.
Ich glaube, ich warte doch noch ein oder zwei Jahre . . . "
„Herr Doktor, was soll ich Ih- nen noch bieten? Wenn Sie warten, dann warte ich auch.
Sie wissen, daß ich Bluthoch- druck habe. Dann komme ich eben in den nächsten Jahren auch nicht mehr in Ihre Pra- xis. Die Verantwortung liegt jetzt bei Ihnen . . ." BE
Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 25/26 vom 21. Juni 1985 (1) 1897