Zahnärzte
Umdenken bei Versorgung von Behinderten
Kammer will Ausbildung ergänzen und Vergütung außerhalb der GKV.
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er Vizepräsident der Bun- deszahnärztekammer, Dr.med. dent. Dietmar Oester- reich, fordert ein Umdenken bei der zahnärztlichen Ver- sorgung von Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen. Bei einem internationalen Symposium zum Thema mahnte er, die Förderung der Mundgesund- heit sei unter den beste- henden Rahmenbedingungen nicht angemessen zu errei- chen.
Während Menschen mit gei- stigen Behinderungen, wie et- wa neurophysiologischen und psychischen Störungen, häu- fig keine Einsicht in eine notwendige zahnärztliche Be- handlung zeigten und unter übersteigerten Angstzustän- den litten, wirkten sich bei körperlich Behinderten zu- weilen die motorisch einge- schränkten Fähigkeiten nega- tiv auf den Zustand der Zäh- ne aus. „Deswegen bedarf die Behandlung dieser Patienten eines höheren Zeitaufwands, kleinerer Behandlungsinter- valle und eines deutlich hö- heren Personalaufwands“, er-
klärte Dr. Imke Kaschke. Sie ist Oberärztin in der Abtei- lung für Zahnerhaltung und Präventivmedizin am Zen- trum für Zahnmedizin der Charité in Berlin. Nicht selten sei auch eine medikamentöse Vorbehandlung oder eine Be- handlung in Allgemeinan- ästhesie nötig.
Um „Hemmschwellen“ ab- zubauen, forderte Oester- reich, die Behandlung behin- derter Menschen zum festen Bestandteil des Medizinstudi- ums und der Ausbildung der Praxismitarbeiterinnen zu ma- chen. Zudem sprach er sich für eine „angemessene Ver- gütung des Mehraufwands“
außerhalb der Gesetzlichen Krankenversicherung aus. TB
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er Umsatz der Diagnosti- ka-Industrie ist 2003 um 1,7 Prozent auf 1,75 Milliar- den Euro gestiegen. Das teilte der Verband der Diagnostica- Industrie (VDGH) mit. Bei Tests und Geräten für ärztli- che Laboreinrichtungen ver- zeichnete die Branche aller- dings einen Rückgang von knapp einem halben Prozent.Nur bei den Schnelltests für den Eigengebrauch, wie etwa bei Blut- und Urinstreifen, stieg der Umsatz um sechs Prozent.
Trotzdem zeigte sich der Vorsitzende des VDGH un- zufrieden. Die Selbstverwal- tung im Gesundheitswesen nutze die Chancen der Labor- medizin nicht ausreichend, kritisierte Dr. Volker Oeding.
Seiner Meinung nach ließen sich mehr Kosten einsparen, wenn die Selbstverwaltung die Einführung moderner Tests nicht verzögere.
Dennoch dürften die Kran- kenkassen nicht überfordert werden. Nicht alle Testarten sollten von ihnen übernom- men werden. „Versicherten,
die keine Beschwerden, son- dern nur das Bedürfnis ha- ben, ihr persönliches Krebs- oder Herzinfarkt-Risiko ab- klären zu lassen, kann man auch die Kosten für die La-
boruntersuchungen zumu- ten“, betonte Oeding. Mit der Broschüre „Gesund bleiben:
Vorsorgetests“ will der Ver- band für ausgewählte Tests bei Ärzten und Patienten
werben. TB
A K T U E L L
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A1774 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 2518. Juni 2004
AOK-Bundesverband
Kostenexplosion bei Software
SAP-Standardlösung erheblich teurer als geplant und verspätet fertig
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ie neue SAP-basierte Krankenkassen- Software für den AOK-Bundesverband wird nach einem Bericht der Computerwo- che (20/2004) 540 Millionen Euro statt der geplanten 360 Millionen Euro kosten. Dar- über hinaus wird sich die Entwicklung der Lösung um drei Jahre verzögern, sodass der„SAP-AOK-Master“ voraussichtlich erst 2009 und nicht, wie ursprünglich vorgesehen, 2006 einsatzbereit sein wird. Die Software soll den Betrieb sämtlicher Geschäftsprozesse der Krankenkasse unterstützen und in allen
regionalen Niederlassungen der AOK imple- mentiert werden.
Experten führen die Budgetüberschreitun- gen und die Zeitverzögerungen auf die man- gelhafte Planung und Misswirtschaft bei der AOK und ihrer für das IT-Projekt zuständi- gen Tochter AOK-Systems zurück. Einige kritische Stimmen, darunter das Magazin
„Fakt“ des Mitteldeutschen Rundfunks, hat- ten darüber hinaus bemängelt, dass die AOK mit der Vergabe von Millionenaufträgen an Beratungsunternehmen gegen geltendes Vergaberecht verstoßen habe. Das Bundesmi- nisterium für Gesundheit und Soziale Siche- rung hat jedoch keine Regelverstöße festge- stellt. Das Ministerium beantwortete eine diesbezügliche kleine Anfrage der CDU/
CSU-Bundestagsfraktion im Haushaltsaus- schuss des Bundestages mit dem Hinweis, dass sich die Rechtsaufsicht in der Sozialver- sicherung nicht auf ausgegliederte pri- vatrechtliche Gesellschaften wie die AOK-
Systems erstreckt. KBr
Diagnostika-Industrie
Ärzte und Kassen kritisiert
Industrieverband: Chancen zu wenig genutzt
Die Werbebroschüre richtet sich an Ärzte und Patienten.
Mehr Zeit und Personal bedarf es in der Regel, um Menschen mit Behinderungen die Angst vorm Zahnarzt zu nehmen.
Foto:zm/Susanne Priehn-Küpper