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Archiv "Arztliehe Aufgaben gegenüber Kindern und Eltern bei Ehescheidung" (09.01.1984)

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DEUTSCHES itß.ZTEBLATT

Arztliehe Aufgaben

gegenüber Kindern und Eltern bei Ehescheidung

Reinhart Lempp

Aus der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie

(Ärztlicher Direktor: Professor Dr. med. Reinhart Lempp)

im Zentrum für Psychiatrie und Neurologie der Universität Tübingen

Eine Ehescheidung ist nicht nur ein juristischer Akt, durch wel- chen ein von der Gemeinschaft besonders geschützter Vertrag zwischen einem Mann und einer Frau wieder aufgehoben wird, sie ist vielmehr die Manifestation ei- nes in der Regel längeren psychi- schen und sozialen Prozesses, der sich zwischen zwei Ehepart- nern abspielt und in den deren Kinder, sofern welche vorhanden sind, stets in existenzieller Weise miteinbezogen sind. Geht es le- diglich um die Scheidung eines kinderlosen Ehepaares, so kön- nen zwar auch große psychische Probleme für den einen oder an- deren Partner entstehen. Es han- delt sich dabei aber um erwachse- ne, selbständige und selbstver- antwortliche Menschen, die in al- ler Regel auch mit ihren eigenen Problemen allein fertig zu werden in der Lage sind.

Sind aber Kinder mitbetroffen, dann gibt es in der Auseinander- setzung eine dritte Partei, die nicht nur über keine eigene recht- liche Vertretung verfügt, sondern die meist völlig hilflos ist und da- bei von den Eitern, die mit ihren eigenen Problemen befaßt sind, völlig im Stich gelassen wird. Hier setzt häufig eine wichtige Aufga- be des Hausarztes und des Kin- derarztes ein, die auch gar nicht selten sehr frühzeitig in die Aus- einandersetzung eingeschaltet und um Rat gefragt werden.

Auf die Eheprobleme der Eitern, die möglicherweise dem Hausarzt vorgetragen werden, soll hier nicht eingegangen werden. Hier sollen die Probleme der von der Ehescheidung ihrer Eitern betrof- fenen Kinder erörtert werden. Häufig wird der Kinderarzt, meist von der Mutter, gefragt, ob sie ih- re zerrütte Ehe um der Kinder wil- len aufrechterhalten soll oder nicht.

Ehescheidung: ja oder nein?

Diese Frage ist außerordentlich schwierig zu beantworten. Es ist für den Kinder- und Jugendpsych- iater, der bei der Lösung von Sor- gerechtsfragen mit den betroffe- nen Kindern befaßt ist, immer wie- der ungeheuer eindrucksvoll zu erleben, wie stark die Kinder an der Ehe ihrer Eitern festhalten. Gerade bei Eitern, die sich in offe- nem Streit trennen, sind es viel- fach die Kinder jeden Alters, die nur den einzigen Wunsch haben, ihre Eitern sollten doch beisam- men bleiben und der alte Zustand, das frühere gemeinsame Leben sollte doch wieder hergestellt werden, auch dann, wenn dieses gemeinsame Leben im wesent- lichen mit Streit, lauter Auseinan- dersetzung, Türe schlagen, Be- schimpfungen, ja mit Tätlichkeit verbunden war.

ÜBERSICHTSAUFSATZ

Der Haus- oder Kinderarzt, der von in Scheidung befind- lichen Eitern oder Elternteilen aufgesucht wird, hat eine gro- ße Aufgabe und kann echte Hilfe leisten, wenn er sich nicht zum Parteigänger eines der Elternteile machen läßt, sondern sich zum Wächter über das Wohl des Kindes be- rufen sieht. Er kann mit dieser Einstellung letztlich auch den Eitern in ihren Konflikten und Verstrickungen besser helfen.

Die Kinder wünschen die Wieder- herstellung oder die Erhaltung dieses belastenden Zustandes na- türlich nicht deswegen, weil sie sich daran gewöhnt hätten oder nicht darunter litten, sondern weil sie sich einen anderen Zustand oft gar nicht vorstellen können, und weil sie nicht mit der dann unaus- weichlich auf sie zukommenden Frage konfrontiert werden: ..,. Sollen sie zum Vater oder zur Mutter gehen, an wen sollen sie sich halten?

Die Belastung für die Kinder liegt bei einer Ehescheidung weniger darin, daß die Eitern auseinander- gehen - sie sind oft zeitlich und räumlich vom nichtsorgeberech- tigten Elternteil weniger getrennt als etwa die Kinder von Seeleu- ten, von Montagearbeitern im Ausland oder von Offizieren der Bundeswehr- sondern darin, daß die Eitern sich oft gegenseitig und vor den Kindern abwerten. Auf diese Weise wird diesen, vor allem den jüngeren Kindern, die Identifikationsmöglichkeit mit dem Elternteil genommen, mit dem sie nicht mehr ständig zu- sammenleben.

Dies ist der eigentliche Verlust, unter dem die Kinder leiden und den sie um jeden Preis vermeiden möchten, auch um den Preis, daß die Eitern weiterhin miteinander

streiten.

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Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 1/2 vom 9. Januar 1984 (63) 41

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DEUTSCHES .itß.ZTEBLATT

Ehescheidung: Aufgaben gegenüber Kindern

Überdies sind die Kinder manch- mal mit der Notwendigkeit, sich für einen Elternteil zu entschei- den, überfordert, weil die Ent- scheidung für den einen für sie gleichzeitig eine Entscheidung gegen den andern ist; diese Ent- scheidung aber wollen sie nicht treffen.

Andererseits ist das Fortbestehen einer Ehe mit sich ständig strei- tenden Eitern ein schlechter Hin- tergrund für die Erziehung der Kinder und für ihre Sozialisation.

Wir wissen, daß der Streit der Ei- tern ein häufiger Befund bei dis- sozialen und kriminellen Jugend- lichen ist.

Manche Eitern - meistens die Mütter - sagen, sie seien bereit, das Martyrium ihrer Ehe um der Kinder willen weiterzuführen und ihre eigenen Wünsche und Belan- ge hintanzustellen. Ein solches Opfer wird nur selten angenom- men und wendet sich oft am Ende gegen die Mutter selbst und auch gegen das Kind. Auf die Dauer bleibt es dann nicht aus, daß die Mutter für dieses Opfer vom Kind eine Anerkennung oder einen

"Lohn" erwartet, etwa wenn das Kind erwachsen wird und die Ei- tern- und damit auch die Mutter- allein lassen möchte, wodurch diese sich dann im Stich gelassen fühlt, oder auch, wenn das Kind einmal unartig ist oder anderwei- tig Sorgen bereitet.

Im übrigen hat jeder Elternteil, auch die Frau, bis zu einem gewis- sen Grade oder von einem gewis- sen Grade ab auch das Recht und den Anspruch, eigene Wünsche durchzusetzen und sich zu schüt- zen. Natürlich sollte dies nur im Ausnahmefall auf Kosten der an- deren gehen, sei es der andere Ehepartner oder vor allem seien es die Kinder.

Wie stand doch kürzlich in einer psychologischen Zeitschrift?:

"Das 11. Gebot: Du sollst dich nicht selbst verwirklichen auf Ko- sten anderer!" Guter Rat an die Mutter oder an den Vater, ob sie

ihre zerrüttete Ehe den Kindern zuliebe aufrechterhalten sollen, ist deshalb teuer. Die Entschei- dung wird man ihnen nicht abneh- men können.

Welche Bedeutung

haben Eitern für ein Kind?

Eitern sind mehr als die Summe von Vater und Mutter. Das Kind er- lebt an ihnen die Gemeinsamkeit zweier Erwachsenen, zu der diese - in guten Ehen- auch nach Kon- flikt und Auseinandersetzung im- mer wieder zurückfinden. Neben der Identifikationsmöglichkeit - die sie schließlich auch woanders finden können -geben die Eitern dem Kind vor allem die Möglich- keit zu erlernen, mit zwei erwach- senen Personen gleichzeitig eine affektive Bindung aufrechtzuer- halten, die untereinander in einer solchen Beziehung stehen.

..,. Die Möglichkeit, diese emotio- nale Dreiecksbeziehung zu erfah- ren und die Entwicklung der Fä- higkeit, sie aufrechtzuerhalten, ist letztlich die Grundlage für Ge- meinschaftsfähigkeit, für die So- zialisation überhaupt, zumindest

in unserem Kulturkreis. Die Ehe- scheidung bedeutet daher für die Kinder meist nicht nur den Verlust der Möglichkeit, sich auch noch weiterhin mit dem sich trennen- den Elternteil, seinem Charakter, seinem Geschlecht und seiner Le- benseinstellung zu identifizieren, sondern auch den Verlust der Möglichkeit, von klein auf die Dy- namik einer emotionalen Bezie- hung, ihre Belastungen und Mög- lichkeiten zur Konfliktlösung un- mittelbar mitzuerleben.

Belastend ist für viele Kinder zu- sätzlich auch der Wertverlust, den der nichtsorgeberechtigte Eitern- teil immer dann beim Kind erfah- ren muß, wenn derjenige Eitern- teil, mit dem das Kind weiterhin zusammenlebt, nicht in der Lage ist, dem Kind den ausscheiden- den Elternteil als positive Bezie- hung in Erinnerung zu erhalten.

Hier sind mancher Vater und man- 42 (64) Heft 1/2 vom 9. Januar 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

ehe Mutter nach den vorausge- gangenen Verletzungen, Krän- kungen und Enttäuschungen überfordert. Das Kind, vor allem das kleine Kind bis zum Grund- schulalter, ist noch nicht in der La- ge, zwischen den sich trennenden Eitern eine eigene Position einzu- nehmen und aufrechtzuerhalten;

es muß sich - im Fall der gegen- seitigen negativen Bewertung - mit einem Elternteil identifizieren, und das ist dann in der Regel der- jenige, mit dem es ständig zusam- menlebt. Über den anderen er- fährt es nur, daß er böse, schlecht, ja verachtenswert sei.

Diese oft unfreiwillig und averbal gegebene Information stößt aber beim Kind auf ganz andere Erin- nerungen wie z. B. Zärtlichkeit, frohe gemeinsame Erlebnisse und Liebe. ln dem so entstehen- den Zwiespalt, den zu überwinden das Kind noch nicht fähig ist, wird es in aller Regel völlig allein ge- lassen; es kann mit niemandem darüber reden.

..,. Das ist der Grund, weshalb so viele dieser Kinder im tiefsten Kern verletzt, ratlos und tief de- pressiv sind. Niemand macht mit ihnen die "Trauerarbeit".

Hier kann der Hausarzt oder der Kinderarzt, wenn er das Kind von früher kennt, helfend eingreifen, indem er als verständnisvoller Vertrauter mit ihm über dieses Problem spricht oder es auch nur ermuntert, ihm von seinen Schwierigkeiten zu erzählen. Dies erfordert allerdings Zeit, Geduld, Einfühlungsvermögen und ein ge- wisses Geschick, der einge- schränkten Äußerungs- und For- mulierungsfähigkeit dieser Kinder aufzuhelfen.

Der Hausarzt läuft im Falle der Ehescheidung einer von ihm bis- her betreuten Familie häufig aber Gefahr, auch von einem der bei- den Eitern zum Komplizen ge- macht und als Parteigänger miß- braucht zu werden. Oft liegt es für den Hausarzt nahe, sich mit dem einen der beiden Eitern zu identi-

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Ehescheidung: Aufgaben gegenüber Kindern

fizieren und dessen Partei zu er- greifen. Das ist menschlich ver- ständlich, und manchmal kann man sich einer solchen spontanen Reaktion gar nicht entziehen. Man ist dann aber nicht mehr in der La- ge, als Arzt helfend einzugreifen, weil man den Zugang zum andern Elternteil verbaut hat. Man sollte, wenn immer möglich, sich einer eigenen Stellungnahme zumin- dest so lange enthalten, bis man auch den anderen gehört hat.

Gerade dann kann manchmal der von früher bekannte Hausarzt, dem alle noch Vertrauen entge- genbringen, Vermittler, Helfer und für das Kind Schutz und An- walt sein. Dabei sollten die Ziele nicht zu hoch gesteckt sein, man sollte z. B. nicht den Ehrgeiz ha- ben, die Eltern wieder zusammen- bringen und die Scheidung rück- gängig machen zu wollen.

Es ist jedoch schon viel gewon- nen, wenn die Dynamik der Aus- einandersetzung gebremst und der Circulus vitiosus gegenseiti- ger Kränkung durchbrochen wer- den kann.

Oft wird der Hausarzt oder Kinder- arzt ersucht, zur Vorlage bei Ge- richt eine Bescheinigung oder gar ein Gutachten auszustellen über den Zusammenhang zwischen ei- nem angeblich vom Kinde uner- wünschten Besuch beim anderen Elternteil und eine psychosomati- sche Störung oder Verhaltensauf- fälligkeit des Kindes in diesem Zu- sammenhang. Der diese Beschei- nigung erbittende Elternteil weist regelmäßig darauf hin, der Rechtsanwalt habe gesagt, eine solche Bescheinigung sei unbe- dingt erforderlich. Das ist in je- dem Falle unwahr, denn ein sol- ches Parteigutachten läßt sich von der Gegenseite mit einer Handbe- wegung als bedeutungslos vom Tisch wischen und füllt nur unbe- achtet die Aktenbände. Der Arzt darf nur bescheinigen, was er ob- jektiv gesehen und mit eigenen Augen feststellen konnte. Er kann dazu bemerken, welche angebli- che Ursache ihm von wem ge-

nannt wurde. Er sollte aber in je- dem Falle vermeiden, mehr zu be- stätigen als er sicheren Wissens bestätigen kann. Auch der ent- täuschte Patient wird später mer- ken, daß diese Haltung seines Arz- tes richtig war.

Bescheinigungen dieser Art wer- den regelmäßig verlangt, wenn es gilt, die Umgangsbefugnis des nichtsorgeberechtigten Eltern- teils gemäß § 1634 BGB einzu- schränken oder gar auszusetzen, weil das Kind nach Ansicht des sorgeberechtigten Elternteils un- ter diesen vom Gericht angeord- neten oder sonst vereinbarten Zwangsbesuchen leidet. Dabei muß aber davon ausgegangen werden, daß dann, wenn die Kin- der unter solchen Besuchen wirk- lich leiden oder psychosomati- sche Symptome wie Bettnässen, Schlafstörungen, Ticks usw. ent- wickeln, es eigentlich immer das Verhalten der Erwachsenen ist, das die Besuche für das Kind zur Qual machen. Sei es, daß der sor- geberechtigte Elternteil bewußt oder unbewußt zum Ausdruck bringt, daß er von diesen Besu- chen eigentlich gar nichts hält, auch wenn er das Kind verbal da- zu auffordert, sei es, daß der nichtsorgeberechtigte Elternteil beim Besuch den Sorgeberech- tigten herabsetzt oder auch nur vor dem Kinde klagt, wie allein er doch sei und wie sehr er sich doch nach dem Kinde sehne.

Wenn beide Elternteile dem Kinde ehrlichen Herzens deutlich ma- chen können, daß sie diese Kon- takte für gut und richtig halten und sich mit dem Kinde auf den Besuch freuen — bzw. verstehen, wenn das Kind sich wieder auf sein Zuhause freut — und diese Einstellung auch durch das eige- ne Handeln und die eigene Hal- tung deutlich machen, dann wird das Kind, zumindest das jüngere Kind, unter solchen Kontakten nicht leiden müssen. Allerdings sind mit dem Verlangen, solch ei- ne Haltung einzunehmen, man- che Eltern schlicht überfordert, und sie können vor ihrem eigenen

Kind auch nicht ihr Herz zur Mör- dergrube machen und eine Ein- stellung mimen, die sie gar nicht haben. Dies würde ein Kind sehr schnell bemerken. Auch in die- sem Fall ist die Qual des Wechsels vom einen Elternteil zum andern für das Kind nicht zu vermeiden.

Ältere Kinder leiden aber auch dann, wenn sie über ihre freie Zeit nicht mehr verfügen können und zu bestimmten Zeiten einen Be- such machen müssen, den sie zu anderen Zeiten unter Umständen lieber freiwillig machen würden.

Tatsächlich ist es letztlich eine Il- lusion zu meinen, man könne af- fektive Kontakte durch richterli- che Anordnung aufrechterhalten.

Eine katamnestische Untersu- chung von kinderpsychiatrischen Gutachten über Scheidungskin- der nach § 1634 BGB hat ergeben, daß die volle oder eingeschränkte Weiterführung von Besuchsrege- lungen gegen den ausdrücklichen Willen des sorgeberechtigten El- ternteils und gegen den Willen des Kindes zu nichts führt. Die Kontakte brechen bald ab. Be- merkenswerterweise wird im übri- gen der Kontakt eher aufrechter- halten, wenn die Mutter der nicht- sorgeberechtigte, also der zu be- suchende Elternteil ist, und nicht der Vater (Schön).

Auch hier könnte der Hausarzt oder Kinderarzt manches Mal der Vermittler sein, der die Belastun- gen des Kindes vermindert und die sich mißtrauisch bekämpfen- den Eltern zu einer ausgegliche- nen sachlichen Haltung führt, wenn er diesen deutlich macht, daß sie, solange sie sich noch mit Haß verfolgen und alles Schlechte zutrauen, eigentlich immer noch nicht geschieden sind, da der Haß oft noch stärker bindet als die Lie- be. Im Fall solcher Eltern kann der Verzicht auf den Kontakt mit ei- nem Kinde diesem mehr helfen und eine größere Wohltat für das Kind sein, als ein unter Mühen und Qualen durch Rechtsanwalt und Gerichtsbeschluß durchge- setzter Zwangskontakt.

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Ehescheidung FÜR SIE GELESEN

Ist durch offenkundige zeitliche Zusammenhänge und durch ob- jektive Befunde ein ursächlicher Zusammenhang zwischen psy- chosomatischen Störungen des Kindes und belastenden Situatio- nen durch die Scheidung der El- tern zu sichern, dann sind der Hausarzt und der Kinderarzt auch die legitimen Anwälte des Kindes, die diesem in der Auseinanderset- zung ihrer Eltern beistehen und es vor vermeidbaren Belastungen schützen können.

Dieser Schutz muß sich aus- schließlich am Wohl des Kindes orientieren und darf auf hausärzt- liche oder gesellschaftliche Be- ziehungen zum einen oder ande- ren Elternteil keine Rücksicht mehr nehmen. Es geht ja nicht mehr um die Gerechtigkeit ge- genüber den Eltern, sondern nur noch um das wohlverstandene Wohl des Kindes.

Hier liegt ein noch weitgehend braches Feld, auf dem Kinderärz- te und Ärzte für Allgemeinmedizin tätig werden können, wenn sie sich für das Kind und die Familie Zeit nehmen und oft ungerechte Vorwürfe und Beschuldigungen gelassen in Kauf nehmen.

Literatur

Arntzen, F.: Elterliche Sorge und persönlicher Umgang, München, Beck (1980)— Ell, E.: Tren- nung, Scheidung und die Kinder? Stuttgart:

Kreuz Verlag (1979)— Ell, E.: Besuch vom eige- nen Kind, Stuttgart, Kreuz Verlag (1981)

—Goldstein, J.; Freud, A.; Solnit, A.: Jenseits des Kindeswohls, Frankfurt, Suhrkamp (1974) — Haffter, C.: Kinder aus geschiedenen Ehen, Bern, Stuttgart, Wien, Huber (1960) — Lempp, R.: Die Ehescheidung und das Kind, München, Kösel (1976)— Lempp, R.: Gerichtliche Kinder- und Jugendpsychiatrie, Bern, Stuttgart, Wien, Huber (1983) — Röcker, D.: Sorgerecht und Verkehrsrecht, Pädiatrische Praxis (1975) 557

— Schön, E.: Katamnestische Untersuchungen bei Scheidungskinder nach Gutachten zur Umgangsbefugnis gern. § 1634 BGB, Inaug.

Diss. Tübingen (1983) — Simitis, S.; Rosenköt- ter, L. u. a.: Kindeswohl, Frankfurt, Suhrkamp (1980)

Prof. Dr. Reinhart Lempp Ärztlicher Direktor der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie Osianderstraße 14 7400 Tübingen

Prognostische Bedeutung von CCT-Befunden

bei Frühgeborenen mit geringem Geburtsgewicht

Aufgrund der noch unvollständi- gen Markscheidenreifung ist die pathologische Wertigkeit von Zo- nen verminderter Dichte im krania- Ien Computertomogramm (CCT) bei Frühgeborenen umstritten.

Die Autoren untersuchten 64 Frühgeborene mit einem Geburts- gewicht unter 1500 g. Die Auswahl der Patienten erfolgte ausschließ- lich nach dem Geburtsgewicht und der Reihenfolge der Aufnah- me. Eine Selektion nach dem kli- nischen Zustand erfolgte nicht.

Bei allen Kindern wurde im Kon- zeptionsalter von 40 Wochen ein CCT durchgeführt, sowie eine ent- wicklungsneurologische Untersu- chung (Bayley-Scales) im korri- gierten Alter von 7, 12 und 18 Mo- naten. Die computertomographi- schen Befunde ließen sich wie folgt klassieren:

I. keine Areale verminderter Dich- te (n = 7),

II. herdförmige Areale verminder- ter Dichte der weißen Substanz in der Frontal- und/oder Okzipitalre- gion (n = 7),

III. diffus verminderte Dichte des gesamten Marklagers (n = 23), IV. diffus verminderte periventri- kuläre Dichte zusammen mit struk- turellen Veränderungen (Blutung, Porenzephalie) (n = 24).

Die Nachuntersuchungen erga- ben für die Patienten der Gruppen I und II zu •allen Untersuchungs- zeitpunkten gleichermaßen nor- male Entwicklungsquotienten im motorischen und mentalen Be- reich. Die Gruppen III und IV hin- gegen zeigten zu allen Zeitpunk- ten in beiden Entwicklungsberei- chen pathologische, von den Gruppen I und II signifikant unter- schiedene Testergebnisse.

Aus den vorgelegten Untersu- chungen kann gefolgert werden, daß bei Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1500 g im Konzeptionsalter von 40 Wochen herdförmige Areale verminderter Dichte keine pathologische Wer- tigkeit besitzen, während diffuse periventrikuläre Dichteminderun- gen mit und ohne begleiten- den strukturellen pathologischen Befund signifikant mit späteren Entwicklungsproblemen assozi- iert sind und Ausdruck einer or- ganischen Hirnläsion sein dürf- ten. Krn

McCarton-Daum, C.; Danziger, A.; Ruff, H.;

Vaughan, H. G.: Periventricular low density as a predictor of neurobehavioural outcome in very low-birthweight infants, Dev. Med. Child Neurol. 25 (1983) 559-565, Albert Einstein Col- lege of Medicine, Rose F. Kennedy Center, 1300 Morris Park Avenue, Bronx. N. Y. 10461

Ergänzende Mitteilung Phytopharmakologie — Wissenschaftliche Erkenntnisse und Therapieerfahrungen

Zum Kongreßbericht „Phytophar- makologie — Wissenschaftliche Erkenntnisse und therapeutische Erfahrungen" in Heft 43/1983 ging uns von Frau Dr. Brigitte Kienlein- Kletschka, Hautärztin und Allergo- login, Sophienstraße 100, 8520 Er- langen, folgende ergänzende Mit- teilung zu: Im Artikel über Phyto- pharmakologie wird der Eindruck erweckt, als sei Perubalsam we- gen seiner antiseptischen und granulationsfördernden Wirkung zur Behandlung von Beinge- schwüren besonders gut geeig- net. Vielleicht sollte man ergän- zend darauf hinweisen, daß Peru- balsam ein potentes Allergen dar- stellt. Aus diesem Grund ist die Substanz im Epikutan-Standard- test enthalten. Kontaktallergien werden insbesondere bei Ulkus- patienten beobachtet. Auch Der- matika, die Ringelblumen und Ar- nika enthalten, führen nicht selten zu Sensibilisierungen. MWR 44 (68) Heft 1/2 vom 9. Januar 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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