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eu ist das Thema „Organhandel“für die Enquete-Kommission
„Ethik und Recht der modernen Medizin“ des Bundestages nicht. Den- noch hat ein im Juni veröffentlicher Bericht des Europarates dazu beige- tragen, der Thematik eine gehörige Portion Brisanz zu verschaffen. Unter welchen Bedingungen eine Lebend- spende möglich sein soll und ob sich das Transplantationsgesetz
in seiner jetzigen Form bewährt hat, wird nun ab Herbst in einer Arbeitsgruppe der En- quete-Kommission im Rahmen des Themen- komplexes „Transplan- tationsmedizin“ disku- tiert.
In dem Bericht, den die Schweizer Politike- rin Ruth-Gaby Ver- mot-Mangold für den Europarat erstellt hat, wird auf die Zunahme des illegalen Organ- handels in Europa auf- merksam gemacht. Vor allem in armen Regio-
nen der Nachfolgestaaten der Ex-So- wjetunion komme der Handel mit Nie- ren dem aus Asien und Südamerika be- kannten „Transplantationstourismus“
immer näher. Grund hierfür sei vor al- lem die Armut in weiten Teilen Osteu- ropas, die Folge der dortigen Massenar- beitslosigkeit sei und den Markt für kri- minelle Organisationen wachsen lasse.
Als Beispielland nennt der Bericht Moldawien, eines der ärmsten Länder Europas mit einer offiziellen Erwerbs-
losigkeit von 50 Prozent und einem durchschnittlichen Monatseinkommen von umgerechnet 30 US-Dollar. Hier verkaufen dem Bericht zufolge junge Menschen aus ländlichen Regionen ih- re Organe für 2 500 bis 3 000 Dollar, während die Empfänger bis zu 250 000 Dollar bezahlt haben. Zu den Nutz- nießern dieses Handels gehörten unter anderem einschlägig spezialisierte Ärz-
te, die die Entnahme der Organe in gut ausgestatteten Kliniken in der Türkei vornähmen. Anschließend seien die Le- bendspender meist nicht länger als fünf Tage in den auswärtigen Kliniken ver- sorgt worden – in ihrem Heimatland ge- be es meist gar keine medizinische Nachsorge, da das Gesundheitswesen auf dem Land nicht mehr funktioniert.
Lebenslängliche gesundheitliche Schä- den der Betroffenen seien in vielen Fäl- len programmiert, so Vermot-Mangold.
Im Anschluss an die Ausführungen der Schweizerin hat die Parlamentari-
sche Versammlung des Europarats
„Empfehlungen zur Bekämpfung des Organhandels in Europa“ an das Mini- sterkomitee gerichtet. Hierin werden sowohl die so genannten donor coun- tries als auch die demand countries an- gesprochen. Die Geberländer werden unter anderem dazu aufgefordert, mehr Informationskampagnen in Zusam- menarbeit mit Nichtregierungsorgani- sationen, den Medien und wichtigen in- ternationalen Hilfsorganisatonen in ländlichen Gegenden vorzunehmen.
Darüber hinaus sollen Kontrollen an den Grenzen und nationale Anti-Kor- ruptionsprogramme eingeführt wer- den. Von den Nehmerländern wird ver- langt, durch staatliche Informations- kampagnen und die Unterstützung des Europäischen Tages der Organspende und Transplantation das Bewusstsein für die Organspende zu schärfen. Vor allem müssten gesetzli- che Schlupflöcher ge- schlossen werden. So soll zum Beispiel eu- ropaweit deutlich ge- macht werden, dass die Verpflanzung gekauf- ter Körperteile durch Ärzte strafrechtlich verfolgt werden kann.
Vermot-Mangold hält gesetzliche Verbo- te des Organhandels bei der Überwindung des Transplantations- tourismus zwar für wichtig, helfen könne letztlich jedoch nur die Überwindung der Ar- mut. Wirtschaftliche Unterstützungsprogramme der interna- tionalen Gemeinschaft müssten ver- stärkt werden, um die Ökonomie im Osten aufzubauen.
Nach Angaben von Dr. med. Wolf- gang Wodarg, Mitglied der Enquete- Kommission „Ethik und Recht der mo- dernen Medizin“ und Mitglied der deutschen Delegation in der Parlamen- tarischen Versammlung des Europara- tes, soll im Rahmen eines so genannten Monitoring-Verfahrens der Parlamen- tarischen Versammlung geprüft wer- den, ob die Mitgliedsstaaten ihren Pflichten im Umgang mit Organen nachkommen. Martina Merten P O L I T I K
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A2052 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 31–324. August 2003
Organhandel
Erschütternde Fakten
Die Enquete-Kommission „Ethik und Recht der
modernen Medizin“ will sich ab Herbst mit den Themen Organhandel und Lebendspende beschäftigen.
Der Bericht des Europarats und die Empfehlungen der Parlamentarischen Versammlung im Internet unter: www.aerzteblatt.de/plus/3103
11 500 Menschen warten derzeit auf ein Spenderorgan – 988 Nieren (ohne Lebend- spenden) konnten im Jahr 2002 transplantiert werden. Foto: picture alliance