Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
NOTFALL IM BEREITSCHAFTSDIENST
Die hypertensive Krise
Pathophysiologie: Plötzlich und anfallsweise auftretendes erhebliches Ansteigen des systolischen und des diastolischen Blutdrucks wird als hypertensive Krise bezeichnet. Dabei ist neben der absoluten Höhe des Blutdruckes, der Werte über 300/150 mm Hg erreichen kann, insbesondere die Geschwindigkeit des Blutdruckanstieges von wesentlicher Bedeutung für Symptomatologie und Prognose. Hochdruckkrisen tre- ten sowohl bei normotonen Individuen als auch bei Patienten mit einer Hypertonie unterschiedlicher Ge- nese auf. Die häufigsten Ursachen einer hypertensiven Krise sind das Phäochromozytom; die renalparen- chymatöse Hypertonie bei chronischer, oft einseitiger Pyelonephritis; die primäre Hypertonie; eine Schwangerschaft; akute und chronische Glomerulonephritiden; das akute Nierenversagen; die Urämie mit Hypertonie und Überwässerung; Vergiftungen durch Thallium, Blei und Kohlenmonoxid; Nikotinabusus;
Polyneuritiden; Endangiitis obliterans; Panarteriitis nodosa; Aortenisthmusstenose; die akute Porphyrie;
der Genuß von Käseprodukten, Salzheringen, Bier, Rotwein und Fleischextrakten während einer Therapie mit Monoaminooxidasehemmern („Käse-Krankheit") sowie das plötzliche Absetzen einer antihyperten- siven Therapie, insbesondere mit Clonidin. — Oft sind auch die Anfangsstadien der malignen Hypertonie durch starken Blutdruckanstieg gekennzeichnet, und auch im Gefolge zerebraler Blutungen findet sich langdauerndes krisenhaftes Ansteigen des Blutdrucks. — Die hypertensiven Krisen können Minuten bis Tage dauern.
Symptomatik
Die geklagten Beschwerden können diskret sein, im Vor- dergrund stehen jedoch zu- meist schwere Kopfschmer- zen im Okzipitalbereich, Au- genflimmern, Ohrensausen, Schwindel und insbesondere beim Vorliegen eines Phäo- chromozytoms Schweißaus- brüche und Tremor. Bauch- schmerzen können das Bild der Hochdruckkrise bei aku- ter hepatischer Porphyrie be- herrschen. — Beachtenswert sind besonders die kardialen Symptome, die auf eine Linksherzinsuffizienz hindeu- ten: Ruhedyspnoe oder ein Asthma cardiale, aus dem sich ein akutes Lungenödem entwickeln kann, sowie eine akute Koronarinsuffizienz, die zu einem Herzinfarkt füh- ren kann. Dabei ist es uner- heblich, ob der Blutdruckan- stieg Ursache oder Folge der Angina pectoris ist. Selbst- verständlich kann sich im Verlauf einer hypertensiven
Diagnose
Durch die geschilderte Symptomatologie wird sich der herbeigerufene Arzt ver- anlaßt sehen, den Blutdruck zu messen und bei Werten über 250/150 mm Hg die Dia- gnose einer Hochdruckkrise stellen. Aber auch bei niedri- geren Blutdruckwerten sollte bei entsprechenden anamne- stischen Angaben und Sym- ptomen an dieser Diagnose festgehalten werden.
Therapie
Auf Grund ihrer vielfältigen Ätiologie und der vitalen Ge- fährdung des Patienten sollte die Behandlung einer hyper- tensiven Krise in einem Kran- kenhaus, möglichst mit einer Intensivstation, erfolgen. Er- ste Maßnahmen sollten je- doch bereits am Krankenbett eingeleitet werden, damit bis zum Transport keine Zeit ver- lorengeht:
O Lagerung mit angehobe- nem Oberkörper und Sedie- rung, sofern keine stärkere Bewußtseinstrübung besteht.
O Gegebenenfalls Digitalisie- rung mit Strophanthin oder Digoxin i. v., wenn die Kran- ken noch kein Digitalis in ausreichender Dosis erhalten haben.
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Intravenöse Gabe von 150 mcg Catapresan zur Blut- drucksenkung, die nach kurzfristigem Blutdruckan-DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Heft 14 vom 7. April 1977 929Diagnose
Symptomatik Therapie
Krise auch eine Apoplexie entwickeln. Die Patienten sind oft unruhig, ihr Bewußt- sein ist oft getrübt.
stieg relativ rasch, aber nicht brüsk einsetzt.
Die Erscheinungen einer hy- pertensiven Krise können sich bei niedrigeren Blut- druckwerten dann manife- stieren, wenn die Hypertonie, wie bei einer akuten Glome- rulonephritis oder bei der Eklampsie, plötzlich entsteht.
0 Bei bestehendem Asthma cardiale oder Lungenödem die Gabe von 40 mg Lasix v., wodurch die Blutdruck- senkung außerdem verstärkt wird.
0 Bei bestehender Angina pectoris die Gabe von Nitrit- Präparaten oder Analgetika.
Professor
Dr. med. Karl-August Meurer Medizinische
Universitäts-Poliklinik (Direktor: Professor
Dr. med. Werner Kaufmann) Joseph-Stelzmann-Straße 9
000 Köln 41
Perforierende Augenverletzungen Heft 19/1976, Seite 1279 f.
Nierenkolik
Heft 20/1976, Seite 1375 f.
Kardiogener Schock Heft 21/1976, Seite 1431 Verschluß
der Zentralarterie der Netzhaut
Heft 24/1976 Seite 1600 Der akute Hoden
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f.Paraphimose — Priapismus Heft 40/1976, Seite 2502 Anaphylaktische Reaktionen (I)
Heft 41/1976, Seite 2557 f.
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Heft 43/1976, Seite 2713 Blutungen aus Nase und Rachenraum Heft 44/1976, Seite 2791 Die regelmäßige Bradykardie Heft 45/1976, Seite 2857 Die unregelmäßige Bradykardie
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(Subarachnoidalblutung) Heft 47/1976 Seite 3019 Elektrounfall
Heft 48/1976, Seite 3099 Akute Pankreatitis Heft 49/1976, Seite 3169 f.
Digitalis-Intoxikation Heft 0/1976, Seite 3237 f.
Das Erysipel
Heft 51/1976, Seite 3295 f.
In der Reihe „Notfall im Bereitschaftsdienst"
sind 1976 folgende Beiträge veröffentlicht worden:
Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
Hypertensive Krise
930 Heft 14 vom 7. April