DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Polymyxin E Tobramycin
Cefotaxim
8 k. A.
4 k. A.
10 k. A.
15 k. A.
3 k. A.
14 k. A.
Tobramycin Cefotaxim
Oxacillin
98,0 86,7
33,0* 6,6
78,0* 43,3
20,0* 0,4
11,5* 7,3
73,4* 56,7 92,0* 76,6
28,4* 6,2
Proteus sp. 1) S. aureus M. morganii Pseudomonas sp.
S. aureus C. freundii Unertl
et al., 1987
Polymyxin B
Gentamicin
1
2
1
1
1
2
1
Tabelle: Resistenzentwicklung bei selektiver Darmdekontamination zur Prophylaxe von Beatmungspneumonien
% resistente Erreger
Autoren Antibiotikum Prophylaxe- Kontroll- Spezies gruppe gruppe
Proteus sp. 1) E. coli
Pseudomonas sp.
Acinetobacter sp.
Pseudomonas sp.
Enterobacter sp.
Acinetobacter sp.
Stoutenbeek et al., 1987
Ledingham et al., 1988
Polymyxin E Tobramycin Cefotaxim
Proteus sp. 1) Serratia sp.
verschiedene ande- re Erreger, außer Pseudomonas S. epidermidis S. aureus S. epidermidis S. aureus
S. Enterobacteria- ceae
Pseudomonas sp.
S. epidermidis S. aureus Konrad
et al., 1989
Anzahl resistenter Erreger
1) Proteus sp. primär resistent
* p < 0,05
k. A. = keine Angaben
Resistenzentwicklung bei
selektiver Darmdekontamination
Ines Kappstein und Franz Daschner
B
ei der selektiven Darmdekon- tamination (SDD) versucht man mit Lokalantibiotika und Fungistatika, die endogene Flo- ra des Nasen-Rachen-Raumes und des Gastrointestinaltraktes als Erre- gerreservoir für Beatmungspneumo- nien zu reduzieren. Die Erstautoren der Methode, eine holländische Ar- beitsgruppe, verabreichten zusätz- lich intravenös Cefotaxim für minde- stens vier Tage (1). Andere Arbeits- gruppen haben dieses Schema über- nommen oder unter Verzicht auf die parenterale Antibiotikumgabe bezie- hungsweise Variationen bei den Lo- kalantibiotika modifiziert (2-4). In allen Studien wurde durch SDD zwar eine beträchtliche Reduzierung der Pneumonie bei beatmeten Pa- tienten erreicht, die Letalität blieb jedoch gleich. Lediglich in einer Stu- die wurde über die signifikante Sen- kung der Letalität innerhalb einer Subgruppe, bei Polytrauma-Patien- ten, berichtet (3).Bei der Applikation von Lokal- antibiotika ist die Gefahr der Resi- stenzentwicklung besonders groß.
Kürzlich erschien eine sehr sorgfälti- ge Studie, die erstmals das Problem der Resistenzentwicklung unter SDD systematisch untersuchte (4).
Unter SDD werden vor allem Ami- noglykosid-, Cefotaxim- und Oxacil- lin-resistente Staphylokokken selek- tiert. Gleichzeitig nimmt die Häufig- keit Cefotaxim-resistenter Entero- bakterien und Pseudomonaden stati- stisch signifikant zu. Besonders pro- blematisch erscheint jedoch die Se- lektion Oxacillin-resistenter Staphy- lococcus-aureus-Stämme, da diese besonders schwerwiegende Infektio- nen verursachen können, die nur mit überdurchschnittlich toxischen und teuren Antibiotika behandelt wer-
den können. In der Tabelle sind die- jenigen Studien zusammengefaßt, die Angaben zur Resistenzentwick- lung bei SDD gemacht haben.
Bei SDD sind noch zahlreiche mikrobiologische und krankenhaus- hygienische Fragen zu klären. Eine der Fragen ist, ob die zusätzliche Verabreichung von Cefotaxim über- haupt notwendig ist, da zumindest in einer Studie eine Senkung der Pneu-
moniehäufigkeit durch Lokalantibio- tika und Fungistatika allein erreicht wurde (2). Alle Autoren betonen je- doch die Tatsache, daß SOD auf kei- nen Fall ohne ausreichende infektio- logische, bakteriologische und kran- kenhaushygienische Überwachung durchgeführt werden sollte. Bei SDD ist eine mehrmals wöchentliche sehr sorgfältige mikrobiologische Untersuchung von Sputum, Trache-
Dt. Ärztebl. 86, Heft 41, 12. Oktober 1989 (73) A-2977
KONGRESSNOTIZ
alsekret, Magensaft und Stuhl not- wendig. Sehr viele Intensivpflegesta- tionen werden von bakteriologischen Laboratorien versorgt, die nicht über das für SDD notwendige infektiolo- gische und krankenhaushygienische Wissen verfügen.
Literatur
1. Stoutenbeek, C. P.; van Saene, H. K. F.;
Zandstra, D. F.: The effect of oral non-ab- sorbable antibiotics on the emergence of resi- stant bacteria in patients in an intensive care unit. Journal of Antimicrobial Chemotherapy
19 (1987) 513-520
2. Unertl, K.; Ruckdeschel, G.; Selbmann, H. K.; Jensen, U.; Forst, H.; Lenhart, F. P., Peter, K.: Prevention of colonization and re- spiratory infections in long-term ventilated patients by local antimicrobial prophylaxis.
Intensive Care Medicine 13 (1987) 106-113
Der Metoprolol-Effekt
Linnea Sjöblom und Mitarbeiter stellten auf dem „8th International Symposium on Atherosclerosis" in Rom tierexperimentelle Arbeiten vor, die den Effekt sowohl von Nah- rungsproteinen wie von Metoprolol, einem selektiven 13 1 -Rezeptoren- Antagonisten, auf die Lipidakkumu- lation in der Arterienintima männ- licher Ratten mit spontanem Hyper- tonus untersuchten. In der 9-monati- gen Studie wurden die Ratten dazu mit einer 0,5-%-Cholesterol-Diät ge- füttert, die entweder Casein oder So- jabohnen-Protein enthielt. Verfolgt wurden der Plasmalipid-Spiegel und Intimaveränderungen der Aorta und intramuraler Äste der Koronararte- rien.
Die Blutfettwerte der Tiere stie- gen zwar während der Diät an, die Cholesterinämie war aber, vergli- chen mit Versuchen bei Ratten des Sprague-Dawley-Stammes, relativ niedrig. Ein signifikanter Anteil des Plasma-Cholesterins war jedoch von HDL2-Lipoproteinen zu Lipopro- teinfraktionen niedrigerer Dichte umverteilt worden. Die Metoprolol- Anwendung führte zu einem Anstei- gen der Plasma-Triglyzeride und mit zunehmender Behandlungsdauer zu einer verminderten Cholesterinämie.
Wurde Sojabohnen-Protein statt Ca- sein gegeben, so war ein persistieren- der lipidsenkender Effekt zu ver- zeichnen.
3. Ledingham, I. McA.; Eastaway, A. T.;
McKay, I. C.; Alcock, S. R.; McDonald, J. C.;
Ramsay, G.: Triple regimen of selective de- contamination of the digestive tract, systemic cefotaxime, and microbiological surveillance for prevention of acquired infection in inten- sive care. The Lancet I (1988) 785-790 4. Konrad, F.; Schwalbe, B.; Heeg, K.; Wagner,
H.; Wiedeck, H.; Kilian, J.; Ahnefeld, F. W.:
Kolonisations-, Pneumoniefrequenz und Re- sistenzentwicklung bei langzeitbeatmeten In- tensivpatienten unter selektiver Dekontami- nation des Verdauungstraktes. Anaesthesist 38 (1989) 99-109
Anschrift für die Verfasser:
Prof. Dr. med. Franz Daschner Leiter der Klinikhygiene Universitätsklinikum Freiburg Hugstetter Straße 55
7800 Freiburg i. Br.
Intima-Proliferationen mit Li- pidansammlung traten in kleinen intramuralen Koronarästen (>
100 Rm) bei 13 von 36 Kontrollrat- ten auf, die mit der Casein enthal- tenden Cholesterin-angereicherten Diät über neun Monate gefüttert wurden. Im Gegensatz dazu fanden sich vergleichbare Gefäßverände- rungen nur bei einer von 39 Me- toprolol-behandelten Ratten, die an- sonsten eine identische Diät erhiel- ten.
Die Autoren formulieren vor- sichtig, daß ihre Ergebnisse nicht der Hypothese widersprächen, die postu- liert, daß der Ersatz von Casein durch Sojabohneneiweiß ebenso wie die Behandlung mit dem 13 1 -Rezep- torenblocker Metoprolol einen pro- tektiven Effekt gegen die Bildung Cholesterin-induzierter präathero- sklerotischer Intimaveränderungen ausübt.
Auf mehreren internationalen Kongressen von September bis Okto- ber 1988 präsentierten Gunnar Ols- son, John Wikstrand und Mitarbeiter ihre Untersuchungen über die pri- märe Prävention koronarer Herz- krankheit und ihrer Folgen, die sie im Rahmen der MAPHY-Studie durchführten. Die Studie geht der Frage nach, ob bei hypertonen Män- nern im Alter zwischen 40 und 64 Jahren eine initiale antihypertensive Therapie mit dem kardioselektiven Betarezeptorenblocker Metoprolol die kardiovaskulären Komplikatio-
nen der Hypertonie wie plötzlicher Herztod, Myokardinfarkt und apo- plektischer Insult in größerem Aus- maß vermindert als eine Behandlung mit Thiaziddiuretika.
Die Patienten waren rando- misiert der Metoprolol-Gruppe (n = 1609) oder der Thiazid-Grup- pe (n = 1625) zugeteilt. 535 Patien- ten in der Metoprolol- und 524 Pa- tienten in der Thiazid-Gruppe waren Raucher.
Die Gesamtmortalität und die Sterblichkeit mit kardiovaskulärer Ursache waren mit Metoprolol signi- fikant geringer als mit Thiaziddiu- retika sowohl in der ganzen Stu- dienpopulation (p = 0,028 und p = 0,012, zweiseitig) wie auch bei den Rauchern (p = 0,013 und p = 0,016). Die Mortalität war bei Rauchern dreimal höher als bei Nichtrauchern. In der Metoprolol- Gruppe fand sich eine signifikante Reduktion der koronaren Herz- krankheit mit letalem Ausgang bei der Gesamtpopulation (p = 0,048) und bei den Rauchern (p = 0,021).
Außerdem waren die apoplektischen Insulte und die plötzlichen Herztode in der Betablocker-Gruppe signifi- kant reduziert (p = 0,043 und p = 0,017). Die Anzahl der plötz- lichen Herztode (24 Stunden nach Einsetzen der Symptomatik), die 78 Prozent der kardiovaskulären Tode ausmachten, reduzierte sich dadurch in der Metoprolol-behandelten Gruppe um 57 Prozent.
Die Autoren folgern aus den Er- gebnissen, daß die Prognose bei Hy- pertonikern wesentlich verbessert werden kann, wenn die initiale anti- hypertensive Therapie statt mit Thiaziddiuretika mit dem kardiose- lektiven Betarezeptorenblocker Me- toprolol begonnen wird. Die gesamte und die kardiovaskulär bedingte Mortalität wurden durch Metoprolol signifikant gesenkt, was die Autoren auf eine Verminderung koronarer Herzerkrankung und apoplektischer Insulte mit letalem Ausgang zurück- führen. Diese Ergebnisse könnten darauf hindeuten, daß Metoprolol das Fortschreiten des zugrundelie- genden Prozesses verlangsamt. Me- toprolol zeigte außerdem in der Stu- die seine große Sicherheit bei Lang- zeitbehandlungen. shu/wmp A-2978 (74) Dt. Ärztebl. 86, Heft 41, 12. Oktober 1989