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5. November 1982 79. Jahrgang
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Notopfer W
enn im Parlament al-les so bleibt, wie es das Bundeskabinett in letzter Minute beschlos- sen hat, dann wird die ganz große Verschiebung zwi- schen Krankenversiche- rung und Rentenversiche- rung nicht stattfinden. Im- merhin wird die gesetzli- che Krankenversicherung 1983 einen Solidaritätsbei- trag an die Rentenversi- cherung zahlen müssen.
Das ist mehr als ein Schön- heitsfehler. Noch schlech- ter wäre indes die — ur- sprünglich vom Arbeitsmi- nisterium beabsichtigte — Absenkung des Beitrages, den die Rentenversiche- rung an die Krankenversi- cherung zu zahlen hat.
Es ist nicht auszuschließen, daß einzelne Krankenkas- sen auch das jetzt beschlos- sene Notopfer von 1,2 Mil- lionen Mark nicht ohne Beitragserhöhungen tra- gen können. Die Kassen sollen zwar durch ein Be- gleitgesetz des Bundes- haushaltes entlastet wer- den, mit dem die schon seit längerem angekündigten Selbstbeteiligungen bei Krankenhausaufenthalt, Kuren und Arzneimitteln.
(sowie mancherlei Uner- freuliches für die Ärzte) eingeführt werden. Die Re- de ist von 1,3 Milliarden DM; die Zahl stammt noch von der früheren Bundes- regierung. Die Entlastung dürfte aber zu optimistisch geschätzt sein.
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ermutlich weiß das auch der neue Bundes- arbeitsminister. Wo- möglich hat er im stillen als weiteren entlastendenFaktor für die Krankenver- sicherung den sogenann- ten Honorarverzicht der Kassenärzte bereits einkal- kuliert. Ein namhafter ärzt- licher Verband hat tatsäch- lich einen Verzicht auf Honorarerhöhungen ohne Wenn und Aber zugesagt.
Die Kassenärztliche Bun- desvereinigung jedoch hat- te zuvor schon die Bereit- schaft zu einer weiteren Verlängerung der Hono- rarpause signalisiert — vor- ausgesetzt, daß auch die anderen gesellschaftlichen Gruppen ihren Beitrag zur Atem- und Lohnpause lei- sten. Die Bedingungen des Verzichts sind also noch nicht ausgehandelt.
W
ie immer der Soli- daritätsbeitrag, mit dem die Kranken- versicherung jetzt der Ren- tenversicherung aushelfen soll, auch finanziert wird, das Manöver zeugt von der Versuchung, in der der Bund ständig steht, zwi- schen den Versicherungs- zweigen, die seiner Ge- setzgebung direkt zugäng- lich sind, die Lasten hin und her zu schieben. Die- ser Vorwurf mußte schon der früheren Bundesregie- rung gemacht werden. Die neue Regierung wird un- mißverständlich erklären müssen, wie sie es auf Dau- er mit der Eigenständigkeit der Sozialversicherungs- zweige halten will. Nur dann, wenn sie dafür ein überzeugendes - Konzept vorlegt, wird man ihr glau- ben, daß der Solidaritäts- beitrag ein einmaliger Sündenfall, eine aus der Not der Stunde erklärliche läßliche Sünde, bleibt. NJDie Information:
Bericht und Meinung
Gedämpfte Erwartungen auch
nach dem Regierungswechsel. 19 Wende und Wechsel allein
schaffen noch keine Zufriedenheit Dr. Karsten Vilmar
Beiträge dürfen keine
politische Manövriermasse sein 21
Absenkung des, Beitrags der Rentenver- sicherung zur Rentner-Krankenversiche- rung
Nachrichten 22
Bundesärztekammer plädiert für umfassendes Gesundheitsressort — Krankenhäuser: Überstundenrege- lungen werden überprüft — Wider- stand gegen landesweite Krebsregi- ster —Arzneimittel-Symposion auf der Medica — Apotheker richten sich auf Selbstmedikation ein — Pool-Einkünf- te unterliegen schematischem Lohn- steuerabzug
Der Kommentar
Allgemeinärzte im Aufwind . . 23
Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
Übersichtsaufsätze Nichtoperative Behandlung
von Ösophagusstenosen . 27
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Zystische Echinokokkose 40
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Definitionen
Mikroprozessor 32
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Kongreß-Nachrichten
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Berichtigung
Konfidenzintervall 39
Berichtsbogen: Unerwünschte Arzneimittelwirkungen 44
Für Sie gelesen 56
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