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Archiv "Vertrauen ist gut — Kontrolle ist besser" (22.07.1983)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 29

vom 22. Juli 1983

Vertrauen ist gut Kontrolle ist besser

Seit Jahren investieren Bundesbürger ihr Geld in fragwürdige Anlage- geschäfte. Gutgläubig vertrauen sie bunten Bil- dern und beeindrucken- den Zahlen in Hoch- glanzprospekten. Wenn sie Steuern sparen oder ihr Geld mit erheblichen Gewinnspannen ver- mehren können, beach- ten sie oft nicht einmal die einfachsten Vor- sichtsmaßnahmen — und verlieren in vielen Fällen ihr Geld an die Haie der Anlagebranche.

Wer sein Geld in Ölexplora- tionen steckt, Warenter- mingeschäfte abschließt oder Grundstücke in den Vereinigten Staaten er- wirbt, muß unter Umstän- den mit einer bösen Über- raschung rechnen. Wer sei- ne Geschäfte vom gemütli- chen Lehnstuhl aus tätigt oder sich aus Zeitgründen nicht näher über seine Ge- schäftspartner informiert, kann erhebliche Geldbeträ- ge verlieren. Bei Tips und Empfehlungen mancher Fi- nanzberater — jeder kann sich so nennen — ist Vor- sicht jedenfalls stets besser als Nachsicht.

Eine der beliebten Empfeh- lungen ist die Ölexplora- tion in Nordamerika, die durch den Boom der Ener- giepreise in den vergange- nen Jahren auch in der Bundesrepublik populär wurde. Bei knapp 100 Fir- men wurden fast 2,5 Mil- liarden Mark in die Suche nach Öl, Gas, Uran und Kohle investiert.

Und die Gewinnchancen sind nur bei wenigen In- vestments so gut wie bei der Exploration — wenn für die erworbenen Gewinnbe- teiligungen faire Bedingun- gen ausgehandelt wurden.

Um dies sicherzustellen, ist in anderen Ländern, bei- spielsweise in den Verei- nigten Staaten, schon der Inhalt von Prospekten und den oft überzogenen Ge- winnversprechen klar gere- gelt. Dagegen wird von den Haien in der bundesrepu- blikanischen Anlagebran- che immer noch mit zahl- reichen Tricks die Unerfah- renheit der Anleger ausge- nutzt.

So wird das hohe Risiko von Fehlbohrungen ganz bewußt heruntergespielt.

Mit zweifelhaften Gutach- ten werden über die Menge gefundener Ölreserven und vertragliche Förderungs- dauer falsche Angaben ge- macht. Und oft tragen die Anleger allein das Risiko der Explorationskosten, werden aber auf der ande- ren Seite mit relativ gerin- gen Ertragsanteilen abge- speist.

Die spärliche Ausschüt- tung aus einer Explo- rationsbeteiligung wird ebenso oft mit einer her- kömmlichen Kapitalrendite verwechselt. Dabei ist die Ausschüttung zunächst nur eine Kapitalrückzah- lung.

Termingeschäfte — zum Beispiel mit Kaffee Mit einer anderen Anlage- form gibt es ebenfalls Pro- bleme. Kaffee empfiehlt der Finanzberater, „investieren Sie in Kaffee". 300 Prozent Gewinn wäre damit zu ma- chen, mit einem Warenter- mingeschäft. Und auch wenn der versprochene Frost im Erzeugerland Ko- lumbien tatsächlich die Preise steigen läßt, hat der Terminhändler in einigen Fällen das ihm anvertraute Geld überhaupt nicht für das Börsengeschäft einge- setzt, er hat vielmehr sein Büro gewechselt.

Auch überzogene Gebüh- ren und Prämienaufschlä- ge verringern die Gewinn- chancen beim Warenter- mingeschäft. Und da die Kunden oft zur Anlage von

unversteuertem Geld ver- leitet werden, unterbleibt auch die Anzeige.

Selbst ein bereits Geschä- digter ist für den betrügeri- schen Terminhändler wie- der ein potentieller Kunde.

Er wird mit Vorspiegelung der Aussicht geködert, das verlorene Geld wieder zu- rückzugewinnen.

Vollends undurchschaubar für den Anleger werden die Geschäfte, wenn sie über ausländische Firmen zum Beispiel in der Schweiz oder in Liechtenstein abge- wickelt werden. Regreßan- sprüche sind dann kaum durchzusetzen. So laufen inzwischen gegen eine Rei- he von deutschen Vermitt- lungsfirmen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.

Fazit: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser — auch oder gerade durch Leute, die gewohnt sind, selbstän- dig zu entscheiden, aber mit Anlagegeschäften kei- ne Erfahrung haben.

Zur Kontrolle bieten die Banken und einige priva- te Auskunfteien Kapital- schutz-Informationen über Projekte und Firmen am

„freien" Kapitalmarkt. Die- se Auskünfte sind relativ teuer — eine Einzelauskunft der „Schimmelpfeng Kapi- talschutz" beispielsweise kostet ohne Recherchen 480 und mit Neurecher- chen 960 Mark. In vielen Fällen lohnt sich jedoch die Ausgabe, besonders wenn der Verlust von zehn- oder gar hunderttausend Mark droht.

Für jeweils 490 Mark kann sich der kritische Anleger auch über Kapitalanlagen in den Vereinigten Staaten oder andere spezielle Anla- geformen in den „Schim- melpfeng-Untersuchungs- berichten" informieren. WS Ausgabe A

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 29 vom 22. Juli 1983

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