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Archiv "Kolorektales Karzinom: Frühdiagnose durch Nachweis von Tumor-DNA im Stuhl" (10.03.2006)

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ösartige Tumoren des Dickdarms sind eine der häufigsten Krebser- krankungen bei Männern und Frauen weltweit (1). Sie treten überwie- gend in höherem Lebensalter auf, wach- sen langsam und häufig zunächst sym- ptomlos. Tumormarker im Blut wie CEA oder CA 19-9 sind für eine Erst- diagnose aufgrund mangelnder Spezi- fität und Sensitivität ungeeignet. Die Prognose für eine erfolgreiche Therapie hängt entscheidend vom Tumorstadium zum Zeitpunkt der Diagnose ab: Sind bereits Tumorzellen systemisch meta- stasiert, ist eine kurative Behandlung in der Regel nicht möglich. Die Diagnose erfolgt zurzeit durch die Endoskopie und eine histologische Beurteilung der gewonnenen Biopsien. Die damit ver- bundenen physischen und psychischen Belastungen sowie – wenn auch selten auftretende – Komplikationen vermin- dern die Bereitschaft vieler Patienten, die Endoskopie im Rahmen des emp- fohlenen Screenings durchführen zu lassen.

Stuhluntersuchungen auf okkultes Blut sind bisher die am weitesten ver- breitete Screeningmethode für das kolo- rektale Karzinom. Der Test kostet wenig, ist einfach zu handhaben und belastet den Patienten nicht, weil das Probenma- terial leicht verfügbar ist. Er weist Hä- moglobin und dessen Abbauprodukte im Stuhl nach, allerdings ohne die Her- kunft des Blutes zu berücksichtigen. Blu- tungen aus Divertikeln, Hämorrhoiden oder minimalen Läsionen im Gastroin- testinaltrakt führen ebenso zu positiven Befunden wie bestimmte Nahrungsbe- standteile. Allerdings bleiben Adenome oder Karzinome in einem blutungsfreien Intervall unerkannt. Selbst in Kombina- tion mit einer Sigmoidoskopie reicht die- ser Test für eine sichere Krebsfrüherken- nung nicht aus (2).

Um die diagnostische Effizienz von Stuhluntersuchungen zum Nachweis

kolorektaler Karzinome zu erhöhen, wurden in den letzten Jahren auch mo- lekularbiologische Methoden einge- setzt. Dabei werden Nukleinsäuren aus Tumorzellen nachgewiesen, die in den Stuhl gelangt sind. Diese kommen im Vergleich zu Nukleinsäuren aus der Nahrung und aus Bakterien der Darm- flora nur in geringen Konzentrationen vor.

Um eine Tumorzelle nachzuweisen, ist ein charakteristisches Merkmal erfor- derlich, das die Tumorzelle von den nor- malen Zellen des Patienten unterschei- det. Zur Unterscheidung können tumor- spezifische DNA-Mutationen und Ver- änderungen der DNA-Methylierung so- wie die Bildung bestimmter Proteine oder mRNA-Profile dienen. Um die künftige Bedeutung solcher Untersu- chungen für die klinische Diagnostik einschätzen zu können, werden im Fol- genden molekularbiologische Metho- den für einen Tumorzellnachweis be- schrieben, die grundsätzlich für eine Frühdiagnose kolorektaler Karzinome geeignet sind.

Tumorspezifische DNA- Mutationen im Stuhl

Die DNA kolorektaler Tumorzellen weist Mutationen auf, die Onkogene aktivieren oder Tumor-Suppressorgene inaktivieren und so eine verstärkte Pro- liferation oder verlängerte Lebensdau- er der betroffenen Zellen verursachen.

DNA mit solchen Mutationen kann auch im Stuhl von Tumorpatienten nachgewiesen werden. Die dafür einge- setzten Methoden müssen kleinste Mengen Tumor-DNA auch dann sicher erfassen, wenn ein hoher Überschuss an normaler DNA vorliegt, die aus der ge- sunden Kolonschleimhaut oder ande- ren Körperzellen des Patienten stammt.

Deshalb ist es erforderlich, die mutierte

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 10⏐⏐10. März 2006 AA623

Kolorektales Karzinom:

Frühdiagnose durch Nachweis von Tumor-DNA im Stuhl

Zusammenfassung

Der Nachweis von Tumor-DNA in Stuhlproben ist ein neuer Ansatz, um die bisher unzureichende Frühdiagnostik kolorektaler Karzinome im Rah- men des Screenings zu verbessern. DNA aus ko- lorektalen Adenomen oder Karzinomen kann anhand typischer Mutationen oder Methylie- rungsveränderungen im Stuhl erkannt werden.

Für einen empfindlichen Nachweis veränderter DNA in einem hohen Überschuss an normaler DNA stehen im Prinzip geeignete molekularbio- logische Methoden zur Verfügung. Sie müssen jedoch so weiter entwickelt werden, dass sie als kostengünstige Routinemethode für das Scree- ning einsetzbar sind. Um vorhandene Tumoren in einer frühen Phase der Karzinogenese sicher zu erfassen, muss die richtige Kombination ge- eigneter Marker und Methoden gefunden wer- den. Nur ein Stuhl-DNA-Test mit hoher diagnosti- scher Sensitivität könnte in Zukunft die Kolosko- pie als empfohlene Screeningmethode ersetzen.

Schlüsselwörter: Kolorektalkarzinom, Krebs- diagnostik, molekulare Medizin, Genmutation, DNA-Methylierung, Stuhltest

Summary

New approaches to diagnosing

colorectal carcinoma: detection of tumour DNA in stool samples

Detection of tumour DNA in stool is a new screen- ing approach aimed at improving the early diag- nosis of colorectal cancer. DNA from colorectal adenomas or carcinomas can be detected using specific mutations or methylation patterns. Alte- red DNA can in principle be detected in a high ex- cess of normal DNA with high sensitivity, but low cost routine screening assays have yet to be de- veloped. The combination of markers and meth- ods must be refined to detect early stage tu- mours reliably. Only a test with high sensitivity could replace colonoscopy as the recommended screening method in the future.

Key words: colorectal carcinoma, cancer diagno- sis, molecular medicine, gene mutation, DNA methylation, stool test

Institut für Klinische Chemie, Zentrum für Klinische Pa- thologie (Direktor: Prof. Dr. med. Christoph Wagener), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Peter Tschentscher Christoph Wagener

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Methoden zum Nachweis von DNA-Mutationen am Beispiel einer Punktmutation (C—>G) an der ersten Position von Codon 12 des KRAS-Gens Grafik 1

Die allelspezifische PCR (3) beruht darauf, dass die Primer exakt komplementär zur Ziel-DNA sein müssen. Eine Basenfehlpaarung am 3‘-Ende eines Primers vermindert unter geeigneten Reaktions- bedingungen die Amplifikation der Normal-DNA so stark, dass nur die mutierte DNA erfolgreich an- gereichert wird.

Im Oligonukleotid-Ligations-Assay (4) bindet ein Oligonukleotid mit seinem 3‘-Ende an die mutier- te Base der Ziel-DNA und wird durch eine Ligase an ein unmittelbar benachbartes markiertes Oli- gonukleotid gebunden. Die normale Sequenz ver- ursacht eine Basenfehlpaarung, sodass die Oligo- nukleotide nicht verknüpft werden können. Zu- sätzlich wird die Normal-DNA in diesem Sequenz- bereich durch ein drittes Oligonukleotid blockiert.

In weiteren Reaktionsschritten werden nicht ge- koppelte markierte Oligonukleotide entfernt und die verknüpften Oligonukleotide über die Markie- rung nachgewiesen.

Bei der Mutant-enriched PCR (5) führt eine Ba- senveränderung in einem PCR-Primer zu einer Restriktionsschnittstelle, die das zu untersuchen- de Codon umfasst. Das PCR-Produkt der Normal- DNA lässt sich mit dem entsprechenden Restrik- tionsenzym spalten. Mutationen zerstören die Er- kennungssequenz des Enzyms. Eine spezifische Anreicherung mutierter DNA wird dadurch er- zielt, dass nach dem Restriktionsverdau eine zweite PCR durchgeführt wird, in der nur die un- geschnittenen mutierten DNA-Moleküle amplifi- ziert werden.

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DNA in einem hundert- bis tausendfa- chen Überschuss normaler DNA nach- zuweisen.

Nur wenige Methoden erreichen die erforderliche Nachweisgrenze und sind dabei so praktikabel, dass sie in unter- schiedlichen Variationen für die Analy- se von Stuhl-DNA verwendet werden können: Bei der allelspezifischen Am- plifikation (3) (Grafik 1a) passt ein PCR-Primer zur mutierten Sequenz.

Die Reaktionsbedingungen werden so gewählt, dass nur die mutierte Sequenz angereichert wird. Auch mit dem Oligo- nukleotid-Ligations-Assay (4) (OLA), der auch Mismatch-Ligations-Assay (MLA) genannt wird (Grafik 1b), kann gezielt mutierte DNA in einem hohen Überschuss normaler DNA nachgewie- sen werden. Mit der Mutant-enriched PCR (5) (Grafik 1c) wurden im Stuhl von Karzinompatienten diejenigen Mu- tationen gefunden, die im Primärtumor vorhanden waren (6). Diesen Metho- den ist gemeinsam, dass die nachzu- weisenden Mutationen vorher bekannt sein und die Reaktionsbedingungen für jede einzelne Mutation speziell entwor- fen werden müssen.

Ein grundsätzlich anderes Vorgehen zum Auffinden mutierter DNA besteht bei der subtraktiven iterativen PCR (7) (siPCR) (Grafik 2). Bei dieser in den letzten Jahren entwickelten Methode wird zunächst der Überschuss an nor- maler DNA reduziert. Die Nachweis- grenze der siPCR wurde mit 1:10 000 (mutierte DNA im Verhältnis zu nor- maler DNA) berechnet (8). Die Metho- de ist damit für die Frühdiagnose kolo- rektaler Karzinome im Stuhl gut geeig- net. Darüber hinaus ist die siPCR für den Nachweis jeder beliebigen Punkt- mutation in gleicher Weise einsetzbar, wobei die Mutation im Voraus nicht be- kannt sein muss.

Zellisolierung aus Stuhlproben

In Stuhlproben sind auch intakte Kolon- epithelzellen vorhanden, die für eine Diagnostik gastrointestinaler Erkran- kungen isoliert werden können (9, 10).

Einigen Autoren zufolge werden täg- lich ein Drittel bis ein Sechstel der 5 X 1010 Kolonepithelzellen abgeschilfert

und mit dem Stuhl ausgeschieden (11).

Bei einem Tumor würde – je nach Tu- morgröße – ein entsprechender Anteil aus Tumorzellen bestehen. Tatsächlich konnten im Stuhl von Kolonkarzinom- patienten mit hoher Zuverlässigkeit Tumorzellen mikroskopisch nachge- wiesen werden, die anhand von Ober- flächenproteinen immunchemisch ge- färbt wurden (12). Allerdings bezog sich diese Studie ausschließlich auf be- reits symptomatische Patienten. Es ist zu befürchten, dass lichtmikroskopi- sche Methoden für die Frühdiagnostik kleinster Tumoren nicht empfindlich genug sind.

Statt der Oberflächenproteine kön- nen auch die Nukleinsäuren der aus dem Stuhl isolierten Epithelzellen un- tersucht werden. Zunächst wurde an- genommen, dass dieses Vorgehen ge- genüber einer Präparation der gesam- ten Nukleinsäuren Vorteile bietet, weil DNA und RNA durch eine intakte Zellmembran vor Abbauprozessen im Stuhl geschützt und störende Nukle- insäuren aus der Nahrung und Bakteri- en der Darmflora entfernt werden. Für die DNA haben vergleichende Unter- suchungen jedoch gezeigt, dass die Zellisolierung gegenüber einer Präpa- ration der gesamten Stuhl-DNA kei- nen Vorteil besitzt (13). Zudem hat sich herausgestellt, dass die präparier- baren RNA-Mengen sehr gering sind.

Die Hauptursache für beide Befunde scheint zu sein, dass intakte Epithelzel- len in dem angenommenen Umfang im Stuhl gar nicht vorhanden sind. Neuere Modelle zur Regeneration der Darm- schleimhaut beschreiben, dass die Epithelzellen überwiegend nicht abge- schilfert und mit dem Stuhl ausgeschie- den, sondern in einem kontrollierten Prozess wieder in die Schleimhaut auf- genommen und dort phagozytiert wer- den (14).

Tumorspezifische

Genmethylierungen im Stuhl

Da sich die Bemühungen um ein ver- bessertes Screening für kolorektale Karzinome nunmehr auf den Nachweis von Tumor-DNA im Stuhl konzentrie- ren, sind neben den klassischen Muta- tionen auch DNA-Methylierungen in- teressant (15). Diese so genannten epi- genetischen Veränderungen kommen zustande, indem entsprechende Enzy- me eine Bindung von Methylgruppen an Cytosinreste der DNA vermitteln.

Methylierungen in der Promotorregi- on zellulärer Gene unterbinden deren Transkription und beeinflussen so die Zellaktivität. Beim kolorektalen Kar- zinom sind die Promotoren einiger Ge- ne im Vergleich zum Normalgewebe hypermethyliert.

Durch eine Behandlung der DNA mit Bisulfit (16) können Cytosinreste in Uracil umgewandelt werden (Grafik 3). Die Umwandlung ist chemisch je- A

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Bei der subtraktiven iterativen PCR (8) wird der zu untersuchende Genabschnitt in einer PCR amplifiziert. Einzelstränge des PCR-Produkts werden an einer Säule mit Oligonukleotiden, die zur normalen DNA komplementär sind, ge- bunden. Mutierte Sequenzen binden nicht, sammeln sich im Eluat der Säule und können durch Sequenzierung analysiert werden. Die mutierte DNA kann in einer zweiten Chromato- graphie weiter angereichert werden.

Grafik 2

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doch nicht möglich, wenn das Cytosin eine Methylgruppe trägt. Die Bisulfit- Konversion überträgt damit das Me- thylierungsmuster in eine Verände- rung der Basensequenz, die erkennen lässt, ob das Cytosin an einer bestimm- ten Position der DNA methyliert war.

Eine häufig eingesetzte Methode zur Untersuchung der DNA-Methylierung ist die methylierungsspezifische PCR (MSP). Sie entspricht einer allelspezi- fischen PCR (Grafik 1a), nachdem ei- ne Bisulfit-Konversion (Grafik 3) er- folgte. Die Primer binden an die Se- quenz, die sich nach der Bisulfit-Modi- fikation aus dem gesuchten Methylie- rungsmuster ergibt (16). Die Nach- weisgrenze wird mit einem methylier- ten DNA-Molekül auf 1 000 normale Moleküle angegeben. Die MSP sollte damit ebenso wie die siPCR für den Nachweis von Tumor-DNA im Stuhl geeignet sein.

Diagnostische Effizienz eines Stuhl-DNA-Screenings

Für ein erfolgreiches molekularbiolo- gisches Screening müssen möglichst al- le malignen Veränderungen der Darm- schleimhaut erfasst werden. Da kolo- rektale Tumoren wie viele andere Tu- morarten genetisch heterogen sind, ist nicht die Erfassung einzelner, sondern nur einer Kombination mehrerer Mu- tationen erfolgversprechend. In der bisher größten Studie hierzu wurden 21 verschiedene Mutationen mit unter- schiedlichen Methoden nachgewiesen (17). Die Studie umfasste 4 404 nicht symptomatische Personen über 50 Jah- re mit einem normalen Karzinomrisi- ko. Die Teilnehmer stellten eine Probe für die Stuhl-DNA-Untersuchung zur Verfügung, verwendeten drei Haemoc- cult-Karten und ließen eine Kolosko- pie durchführen. Von den durch die Koloskopie entdeckten 31 invasiven Karzinomen wurden mit der DNA- Untersuchung 16 (51,6 Prozent) und damit deutlich mehr Erkrankungen er- kannt als mit dem Haemoccult-Test (4 Karzinome, 12,9 Prozent). Von den 71 fortgeschrittenen Neoplasien (invasive Karzinome und hochgradig dysplasti- sche Adenome) entdeckte der DNA- Test 29 Erkrankungen (40,8 Prozent),

der Haemoccult-Test 10 (14,1 Pro- zent). Demnach besteht bei einem Pa- tienten mit einer fortgeschrittenen Neoplasie des Kolons eine Wahr- scheinlichkeit von etwa 86 Prozent, dass die Erkrankung mit dem Hae- moccult-Test übersehen wird. Mit ei- ner DNA-Untersuchung wäre das Ri- siko zurzeit immer noch etwa 59 Pro- zent.

Im Prinzip kommen zwei Ursachen dafür infrage, dass Neoplasien bei ei- ner DNA-Untersuchung nicht erkannt werden: Erstens, die in den Stuhlpro- ben befindliche Menge an Tumor- DNA liegt unterhalb der Nachweis- grenze der eingesetzten Methode. In diesem Fall kann die Sensitivität gege-

benenfalls verbessert werden, indem die Nachweisgrenze durch methodi- sche Veränderungen herabgesetzt wird. Zweitens können die gesuchten Mutationen in den Tumoren gar nicht vorhanden sein. In diesem Fall lässt sich das Stuhl-DNA-Screening nur durch den Nachweis zusätzlicher oder anderer Mutationen verbessern. Ein Vorteil gegenüber DNA-Mutationen scheint zu sein, dass Methylierungsver- änderungen bei bestimmten Tumorar- ten deutlich häufiger vorhanden und in relativ kurzen Sequenzbereichen – den Promotor-Sequenzen – zu finden sind.

In einer neueren Studie (18) reichte

die Untersuchung der Promotoren von fünf Genen aus, um in jedem Tumor mindestens eine Hypermethylierung zu finden. In den meisten Fällen konn- ten die hypermethylierten Sequenzen auch im Stuhl der Karzinompatienten nachgewiesen werden.

In der Studie zum Stuhl-DNA-Scree- ning (17) lag die diagnostische Spezi- fität der DNA-Untersuchung mit 94,4 Prozent in etwa so hoch wie beim Hae- moccult-Test (95,2 Prozent). Demnach besteht bei einer gesunden Person mit beiden Methoden jeweils ein Risiko von etwa 5 Prozent, dass ein falsch- positiver Befund erhoben wird. Positi- ve DNA-Befunde bei Personen ohne Tumorerkrankung können analytische oder biologische Ursachen haben: Bei PCR-Methoden führt zum Beispiel die natür- liche Fehlerrate der DNA- Polymerase nach einer kriti- schen Anzahl an Reaktions- zyklen regelmäßig zum Auf- treten von artefiziellen Muta- tionen, die nicht von echten Mutationen in der Patienten- probe zu unterscheiden sind.

Andererseits kann in Patien- tenproben tatsächlich mu- tierte DNA vorhanden sein, ohne dass klinisch relevante Neoplasien erkennbar wären.

Ein gutes Beispiel hierfür ist das Vorkommen von Pan- kreaskarzinom-typischen Mu- tationen im Pankreasgewebe bei chronischer Pankreatitis, die dann auch im Pankreas- sekret zu finden sind (8). Im Kolon treten ebenfalls Muta- tionen auf, ohne dass ein Adenom oder Karzinom vorhanden ist. Diese Form der Unspezifität lässt sich auch bei methodischen Verbesserungen ei- nes Screeningverfahrens nicht vermei- den.

Zukunft des Stuhl-DNA- Screenings

Obwohl die Stuhl-DNA-Untersuchung, bezogen auf fortgeschrittene Neoplasi- en, die Sensitivität von 14,4 Prozent beim Hämoccult-Test auf mehr als 40 Prozent erhöhen würde, ist eine weitere Die Bisulfit-Behandlung von DNA (16) wandelt Cytosin,

nicht aber Methylcytosin, in Uracil um. Im PCR-Produkt erscheint an der jeweiligen Position ein Thymidin, wenn das Cytosin ursprünglich nicht methyliert war. Andern- falls zeigt das PCR-Produkt an dieser Position weiterhin ein Cytosin.

Grafik 3

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Steigerung der Sensitivität erforderlich, wenn sie die Koloskopie als Screening- methode ersetzen soll. Möglich wäre dies, indem die Kombination der nach- zuweisenden Mutationen verbessert, die Methylierungsveränderungen ein- bezogen oder neue Methoden wie die siPCR eingesetzt würden.

Die Weiterentwicklung und der brei- te Einsatz einer Methode vermindern erfahrungsgemäß zugleich die Kosten für den einzelnen Test. Die Stuhl- DNA-Untersuchung kostet zurzeit 400 bis 800 US-Dollar und ist für eine Routinediagnostik deutlich zu teuer (19). Mit jeder Steigerung der Sensiti- vität eines diagnostischen Tests geht in der Regel ein Verlust an Spezifität ein- her.

Unspezifische, das heißt falschposi- tive Befunde sind daher ein typisches Merkmal von Screeninguntersuchun- gen, die eine größtmögliche diagnosti- sche Sensitivität besitzen sollen, um keinen Kranken zu übersehen. Jeder positive Befund im Rahmen eines Stuhl-DNA-Screenings wäre aus die- sem Grund auch in Zukunft durch eine Koloskopie zu bestätigen oder als falschpositiv einzustufen. Die für die Patienten belastende koloskopische Untersuchung müsste aber bei erfolg- reicher Entwicklung eines zuverlässi- gen DNA-Screenings nur noch für die positiv getesteten Personen und nicht mehr als primäre Screeningmethode für die gesamte Bevölkerung empfoh- len werden.

Manuskript eingereicht: 28. 6. 2005, revidierte Fassung angenommen: 29. 8. 2005

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2006; 103(10): A 623–8.

Literatur

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Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Peter Tschentscher Institut für Klinische Chemie Zentrum für Klinische Pathologie Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistraße 52

20246 Hamburg

E-Mail: tschentscher@uke.uni-hamburg.de

MEDIZINGESCHICHTE(N) )

AUSGEWÄHLT UND KOMMENTIERT VON H. SCHOTT AUSGEWÄHLT UND KOMMENTIERT VON H. SCHOTT

Pädiatrie

Klinischer Unterricht

Zitat:„Am 31. August 1863 eröffnete ich in einem dazu gemietheten Lokal eine Poliklinik für erkrankte Kinder.

Der hauptsächlichste Zweck des Un- ternehmens war, das nicht unbedeu- tende pädiatrische Material der hiesi- gen Stadt [1] für speciellen klinischen Unterricht zu verwerthen. Es wurden zu dem Ende [2] die ambulatorisch sich meldenden Kranken in wöchent- lich zweien Stunden vorgestellt und klinisch durchgenommen, und die im Ambulatorium oder bei mir direkt Angemeldeten an Praktikanten [3]

übergeben, um von ihnen unter mei- ner unmittelbaren Führung behan- delt zu werden.

Bei diesem Unternehmen war mir die Ansicht leitend, dass der klinische Unterricht in der Pädiatrik als eine nicht zu vernachlässigende Grundlage für die selbständige Thätigkeit des an- gehenden Arztes zu betrachten sei.

Wenigstens der dritte Theil aller Kran- ken im civilisirten Europa gehört dem kindlichen Alter an: von fünf Kindern stirbt eins im ersten Lebensjahre, von dreien eins, ehe das fünfte Jahr er- reicht ist. [...]

Es verdienen unter den hiesigen krankmachenden Ursachen noch die allgemeinen Leiden der Proletarier- Wohnungen erwähnt zu werden:

Mangel an frischer Luft, an Licht und Reinlichkeit, sodann Feuchtigkeit vieler Wohn- und Schlafstuben, und endlich Durchfäulniss [!] des Bodens der älteren Stadttheile seit Jahrhun- derten her.“

Carl Binz: Beobachtungen zur innern Klinik. Bonn:

Cohen 1864, Seite 1 ff. – Binz (1832–1913) war 1862 bis 1868 Privatdozent in Bonn, wo er an- schließend als Professor für Pharmakologie tätig war und 1869 das Pharmakologische Institut grün- dete. Seinerzeit war die Kinderheilkunde als Fach der Universitätsmedizin noch nicht etabliert. Der er- ste Schritt hierzu wurde in Bonn mit der im Zitat er- wähnten Kinderpoliklinik gemacht; 1883 wurde dann die erste Professur für Kinderheilkunde be- setzt, 1891 die erste Kinderstation in der Medizini- schen Klinik eingerichtet. – [1] Bonn. [2] Hierfür. [3]

Das heißt, Medizinstudenten.

Referenzen

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