Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Katastrophenmedizin
Hilfsorganisationen in den Verfah- ren der Ersten Hilfe und der ersten ärztlichen Hilfe zu schulen,
~ die Fähigkeiten zur Anwen- dung einfacher diagnostischer Maßnahmen zu vermitteln und zu erhalten,
~ die Entscheidungsfähigkeit der Ärzte für lebensrettende und stabi- lisierende Behandlungsmaßnah- men unter außerklinischen Um- weltverhältnissen sowie zum Ab- transport Hilfebedürftiger in ein Krankenhaus zu fördern,
~ und das Verständnis für eine der Gesamtheit medizinischer Maßnahmen dienende Planung und Organisation zu verbreiten. Die Deutsche Gesellschaft für Ka- tastrophenmedizin ist bereit, die dazu erforderliche fachliche Un- terstützung zu leisten. Sie wird sich ferner mit den Fragen der Be- schaffung, Vorratshaltung und Dislozierung geeigneter Medika- mente, Verbandmittel und medizi- nischer Groß- und Kleingeräte für den Einsatz im vorstationären Raum bei Katastrophen unter- schiedlicher Art und Wirkung aus- einandersetzen.
Schließlich wird sie sich des Zu- sammenwirkens aller am medizini- schen Katastrophenschutz Betei- ligten bis hinein in die Kranken- häuser und ebenso der fachlich kompetenten Leistungsverantwor- tung in den Katastrophenschutz- stäben und Einsatzleitungen för- dernd annehmen und darauf ach- ten, daß alle medizinischen Pro- bleme von der Planung des Kata- strophenschutzes bis zum Ende der Wiederherstellungsphase nach einer Katastrophe sach- und fachgerecht behandelt werden. München, den 21. 2. 83
Professor Dr. med. G. Heberer Professor Dr. med. K. Peter Professor Dr. med. E. Rebentisch Deutsche Gesellschaft für Kata- strophenmedizin e. V.
NOTIZ
Implantation von Schweinehirn in die Bauchhaut von
Multiple-Sklerose-Kranken
Nach Auffassung der Internationa- len Vereinigung der Multiple-Skle- rose-Gesellschaften (IFMSS) sollte die chirurgische Implantation von Schweinehirn in die Bauchwand als ineffektiv und gefährlich ange- sehen werden. ln ihrem Verbands- organ "Therapeutic Claims in Mul- tiple Sclerosis" wies die Vereini- gung darauf hin, daß unter den verschiedenartigen physikali- schen und chirurgischen Manipu- lationen die Implantation von Fremdgewebe (ähnlich der Zell- therapie) ein immer wiederkehren- des Diskussionsthema in der Me- dizin sei.
Die neueste Variante auf diesem Gebiet stelle die Implantation von Schweinehirn bei Multiple-Sklero- se-Patienten dar. Zeitungsmeldun- gen zufolge habe sich eine Besse- rung der Symptomatik bei 13 von 15 Patienten innerhalb von 24 Stunden ergeben.
Eine kritische Stellungnahme der Deutschen Multiple-Sklerose-Ge- sellschaft wies auf die fehlende wissenschaftliche Grundlage die- ses Verfahrens und seine vielfälti- gen Gefahren hin. Die behaupte- ten Ergebnisse wurden als Plaze- boeffekt eingestuft.
. Das Behandlungsverfahren ist teu- er (etwa 500 DM) und beinhaltet die üblichen Risiken einer chir- urgischen Behandlung, die im- plantationsbedingt auf der Entste- hung von verschiedenen Infektio- nen und Abszessen beruhen, da das Schweinehirn, wie jedes Fremdgewebe, Abstoßungsreak- tionen verursacht.
Solches Gehirngewebe birgt au- ßerdem das Risiko der Induktion einer Autoimmunerkrankung des
ZNS, die dem EAE-Tiermodell äh-
nelt, ebenso in sich, wie die Ge-
fahr der Übertragung von Schwei- neviren auf die so behandelten Pa- tienten.
Schon 1957 und erneut 1977 hat der Wissenschaftliche Beirat der Bundesärztekammer zur soge- nannten "Zelltherapie" Stellung genommen und vor der Einfüh- rung dieser Methoden dringlich gewarnt.
Nach Auffassung des Wissen- schaftlichen Beirates wurde bis- her ein nach anerkannten wissen- schaftlichen Regeln geführter Be- weis für die Wirksamkeit der Zell- therapie nicht erbracht.
Zudem entspricht die Zelltherapie einer heterologen Transplantation und löst auch dann immunologi- sche Abstoßungsreaktionen aus, wenn das implantierte Zellmaterial von Embryonen oder Jungtieren entnommen wurde. Bei Verwen- dung von Frischzellen ist über die immunologische Gefährdung hin- aus die Gefahr einer Krankheits- übertragung nicht sicher aus- schließbar.
ln Anbetracht des nicht erbrach- ten Nachweises der Wirksamkeit der Zelltherapie bei den vielen empfohlenen Indikationen hielt der Wissenschaftliche Beirat der Bundesärztekammer es nicht für gerechtfertigt, die Zelltherapie als wissenschaftlich begründetes Heilverfahren anzuerkennen.
Vor der Verwendung von Frisch- zellen wird wegen der zusätzli- chen Infektionsgefährdung des Patienten ganz besonders ge- warnt.
Dr. med. Michael Popovic Bundesärztekammer Haedenkampstraße 5 5000 Köln 41
46 Heft 25 vom 24. Juni 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A