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Archiv "STELLENSUCHE: Nützlich, aber frustrierend" (12.12.1990)

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nes Leben jederzeit anver- trauen kann.

Es liegt in der logischen Konsequenz der ausschließ- lich sozialen Argumentation von Frau Wenzel, nach der der Arzt „das längst ausge- sprochene Urteil der Akteure eines unreifen Sexualspiels öffentlich vollzog" und voll- zieht, daß der Routinier des Abortus als eigenständiges ethisches Subjekt gar nicht mehr in den Blick kommt, sondern nur noch als Voll- strecker fremden Willens;

und sei es auch nur eines ab- strakten gesellschaftlichen Anspruchs auf diese „Dienst- leistung".

Wenn Frau Wenzel schließlich gegen den Anwalt des ungeborenen unschuldi- gen Lebens das Argument vom Menschen als physiologi- scher Frühgeburt einwendet, der „nach der Geburt eines sozialen Uterus bedarf", dann liegt es in der logischen Kon- sequenz dieses Arguments, daß schließlich auch gebore- ne Kinder — Einigung über die Indikation vorausgesetzt — getötet werden dürfen. Und man sollte Singer dann nicht vorwerfen, daß er diese Kon- sequenz — eben konsequent — auch gezogen hat. Selbst wenn ich Herrn Langer neid- los zugestehe, daß er sein Verdikt, ich sei ein beinharter Ideologe, gekonnt und vor al- lem engagiert vorträgt, fürch- te ich, daß sich in seinen Mythos von der autonomen Vernunft mindestens eine In- konsequenz zu meinem Gun- sten eingeschlichen hat. Er schreibt, daß „die wissen- schaftliche Forschung längst nachgewiesen hat, daß Be- griffe wie ,objektive Wirklich- keit' außerhalb der zugrunde- liegenden Theorie wider- sprüchlich werden". Wenn das so ist, wie kann dann die Vernunft „das Bollwerk ge- gen Ideologien aller Art"

sein? Von der wissenschaftli- chen Vernunft, die er selbst auf den Bereich ihrer Hypo- these einschränkt, oder von der natürlichen, lebensweltli- chen, also sowohl Wissen- schaft als auch ein informier- tes Gewissen integrierenden

Vernunft? Ich finde, wir sind uns näher, als er glaubt.

Sollte meine Position eine Minderheitsmeinung sein, wie Herr Langer meint, was ich aber aufgrund einer Fülle privater Zuschriften fast be- zweifeln möchte, wäre das für mich noch kein Beinbruch.

Schließlich ist Anpassung nicht das höchste sittliche Gebot. Daß meine Position gegen die Standesethik ver- stoße, glaube ich nicht. Daß sie gegen die Patientenerwar- tung verstoße, läßt mich zu- rückfragen: die Erwartung welches „Patienten", des Kin- des oder der Schwangeren?

Apropos „Patient": sind die meisten Schwangeren nicht gottlob sehr gesunde Frauen?

Das mit der „Gesinnungs- ethik" halte ich für ebenso in- diskutabel wie Herr Langer.

Da will er mir ein Phantom unterschieben. Wenn Max Weber mit der Unterschei- dung zwischen Gesinnungs- ethik und Vernunftsethik ei- nen Gegensatz gemeint ha- ben sollte, dann ist das, denke ich, ein künstlich konstruier- ter Gegensatz. Ein sittliches Urteil bedarf immer einer Gesinnung und des Blicks auf die Folgen. Daher die Wich- tigkeit der Klugheit, mit der Kollege v. Mittelstaedt ein- gangs hadert. Was mich wun- dert, ist allerdings, daß stan- desethisch und rechtlich ein Abort infolge irrtümlich ge- stellter Indikation in der Re- gel gesinnungsethisch legiti- miert wird: es genügt, besten Wissens und Gewissens ge- handelt zu haben.

Einig gehe ich schließlich mit Herrn Kollegen Beil, daß die Ärzte allzuleicht zu Prü- gelknaben für allerhand ge- sellschaftliche Repräsentan- ten werden, wenn erst einmal die Gesundheit zu einem ver- gesellschafteten Gut gewor- den ist und die Vorstellung sich ausbreitet, das Grund- recht auf körperliche Unver- sehrtheit verleihe einen öf- fentlichen Haftungsanspruch im Falle eingeschränkten Wohlbefindens. Nur wenn prinzipiell Leben, so wie es ist, auch als zumutbar gilt, ist ärztlicher Einsatz eine Sache

des Ethos und nicht des Lei- stungsanpruchs.

Allerdings treten im Zuge der Pluralisierung der Wert- vorstellungen zunehmend vie- le Ärzte nicht nur für ein au- tonomes Gewissen, sondern auch — und dafür ist diese Diskussion ja ein Beispiel — für eine autonome Ethik ein.

Damit wird die ärztliche Ethik individualisiert, das Arztethos privatisiert. Die Folge ist zunehmende öffent- liche Reglementierung. Denn an eine private Ethik ist der Staat nicht gebunden. Die Tradition einer verbindli- chen, auf Unbedingtheiten gründenden Standesethik wird dann ersetzt durch mehr oder minder pragmatische Wert-„setzungen" des Staates oder öffentlicher Institutio- nen. Dies kann man beobach- ten und ist wohl auch ein Grund für die so verständli- che Klage des Kollegen Beil.

Dr. Dr. Alfred R. Sonnen- feld, Adenauerallee 129, W-5300 Bonn 1

KUREN

Zu dem Beitrag „Ihr Patient benötigt eine Kurmaßnahme?" von Dr. Enders in Heft 40/1990:

Fachmann hören

Enders läßt den behan- delnden Arzt entscheiden, welcher Kurort für seinen Pa- tienten vorzusehen ist; er läßt den Rentenversicherungsträ- ger die Kosten tragen, wenn die Arbeitsfähigkeit des Pa- tienten beeinträchtigt ist, und er nennt als einzige An- spruchsvoraussetzung für ei- ne Kurmaßnahme die fünf- jährige Beitragszahlung an ei- nen Träger der Rentenversi- cherung. Zugegeben, schlich- te und einfache Texte sind leichter zu lesen als kompli- ziertes Verwaltungsdeutsch, aber sie dürfen nicht falsch sein wie hier geschehen.

Es sollte daher vor der Veröffentlichung ähnlicher Artikel ein Fachmann gehört werden. Dann kann es nicht passieren, daß ein Patient enttäuscht ist, wenn sich der Rentenversicherungsträger

die Wahl des Kurortes vorbe- hält, daß Arbeitsfähigkeit mit Erwerbsfähigkeit verwechselt wird, und schließlich würde die Liste der Anspruchsvor- aussetzungen in richtigem Umfang zitiert werden.

Dr. med. Gabriele Wille, Leitende Ärztin der Bundes- versicherungsanstalt für An- gestellte, Ruhrstraße 2, W-1000 Berlin 88

STELLENSUCHE

Erfahrungen einer in einer Kli- nik als Pflegehilfskraft beschäftig- ten Ärztin:

Nützlich, aber frustrierend

Als stellensuchende Ärz- tin wollte ich einen Einstieg in die Klinik durch Arbeit in der Intensivpflege finden und wurde mit der Zusage einge- stellt, daß ich hier auch ärzt- lich tätig sein könne. Am er- sten Arbeitstag aber teilte mir die Stationsschwester mit, daß ich ausschließlich für die Pflege angestellt bin, versi- chert und bezahlt werde.

Auf der Intensivstation war ich als Hilfskraft den Schwestern unterstellt: hier wusch, lagerte und fütterte ich Patienten, bezog Betten, assistierte ärztlichen Kolle- gen, und von der Visite wurde ich oft zu Hilfs-Tätigkeiten weggerufen.

Ich habe einen nützlichen Einblick in die Intensivmedi- zin bekommen als Arzt, aber es war für mich frustrierend, nur in der Pflege zu arbeiten, während ich auf Station auch wichtige notärztliche Eingrif- fe hätte erlernen und anwen- den können.

Gesehen habe ich, daß der Pflegenotstand nicht durch arbeitslose Ärzte und unsere Arbeitslosigkeit nicht durch einen Einsatz in der Pflege beendet werden kann. Der Pflege- und der Arztberuf sind zu unterschiedlich und das Medizinstudium zu teuer, als daß der Studienabgänger als Pflegehilfskraft arbeiten soll.

Name ist der Redaktion bekannt

A-3990 (10) Dt. Ärztebl. 87, Heft 50, 13. Dezember 1990

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