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Archiv "Simbabwe: Hoffnung auf Stabilität" (13.03.2009)

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A496

E

rstmals seit Jahren bestand in Simbabwe Hoffnungen auf ein dauerhaftes Ende des innenpoli- tischen Konflikts zwischen dem langjährigen Staats- und Regierungs- chef Robert Mugabe und der Op- position. Mit einem Pakt der ver- feindeten politischen Lager wuchs auch die Zuversicht, die verheeren- de Cholera-Epidemie in den Griff zu bekommen, die in dem südafrikani- schen Staat bereits Tausende Men- schenleben gefordert hat.

Mitte Februar hat das Kabinett von Premierminister Morgan Tsvangirai seinen Amtseid abgelegt. Der frühere Oppositionsführer aus der Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC) gehört damit einer gemeinsamen Regierung mit der Mugabe-Partei ZANU-PF an. Der politische Pakt war mithilfe von Regionalstaaten, vor allem dem benachbarten Südafrika, ausgehandelt worden. Zwar bleibt Mugabe Staats- und Regierungschef, der mitunter bürgerkriegsähnliche Konflikt zwischen den beiden politi- schen Lagern schien aber zumindest bis zu dem Verkehrsunfall Tsvangi- rais am 6. März beigelegt.

Nach Angaben der Welthunger- hilfe sind seit dem Ausbruch der Cholera im Sommer vergangenen Jahres mehr als 3 300 Menschen an den Folgen der Erkrankung gestor- ben, 65 000 haben sich infiziert. Die Epidemie hatte sich vor allem in den Wochen nach dem Jahreswechsel massiv ausgebreitet: Bis Ende 2008 hatten nach Angaben von Hilfsorga- nisationen 1 000 Einwohner des 11- Millionen-Staates ihr Leben verlo- ren, seither starben weitere 2 200.

Inzwischen greift die Krankheits- welle auch in andere Staaten der Re- gion über. In Südafrika wurden knapp 10 000 Cholera-Infektionen registriert, ähnliche Berichte gibt es aus Mosambik. In Simbabwe hat sich die Epidemie besonders verhee-

rend entwickelt, weil staatliche In- stitutionen durch den innenpoliti- schen Konflikt zuletzt kaum mehr arbeitsfähig waren.

Dabei galt Simbabwe bei Exper- ten in Industrieländern lange Zeit als Modellstaat. Doch trotz reicher Bo- denschätze und einem günstigen Klima für die Landwirtschaft leidet die frühere britische Kolonie bis heute unter den Folgen des Kolonia- lismus. Auch deswegen kam 1980 Robert Mugabe an die Regierung.

Der Politiker und seine Partei ZANU-PF sahen und sehen sich in der Tradition der Befreiungsbewe- gungen gegen die europäischen Ko- lonialmächte. Mugabe gelang es je- doch nicht, einen eigenständigen und modernen Staat zu entwickeln. Als Fehlentscheidung entpuppte sich vor allem seine Anweisung, weiße Far-

mer – Nachkommen britischer Ein- wanderer – in den vergangenen Jahren zu enteignen. Weil die brach- liegenden Flächen aus Mangel an Maschinen und Know-how nicht bearbeitet werden konnten, brach die Agrarproduktion ein. Die Arbeits- losigkeit liegt heute bei gut 80 Prozent, die Inflation ist die höchste der Welt.

Seit Jahren läuft die Opposition gegen Mugabes Führung Sturm. Tsvangirais MDC distanziert sich von der anti- kolonialen Rhetorik der Regierung und sucht den wirtschaftlichen An- schluss an die Industriestaaten.

Inmitten dieses Konflikts brach im vergangenen Sommer die Chole- ra-Epidemie aus. Zwar leiden alle Länder des südlichen Afrikas unter einer unzureichenden Trinkwasser- versorgung – das Thema fand auch deswegen in den Millenniumszielen der Vereinten Nationen (UN) Beach- tung –, aber in Simbabwe macht die schwierige innenpolitische Lage ein effektives Krisenmanagement fast unmöglich. Nach Angaben des UN- Kinderhilfswerks UNICEF haben in den vergangenen Monaten wegen des Konflikts und der Wirtschafts- krise immer mehr Mitarbeiter der Gesundheitsbehörden ihren Dienst SIMBABWE

Hoffnung auf Stabilität

Koalitionsregierung in Simbabwe: Unter der neuen Führung könnte die Cholera-Epidemie eingedämmt werden.

P O L I T I K

Wegen des innenpolitischen Konflikts entwickelte sich die Cholera-Epidemie in Simbabwe beson- ders verheerend.

Staatliche Institutio- nen, vor allem auch die des Gesund- heitswesens, waren zuletzt kaum mehr arbeitsfähig.

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 11⏐⏐13. März 2009 A497 quittiert. Als Gründe seien fehlende

Bezahlung, unzureichende Trans- portmöglichkeiten und begrenztes Arbeitsmaterial angeführt worden.

Auch das UN-Koordinationsbüro für humanitäre Hilfe (OCHA) schlägt Alarm. Nach Angaben dieser Behörde können die Krankenhäuser in Simbabwe kaum mehr Notdienste aufrechterhalten. Es herrscht Man- gel an allen Ecken und Enden.

Im Schatten der Epidemie und der politischen Krise Simbabwes finden die Cholera-Ausbrüche in anderen Staaten der Region indes kaum die Beachtung der internationalen Me- dien. Anfang Februar bereits hatte die Erkrankung in Südafrika 50 To- desopfer gefordert. Weil besonders die an Simbabwe grenzenden Pro- vinzen Mpumalanga und Limpopo betroffen sind, wurde zunächst eine Verschleppung der Seuche durch Flüchtlinge vermutet. Gesundheits- experten verwiesen jedoch darauf, dass auch in Südafrika eine mangel- hafte Infrastruktur zu den Infektio- nen führt. „Wir haben hier immer noch Orte, in denen der eine sich nach der Toilettennutzung die Hände im selben Fluss wäscht, aus dem der andere Trinkwasser schöpft“, sagte

die Ärztin Lucille Blumberg gegen- über der Deutschen Nachrichten- Agentur. Auch die südafrikanische Wochenzeitung „Mail & Guardian“

berichtete über Probleme im öffent- lichen Dienst der betroffenen Kom- munen sowie über ma-

rode Abwasser- und Klär- anlagen.

Ähnlichen Problemen sieht sich Mosambik ge- genüber, von wo bereits Ende der dritten Januar- woche knapp 100 Tote und 10 000 Cholera-Infi- zierte gemeldet wurden.

Die Reaktionen auf die regionale Epidemie sind jedoch unterschiedlich. In Südafrika rief die zustän-

dige Ministerin Barbara Hogan schon Ende Januar die höchste Alarmstufe für alle Gesundheitsein- richtungen des Landes aus. Auch das Internationale Rote Kreuz wies nach- drücklich auf die Notwendigkeit hin, die Seuche einzugrenzen.

Vor allem in Südafrika ist die Epidemie nicht nur ein humanitäres, sondern auch ein wirtschaftliches Problem: Nachdem Cholera-Bakte- rien vor wenigen Wochen in den Ge- wässern des Krüger-Nationalparks nachgewiesen wurden, befürchtet die Regierung einen Einbruch des Tourismusgeschäfts. Die Parkver- waltung beteuert, das Trinkwasser- system sei nicht kontaminiert. We- der für Besucher noch für Mitarbei- ter des international bekannten Tier- paradieses bestünde eine ernsthafte Gefahr, so Raymond Travers, der Sprecher der Parkverwaltung.

In dem am schwersten betroffe- nen Land Simbabwe versuchen in- ternationale Hilfsorganisationen in- des, den schlimmsten je registrierten Ausbruch der Cholera in den Griff zu bekommen. Die Welthungerhilfe hat in den vergangenen Wochen zusätzliche Behandlungszentren für rund 135 000 Personen eingerichtet.

Gemeinsam mit einer britischen Partnerorganisation habe man in der Hauptstadt Harare und in den nördli- chen Provinzen des Landes entspre- chende Strukturen aufgebaut. Von den zehn Provinzen Simbabwes sind die nördlichen besonders von der Cholera-Epidemie betroffen. Die

Hilfsorganisationen konzentrieren sich neben der Lieferung von Medi- kamenten auf die Verteilung von Wassertanks. Auch sei die Elektrizi- tätsversorgung unzureichend, heißt es aus dem Büro der UN-Organisati- on OCHA. Schon vor ei- nem Monat hatte die Inter- nationale Föderation der Rotkreuzgesellschaften ei- nen dringenden Spenden- aufruf gestartet.

Die Länder der Europä- ischen Union reagieren auf die politische und huma- nitäre Krise in Simbabwe mit einer Doppelstrategie.

Das Auswärtige Amt in Berlin hatte für Hilfsliefe- rungen Ende Januar bereits zusätzliche Mittel in Höhe von einer Million Euro zur Verfügung gestellt.

Seit dem vergangenen Jahr hat das Auswärtige Amt damit humanitäre Projekte in Simbabwe mit 3,2 Mil- lionen Euro unterstützt. Kurz vor der Vereidigung des neuen gemeinsamen Kabinetts aus Kräften des Mugabe- Lagers und der Opposition um Mor- gan Tsvangirai hatte die EU zudem die bestehenden Sanktionen gegen die Staatsführung in Simbabwe verstärkt.

Die Außenminister der 27 Mitglied- staaten nahmen zusätzliche 60 Perso- nen und Unternehmen aus Simbabwe in eine Schwarze Liste auf, die bislang 166 solcher Namen enthielt. Die auf- gelisteten Personen und Firmen müs- sen mit Reisebeschränkungen und Kontosperrungen im Ausland rech- nen. Großbritanniens Außenminister David Miliband begründete die Sank- tionsmaßnahmen ausdrücklich mit der humanitären Situation in Sim- babwe, um sie mit politischen Forde- rungen zu verbinden: Zunächst gelte es, die „andauernde Tragödie“ zu beenden, um dann den „demokra- tischen Wunsch nach einem Wandel“

umzusetzen. Ein gewagtes Vorge- hen: Der politische Druck aus der ehemaligen Kolonialmacht Groß- britannien auf das Mugabe-Lager könnte die noch fragile Koalitionsre- gierung ins Wanken bringen. In die- sem Fall wären die Hoffnungen auf politische Stabilität und eine nach- haltige Verbesserung der humani- tären Lage zunichte gemacht. I Harald Neuber

P O L I T I K

Foto:AP Photo/Tsvangirayi Mukwazhi

Fehlende Bezahlung, schlechte Transport-

möglichkeiten, begrenztes Arbeits- material – zahlreiche

Mitarbeiter der Gesundheitsbehörden

haben ihren Dienst

quittiert.

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