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Archiv "„Im Dunkeln leben, im Dunkeln tun, was wir können"" (16.07.1981)

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„Im Dunkeln leben, im Dunkeln tun, was wir können"

Zum 25. Todestag von Gottfried Benn am 7. Juli 1981 Der Ruhm Gottfried Benns als

Dichter und der Ruf als Denker ist längst über Deutschlands Gren- zen gedrungen. In ihm kreuzten sich die Traditionen der Väter mit den Erscheinungen der Gegen- wart. Bei der Jugend setzt sich die Auffassung durch, daß Benn immer noch dichtend und den- kend zukunftsweisend ist. Weil er auch Arzt war, soll in dieser Zeit- schrift anläßlich seines 25. To- desjahres nüchtern und kurz an ihn erinnert werden. Nur kurze

„anamnestische Hinweise" sol- len dazu dienen, den Einfluß der Medizin auf seine Entwicklung anzudeuten.

Er wurde 1886 in der Mark Bran- denburg geboren. Er war ein lu- therischer Pfarrerssohn und Pfar- rersenkel. Seine Mutter stammte aus der Welsch-Schweiz. Er stu- dierte (1903) auf „Wunsch" des Vaters, zudem er ein ambivalen- tes, gespanntes Verhältnis hatte, Theologie. Nach drei Semestern wechselte er an die Kaiser-Wil- helm-Akademie für militärisches Bildungswesen zur Medizin. Über sein Medizinstudium sagte er:

„Rückblickend scheint mir meine Existenz ohne diese Wendung zur Medizin und Biologie völlig undenkbar. Es sammelte sich in diesen Jahren die ganze Summe der induktiven Epoche, ihre Me- thoden, Gesinnungen, ihr Jar- gon; alles stand in vollster Blüte, es waren die Jahre ihres höch- sten Triumphes, ihrer folgen- reichsten Resultate." Die ironi- sche Distanz in diesen Worten ist unüberhörbar.

Aber gerade die wissenschaftli- che Begrifflichkeit diente ihm als Werkzeug für seine dichtungs- theoretischen Ansichten. Benn verhielt sich zu der Auf- oder Er- klärungssucht der mächtig auf-

schießenden Biologie überaus kritisch.

„Und eines lehrte (die Militäraka- demie): Kälte des Denkens, Nüchternheit, letzte Schärfe des Begriffes, Bereithalten von Bele- gen für jedes Urteil, unerbittliche Kritik — mit einem Wort: die schöpferische Seite des Objekti- ven. Die tiefe Skepsis, die Stil schafft, das wuchs hier." Sein Denken — wie konnte es in dieser Zeit anders sein — war von Skep- sis erfüllt. Es war eine Skepsis ohne Resignation. „Im Dunkeln leben, im Dunkeln tun, was wir können."

Mit artistischer Leidenschaft strebte er nach dem „absoluten Gedicht" und bekämpfte den gei- stigen Herrschaftsanspruch der Naturwissenschaften. Kurz vor seinem Tode kehrten seine Ge- danken in einem Gedicht zur Ju- gendzeit zurück.

Die zart-schöne Sprache voller Trauertöne über Vergangenes soll diesen kühlen Kurzbericht über den großartigen Dichterarzt mit seiner Poesie beschließen.

Epilog

Es ist ein Garten, den ich manchmal sehe östlich der Oder, wo die Ebnen weit, ein Graben, eine Brücke, und ich stehe an Fliederbüschen, blau und rauschbereit.

Es ist ein Knabe, dem ich manchmal trauere, der sich am See in Schilf und Wogen ließ, noch strömte nicht der Fluß, vor dem ich schauere, der erst wie Glück und dann

Vergessen hieß.

Dr. med. Bernhard Fleiß Spektrum der Woche

Aufsätze • Notizen L. F. Cöline

Entsprechend Cölines Wunsch wur- de sein Tod erst nach der Bestattung bekanntgegeben. Damit hatte er ei- ne letzte Danse macabre inszeniert—

ein, um es mit einem Werktitel zu benennen: „Ballet sans musique, sans personne, sans rien" —: Zwi- schen Tod und Beerdigung unter- brach die Witwe nicht den täglichen Tanzunterricht.

Das heimliche Begräbnis, die täu- schenden Daten über den Tod hin- aus —alles blieb werkgetreu und per- sönlichkeitskonform; und sieben Jahre später — im gleichen Mai 1968, in dem die Flammen der vorläufig letzten Revolte von Paris auf Europa übergriffen — brannte auch das Haus in Meudon bei Paris nieder.

Das Feuer vernichtete Bücher und Manuskripte, die längst sicherer in der Bibliothäque nationale aufbe- wahrt gewesen wären, hätte man sich in Frankreich einer früheren Rehabilitation und Anerkennung von Louis Ferdinand Offline be- sonnen.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Reiner Speck Facharzt für Urologie Dürener Straße 252 5000 Köln 41

Cdlines Werk wird vom Verlag Galli- mard betreut; deutsche Übersetzun- gen wurden vorwiegend bei Rowohlt verlegt.

Die in diesem Aufsatz angesproche- nen Beziehungen Cölines zum Fa- schismus wurden ausführlich darge- stellt in Hanns Grössels Aufsatz über Gähne, der im Juni 1981 in der Süd- deutschen Zeitung erschien.

Die Illustrationen zu unserem Bei- trag wurden dem „Album Offline"

und dem Buch von F. Vitoux: „Offli- ne — les dossiers belfond" ent- nommen.

Ein ausführliches Literaturverzeich- nis wird mit dem Sonderdruck veröf- fentlicht.

1436 Heft 29 vom 16. Juli 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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