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Archiv "Antidementiva: Widerspruch" (07.12.2007)

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Deutsches ÄrzteblattJg. 104Heft 497. Dezember 2007 A3395

B R I E F E

Köhler, sondern die FDP-Abgeord- nete Ulrike Flach die Veranstaltung mit einem kurzen „Grußwort“ eröff- nen wird. Dass der Name des Bun- despräsidenten bis eine Woche vor Beginn der Tagung im Programm er- schien, lag einzig und allein daran, dass die Absage des Bundespräsidi- alamts vom 13. Juli 2007 weder bei der Deutschen Gesellschaft für Re- produktionsmedizin noch bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften einge- gangen ist. Im Übrigen ist es mehr als bedauerlich, dass sich die Be- richterstattung der Medien aus- schließlich auf das unterlaufene Missverständnis konzentriert. Gera- de angesichts der anstehenden Bun- destagsdebatte zur Novellierung des Stammzellgesetzes wäre es sinnvoll gewesen, die Öffentlichkeit über das Für und Wider der embryonalen Stammzellforschung zu informieren, wie sie auf unserer Tagung von inter- national führenden Experten, wie et- wa dem Wissenschaftler Paolo de Coppi von der Universität Padua und dem Prälaten Maurizio Calipari von der Päpstlichen Akademie für das Leben, diskutiert worden sind.

Dr. Edgar Dahl,

Deutsche Gesellschaft für Reproduktionsmedizin, Klinikstraße 32, 35392 Gießen

ANTIDEMENTIVA

Bei der Anwendung einer antidementi- ven Medikation ent- stehen ethische Konflikte (DÄ 36/

2007: „Antidementi- va in Allokationsethi- scher Perspektive: Dem einzelnen Patien- ten verpflichtet“ von Prof. Dr. med. Han- fried Helmchen).

Widerspruch

. . . Herr Helmchen basiert seine Ar- gumentation auf der Aussage, dass Antidementiva für Demenzkranke ei- ne „alternativlose Medikation“ seien.

Interessanterweise vermeidet er es, den Nutzen der Medikamente eindeu- tig zu benennen. Er suggeriert aber, dass Antidementiva vom Cholin- esterasehemmertyp die Lebensqua-

lität der Demenzkranken verbessern und die Aufnahme in ein Pflegeheim um „einige Monate“ verzögern. Sol- che Therapieergebnisse wären zwei- felsohne für jeden Patienten sehr er- strebenswert, und jeder Arzt wäre verpflichtet, eine derartig nützliche Therapie mit diesem Ziel seinen Pati- enten zu verordnen. Tatsache ist aber, dass es eben keinen wissenschaftli- chen Beleg dafür gibt, dass diese Ant- idementiva die Lebensqualität der Demenzkranken verbessern oder die Pflegenotwendigkeit hinausschieben.

Im Gegenteil: Das Institut für Qua- lität und Wirtschaftlichkeit im Ge- sundheitswesen (IQWiG) hat zwar im Gegensatz zu anderen internationalen Institutionen – z. B. das National In- stitute for Health and Clinical Excel- lence (NICE) – in seinem Bericht ei- nen gewissen Nutzen dieser Antide- mentiva konstatiert, dies aber basie- rend auf der Verbesserung von Ko- gnitionsskalen. Durchschnittlich stei- gern Cholinesterasehemmer auf einer 70-Punkte-Skala das Ergebnis um drei Punkte. Es erscheint unwahr- scheinlich, dass eine derart geringe Verbesserung der Kognition einen wesentlichen Einfluss auf die Verzö- gerung von Pflegebedürftigkeit ha- ben sollte. Für das Therapieziel der krankheitsbezogenen Lebensqualität liegen entweder ebenfalls keine Da- ten vor (Galantamin und Rivastig- min), oder sie liefern sogar Hinweise, dass kein diesbezüglicher Nutzen vorliegt (Donepezil). Darüber hinaus schränken die häufigen Nebenwir- kungen der Cholinesterasehemmer den Einsatz dieser Präparate wesent- lich ein. Hanfried Helmchen malt die Drohung an die Wand, dass ein Ver- ordnungsausschluss von Antidemen- tiva in Deutschland bevorstehe und lastet die damit verbundene potenzi- ell schlechtere Versorgung eines ein- zelnen Patienten dem IQWiG an.

Tatsächlich ist es aber gerade auf- grund unseres Berichts unwahr- scheinlich, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) diese Präparate aus der Verordnungsfähig- keit ausschließt. Hier zeigen sich in- ternationale Unterschiede in der Be- wertung von Arzneimitteln. In Eng- land und Wales sind diese Medika- mente nicht verordnungsfähig, da dort das zuständige Institut (NICE)

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B R I E F E

zwar einen begrenzten Nutzen er- kennt, die Arzneimittel aber nicht für kosteneffektiv hält. Das IQWiG hat die Kosteneffektivität nicht beurteilt.

Dennoch hat auch der Leiter des IQWiG das Recht, öffentlich seine ei- gene Meinung zu äußern zum Ver- hältnis zwischen geringem Nutzen der Antidementiva und ihrem sehr hohen Preis. Es ist keineswegs pole- misierend, wenn man die Frage stellt, warum in Deutschland für die glei- chen Medikamente höhere Preise be- zahlt werden als im Ausland.

Deutschland ist das einzige Land weltweit, in dem die Ärzte sofort nach der Zulassung ein Arzneimittel zulasten des Solidarsystems verord- nen können und die Hersteller unkon- trolliert und ohne Verhandlungen die Preise ihrer Produkte frei bestimmen können . . . In unserem Nachbarland Frankreich kosten 28 Tabletten Ari- cept®10 mg 89,13 Euro – bei uns sind sie um 37,57 Euro teurer. Diese 40 Prozent, die wir im Vergleich zu den Franzosen für Antidementiva mehr bezahlen, könnten durchaus nutzbringend in der Versorgung von Demenzpatienten eingesetzt werden.

Auch die Behauptung von Hanfried Helmchen, dass dem Arzt bei einem durch den G-BA hypothetisch vorge- nommenen Verordnungsausschluss die Möglichkeit genommen werde, Patienten in besonderen Einzelfällen mit solchen Präparaten zu behandeln, ist nicht richtig. Der Gesetzgeber legt im § 31 des SGB V eindeutig fest:

„Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die aufgrund der Richtlinien nach § 92 Abs. l Satz 2 Nr. 6 von der Versor- gung ausgeschlossen sind, ausnahms- weise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verord- nen.“ Eine solche Verordnungsfrei- heit zulasten der Solidarsysteme für Medikamente, deren Nutzennachweis fehlt, haben nur wenige Länder. Die- se drei Punkte stellen bereits die Aus- gangsbasis für Herrn Helmchens Schlussfolgerungen zum Konflikt des Arztes zwischen Patient und Gesell- schaft infrage. Doch auch darüber hinaus teile ich seine Bewertung der Rolle des Arztes nicht. Zweifellos sind Ärzte zunächst und unmittelbar dem Wohl des einzelnen Patienten, den sie gerade behandeln, verpflich- tet. Doch diese Verpflichtung ist nicht

absolut: Je kleiner der Nutzen einer Maßnahme für einen einzelnen Pati- enten ist, desto stärker wiegt bei der Abwägung dieser Maßnahme die Verantwortung des Arztes gegenüber der Allgemeinheit. Ziel muss es blei- ben, im Solidarsystem die Maßnah- men für Kranke zu finanzieren, die einen individuellen, patientenrele- vanten Nutzen haben, auch wenn sie teuer erscheinen. Um diese Finanzie- rung zu sichern, ist der Ausschluss von Leistungen ohne Nutzen und zu- mindest die Begrenzung von teueren Leistungen mit geringem Nutzen nötig. Da solche Bewertungen des Nutzens von einem einzelnen Arzt nicht zu leisten sind, haben Institutio- nen wie der G-BA und das IQWiG diese Rolle übertragen bekom- men . . . Dadurch leisten der G-BA und das IQWiG einen Beitrag zur langfristigen solidarisch strukturier- ten Finanzierung unseres Gesund- heitssystems, das den Ärzten eine Be- handlung von Patienten ohne Rück- sicht auf ihre individuelle finanzielle Leistungsfähigkeit ermöglicht.

Prof. Dr. med. Peter T. Sawicki,

Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Dillenburger Straße 27, 51105 Köln

BRUSTKREBS-SCREENING

Die flächendecken- de Einführung des Brustkrebs-Scree- nings kommt gut voran (DÄ 36/2007:

„Großer Informati- onsbedarf“ von Sa- mir Rabbata und DÄ 34–35/2007: „Brust- diagnostik: Im MRT höhere Trefferquote für Frühformen des Mammakarzinoms“

von Dr. med. Vera Zylka-Menhorn).

Noch nicht perfekt

. . .«Es ist eine besondere Aus- zeichnung für die klinische Wissen- schaft in Deutschland, dass hoch an- erkannte Zeitschriften wie „Lancet“

unsere Ergebnisse publizieren.

¬Das gegenwärtige Mammografie- Screening wird sich natürlich nicht von heute auf morgen ändern lassen.

Aber: Es ist gewiss nicht fehlerfrei und muss verbessert werden. Daran müssen wir Ärzte gemeinsam arbei- ten, auch wenn die Politik höhere

Kosten scheut. Wir als Ärzte werden schließlich erklären müssen, wie es zu der (erwartet) nicht geringen Zahl an Intervall-Karzinomen kommt.

Und bevor uns die Politik dann man- gelnde Qualität vorwirft, sollten wir schon jetzt die Biologie dieser Er- krankung in den politischen Köpfen verankern. Mammografie-Screening ist gut, aber nicht perfekt und könnte besser sein.

-Die Ergebnisse von Frau Prof.

Kuhl müssen über kurz oder lang Eingang finden in Modifikationen des Mammografie-Screenings. Wenn in Deutschland allerdings medizini- sche Lobbyisten polemisch gegen wissenschaftliche Ergebnisse agie- ren, werden wir mal wieder die Letz- ten sein bei der Implementierung wissenschaftlicher Ergebnisse in kli- nische Routineabläufe.

Ich würde mir wünschen, dass das DÄ die Diskussion um das Mammo- grafie-Screening weiter vertieft und den wissenschaftlichen Standpunkt noch mehr verdeutlicht. Nur so kön- nen wir vorbeugend einigen erwarte- ten Ernüchterungen über das Mam- mografie-Screening begegnen und konstruktiv schon jetzt Verbesserun- gen vorschlagen. Das muss nicht zwangsläufig zu Verunsicherungen führen, erhöht aber die Glaubwür- digkeit.

Prof. Dr. med. Michael Forsting, Direktor des Instituts für Radiologie und Neuroradiologie, Universitätsklinikum Essen, Hufelandstraße 55, 45147 Essen

Informationsbedarf an Fakten

Der Artikel zeigt, dass Informations- bedarf offenbar an mehreren Stellen besteht – nicht nur bei den Patientin- nen, sondern auch ärzteseitig. So führt die „Kooperationsgemein- schaft Mammografie“ zur Studie von Kuhl et al. (Lancet 2007; 370: 485–

92) an, dass die „Ergebnisse der Stu- die sich im Hinblick auf die Treffsi- cherheit der MRT . . . ‚nur‘ auf die Diagnostik von duktalen Carcinoma- ta in situ (DCIS) beziehen“. Damit hat die „Kooperationsgemeinschaft Mammografie“ sicherlich recht – das war ja schließlich auch der Ge- genstand der Studie. Nicht erwähnt wird aber, dass die Überlegenheit der MRT bei allen anderen Mamma-

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