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Archiv "Wissensmanagement im Krankenhaus: Zweitmeinung per Mausklick" (04.08.2008)

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A1660 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 31–32⏐⏐4. August 2008

T H E M E N D E R Z E I T

WISSENSMANAGEMENT IM KRANKENHAUS

Der Asklepios-Konzern hat ein Kompetenz- und Wissensmanagementsystem implementiert, mit dem sich klinikübergreifend Diagnose- und Therapieprozesse optimieren lassen.

Grundlage hierfür ist die standar- disierte IT-Plattform „OneIT+“, die der Klinikbetreiber zusammen mit den Industriepartnern Microsoft und Syynx Solutions im Rahmen des „Asklepios-Future-Hospital“-Pro- gramms (AFH) entwickelt hat (siehe auch DÄ, Heft 31–32/2007; Kasten).

„Derzeit haben wir bereits rund 8 000 PC-Arbeitsplätze in unseren Kliniken mit dieser innovativen Technologie ausgestattet; bis Ende 2008 werden sämtliche 13 000 Bildschirmarbeits- plätze umgestellt sein“, berichtet Robert Lacroix, Geschäftsbereichs- leiter IT-Architektur/IT-Sicherheit.

Schlagworte und Personen verknüpfen

Von ihren standardisierten Arbeits- plätzen aus können alle Ärzte des Krankenhauskonzerns dann stand- ortunabhängig über ein intranetba- siertes Portal („myasklepios.com“) auf eine Wissensdatenbank zugreifen und schnell und unkompliziert den medizinischen Experten, etwa für ei- nen unklaren Behandlungsfall oder zur Bestätigung einer Diagnose, re- cherchieren. Dazu gibt der Arzt eine Verdachtsdiagnose oder einen Fach- begriff in das System ein und erhält unmittelbar eine Liste der Fachärzte innerhalb der Klinikkette, in deren Gebiet die zu erörternde Frage fällt.

In der Datenbank ist jeweils eine Art

„Steckbrief“, ein individuelles ärztli- ches Kompetenzprofil hinterlegt.

„Weil das System, ähnlich wie bei einem Social Network, Schlagworte und Personen verknüpft, kann ich nach Schlagworten oder Krankheits- bezeichnungen suchen, mir vom System Experten und deren Profil ausgeben lassen und die Kollegen

B

ei Heinz Muschko wurde ein Frühkarzinom im Ösopha- gus diagnostiziert. Dr. med. Norbert Hesselbarth, Gastroenterologe im Asklepios-Klinikum Schwalmstadt, bespricht mit dem Patienten die Therapieoptionen: endoskopische Ab- tragung oder radikalchirurgischer Eingriff. Im Verlauf des Arzt-Pati- ent-Gesprächs entschließt sich Hes- selbarth, zur Absicherung der Ent- scheidung für den endoskopischen Eingriff eine Zweitmeinung einzu- holen. Doch wie findet er zeitnah und unaufwendig den ausgewiese- nen Experten mit dem erforderli- chen Fach- und Erfahrungswissen für seinen Behandlungsfall?

Für die Ärzte des privaten Klinik- konzerns Asklepios soll das künftig kein Problem mehr sein: Innerhalb weniger Minuten können sie per Mausklick und Webcam über eine

Livevideoverbindung auf das Wis- sen ihrer Fachkollegen innerhalb der Klinikgruppe zugreifen. Ge- meinsam können sie sich, sofern der Patient dem zugestimmt hat, die Patientendaten sowie Röntgen- und Ultraschallbilder am Bildschirm an- sehen und über das weitere Vorge- hen beraten.

Im Hinblick auf datenschutz- rechtliche Aspekte ist bemerkens- wert, dass dabei keine Patienten- daten physikalisch versandt werden, sondern die Daten als Stream inner- halb eines geschützten Netzes ge- nutzt werden. Es entsteht ein „virtu- eller Behandlungsraum“, in dem der zweite Arzt nicht direkt auf die Da- ten zugreift, sondern nur eine virtu- elle Ansicht darauf erhält. Nach dem Ende des Konsils wird die Datenver- bindung wieder gekappt, ohne dass bei dem Zweitarzt Daten verbleiben.

ASKLEPIOS FUTURE HOSPITAL (AFH)

Ziel des 2005 von Asklepios gemeinsam mit Microsoft und Intel gestarteten AFH ist es, auf der Grundlage neuer Technologien eine medienbruch- freie interoperable Kommunikation zwischen den mehr als 90 Einrichtungen des Klinikkonzerns und seinen 34 000 Mitarbeitern sowie darüber hinaus zwischen weiteren Leistungsteilnehmern im Ge- sundheitssystem zu erproben und umzusetzen.

Als Referenzzentrum fungiert die Asklepios-Klinik Barmbek in Hamburg. Inzwischen beteiligen sich mehr als 20 Unternehmen aus verschiedenen Bereichen an dem Programm, darunter Bosch, T-Systems, Lufthansa, SAP, Compugroup, Docex- pert, MCS, B. Braun, Dräger Medical und die DAK.

Grundlage für die Wissensmanagementplatt- form ist das IT-Migrationsprojekt „OneIT“, bei

dem drei zentrale Komponenten umgesetzt wur- den.

> Ein einrichtungsübergreifendes Identitäts- managementstellt sicher, dass jeder Arzt nur einmal im System mit einer eindeutigen Ken- nung hinterlegt ist (zentraler Verzeichnis- dienst).

> Die Standardisierungder 12 000 PC-Arbeits- plätze erleichtert die Administration und Pflege der Arbeitsumgebungen mit rund 600 Anwen- dungsprogrammen und gewährleistet den Zu- griff der Mitarbeiter von jedem Arbeitsplatz aus.

> Ein durchgängiges Sicherheitskonzeptgilt für jeden Arbeitsplatz, etwa hinsichtlich Ver- waltung von Passwörtern oder Sperrung von Bildschirmen nach inaktiven Zeiten.

Zweitmein u n g pe r Ma u s klic k

Foto:Fotolia

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 31–32⏐⏐4. August 2008 A1661

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dann aus demselben Menüfenster heraus per SMS, Telefon oder über die Funktionen des Office Commu- nicators kontaktieren“, erläutert Dr.

med. Siegbert Faiss, Asklepios-Kli- nik Barmbek. Dadurch entfällt nicht nur die zeitraubende Suche nach der (E-Mail-)Adresse oder Telefonnum- mer des Spezialisten, sondern der Arzt kann je nach Bedarf und Nei- gung zwischen unterschiedlichen technischen Optionen wählen, um ei- nen Kollegen zu kontaktieren oder zu einer Videokonferenz einzuladen – in der IT-Terminologie läuft das un- ter dem Oberbegriff „Unified Com- munications“. „Entscheidend dabei ist der unaufwendige, nahtlose Zu- gang aus der jeweiligen Arbeitsum- gebung heraus“, betont Jens Dom- mel, Microsoft Deutschland.

Weil diese Anwendung zudem mit der Terminkalenderfunktion in Out- look verknüpft ist, kann der anfra- gende Arzt zusätzlich in Form eines Ampelsignals („Bubble“) sehen, ob und wann sein Kollege verfügbar ist (rot: keine Zeit, gelb: zurzeit be- schäftigt, aber in Kürze frei, grün:

verfügbar). „Wir Ärzte werden zu- nehmend Teamplayer“, sagt Faiss.

„Wir brauchen andere Kollegen, um fundierte Entscheidungen zu treffen.

Wir können jetzt fallbezogen Exper- ten zurate ziehen und ihnen für die Dauer des Gesprächs die Patienten- daten verfügbar machen. Das spart Zeit und Nerven und optimiert den Behandlungsablauf. Außerdem müs- sen keine Patientendaten mehr per Post an den Zweitarzt gesendet wer- den, die Diagnose wird abgesichert, und die Therapie kann früher begin- nen. Davon profitiert nicht zuletzt auch der Patient.“

Wissen ist personenbezogen Grundlage dieses Wissens- und Kompetenzmanagementsystems ist eine Lösung zur automatisierten soft- waregestützten Analyse medizinisch- wissenschaftlicher Textdokumente.

Dabei werden anhand der semanti- schen Analyse von Dokumenten und auf der Basis von Fachthesauri soge- nannte Fingerprints von Dokumenten generiert, um beispielsweise die Ver- öffentlichungen eines Autors zu ei- nem Kompetenzprofil zu verdichten (www.syynx.de/technologie1.asp).

„Wissen ist fast immer personen- gebunden. Um es für unterschied- liche medizinische Anforderungen an verschiedenen Orten verfügbar zu machen, braucht man eine IT- gestützte Wissensbasis“, erläutert Christian Herzog von der Firma Syynx Solutions, die diese Lösung entwickelt hat. Die Expertenprofile werden, einmal angelegt, ohne Zu- tun der wissenschaftlichen Autoren automatisiert aktualisiert und stehen als „Landkarte“ des verfügbaren medizinischen Wissens über das In- tranet für verschiedene Zwecke zur Verfügung.

So können die Ärzte beispiels- weise die Kompetenzprofile ganzer

Abteilungen oder Standorte abrufen.

Für die Konzernleitung sind die Pro- file eine wichtige Information, um etwa Schwerpunkte einzelner Ein- richtungen zu definieren, die Kom- petenzen nach außen darzustellen oder Forschung und Fortbildung ge- zielt zu steuern. „Die Technik unter- stützt dabei verschiedene strategi- sche Ziele des Unternehmens“, meint Dr. Tobias Kaltenbach, Vorsit- zender der Asklepios-Konzernge- schäftsführung. „Sie bedeutet eine Stärkung der medizinischen Kompe- tenz vor Ort: Der Spezialist kommt zum Patienten und nicht umgekehrt.

Gleichzeitig lässt sich die Präsenz in der Fläche mit Spitzenmedizin zu einer qualitativ hochwertigen medi- zinischen Versorgung verbinden.“

Drittes Element ist die medizini- sche Onlinebibliothek, die auf Ko-

operationen mit großen Fachverla- gen wie Thieme und Springer be- ruht. Sie umfasst tagesaktuell mehr als eine Million Fachartikel im Voll- textformat und macht den Ärzten bei Bedarf Fachzeitschriften, E- Books und Nachrichten zugänglich.

Auch die Onlinebibliothek ist mit den internen Wissensressourcen verknüpft: Ruft ein Asklepios-Mit- arbeiter einen Fachbeitrag auf, wer- den ihm automatisch die Kollegen innerhalb des Konzerns mit ihren Kontaktdaten angezeigt, die im Hin- blick auf das Thema über die ent- sprechende Kompetenz verfügen.

Darüber hinaus lassen sich bei- spielsweise ICD-Codes nutzen, um

klinisch relevante Publikationen wie Cochrane Reviews, Leitlinien und Fallbeispiele abzurufen. Über das Intranet können Ärzte außerdem Weiter- und Fortbildungsqualifika- tionen einschließlich der für das Fortbildungszertifikat erforderlichen cme-Punkte erwerben. Entsprechen- de Angebote gibt es für die pflegeri- schen Berufsgruppen.

Denkbar ist künftig auch, exter- nen niedergelassenen Ärzten Teile dieser Anwendungen zur Verfügung zu stellen und die sektorübergreifen- de Zusammenarbeit bei der Versor- gung zu intensivieren. So können zu- weisende Ärzte heute schon durch ei- nen Zugriff auf die Onlinebibliothek von relevanten Leitlinien und Fach- artikeln profitieren oder die Publika- tionen im Volltext nutzen. I Heike E. Krüger-Brand

Im Beisein seines Patienten kann Nor- bert Hesselbarth einen Kollegen kon- taktieren, um eine Zweitmeinung einzu- holen.

Foto:Asklepios

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