Andreas Mielck: Soziale Un- gleichheit und Gesundheit.Em- pirische Ergebnisse, Erklärungs- ansätze, Interventionsmöglichkei- ten. Verlag Hans Huber, Bern, Göttingen u a., 2000, 489 Seiten, 35 Abbildungen, 139 Tabellen, kartoniert, 49,80 DM
Dass jeder Mensch unabhän- gig von seiner Ausbildung, sei- nem Berufsstatus und seinem Einkommen die gleiche Chan- ce erhalten sollte, gesund zu bleiben beziehungsweise wie- der gesund zu werden, ist hier- zulande eine weitgehend kon- sensfähige Forderung. Wie weit diese Forderung noch von der Wirklichkeit entfernt ist und was zu unternehmen wäre, um diesem Ziel näher zu kom- men, davon handelt das Buch des Medizinsoziologen Mielck.
Mielck konzentriert sich auf Phä- nomene ver- tikaler Un- gleichheit und argumentiert mit den in den Sozialwissen- schaften gängi- gen Indikatoren Bildung, Berufs- status und Ein- kommen oder
den daraus konstruierten So- zialschichten, auf die auch die meisten der von ihm referierten Studien Bezug nehmen. Horizontale Un- gleichheit wie etwa Unter- schiede zwischen Männern und Frauen oder zwischen Deutschen und Ausländern
werden nicht be- handelt.
Ein besonde- res Verdienst des Autors ist es, dass er es nicht bei der bloßen Beschreibung
der Ungleich- heitsphänome- ne belässt, wie viele vor ihm, sondern ihren Erklärungs-
ansätzen fast die Hälfte seines Buches widmet. In diesem Zusam- menhang geht es unter ande- rem um Arbeitsbedingungen, Ernährung, soziale Unterstüt- zung in Problemlagen, Ver- ständnis für Aufklärungsmaß- nahmen, Inanspruchnahme von Früherkennung, Wahr- nehmung früher Krankheits- symptome, ärztliche Versor-
gungsqualität und Zuzahlun- gen beim Erwerb von Ge- sundheitsgütern. Die Liste der potenziellen Erklärungs- ansätze ist nahezu unbe- grenzt, die dazu vorliegenden empirischen Befunde sind hingegen alles andere als überzeugend.
Ein umfassendes, erklä- rungskräftiges Theoriemodell zur gesundheitlichen Un- gleichheit fehlt ohnehin. Un- bekannt ist auch, bis zu wel- chem Grad die in Gesellschaf- ten vorfindbare soziale Un- gleichheit verringert werden müsste, damit man auf diese Weise das Gesundheitsniveau der Bevölkerung wirksam be- einflussen könnte. Die span- nendsten Fragen zum Thema dieses Buches scheinen wei- terhin unbeantwortet, die Me- dizinsoziologen werden also noch eine Weile damit be- schäftigt sein. Ingbert Weber B Ü C H E R
Gesundheitswesen