- Vortrag im Rahmen der Migliederversammlung der Castillo Morales Vereinigung e.V. -
Referentin: Dr. Serena Cerra (I), Philologin, Sozialpädagogin, interkulturelle Trainerin
Konzepte von Gesundheit, Krankheit und Behinderung
in anderen Kulturen“
Wahrnehmung von Behinderung
• Wahrnehmung wird von gelernten Schemata reguliert
• Information werden selektiv wahrgenommen
• und sozialen Kategorien zugeordnet
• Die wahrnehmungslenkenden, gelernten Schemata werden mit kulturellen Deutungsmustern verknüpft
• Soziale Kategorien sind mit sozialen Werten verknüpft
• Urteilsverzerrungen dienen der Aufrechterhaltung des Wertsystems.
Welche Wirkung haben kulturelle Faktoren auf die
- Konzeptualisierung, - Kategorisierung,
- Bewertung, - Deutung
- und Behandlung von Behinderten?
Universalistischer Ansatz:
Kulturübergreifende Gesetzmäßigkeiten der Entstehung und Behandlung von
Behinderung
Relativistischer Ansatz:
Behinderung nur ein Merkmal kultureller Besonderheiten und ein Ergebnis
kulturspezifischer Etikettierung
Kulturelle Unterschiede 1.
Auftretenswahrscheinlichkeit von bestimmten Behinderungsarten ist kulturspezifisch
Die Wahrnehmung dieser Art von Behinderung gehört zum normalen Alltag
Erwartung, auch selbst einmal davon betroffen werden zu können
weniger strenge soziale Kategorisierung
weniger Abgrenzung darauf bezogener sozialer Identität
Kulturelle Unterschiede 2.
• Dort, wo das Leben viel draußen im Interaktion miteinander passiert
• Alltagserfahrung der individuellen Interaktion versus Isolierung
• Konzepte über Behinderung erfahrungsfern
• Soziale Kategorie der Identitätsabgrenzung
Kulturelle Unterschiede 3.
• Das „objektive“ Auftreten eines bestimmten Merkmals ist kein universeller Indikator für Behinderung
• Um es als Indikator für Behinderung wahrzunehmen, muss er valide sein.
• Im westlichen Kulturkreis werden Indikatoren bevorzugt, die an Kriterien der wissenschaftlichen Überprüfbarkeit und Rationalität orientiert sind.
• In traditionellen Kulturen wurzeln die entsprechenden Indikatoren in überlieferten Mythen und religiösen
Überzeugungen.
Behinderte Kinder und Jugendliche
In westlichen Kulturkreisen Kinder als eigenständige Persönlichkeiten
Geistige und körperliche Behinderung als störende Faktoren für die Entwicklung
Behinderung von Kindern konzeptualisiert und kategorisiert
In anderen Kulturkreisen, z. B. in Burma, Kinder als unvollständige menschliche Wesen
keine Anpassung an den sozialen Normen Kein verantwortliches Handeln
Entscheidungen werden ihnen abgenommen
Fehlverhalten des Kindes wird grundsätzlich erwartet
Ursachenzuschreibungen von Behinderung
Externe Verursachung durch übernatürliche Kräfte Behinderung als ein Unglück, das durch den Fluch übernatürlicher Kräfte verursacht worden ist.
Befreiung von möglicher Schuldzuschreibung
Auch Familie und engere soziale Gruppen werden entlastet
Tolerante Einstellung dem behinderten Kind gegenüber
Familienorientierte Kulturen
Familie hat nicht nur die Verantwortung für die
Erziehung und Entwicklung des Kindes, sondern auch für dessen Fehlentwicklung und Behinderung
Hohe Geborgenheit und Zuwendung in der Familie Ausgrenzung von anderen sozialen Gruppen
Bewahrung der Abhängigkeit von der Familie
Verantwortung für die Behandlung der Behinderung als Aufgabe der Familie
Befürchtung der Stigmatisierung der ganzen Familie Handlungsnischen in der Familie stiften positive
soziale Identität
Aus:
„Behinderte in der Sicht verschiedener Kulturen“, von Gisela Trommsdorff
Zuerst erschienen in: Vergleichende Sonderpädagogik / hrsg. Von Karl Josef Klauer … (Handbuch der Sonderpädagogik: 11) Berlin: Marhold, 1987, S. 23-47
Behinderung im Islam
Behinderung als gottgegebener Sachverhalt nicht im Sinne von Strafe, sondern im Sinne von Prüfung
Keine Schuldzuweisung
Integration von behinderten Menschen in islamischen Familien ganz selbstverständlich
Langsames Vorgehen bei behinderten Kindern wird selbstverständlich hingenommen
Neue Aufgabe, gottgewollte Prüfung sollen aus islamischer Sicht angenommen werden
Keine Abtreibung aus diesem Grund
Muslimische Familien in der Migration wie Umbruchgesellschaften
Oft Konflikt mit den Bedingungen der Moderne
Verlust großfamiliärer Verhältnisse, vielfache Belastungen vor allem der Frauen
Angst um den Zusammenhalt der Familie
diese Faktoren verhindern oft die Auseinandersetzung mit der Problematik
Behinderung im Islam
Behinderung im Islam
Verbale Aufarbeitung mit den Kinder ist wichtig
Bei der Frage nach dem „Warum?“ sich auch mit deren Gottesbild auseinander setzen
Berücksichtigen, welch grundlegende Rolle Allah im Alltag muslimischer Kinder spielt.
Integration von Umgang mit dem religiösen Hintergrund und technisch/medizinischen Hilfsmitteln
Aus:“Behinderung und Integration im Islam“, von Rabeya Müller
In: Handbuch integrative Religionspädagogik – Reflexionen und Impulse für
Gesellschaft, Schule und Gemeinde, Annebelle Pithan, u. a. (Hrsg.), Gütersloh, 2002
Wie große Männer
gehen
WAS IST KULTUR?
Sichtbare Kultur (offen)
Unsichtbare Kultur (verdeckt)
Das
Eisbergmodell der Kultur
ist ein Erklärungsversuch von Kultur: er stellt den sichtbaren Teil
(Sprache, Kunst, Bräuche, Kleidung, usw..) und den unsichtbaren Teil
(Einstellungen, Haltungen, Werte und Normen, usw..) der Kultur dar.
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Das
Zwiebelmodell der Kultur
verdeutlicht, wie Kultur zu verstehen ist: Kultur ist zwiebelähnlich in verschiedenen
Schichten angeordnet.
Wobei jede Schicht die andere bedingt – und damit beeinflusst.
Positionierung von Kultur
Persönlichkeit
Kultur
Natur
sozial erlernt individuell erlernt und geerbt
universell geerbt
Kultur
ist ein universelles, für eine Gesellschaft,
Organisation und Gruppe aber sehr typisches Orientierungssystem.
Es beeinflußt das
Wahrnehmen, Denken, Werten und Handeln aller ihrer Mitglieder.
Alexander Thomas, Universität Regensburg, 1997
Kultur ist nicht zeitlos und unterliegt einem ständigen Veränderungsprozess.
Kultur wird durch Lernprozesse bewusst erworben, vor allem aber: unbewusst.
Kultur ist nicht nur ethnisch und national.
Kultur - Konsequenzen
Jeder Mensch gehört mehreren kulturellen Gruppen an.
Kultur kann Zugehörigkeit / Identität erzeugen.
Einflussfaktoren in interkulturellen Situationen
Situation:
z.B. Zeitdruck, Wetter,
„Rahmenbedingungen“ etc.
Person:
Individuelle
Eigenschaften/Fähigkeiten, Erfahrungen, Stimmungen
Kultur:
Kulturelle Werte und Konventionen
P S
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