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Rezension: Mathematik und geistige Behinderung

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Academic year: 2022

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Überaus gelungen ist die offene und diskursive Diskussion. Die vielen sehr schwer zu kontrollie- renden Variablen im Zusammenhang mit dem Lernen von Kindern mit IB – ob in der Inklusion oder in Förderschulen – werden offen angespro- chen, was den Wert dieser umfassenden Stu- die noch steigert. Besonders erfreulich ist, dass hier ein neuer Standard für Unterrichtsforschung im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung ge- setzt wird. Das wird dem Fach und dem (Mathe- matik-)Unterricht in Förderschule und Inklusion guttun!

Prof. Dr. Christoph Ratz D-97074 Würzburg

DOI 10.2378/vhn2021.art07d

Schäfer, Holger (2020):

Mathematik und geistige Behinderung. Grundlagen für Schule und Unterricht Stuttgart: Kohlhammer.

221 S., € 34,–

Holger Schäfer verfolgt mit dem vorliegenden Buch das Ziel, für den Unterricht im Förderschwer- punkt geistige Entwicklung einen fachlich und fachdidaktisch bestimmten Zugang zu schaffen.

Er möchte außerdem den Austausch zwischen den Disziplinen Mathematik und Sonderpädago- gik anregen und aktuelle Erkenntnisse zusammen- fügen.

Im ersten Teil beschreibt Schäfer die Besonder- heiten von Lernenden mit geistiger Behinderung beim Mathematiklernen. Auch wenn aufgrund der unterschiedlichen Lernvoraussetzungen in- dividuelle Lernwege und Zugänge von großer Bedeutung sind, sollen mathematikdidaktische Grundlagen aus dem Grundschulbereich der in- haltlichen und didaktischen Orientierung für den Unterricht von Lernenden mit geistiger Behinde- rung dienen.

Unter Bezugnahme auf empirische Ergebnisse zeigt Schäfer auf, dass ein früher Umgang mit Zahlen und Mengen wichtig ist. Ein Festhalten an

einer rein pränumerischen Förderung, wie es lan- ge Zeit an Schulen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung Praxis war, würde nicht ak- tuellen Erkenntnissen entsprechen. Diesem Ansatz folgend werden Konzepte vorgestellt, die sich an Entwicklungsmodellen zur mathematischen Ent- wicklung orientieren und anschlussfähig an die Grundschulmathematik sind.

Es folgen methodische Überlegungen für die För- derung und den Unterricht. Schäfer betont, dass sowohl der konkrete Lebensweltbezug als auch der abstrakte Umgang mit mathematischen Pro- blemen wichtige Elemente des Mathematikun- terrichts für Lernende mit geistiger Behinderung sind. Zudem werden verschiedene analoge und digitale Medien, die häufig in Förderschulen ein- gesetzt werden, vorgestellt. Hier wäre eine kri- tische Analyse der einzelnen Medien dienlich gewesen, um zu prüfen, ob diese die vorgängig dargestellten Anforderungen erfüllen, beispiels- weise bezüglich der Rechenblumen und -räder oder der Lernsoftware Budenberg.

Da für die mathematische Förderung auch Bil- dungspläne der Orientierung dienen, werden im Kapitel „Curriculare Orientierung“ die Lehrpläne einiger Bundesländer und die Bildungsstandards der KMK kurz umrissen. Die von der KMK vorge- nommene Unterteilung in prozessbezogene und inhaltsbezogene mathematische Kompetenzen dient als strukturelle Grundlage der nächsten Kapitel, die den Hauptteil des Buches einnehmen.

Mit vielen Praxisbeispielen wird aufgezeigt, wie die inhaltsbezogenen Kompetenzen aus den Be- reichen Muster und Strukturen, Zahlen und Ope- rationen, Raum und Form, Größen und Messen sowie Daten, Häufigkeiten und Wahrscheinlich- keiten bei Lernenden mit geistiger Behinderung gefördert werden können. Für Lernende mit gerin- gem mathematischen Vorwissen wird gezeigt, wie ein sensorischer Zugang zur Mathematik ge- schaffen werden kann.

Im Buch werden an vielen Stellen Hinweise ge- geben, wie ein nach aktuellem Erkenntnisstand ausgerichteter Mathematikunterricht für Schü- lerinnen und Schüler mit einer geistigen Behin- derung gestaltet werden kann. Holger Schäfer kennt die Praxis und liefert sowohl Beispiele als auch Hintergrundwissen zu den Bildungsplänen

PDF bereitgestellt von Reinhardt e-Journals | © 2022 by Ernst Reinhardt Verlag Persönliche Kopie. Zugriff am 14.02.2022

Alle Rechte vorbehalten. www.reinhardt-verlag.de

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und -standards. Diese Vielfalt führt dazu, dass der „rote Faden“ nicht an allen Stellen einfach zu finden ist.

Das Buch ist insbesondere für Lehrkräfte geeig- net, die sich erst wenig mit Mathematikdidaktik auseinandergesetzt haben und sich einen Über- blick über die mathematische Förderung von Ler- nenden mit geistiger Behinderung verschaffen wollen. Leserinnen und Leser, die ihr Wissen zu einzelnen Bereichen vertiefen möchten oder sich für Forschungsergebnisse interessieren, finden zahlreiche Verweise auf weiterführende Literatur.

Dr. phil. Susanne Schnepel CH-8032 Zürich

DOI 10.2378/vhn2021.art08d

Pletschko, Thomas; Leiss, Ulrike; Pal-Handl, Katharina;

Proksch, Karoline; Weiler- Wichtl, Liesa J. (Hrsg.) (2020):

Neuropsychologische Therapie mit Kindern und Jugendlichen. Praktische Behandlungskonzepte bei neurokognitiven Funktions- störungen

Berlin: Springer. 313 S., € 49,99 Neuropsychologische Therapie mit Kindern und Jugendlichen ist im Springer-Verlag erschienen.

Das Herausgeberwerk hat den Untertitel Prak­

tische Behandlungskonzepte bei neurokognitiven Funktionsstörungen. Somit löst es hohe Erwartun- gen der Leserinnen und Leser aus, da hierzu für diese Altersgruppe keine systematische Darstel- lung auf dem deutschsprachigen Markt erhältlich ist.

Dem Buch wird eine Struktur in zwei Hauptteile gegeben. Der erste allgemeine Teil behandelt die Einsatzgebiete und Fragestellungen, Grundprin- zipien sowie die Relevanz der Diagnostik. Na- türlich fehlt ein Kapitel zur Teilhabe nicht und ICF-CY wird beleuchtet. Nachdem auf die Thera- pie bei Kindergartenkindern und Jugendlichen gesondert eingegangen wird, endet der erste Teil mit einem interessanten Exkurs zur Psychophar- makologie.

Im zweiten Teil des Buches werden die Behand- lungen der einzelnen neuropsychologischen Funktionen bearbeitet, wobei gleich mehre- re Kapitel Themen der Logopädie aufgreifen:

auditive Wahrnehmung, Sprache sowie schuli- sche Fertigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rech- nen.

Im ersten Kapitel des Buches wird darauf hin- gewiesen, dass Kinder nicht einfach nur kleine Erwachsene sind und Konzepte aus der Erwach- senenneuropsychologie nicht ohne Weiteres zu übernehmen sind. Das wird an mehreren Stellen des Buches gerne wiederholt. Es wird richtig gefordert, dass die „Entwicklung und Etablie- rung von Forschungs- und Therapieansätzen“

wichtig ist, da es im Gegensatz zur Diagnos- tik kaum Studien zur Therapie gibt. In Zukunft sei Methodenentwicklung für diagnostische Verfahren wie auch für Therapieprogramme von- nöten.

Das Kapitel über das Konzept der Teilhabe geht gelungen auf die verschiedenen Bildungssyste- me der DACH-Region ein. Dabei werden auch die rechtlichen Grundlagen von Deutschland, Öster- reich und der Schweiz erwähnt, sodass der Aspekt der Teilhabe in Kindergarten und Schule ange- messen besprochen wird.

Der Bedeutung der digitalen Medien und Techno- logie ist ein eigenes Kapitel gewidmet, was si- cher nicht nur in Zeiten von Corona seine Berech- tigung hat. Den beiden Altersgruppen 3 –6-Jährige und Jugendliche wird mit jeweils einem extra Kapitel Aufmerksamkeit geschenkt. Für die Klein- kinder wird der multimodale Ansatz hervor- gestrichen sowie die Sinnhaftigkeit der Kom- bination von Interventionen. Eine ausführliche Tabelle zeigt Entwicklungsförderprogramme, deren Wirksamkeit überprüft wurde, übersicht- lich auf.

Drei Autorinnen und ein Autor verfassen im zwei- ten Teil ein Kapitel zur Sprache, das ich aus dem Blickwinkel einer Logopädin lese. Die Autor / in- nen bemühen sich, die aktuelle Terminologie- Diskussion zu besprechen. Ganz richtig fordern sie die Aufnahme von erworbenen Sprach- und Kommunikationsstörungen und gehen auf die Aphasie ein.

PDF bereitgestellt von Reinhardt e-Journals | © 2022 by Ernst Reinhardt Verlag Persönliche Kopie. Zugriff am 14.02.2022

Alle Rechte vorbehalten. www.reinhardt-verlag.de

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