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Prof. Dr. Dr. h.c. Eberhard Eichenhofer (Friedrich-Schiller-Universität Jena, i.R.)

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Prof. Dr. Dr. h.c. Eberhard Eichenhofer (Friedrich-Schiller-Universität Jena, i.R.)

Rechtsgutachten zur Statthaftigkeit eines EU-Rechtsrahmens für gesetzliche Mindestlöhne nach dem Entwurf der Kommission über eine Richtlinie für angemessene Mindestlöhne (Kurzfassung)

Gegenstand des Gutachtens und Fragestellung: Die EU-Kommission schlug am 28. Oktober 2020 eine

„Richtlinie über angemessene Mindestlöhne in der EU“ (MiLoRL) vor,1 die Maßstäbe für die Festsetzung von gesetzlichen Mindestlöhnen in den Mitgliedstaaten klar- und sicherstellen soll.

Zu diesem Zweck soll die MiLoRL einen europaweiten Rechtsrahmen für angemessene Mindestlöhne schaffen, ohne dass den Mitgliedstaaten die Möglichkeit genommen wird, den gesetzlichen Mindestlohn festzulegen. Als Ziel wird ferner die Förderung der Aufnahme von Tarifverhandlungen formuliert. Mitgliedstaaten, in denen die tarifliche Abdeckung 70 % aller Beschäftigten unterschreitet, sind danach zu Aktionsplänen zur Förderung der Tarifbindung angehalten. Mitgliedstaaten, welche gesetzliche Mindestlöhne kennen, werden im Hinblick auf deren Höhe verpflichtet, „solide und klare nationale Kriterien für die Festsetzung der gesetzlichen Mindestlöhne“ zugrunde zu legen.

Als geeignete Rechtsgrundlage sieht die Kommission Art. 153 I lit. b) AEUV an, da es dieser der EU erlaubt, bezüglich der Arbeitsbedingungen in den Mitgliedsstaaten unterstützend und ergänzend tätig zu werden. Unter Verweis auf Art. 153 V AEUV, der die direkte Lohnfestsetzung dezidiert aus dem Kompetenzbereich der EU ausnimmt, behaupten Kritiker*innen jedoch, dass die MiLoRL nicht mit den Europäischen Verträgen vereinbar sei. Das vorliegende Gutachten will daher die Frage beantworten, ob eine hinreichende Grundlage für die MiLoRL im EU-Primärrecht besteht.

Diskussion und Einschätzung: Art. 153 V AEUV untersagt die direkte Lohnfestsetzung durch die EU. Dieses Verbot gilt jedoch nur für Bestimmungen, die das Arbeitsentgelt unmittelbar festlegen, nicht jedoch für solche, die auf das Entgelt nur mittelbar einwirken. Regelungen, die den Lohn nur in einzelnen Aspekten gestalten, sind somit dem EU-Gesetzgeber nicht verwehrt.

Im Gegenteil: Art. 145-150 AEUV sehen eine koordinierte Beschäftigungspolitik vor, räumen also der EU die Kompetenz für die Festlegung einer Beschäftigungsstrategie ein. Diese Regeln legitimieren zwar nicht die Harmonisierung von Rechtsnormen. Das ist jedoch auch nicht das Vorhaben der Europäischen Kommission: Mit der MiLoRL will sie einen Rahmen schaffen, der die Mindestlöhne, gemessen an den jeweiligen Median- und Durchschnittslöhnen in den Mitgliedstaaten, auf ein existenzsicherndes Niveau bringt. Die Wirkung der Richtlinie ist damit lediglich mittelbar, da sie das Arbeitsentgelt nur in einer bestimmten Hinsicht (nämlich der Lohnuntergrenze) betrifft.

Es gibt bereits viele Beispiele für derartige mittelbare Eingriffe in die Lohnfestsetzung durch das EU-Recht: Europäische Regelungen u.a. zum Mutterschutz, zum Jahresurlaub und betreffend die Entsendung von Beschäftigten greifen ebenfalls indirekt in die Festlegung von Löhnen ein. Der Europäische Gerichtshof hat die Legitimität dieser Maßnahmen mehrfach bestätigt: Damit die EU ihrem Harmonisierungsauftrag in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik gerecht werden kann, muss die Bereichsausnahme durch Art. 153 V AEUV eng ausgelegt werden. Das bedeutet, dass die Ausnahme der Lohnfestsetzung nicht die Wirksamkeit anderer Maßnahmen beeinträchtigen darf, die bspw.

Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt oder Erwerbsarmut bekämpfen.

Fazit: Gegen die MiLoRL auf Grundlage von Art. 153 I lit. b) AEUV bestehen daher keine primärrechtlichen Bedenken. Sie bekämpft soziale Ausgrenzungen, fördert und sichert existenzsichernde Löhne, wirkt der Diskriminierung prekär beschäftigter Gruppen entgegen, fördert die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern (Art. 157 I AEUV) und gleicht die nach wie vor beträchtlichen Unterschiede im Lohnniveau im Binnenmarkt an.

1 SEC (2020)362 final.

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