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U Destinations-Schicksale

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Academic year: 2022

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nser exzellenter Reisebürochef, Herr Leuen- berger, nennt Reiseziele «Destinationen». Mit dem englischen «Destiny» = «Schicksal, Be- stimmung» hat es viel zu tun, wohin man im Urlaub reist.

Einige möchten sich ihrem Schicksal nicht ergeben und versuchen, mit Hilfe des Hausarztes der gewünschten Feriendestination des/der Partners/in zu entgehen. «Für mein allergisches Asthma ist das Gebirge doch sicher gar nicht gut …», piepsen diese Fremdbestimmten hoffnungsvoll, denen es an Durchsetzungsvermögen fehlt, und warten auf mein Veto. Welches nicht kommt, da die Allergenlage gut ist. Kein Trost für die furcht- same Patientin, die im alpinen Dorf täglich um ihren Partner bangt, der nicht ohne Freeclimbing leben will.

Oder für den Kältempfindlichen, der frierend drei Wochen Verbannung durchleidet, auf einer friesischen Insel mit wortkargen Menschen, weil seine Partnerin Wattwanderungen und steife Brisen liebt. Augen- scheinlich ist es schicksalhaft, dass sich Menschen fin- den und binden, die ferienmässig inkompatibel sind.

Die extravertierte, nachtaktive Shopping- und Spiel- süchtige, die in Grossstädten bei einem Städte-Week- end die Sau und viel Geld rauslassen will, ist sicher mit einem sparsamen Hobby-Ornithologen verheiratet, dessen Ferienglück darin besteht, stundenlang unbe- weglich mit Feldstecher und Lockpfeife im Schilf zu stehen, oder mit einem Frühaufsteher, der gerne jagt – wenn möglich in sibirischen Wäldern ab vier Uhr mor- gens pirscht. Der Motorrad-Fan, der am liebsten auf kalifornischen Autobahnen dahinbrettert, tut es nicht, sondern lässt sich von der kunstsinnigen ÖV-Fahrerin, die er liebt, von einem Museum ins andere schleppen.

Mit dem ÖV. Weil sie ja nur das Beste für den Partner will, der sich in den Ferien erholen soll, überrascht ihn die liebende Ehefrau mit einer Luxus-Wellness-Spa- Woche im Fünfsternhotel. Wo der Beschenkte keine ruhige Minute hat und ständig schlecht gelaunt ist.

Denn er überlegt: a) was das kostet, b) was die grazile indische Masseurin sich wohl denkt, wenn sie seine Fettmassen durchwalkt, c) ob der Personal Trainer etwas mit seiner Frau hat. Die Sesshaften mit Haustie- ren, die im Urlaub am liebsten im trauten Heim und Garten ein bisschen herumwerkeln würden, sind meist mit Fernwehkranken verbandelt, die es in die grosse weite Welt zieht. Zu Menschen, deren Sprache man

nicht versteht, in unbequeme Betten, zu ungewohnter Kost. Zuhause geht der während Monaten beackerte Garten vor die Hunde, und der Hund wird im Tierheim depressiv. Die Hausfrau, die in den Ferien mal keine Hausarbeit mehr will, hat oft einen Wohnwagen - besitzer geheiratet und muss auf engstem Raum mit primitivsten Mitteln haushalten. Es gibt keine Studien darüber, wie viele Menschen in den Ferien zu etwas genötigt werden, was sie nicht wollen – und dies er- dulden. Aber die Statistiken über das Ausmass von Streit in der «schönsten Zeit des Jahres» sind besorg- niserregend. Schon Kinder rebellieren, wenn sie zu Wander- oder Kulturferien mit den Eltern gezwungen werden oder in Lager mit «lauter Asis», oder in Sprach- Austausche, wo sie nicht nur der furchtbaren Gast - geberfamilie ausgeliefert sind, sondern auch noch deren schreckliche/n Sohn/Tochter weitere drei Wochen in ihrem eigenem Heim ertragen müssen.

Ameisen und Kakerlaken haben Paare auseinander - gebracht, wenn begeisterte Zweimann-Zelt-Camper oder Sonnenanbeter mit Komfort liebenden Sauber- keitsfanatikern Ferien machten. Jedes Jahr sind die Ratgeberspalten vor den Ferien voller guter Tipps:

Bedürfnisse und Erwartungen miteinander abspre- chen, ehrlich und realistisch sein, Landessituation sowie das Budget beachten. Das machen die Leute aber nicht. Und schon gar nicht denken sie daran, mal getrennt Ferien zu machen. Denn man will doch in den Ferien mit den Menschen zusammen sein, die man liebt. Und das machen, was man selber gerne tut, und das kontrollieren, von dem man meint, das es der andere tun sollte ... Ich wollte dieses Jahr an den Sempachersee fahren, wo ich gut wassersporteln, Vögel beobachten und mit Kollegen im SPZ fachsim- peln kann. Meine Frau könnte in Sursee ganz toll shop- pen und ins Museum gehen. Warum sie ihr Veto einge- legt hat, ist mir schleierhaft. Unser Kompromiss war, dass wir nur einen Abend nach Eich fahren und mit unserem Anwalt und seiner Frau grillieren und Wein trinken. Ausserdem fahren wir wieder eine Woche lang dorthin, wo Herrn Leuenbergers Eltern letztes Jahr Ferien gemacht haben. Das hat sich noch jedes Jahr bewährt – die scheinen mit uns ferienkompatibel zu sein. Zu guter Letzt fliegen meine Frau und meine Kreditkarte nach Paris. Ich arbeite dann wieder. Irgend- ein Hausarzt muss ja da sein und empathisch zuhören, wenn die Patienten über ihre entsetzlichen, teuren Ferien klagen…

Destinations-Schicksale

ARSENICUM

U

MEDIEN, MODEN, MEDIZIN

726

ARS MEDICI 14 2013

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