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Stabile KHK: frühzeitige Koronar inter vention oder nur Medikamente?

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Die Revaskularisierung hat bei einem akuten Koronar- syndrom und Herzinfarkt einen unbestrittenen Nut- zen. Anders stellt sich die Situation bei Patienten dar, die an einer stabilen koronaren Herzkrankheit (KHK) leiden. Soll auch bei ihnen frühzeitig eine perkutane Koronarintervention, eine Revaskularisierung erfolgen?

Oder ist es sinnvoller, zunächst eine optimale medi- kamentöse Behandlung anzustreben?

L A N C E T

Die Befürworter der Pharmakotherapie glauben, gute Argu- mente auf ihrer Seite zu haben. Sie können sich auf die nach- weisliche Wirksamkeit der reichhaltig verfügbaren Medika- mente berufen: Betablocker, Kalziumantagonisten und einige neue Substanzen wie etwa Ivabradin haben erprobte anti - ischämische Effekte. ASS und Statine, aber auch Betablocker, ACE-Hemmer, und AT-II-Antagonisten verbessern die Prognose vieler Patienten und werden von den kardio logischen Fach - gesellschaften anerkannt. Die medikamentöse Therapie sei zu - dem weniger risikoreich und auch kostengünstiger als eine Revaskularisierung. Schliesslich, so lautet ein weiteres Argu- ment, könne eine invasive Therapie immer noch erfolgen, soll- ten die Medikamente nicht den erwünschten Erfolg bringen.

Allerdings sind der medikamentösen Behandlung in der Praxis gewisse Grenzen gesetzt, wie der Basler Kardiologe Prof.

Matthias Pfisterer und Kollegen in einem Review-Artikel im

«Lancet» klar machen. So ist es kein Geheimnis, dass die The- rapietreue der Patienten mit steigender Medikamentenzahl abnimmt, während die Rate der Nebenwirkungen tendenziell steigt. Und auch was die Kostenvorteile angeht, sei die Sache nicht ganz so eindeutig, schreiben die «Lancet»-Autoren. Wohl ist es zutreffend, dass die Revaskularisierung zunächst einmal teurer zu stehen kommt, im Laufe der Jahre kann die Bilanz aber günstiger ausfallen, wenn nämlich bei den rein medika- mentös Behandelten regelmässige Arztbesuche und schliess-

lich die doch notwendig werdenden Angiografien und Inter- ventionen zu Buche schlagen. Damit ist erfahrungsgemäss bei etwa jedem zweiten konservativ behandelten KHK-Patienten zu rechnen.

Jede Therapiestrategie ist palliativ

Grundsätzlich, so die «Lancet»-Autoren, verfolgt die Behand- lung der KHK-Patienten gleich mehrere Ziele: Zum einen sollen die Beschwerden und die Ischämie gelindert werden, zum anderen soll verhindert werden, dass die stabile KHK zum Herzinfarkt fortschreitet, und dass sich eine linksventrikuläre Dysfunktion und eine Herzinsuffizienz entwickeln. Nicht zu- letzt geht es darum, einen frühzeitigen Tod abzuwenden. Alle verfügbaren Therapien sind palliativ, denn eine KHK kann schliesslich nicht geheilt, lediglich in ihrem Verlauf günstig beeinflusst werden.

PCI: wirklich bessere Ergebnisse?

Die frühzeitige (präventive) PCI mit Dilatation und Stents hat nach Überzeugung ihrer Fürsprecher einige Vorzüge. Mit der Koronarintervention liessen sich Symptome besser in den Griff bekommen, auch würden seltener Revaskularisierungen not- wendig und der Medikamentenverbrauch sei geringer.

Allzu enthusiastische Interventionisten, wie sie insbesondere in den USA anzutreffen sind, haben allerdings im Jahr 2007 mit den Ergebnissen der COURAGE-Studie einen kräftigen Dämp- fer erhalten. An dieser nordamerikanischen Untersuchung nahmen mehr als 2000 Patienten mit chronisch stabiler KHK teil, die alle eine hochgradige Stenose zumindest einer Koro- nararterie und objektive Zeichen einer Ischämie aufwiesen.

Merksätze

Bei Patienten mit stabiler KHK bringt der frühzeitige Katheter - eingriff gegenüber einer rein medikamentösen Therapie keine signi fikanten Vorteile im Hinblick auf die harten Endpunkte Tod und Herzinfarkt.

Eine frühzeitige Revaskularisierung dürfte aber für Patienten vorteilhaft sein, die starke pektanginöse Beschwerden und eine aus geprägte Ischämie im Stresstest aufweisen.

Stabile KHK: frühzeitige Koronar inter vention oder nur Medikamente?

Eine frühzeitige Revaskularisierung scheint nur bei ausgeprägter Ischämie vorteilhaft

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Die Studienteilnehmer der einen Gruppe erhielten ausschliess- lich eine sogenannte optimale medikamentöse Therapie (OMT), die Vergleichsgruppe unterzog sich zusätzlich einer PCI. Die Ergebnisse fielen nach einer Beobachtungszeit von bis zu 5 Jahren für den Kathetereingriff ernüchternd aus: Die inter- ventionelle Therapie konnte im Vergleich mit der rein medika- mentösen Behandlung weder die Zahl der (nicht tödlichen) Herzinfarkte noch die Sterblichkeit senken.

In die gleiche Richtung weisen die Ergebnisse einer weiteren, im letzten Jahr publizierten Grossstudie unter dem Namen BARI-2D. Bei Patienten mit stabiler Angina pectoris und Typ-2- Diabetes stand die Frage zur Klärung, ob eine PCI respektive eine Bypassoperation kombiniert mit einer optimalen Pharma- kotherapie bessere Ergebnisse liefert als eine ausschliesslich medikamentöse Behandlung. An der Studie nahmen fast 2400 Patienten teil. Auch hier fanden sich – nach 5 Jahren – zwi- schen den beiden Behandlungsgruppen hinsichtlich Sterblich- keit und Infarktrisiko keine Unterschiede. Aller dings fiel auf, dass Patienten, die für eine Bypassoperation ausgewählt und als Hochrisikopatienten eingeschätzt wurden, während der Studienzeit seltener einen (nicht töd lichen) Infarkt erlitten.

Ähnliche Ergebnisse brachten zwei (allerdings methodisch an- greifbare) Metaanalysen sowie eine Netzwerkanalyse, in der die verschiedenen Therapiestrategien der letzten 20 Jahre aus- gewertet wurden. Das gemeinsame Fazit: Hinsichtlich harter Endpunkte bringt die frühzeitige invasive Therapie bei Patien- ten mit stabiler KHK keine signifikanten Vorteile.

PCI bei Hochrisikopatienten weiter eine Option

Dennoch leiten die «Lancet»-Autoren daraus nicht den Schluss ab, dass eine rein präventive PCI in allen Fällen abzulehnen sei. Unter bestimmten Voraussetzungen könne die Koronar - intervention die bessere Lösung sein. Ob ein Patient mit stabi- ler KHK im Einzelfall eher von einer optimalen medikamentö- sen Therapie oder einer PCI profitiert, hängt ihrer Meinung nach vor allem davon ab, wie gross die pektanginösen Be- schwerden und wie ausgedehnt das ischämiegefährdete Areal im Stresstest sind. Umfasst es mehr als 10 Prozent, scheint auch beim stabilen KHK-Patienten die Revaskularisierung (zu- sätzlich zur optimalen Pharmakotherapie!) gerechtfertigt zu sein, auch wenn dieses Vorgehen derzeit noch nicht durch entsprechende prospektive randomisierte Studien abgesichert sei, meinen die Autoren. Subgruppenanalysen der COURAGE- Studie weisen aber darauf hin, dass bei komplexer KHK und ausgeprägter Ischämie, also bei Hochrisikopatienten, die früh-

zeitige Revaskularisierung plus Pharmakotherapie bessere Ergebnisse zu liefern scheint. Kann eine signifikante Ischämie ausgeschlossen werden, so ist die Prognose günstig und eine invasive Therapie nicht indiziert, schreiben Pfisterer und Kol- legen. Wichtig sei, dass sich Patienten mit stabiler KHK vor der Therapieentscheidung tatsächlich einem Stresstest unter- zögen. Das sei derzeit noch nicht in ausreichendem Masse der Fall.

Wie gut bilden Studien die Wirklichkeit ab?

Ob eine wie auch immer geartete Therapie bei KHK-Patienten erfolgreich ist, hängt letztlich auch wesentlich davon ab, ob es gelingt, vorhandene kardiovaskuläre Risikofaktoren unter Kontrolle zu bringen. Zu den bekannten Massnahmen zählen Diät, Rauchabstinenz, körperliche Betätigung, und die konse- quente Behandlung von Diabetes, Hypertonie und Hyperlipid- ämie. Im Rahmen einer kontrollierten Studie kann die Umset- zung oft ganz gut gelingen. In der COURAGE-Studie beispiels- weise betrug bei Studienende das Gesamtcholesterin der Patienten durchschnittlich 143 mg/dl, 70 Prozent der Studien- teilnehmer wiesen ein LDL-C < 85 mg/dl auf, zwei Drittel er- reichten einen systolischen Blutdruck < 130 mmHg und fast jeder zweite der eingeschlossenen Diabetiker erzielte ein HbA1c< 7. Fast alle nahmen Aspirin und ein Statin, die Mehr- heit Betablocker und einen ACE-Hemmer ein, eine grosser Anteil zudem Kalziumantagonisten, Nitrate und weitere lipid- senkende Medikamente. Umfragen zeigen aber, dass das Risi- kofaktoren-Management in der Lebenswirklichkeit doch ganz erheblich hinter den angestrebten Zielen zurückbleibt. Diesen Aspekt muss jede Interpretation von kontrollierten klinischen

Studien mit berücksichtigen.

Uwe Beise

Interessenkonflikte: Die Autoren des «Lancet»-Artikels geben an, keine Interessenkonflikte zu haben.

Matthias E. Pfisterer, et al.: Management of stable coronary artery disease. Lancet 2010; 375; 763—772.

COURAGE: Clinical Outcomes Utilizing Revascularization and Aggressive DruG Evaluation

BARI-2D: The Bypass Angioplasty Revascularization Investigation type-2 Diabetes

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