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Entdeckungen an einem halbregulären Fünfeck

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Academic year: 2022

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Hans Walser

Entdeckungen an einem halbregulären Fünfeck

Im Vortrag werden Heinrich Winters Liebe zur Geometrie, zu konkreten Handlungen und zur operativen Ausschöpfung der vertrauten Dimensionen aufgegriffen:

Wir können bei einem regulären Fünfeck eine Ecke einklappen und erhalten als Restfi- gur ein zwar noch gleichseitiges, aber nicht mehr gleichwinkliges Fünfeck. Mit diesem halbregulären Fünfeck können wir Parkette auslegen; dies im Unterschied zum regulä- ren Fünfeck, das sich nicht zu einem Parkett auslegen lässt. Wir können mit unserem halbregulären Fünfeck aber auch Bandornamente und Spiralen bilden, ebenso Flächen- füllungen mit Drehsymmetrie.

Mit zwölf halbregulären Fünfecken lässt sich ein halbreguläres Dodekaeder bauen. Es ist die nichtkonvexe Ergänzung zu einem regulären Dodekaeder. Das halbreguläre Do- dekaeder ist ein Stern mit acht Spitzen, aber verschieden von Keplers Stella octangula.

Das halbreguläre Dodekaeder wird auch als Kemper-Stern bezeichnet (Carl Kemper, 1881-1957). Es hat dieselbe Topologie wie das reguläre Dodekaeder. Zusammen mit dem regulären Dodekaeder lässt sich der Raum lückenlos und überlappungsfrei ausfül- len. Es ergibt sich die Raumstruktur eines flächenzentrierten Würfelgitters.

1 Das halbreguläre Fünfeck

Das reguläre Fünfeck kann nicht für eine Parkettierung der Ebene verwendet werden. Es bleibt eine Lücke von 36° (Abb. 1) (Grünbaum and Shephard 1987, Frontispiece).

Abb. 1: Keine Parkettierung mit regelmäßigen Fünfecken

Wir modifizieren das reguläre Fünfeck: Wir klappen eine Ecke ein (Abb. 2). Die Restfi- gur ist ein halbreguläres Fünfeck. Es hat zwar gleich lange Seiten, aber ungleiche Win- kel.

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Abb. 2: Halbreguläres Fünfeck

2 Kombination mit dem regulären Fünfeck

Zusammen mit dem regulären Fünfeck kann das halbreguläre Fünfeck für eine Parket- tierung der Ebene verwendet werden (Abb. 3a).

Abb. 3: Parkett mit regulären und halbregulären Fünfecken

Das Parkett enthält Translationssymmetrie (blaue Pfeile in Abb. 3b), Achsensymmetrie (rot) und Schubspiegelsymmetrie (violett).

Die Abbildung 4 zeigt eine Unterteilung der Ebene mit fünfteiliger Drehsymmetrie.

a) b)

(3)

Abb. 4: Fünfteilige Drehsymmetrie

3 Bandornamente und Flächenornamente

Wir können aber auch mit dem halbregulären Fünfeck allein arbeiten.

Die Abbildung 5 zeigt ein Bandornament. Es hat nur Translationssymmetrie. Wenn wir die Farben ignorieren, erhalten wir zusätzlich Schubspiegelsymmetrie.

Abb. 5: Bandornament

Die Abbildung 6a zeigt eine Stapelung des Bandornamentes der Abbildung 5.

Hier werden wir leicht das Opfer einer optischen Täuschung. Sind die horizontalen Li- nien parallel?

Die Abbildung 6b zeigt ein eleganteres Beispiel ohne Bandornamente.

Worin besteht der Unterschied zwischen den Parketten der Abbildungen 6c und 6d?

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Abb. 6: Parkette

4 Ringe und Spiralen

Die Abbildung 7a zeigt eine Konstellation mit konzentrischen Ringen. In der Abbildung 7b sind die Farben so ausgetauscht worden, dass immer verschiedene Farben an einer Kante erscheinen.

Abb. 7: Konzentrische Ringe

a) b)

c) d)

a) b)

(5)

In der Abbildung 8a sehen wir zunächst keine Struktur. Tatsächlich enthält die Figur aber eine Spirale konstanter Breite, also eine archimedische Spirale (Abb. 8b).

Abb. 8: Spirale

In der Abbildung 9 haben wir zwei beziehungsweise zehn Spiralen.

Abb. 9: Weitere Spiralen

a) b)

a) b)

(6)

5 Im Raum

Die Abbildung 10 zeigt einen alten Bekannten, das reguläre Pentagondodekaeder, eines der fünf regulären platonischen Polyeder.

Abb. 10: Reguläres Dodekaeder

Die Abbildung 11 zeigt Würfel. Was steckt im Würfel rechts?

Abb. 11: Würfel

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6 Abwickeln und Aufwickeln. Kemper-Stern

Wir können den rechten Würfel öffnen und abwickeln (Abb. 12).

Abb. 12: Abwicklung

Es kommt ein Stern zum Vorschein, der Kemper-Stern (Carl Kemper, 1881-1957 [2] ) oder das halbreguläre Dodekaeder (Abb. 13).

Abb. 13: Kemper-Stern. Halbreguläres Dodekaeder

(8)

Wir können nun die aus sechs Teilen bestehende Verpackung des Sterns um einen ge- wöhnlichen Würfel (links in Abb. 11) mit der Innenseite nach außen aufwickeln und erhalten ein reguläres Dodekaeder (rechts in Abb. 14).

Abb. 14: Aufwickeln zum regulären Dodekaeder

7 Reguläres und halbreguläres Dodekaeder

Aus zwölf regulären Fünfecken können wir das reguläre Dodekaeder bauen (Abb. 15a).

Zusammen mit dem regulären Tetraeder, dem Würfel, dem regulären Oktaeder und dem regulären Ikosaeder gehört es zu den fünf platonischen Körpern.

Abb. 15: Reguläres und halbreguläres Dodekaeder

Mit zwölf halbregulären Fünfecken können wir entsprechend das halbreguläre Dodeka- eder bauen (Abb. 15b).

a) b)

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8 Zusammenhang mit dem Würfel

Das halbreguläre Dodekaeder passt offensichtlich in einen Würfel (Abb. 16b). Wir kön- nen aber auch auf den Seiten des regulären Dodekaeders einen Würfel einzeichnen (Abb. 16a).

Abb. 16: Zusammenhang mit dem Würfel

Wir können daher das reguläre Dodekaeder als Würfels mit sechs aufgesetzten Walm- dächern sehen. Überraschenderweise ist das halbreguläre Dodekaeder genau die Restfi- gur nach dem Abschneiden von sechs Walmdächern vom Würfel. Wir können daher das reguläre Dodekaeder als „positiv“ und das halbreguläre Dodekaeder als „negativ“ se- hen. Der Walmdachüberschuss des regulären Dodekaeders entspricht dem Walmdach- defizit des halbregulären Dodekaeders.

Die Abbildung 17 zeigt den Zusammenhang wischen den beiden Dodekaedern.

a) b)

(10)

Abb. 17: Walmdächer

Das Walmdach in der Bildmitte wandert vom Würfel rechts (Abb. 17b) zum Würfel links (Abb. 17a). Das erinnert an die Situation von Anionen und Kationen in der Che- mie.

Das einzelne Walmdach hat die Ausmaße gemäß Abbildung 18.

Abb. 18: Ausmaße eines Walmdaches a)

b)

1 1

Φ1 21Φ

1

(11)

Dabei bezeichnet Φ den Goldenen Schnitt (Walser 2013) Φ=1+25 ≈1.618. Die First- höhe des Walmdaches ist 1 ≈0.309.

9 Sterne mit acht Spitzen

Das halbreguläre Dodekaeder ist ein Stern mit acht Spitzen (Abb. 14b). Es unterscheidet sich aber vom ebenfalls achtspitzigen Kepler-Stern (stella octangula, Abb. 19a).

Abb. 19: Kepler-Stern und Kemper-Stern

10 Symmetriegruppen

Das reguläre und das halbreguläre Dodekaeder haben unterschiedliche Symmetriegrup- pen. Das reguläre Dodekaeder hat (trivialerweise) die Symmetriegruppe des Dodeka- eders, das halbreguläre Dodekaeder hat dieselben Drehsymmetrien wie das Tetraeder und die Spiegelsymmetrien des Quaders.

11 Topologie

Das reguläre und das halbreguläre Dodekaeder haben dieselbe Topologie (Abb. 20 und 21).

Beide haben 20 Ecken, aber im halbregulären Dodekaeder sind 12 der 20 Ecken hyper- bolisch.

Abb. 20: Ecken, Kanten und Seitenflächen

a) b)

a) b)

(12)

Beide haben 30 Kanten, aber im halbregulären Dodekaeder sind 6 der 30 Kanten wie eine Talsohle.

Das reguläre Dodekaeder hat 12 reguläre Fünfecke als Seitenfläche, das halbreguläre Dodekaeder aber 12 halbreguläre Fünfecke.

Die Abbildung 16 zeigt den topologischen Zusammenhang zwischen Ecken und Kan- ten. Hierin unterscheiden sich das reguläre und das halbreguläre Dodekaeder nicht.

Abb. 21: Diagramme

12 Modell

Die Abbildung 22 zeigt ein Papiermodell des halbregulären Dodekaeders.

Abb. 22: Papiermodell

a) b)

(13)

Für das Modell werden 6 Bauteile gemäß Abbildung 23 benötigt. Die schwarzen Linien sind Schnittlinien, die rote Linie ist ein Talfalt und die blauen Linien sind Bergfalte.

Abb. 23: Schnittmuster

Die roten Teile sind im Modell außen sichtbar. Die grauen Teile werden seitlich einge- steckt.

Tipp: Das Modell ist nicht besonders stabil. Ich habe daher zunächst ein Unterbaumo- dell in reduzierter Größe (98%) gebaut und darüber als zweite Lage das eigentlich Mo- dell.

13 Eierbecher

Wegen der relativen Situation zwischen den beiden Dodekaedern (Abb. 17) kann das reguläre Dodekaeder dem halbregulären Dodekaeder aufgesetzt werden wie ein Ei auf den Eierbecher (Abb. 24).

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Abb. 24: Ei und Eierbecher

14 Raumfüllung

Weder das reguläre noch das halbreguläre Dodekaeder sind „Raumfüller“ (Coxeter 1973, S. 68f), mit denen der Raum lückenlos und überlappungsfrei aufgefüllt werden könnte. Hingegen können wir den Raum mit einer Kombination von regulären und halbregulären Dodekaedern gemäß Abbildung 19 auffüllen (Abb. 20).

Abb. 25: Raumfüller

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Die Figur der Abbildung 20 ist das räumliche Analogon zur Figur der Abbildung 3.

Der Beweis für die Raumfüllungseigenschaft ist einfach: Der Würfel ist ein Raumfüller.

Wir denken uns nun in einer Würfel-Raumfüllung die einzelnen Würfel schwarz und weiß gefärbt wie ein dreidimensionales Schachbrett. Darin können wir von den schwar- zen Würfeln je sechs Walmdächer abspalten und an die benachbarten weißen Würfel anheften.

Literatur

Coxeter, H.S.M. (1973): Regular Polytopes. Third Edition. New York: Dover 1973.

ISBN 0-486-61480-8.

Grünbaum, Branko and Shephard, Geoffrey C. (1987): Tilings and Patterns. New York:

Freeman. ISBN 0-7167-1193-1.

Walser, Hans (2013): Der Goldene Schnitt. 6., bearbeitete und erweiterte Auflage. Edi- tion am Gutenbergplatz, Leipzig. ISBN 978-3-937219-85-1.

Websites

[1] Stella octangula (abgerufen 03. 11. 2017)

http://mathworld.wolfram.com/StellaOctangula.html [2] Carl Kemper (abgerufen 09. 12. 2017)

http://biographien.kulturimpuls.org/detail.php?&id=169 Last modified: 2018-02-22

Referenzen

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