I r a n i c a.^) Von W. Foy.
1. Zu NRd.
In dieser Inschrift stehen nur das dritte und vierte Wort in
Lesung und Bedeutung sicher: därayavaJiauS hhSäy athiy ahyä;
wahrscheinlich auch das erste: aspacanä N. Fr., ,an Pferden Ge¬
faUen findend" (vgl. ai. canas „GefaUen"). Ueber Deutungen der
übrigen Wörter vgl. Spiegel, Altpers. Keilinschriften 2, S. 122. Das
zweite Wort, von dem Entdecker und bisher einzigen Bericht¬
erstatter, Tasker, vatrabara gelesen, hat bisher keine befriedigende
Erklärung gefunden und wohl auch nicht finden können. Sicher
falsch ist Oppert's Verbesserung (Le peuple u. s. w. , S. 213) hya
manthraiara, da sich die Figur, zu der die Inschrift gehört, deutlich
als Bogen- und Pfeilträger legitimiert. Ihrem Charakter entspricht
es aber, wenn wir statt vatrabara ein vada^abara lesen, das zu ai.
vadhatra gehört und , Waffenträger" bedeutet. An der Richtigkeit
dieser Conjectur ist kaum zu zweifeln; wurde vom Abschreiber wegen
des folgenden und nahezu ganz gleichen Zeichens übersehen.
Oder sollte schon der Steinmetz dieses Versehen begangen haben?
Das ist bei der im übrigen gewiss verwahrlosten Abschrift nicht
nöthig anzunehmen.
Mit den beiden letzten Worten der Inschrift weiss ich nichts
anzufangen. Ausser den bei Spiegel, a. a. 0. verzeichneten Er¬
klärungen beachte man noch, dass Weissbach-Bang in ihrer Neu¬
ausgabe der ap. Keilinschriften iSwnäm därayätä, aUerdings mit
emem Fragezeichen, lesen.'') AUe bisher vorgebrachten Conjecturen
sind nicht evident. Sollten sich nicht ähnUche wie oben für
va{da)tla ergeben, so kann eine Lösung der beiden Worte nur durch
eine emeute genaue Vergleichung der Inschrift an Ort und SteUe
herbeigeführt werden.
1) Daa Ap. citiere ich auch in diesem Aufsatze nach der Neuansgabe ron Weissbach und Bang (1. Liefernng: Leipzig 1893).
[2) Ich würde lieber iiuväm därayitä lesen und glaube jetzt, dass dies
•uch wirklich auf dem Stein gestanden hat. därayätä ist nicht zu erklären.)
Bd. L. 9
1 I ♦
W. Foy, Iranica.
2. ap. duvitätarnam.
Jn Bh. I, Z. 10 = Bh. a, Z. 14—18, wo es heisst: VIII manä
taumäyä tyaiy paruvam hh&äyaikiyä aha adam navama IX du¬
vitätarnam vayam hhsäyathiyä amahy scheint mir duvitätarnam
noch nicht befriedigend erklärt zu sein. Uebersetzt man es, wie
jetzt gewöhnlich (s. zuletzt Bartholomae, Iran. Grundr. I, S. 151),
mit ,tn doppelter Reihe", so muss schon die ganz aussergewöhn¬
liche Compositionsbildung auffallen.
Ich verbinde es mit lat. diüturnua, über das letzthin Solmsen,
Studien zur lat. Lautgeschichte, S. 197 und Osthoff, IF. V, S. 285 ff.
gehandelt haben. Ersterer geht von einem Stamm *düveio- aus (der
im Lat. *duvito-, *düito- ergeben musste, vgl. zum Schwund des v
nach u Solmsen, a. a. 0., S. 158 ff.), ohne die Endung -mus zu
erklären, und nimmt an, dass *düito- nach diü ,l£«ige" zu *diüto-
geworden sei. Dagegen wendet sich Osthoff, der seinerseits diütius
(später diütivs) imd diiUumus aus *düt{us und *diätumus nach
diü , lange" entstanden sein lässt, aber auch wieder, ohne die
Endung des letzteren zu erklären , die sich auch als Endung , wie
mir scheint, auf keine Weise erklären liesse. Das Richtige liegt,
wie so oft, in der Milte, diutius ist aus *dütius nach diü „lange"
entstanden und hat seinerseits wiederum das bisher als *düitumus
bestehende Wort in diutwmus umgewandelt. *duitumus aber geht
auf ein *duvito-tumus zurück und ist aus diesem durch Süben-
dissimilation entstanden; zum Schwunde des v s. oben. Die Grund¬
form des ap. duvitätarnam und lat. diutumus ist *duuitö-tpio-.
In *duuitö sehe ich einen Instr. eines Part. Pf Pass, zu einem
causativen Verbum *d{u)uiiö „verzögern" (mit tiefstufiger Wurzel¬
silbe, vgl. Brugmann, Grundr. II, S. 1146 f), dessen Verwandte in
anderen Sprachen Osthoff, a. a. 0., S. 279 ff. nachgewiesen hat.
Hierzu gehört auch das ap. duvaistam Dar. Pers. e, Z. 23 (vgl.
Bartholomae , Ar. Forsch. II , S. 101). Doch scheint es mir nicht
nöthig zu sein , es in duviitam zu verbessem , vielmehr ist es ein
Superlativ zu einer Wurzelform *d{u)uä, vgl. griech. örjgov „lange", dtj&vvw „verweüe, zaudere". Die Bildung des Superlativs erklärt
sich nach Bragmann, Grandr. II, S. 230 wie sl. jyestha. Da wir
so zwei kaum trügliche Belege einer Wurzel du „dauern" auch in
den arischen Sprachen nachgewiesen haben , so wäre es möglich,
auch die von Osthoff abgetrennte Sippe ai. dürd, dutd u. s. w.
wiederam hiermit zu vereinigen und als Grundbedeutung der Wurzel
„in die Ferae gehen"') anzusetzen, wenn nicht das armen, tevem
])Vgl. namentlich ai. dMfa«on<i RV. IV, 6, 10, duvds RY. 1,168,3: yS .. . duvdso näsate „(die Maruts), welche fern hinziehend nie ruhig sitzen hleihen"
und den dativischen Infinitiv duvdse RV. I, 165, 14 zn einer vorauszusetzenden Wurzel du „in die Ferne ziehen". RV. I, 165, 14 ist zu übersetzen: „Weil uns aus der Feme gleicbsam in die Ferne zu zieben der Sänger veranlasst hat, die Weisheit des MSnya , so wendet eucb herbei , o Maruts , zum weisen . . .".
1 3 *
mit seinen Bedeutungen „halte aus, halte Stand, bleibe' dagegen
spräche. Doch sind diese vermuthlich secundär aus „dauern' ent¬
wickelt. — Das Neutr. Part. Pf. *dumlom heisst „Verzögerung,
Verzug, lange Dauer'.
Der zweite Bestandtheil unseres Compositums , idg. *trno-, ist
em no-Particip zu der Wurzel ter, als deren Grundbedeutungen
„durch etwas hindurchdringen; bis ans Ende einer Sache kommen,
sie beenden; durchbohren' anzusetzen sind. Zu der Bedeutung
„beenden' vgl. gr. riofia , tigfimv, lat. terminus u. s. w. *trno-
kann also „beendet' heissen.
Das Compositum *tiuMiVö-<rno- besagt danach: „etwas, das mit
(nach) langer Zeit beendet ist', „etwas lange dauerndes'. Im Ap.
steht der Acc. Neutr. in adverbieller Verwendung in der Bedeutimg
„für eine lange Dauer, lange Zeit, seit langem'. Der Instr. des
ersten Gliedes ist also ein Instr. der Zeiterstreckung. Die feste
Composition beider Glieder ist wohl erst in einzelsprachlicher
Zeit erfolgt.
Die Eichtigkeit unserer Deutung des ap. Wortes gegenüber
der sonst üblichen „in doppelter Eeihe" wird durch die sus. üeber¬
setzung desselben, samak-mar (mar „von"), erhärtet.
Bh. I, Z. 10 besteht noch eine zweite Schwierigkeit in der
Ziffer IX. Wenn sie nicht als blosse Addierungszahl der vorher
genannten acht Könige und des Darius als neunten seitens des
Steinmetzen aufzufassen ist, so gehört sie in den folgenden Satz,
m dem dann die zwei Sätze: „neun Könige sind wir' und „eine
lange Zeit sind wir Könige" zusammengezogen sind. Im Deutschen
müssen wir umständlicher und freier übersetzen: „Neun Könige sind
wir (und) seit langer Zeit (regierend)".') Wer die acht Könige
smd, die vor Darius regiert haben, ist noch unklar und wird viel¬
leicht immer unklar bleiben ; vgl. Cauer in Pauly's Eealencyclopädie der classischen Alterthumswissensehaft, unter „Achaimenidai", 2. Aufl.,
S. 203. Jedenfalls zwingt uns das ap. duvitätarnam nicht mehr,
jene acht in den Königen Teispes, Kyrus I, Kambyses I, Kyrus II,
Kambyses II, Ariaramnes, Arsames, Hystaspes zu suchen.
Iu duvasyät sehe ich einen Ahl. zu einem duvasyd, das etwa „die Ferne" be¬
deutet. „Aus der Ferne gleicbsam in die Ferne zu zieben" meint wohl, dass die Opferer begeistert durcb das Lied des Sängers ihre Gedanken Ton der Erde weg anf das Himmlische, speciell die Maruts ricbten nnd dadurch sich gewisser¬
massen in ferne, höhere ßegionen versetzen. BoUensen's Ansicht über duvasyäd- duvdse (ZDMG. 47, 8. 594) bedarf keiner Widerlegung. Der fragliche Vers i«t jedenfalls nicht dem Sänger in den Mund zu legen (vgl. M. Müller, Vedic hymns I, S. 203), doch wem?
1) Beiläufig sei bemerkt, dass ich Bartholomae's Ansicbt über den Wort¬
theiler bei Zabizeichen (Ar. Forseb. U, S. 103 Anm.) nicbt billigen kann.
Meine abweichende Ansicht über 1 \ rauca | thakatä | u. s. w. habe ich schon KZ. XXXIII, 8. 427 f. ansgesprochen. In Fällen wie Bh. I, Z. 36. 74. 77 und Bb. IV, Z. 7—28 / martiya handelt es sich immer um den unbestimmten Artikel, der gewissermaassen als proklitisches Wort behandelt wird.
9*
182 W. Foy, Iranica.
3. Zu Bh. I, Z. 64 — 66.
In KZ. XXXIII, S. 419 ff. habe ich den ganzen 14. Paragraphen der 1. Columne der Behistäninschrift behandelt. Bei meinen weiteren
iranischen Studien bin ich zu einigen Verbesserungen und neuen
Deutungen gelangt. Es handelt sich mir hier um Z. 64—-66:
adam myaträrayam kärahyä äbäcarts{l) gaithämcä mäniyamcä
vi'thba£Sacä{\) tyädis gaumäta hya maguS adinä.^)
Das erste schwierige Wort ist äbäcariä, das zuletzt als „Wasser¬
leitung" erklärt worden ist und von Bartholomae, Grundriss der
iran. Philologie I, S. 149 und sonst aba^äcarü gelesen wird. Da¬
gegen habe ich a. a. 0. sachliche Einwendungen vorgebracht^), ohne
eine neue befriedigende Erklärung geben zu können.'') Bei der
Lesung äbäcaris , die Rawlinson's Verbesserung seiner früheren
Lesung abicarü in JRAS. XII, S. II entspiicht, hoffe ich jetzt das
Versäumte nachholen zu können, äbä- gehört zur arischen Wurzel
bhä „scheinen, leuchten, strahlen", die im Ai. auch in der «-Er¬
weiterung bhäs auftritt. An Ableitungen sind aus den arischen
Sprachen etwa folgende zu vergleichen : ai. äbhä , äbhäsa , bhäti
„Glanz, Licht", bhänu, bhäma, bhäs, bhäsa, bhäsas „Schein, Licht,.
Strahl", bhä-rjika „Licht strahlend", bhäskara „scheinend, leuchtend,
glänzend", *bhäkoda, *bhätu, *bhänvkeiara , bhänutä, * bhäma,
*bhäsu'^) „Sonne"; av. bänu „Licht, Strahl": oss. bon „Tag", bämya „strahlend, glänzend", vispö.bäma „aUbeleuchtend" ; np.
äb „Glanz", bäm „Morgen": afg. bäm u. a. m. Man sieht aus
dieser knappen Zusammenstellung, dass die arische Wurzel bhä in
den einzelnen arischen Sprachen reichliche Verwendung gefunden
hat. — äbä- heisst somit „Glanz, Licht", speciell „Sonnenlicht''^.
Das Compositum besagt demnach entweder „das Wandeln im Sonnen¬
licht", wenn man es in äbä-cariS , oder „der Zufluss von Sonnen¬
licht", wenn man es in äbä-äcarts zerlegt. Beides würde in gleicher
Weise die Freiheit gegenüber der Einkerkerung bedeuten.*)
In gaithäm finde ich die Bedeutung „Leben". Gehört es doch
zu der Wurzel '^i „leben", und besagt doch auch das av. Wort
1) Nebenbei sei bemerltt, dass im Susiseben Bh. I, Z. 48 vor »»{i nicht hutta, wie Weissbach in seinen Achämenideninschriften zweiter Art thut, sondern aiak zu lesen ist. Erst dadurch gewinnen wir eine völlige Uebereinstimmung des susischen Textes mit dem altpersischen im Aufbau der einzelnen Sätze.
2) Aehnliche, scheinbar unabhängige s. jetzt in HUbschmann's Kritik, IF.
VI, Anz. S. 89.
3) Gegen Johansson's Erklärung des Wortes als *sabhäcariS (IF. II, S. 5) spricht der Umstand, dass ap. h aus a nur intervocalisch schwindet.
4) Das * vor diesen Worten ist in dem Sinne der Petersburger Wörter¬
bücher zu versteben und nach ihren Angaben gesetzt
b) Sollte die erste Lesung Rawlinson's, abicariS, richtig sein, so könnte man in dem ersten Bestandtheil des Compositums ein ai. abhi- „Furchtlosig¬
keit, furchtlos" sehen, so dass das ganze „furchtloses Leben, Dasein in Furcht¬
losigkeit" bedeuten würde. — Wackernagel's Notiz Altind. Gramm., S. 327 unten ist jedenfalls hinfällig.
gaethä tAgM^ anderes als , Leben', concret ,das Lebendige , die
lebenden Wesen', letzteres namentlich im Plural. Mit diesen Be¬
deutungen kommen wir an allen Stellen aus , auch an denen , wo
gaethä bisher vielfach als , Hürde, Gehöft' oder (im PI.) „Heerde,
Güter' gedeutet worden ist: ys. 31,11; 34,3; 48,8; 58,2. 3;
vd. 13, lo. 39; 18, 65. Die einzelnen Stellen zu übersetzen kann
ich mir wohl in diesem Zusammenhang ersparen , zumal es schon
meist von anderer Seite geschehen ist. Zu av. gaethä in den an¬
gegebenen Bedeutungen stimmen auch die mit demselben gebildeten
Composita und das Adj. goMhya. hadhö-ga^tha yt. 10, 116 (acc.
du. m.) heissen ,zwei Leute, die zusammenleben'; frädai-gaetha,
var'dat-gaetlia u. a. m. besagen ,das Leben fördernd' oder ,die
Menschen fördernd' ; u. s. w. gaethya hat die Grundbedeutung ,mit
dem Leben in Beziehimg stehend', die sich dann in die beiden
Bedeutungen „lebendig, sterblich' (vgl. z. B. yt. 10, 106) und
„irdisch' (vgl. z. B. yt. 5, 73) gespalten hat. Diese Andeutungen
mögen genügen, um für das ap. gaithäm die Bedeutung „Leben'
als die einzig wahrscheinliche zu erweisen.
Das folgende ap. Wort, mäniyam, heisst nicht „Wohnung",
wie ich KZ. a. a. 0. übersetzt habe, sondern „das Wohnen" (d. h.
der Aufenthalt in den Wohnungen), da vor dem susischen kurtas
y (= ™), nicht wie sonst vor „Clan", „Haus" u. s. w., steht
(vgl. Bang, ZDMG. 43, S. 526, dessen eigene Erklärung in Weiss-
bach-Bang's Neuausgabe der ap. Keilinschriften mit Recht fallen
gelassen worden ist).
Nach dem bisher Erörterten rühmt sich also Darius in seiner
Inschrift, seine Unterthanen vor drei der grössten Uebel bewahrt
zu haben , die den einzelnen Menschen treffen können und unter
des Magers' Gaumäta Tyrannis die Anhänger des alten Königs¬
hauses vielfach getroffen zu haben scheinen: es sind Kerker, Tod
rmd Vertreibung (bzw. Plucht) aus der Heimat. Ein viertes Uebel,
das sich auf das Gemeindewesen und Volk als ganzes erstreckt,
findet ebenfalls durch Darius Beseitigung: die Zwietracht.
Ich glaube KZ. XXXIH, S. 424 ff. nachgewiesen zu haben, dass
die bisher vorgebrachten Erklärungen des als vithibiä oder vitkabiS
gelesenen Wortes nicht stichhaltig sind. Mit meiner eigenen ebenda
gegebenen Erklärung steht es nicht anders. Sie wird durch den
susischen Text widerlegt. In der Lücke vor appa ^OaumaMa
'<ik[ka~\ '"'■makuä emaptusta = ap. tyädiS gaumäta hya nuiguS
adinä muss nicht nur die Uebersetzung unseres fraglichen Wortes
sondem anch die des ap. niyaträrayam , und zwar hinter jener'
gestanden haben ; das im sus. Texte mit Sicherheit lesbare .. . yd
vor appa muss also der Ausgang des Verbums sein ; mein gegen
Bartholomae's Erklärang vorgebrachter vierter Einwand a. a. 0.
S. 426 i. ist also falsch. Durch die SteUung der Worte im Süs.
wird es aber unmöglich, vithibiS (wie ich früher gelesen) in den
184 W. Foy, Iranica,
folgenden Relativsatz zu ziehen. Eine nach allen Seiten hin be¬
friedigende Dentung hoffe ich nun gefunden zu haben.
Ich lese mthbaisa, indem ich dieser Lesung die zweite Raw¬
linson's (JRAS. X, 205), vithaiiS, zu Grunde lege, und setze es einem
av. *vitbae5a8- gleich (urar. *vidvaüa8-). Es gehört demnach zur
ar. Wurzel dvis „anfeinden* und ist mit „Anfeindungslosigkeit,
Eintracht, Frieden' zu übersetzen.
Wie erklärt sich nun ap. thb = ar. dvf Es entspricht dem
jungav. (gav. db) und hat sich unter bestimmten satzphonetischen
Bedingungen aus *du- entwickelt (vgl. Bartholomae, Grundriss der
iran. Philologie I, S. 36 f ). Uriran. entstand znnächst db , wovon
entweder schon in derselben Periode oder erst in vorhistorischer
Zeit des Av.^) durch satzphonetische Wirkungen z. Th. das d schwand.
Später ging in den einzelnen Dialecten auch das noch erhalten ge¬
bliebene d vor b unter, und zwar scheint die Zwischenstufe eine
spirantische Aussprache des d gewesen zu sein. Denn das ap. <A
wie das av. t sind Bezeichnungen einer Spirans. In unserem Falle
haben wir es natürlich rait einer tönenden zu thun, die graphische
Bezeichnung ist also nicht correct. Die Vermeidung eines neuen
Zeichens erklärt sich aber aus der geringen Zahl von Fällen, in
denen dh auftrat, so dass man zu dem Zeichen des nächstverwandten
Lautes seine Zuflucht nahm. Das war im Ap. der mit th trans-
scribierte Laut, woraus folgt, dass d (und daher auch g, b) wenigstens
zu der Zeit in keiner Stellung spirantisch war, als sich jene
Schreibung thb festsetzte, d. h. zur Zeit der Büdung der ap. Keü¬
schrift unter der Regierung des Königs Darius I. (vgl. Weissbach,
ZDMG. 48, S. 664), da sonst gewiss d in der Verbindung db zu
erwarten wäre. Das av. t, dessen Lautwerth kaum näher zu be¬
stimmen ist, erscheint regelmässig in folgenden Fällen:
1. für auslautendes t nach Vocalen (oder Diphthongen) und r,
auch in der Compositionsfuge und einigen ähnlichen FäUen wie
brva^yyäm.
2. in dem Worte tkaesa „Bekenntniss, Gelöbniss', adj. „be¬
kennend', das zur av. Wurzel eis „ankündigen, verkünden' gehört.
Dem t dieses Wortes wird von Hom in seinem „Grundriss der
neupersischen Etymologie', no. 880 Anm. (S. 196) jeder etymo¬
logische Werth abgesprochen. Wie erklärt sich dann aber die Regel¬
mässigkeit der Schreibung ? Sollte nicht tkaeia auf ein "tikaeSa =
*cikaesa (vgl. paU tikicchä = ai. cikitsä, päü tikicchati neben
cikicchati) zuräckgehen mit Synkopiemng des i, wie z. B. ursprach-
Uches e in *dangd6- „hundert' zu *dextp. „zehn" synkopiert worden ist? fkaMa wäre danach ein altes Dialectwort der zarathustrischen
1) Dagegen spräche nicht afg. var „Thiir", da es nicht nötliig ist, es mit Bartholomae im Grundr., S. 37, § 88 (mit Anm.) auf uriran. *bara- zurück¬
zuführen. Es kann zur Wnrzel yer „öffhen" gehören. Vgl. umbrisch-oskisch vero- „Thor".
Mundart. — Pehl. np. ist t geschwunden : das Wort lautet keS.
So vollzieht sich hier derselbe Process vor unsem Augen, wie ur¬
sprachlich z. B. in *xrnt6- — *dxmto-.
3. jav. in der Verbindung ^ == do anlautend und in der
Compositionsfuge. Ob gav. d in der Verbindung db schon einen
andera Lautwerth hatte als in den übrigen Stellungen, lässt sich
nicht entscheiden. Die graphische Darstellung spricht nicht dagegen,
da der Laut sehr wohl erst jav. so spirantisch geworden sein kann,
dass er eines besonderen Zeichens bedurfte.
Eine kurze Notiz erfordert noch die Bildung des ap. Wortes.
Bekanntlich giebt es in den arischen Sprachen eine grosse Anzahl
von possessiven Adjectivcomposita, die aus der Partikel vi und
einem Substantivum bestehen und einen bezeichnen , von dem ■die
durch das Subst. bezeichnete Person oder Sache fem ist oder der
die durch das Subst. bezeichnete Person oder Sache nicht besitzt,
vgl. z. B. ai. vijani „ohne Weib", vyhnga „gliederlos", vfjana
„menschenleer", vyddAvan „vom Wege abschweifend"; av. vi.äpa
„wasserlos", vl.urvara „pflanzenlos" (vd. 3, 15), vidhavi „nicht zu betrügen", vidvaeätva „einer, der ohne Anfeindung ist" u. a. m.
Das Neutram dieser Adjectiva wurde substantivisch verwendet; vgl.
z. B. ai. vikr dayam „Herzlosigkeit" (neben sahrdayam „Herzlich¬
keit"), vijanam „Einöde", av. vima^dhya n. (!) „das, was von der Mitte entfemt ist; der Umkreis, die Enden"'), vlmanöhim (= "hyem)
„Unverstand" oder „schlechte Gesinnung' (?) u. a. Jüngere secun¬
däre Bildungen sind ai. vismrti f. „Vergessen, Vergesslichkeit", virdkti f. „Leidenschaftslosigkeit", virOga m. „Entförbung", visam- väda m. „Widersprach" u. a. m. Das ap. vithhaisa ist substanti¬
visches Neutrum zu dem ai. Adjectivum vidveSäs (RV. VHI, 22, 2),
av. vlfbae&h „einer, der ohne Anfeindung ist, den keine Anfeindung
triflft", — Eine Erklärung der possessiven Adjectivcomposita mit
vi in dem oben angegebenen Sinne giebt Delbrück, Vergleichende
Syntax der indogerm. Sprachen I, S. 663. Aehnlich sind gleiche
Bildungen mit sam zu beurtheilen. Sie sind arisches Erbgut.
Bh. I, Z. 64—66 ist nach den vorangehenden Erörterangen
folgendermaassen zu übersetzen:
„Ich bewahi-te dem Volke die Preiheit, das Leben, das Wohnen¬
bleiben (d. h. den Aufenthalt in seinen heimathlichen Wohnsitzen)
und die Eintracht, woram es der Mager Gaumäta gebracht hatte."
tyä bezieht sich auf alle vier voranstehenden Accusative.
4. Av. fräSmi und Verwandtes.
Av. frähni gehört zu ai. prksa , da sie beide (und zwar das
av. Wort ausschliesslich) als Beiworte Soma's bezw. Haoma's ver-
1) Andere Bedeutung hat das vi in ai. vimad/iya „die Mitte", vgl. Del¬
brück, Vergleich. Syntax I, 8. 663. — av. nufidhya „die Mitte" ist Neutrum, wie im Ai., abgesehen von ys. 65, 4.
136 W. Foy, Iranica.
wendet werden. So wurden sie z. B. von Bartholomae in dem
Wörterbuche zu seinem Handbuche der altiranischen Dialecte zu¬
sammengestellt. Wenn er sie aber mit „lebend" übersetzt, wie
vor Pischel, Ved. Studien I, S. 96, das ved. prksa übersetzt worden
ist, so muss er sie mindestens von der ai. Wurzel pre trennen, da
man sonst im Av. ein *frakhs7tvi erwarten sollte. Nun hat Pischel
a. a. 0. (vgl. Vf., KZ. 34, S. 250 Anm. 2) für das ved. prksa die
Bedeutung „(dahineilend,) schnell" erschlossen; auch dies zwingt
uns zu einer Trennung von der eben angeführten Wurzel. Es ist
also eine neue aufzustellen , die in der Tiefstufe prx lautet und
„dahineilen" bedeutet. Ich glaube in der Lage zu sein sie aus dem
Av. xmd Griech. weiter zu belegen. Aus dem Av. ist zu vergleichen :
afrasimant „nicht dahineilend, unbeweglich" (yt. 13, 57 von den
Stemen gebraucht); fraka- in fraSaoätraWPv., eigentlich „schnelle
Kameele habend"'), fraSavakhsya „schnelles Wachsthum' ys. 60, 4.
Ob hierher auch einige Pälle des adverbial gebrauchten fraäa
(Instr.) gehören, ist nicht sicher zu entscheiden, vd. 18,29 und
8, 100 würde es in dem Sinne „schnell" besser passen , als wenn
man es von fra „vor, vorwärts" ableiten wollte (vgl. über das adj.
fraSa „vorwärts gewandt" zuletzt Bartholomae, IP. II, S. 266 f,
cf Grundriss der iran. Philol., S. 96 f, § 178). vd. 7, 52 ist aber
das letztere wahrscheinlicher, und sicher liegt der Instr. des Adj.
frasa „vorwärts gewandt" vd. 5, 11 vor (vgl. Geldner, KZ. 25,
S. 202). Unentschieden lassen die Prage ys. 10,14; yt. 5,78;
19, 47; vd. 6, 27. Aus dem Griech. scheint mir hierher das ion.
Adv. ngöxa „sofort, sogleich' zu gehören, dessen -ä wohl Instm-
mentalsuffix ist (wie in nrjvlx«, avxlxcc). Weniger sicher sind
«pp5 und ngoxdg, -dSog „ein hirschartiges Thier" Ableitungen
unserer Wurzel.
Aus den hier angeführten Vergleichen ergiebt sich VM-läufig,
dass die Wurzel zur o-Reihe*) (Ablaut: prx, prox, pröx) gehört.
5. Av. fräSmö.da^ti.
Dem av.. fräSmö.diPti geht immer hü, d. i. hürö gen. sg.
,der Sonne", voraus; es bezeichnet den „Sonnenuntergang" (vgl.
Wilhelm, ZDMG. XLIV, S. 148, Anm. 1); zu der einzigen SteUe,
die Schwierigkeiten macht (yt. 10, 95), vgl. Geldner, KZ. 25,
S. 525 (Anm. 135). Die übliche Erklärung dieses Wortes als
„Vorwärtsmachung" unter Vergleich des adj. frasa „vorwärts¬
gewandt" imd der Wzl. dä „setzen, inachen" ist von vomherein
1) Vgl. av. AravaoHra NPr. (y. 13, 124) „einer der nicht flSchtige, d. i. schwerfSllige, träge Kameele. hat": Bartholomae IF. V 358.
^ 2) Nach der Terminologie Bühschmann-Brugmann'a , von Bartholomae als a-Beihe bezeichnet.
wenig glaublich; sie wird unmöglich , durch Bartholomae's gewiss
richtige Etymologisierung des adj. frasa (s. o.). Die Annahme
eines Zusammenhanges des ersten Bestandtheiles unseres Compositums
mit dem in der vorhergehenden Nummer behandelten fräsmi (Wzl.
prx „dahineilen") ist wegen der Bedeutung kaum zu empfehlen,
Ich zerlege fräiinö.dä''ti in frä, smö und dä^ti, stelle dä^ti zur ar;
Wurzel dhan „laufen" und sehe in smö einen Abi. Sg. entsprechend
dem ai. ksmas „von der Erde". Diese Ansicht ist im folgenden
näher zu begründen.
dä'ti geht auf *dhnti- zurück. Die ar. Wzl. dhan ist noch im Ap.
und im Ai. erhalten, vgl. ?.V. X, 73, 1: mätä ydd virdm dadhdnad
dhdnisthä „als die Mutter zu dem Helden lief, eiligst".') Auch
dhdniftkä gehört zur selben Wurzel, femer die Denondnativwurzel
dhanv (die zu Bartholomae's 20. Präsensclasse in seiner Vorgeschichte
der iran. Sprachen im iran. Gmndriss zu stellen sein würde), dhana
„Wettlauf", dhanutr „schnell laufend" u. a. Aus dem Av. sind
wohl noch zwei Worte hierher zu stellen : da'dhtka „wüdes Thier*
und azrö.da'dht „in den Fluren streifend", vgl. Geldner, Av. Stud.,
S. 52. Als Grundformen sind *dh'g.d{h)iqo- und *dhy.d(h)i- anzu¬
setzen; wir haben es mit Ableitungen von einer Weiterbildtmg der
WzL dban mittels eines dh- oder «^-Suffixes zu thun. Aus den
europäischen Sprächen'weiss ich keinen sicheren Beleg anzuführen;
höchstens käme lat. fons „Quelle" in Betracht. ,
Wir gehen zur Besprechung von Smö über. Es gehört meiner
Ansicht nach zu einer Sippe von Worten, die „Erde" bedeuten und
zienüich in allen idg. Sprachen vertreten sind. Durch mehrere der¬
selben werden folgende beiden Stämme als uridg. erwiesen : ydhem-)
und j>hem. Wenn auch Bartholomae, BB. 15, S. 25 die Ent¬
wickelung des Stammes *yhem- aus * ydhem- nach den obliquen
Casus mit anl. yhm- aus *ydhm- leugnet, so scheint mir dies doph
das Wahrscheinlichste zu sein. Neben den Vertretern dieser beiden
Grrmdformen weist nur das Indische Wortformen auf, die sich
damit nicht ohne weiteres vereinigen lassen und daher der Wirkung
neuerer Gesetze vei-dächtig sind: ai. gmas und Jmds, jmd. Die
beiden letzteren können sich entweder in gewissen Verbindungen
nach dem Hauchdissimilationsgesetz (vgl. Bartholomae, BB. XVH,
S. 344) oder lautgesetzlich aus Formen mit anl. ar. *thm- = idg.
*jrhm- (vgl. Bartholomae, Ar. Forsch. II, S. 55) entwickelt haben.
Für wahrscheinlicher aber halte ich es, dass sich vorind. oder auch
arisch, dann aber nach der arischen Entwickelung der ;^-Laute zu
Spiranten, aus *yi{h)m- durch gewisse satzphonetische Verhältnisse
ein ym- und ein im- entwickelten, von denen dieses in jmds, jmä,
jenes in gmas bewahrt wäre.
Av. imö ist keine lautgesetzliche Büdung des Ahl. Gen. Sg.
1) Dem Sinne nach, wie der ganze Hymnus, mir noch dunicel.
2) üeber den Wertb von d{h) vgl. Brugmann, Grundr. I, S. 409 f.
138 Fraenkd, Die Hauptstadt der „Franken" in arab. Berichten.
Man sollte *amö ans idg. *j'hmea erwarten (vgl. -sma- in Compo¬
sitis) , mit tonlosem Zischlaut , da im Jav. vor den Nasalen jeder
tönende Zischlaut lautgesetzlich tonlos wird. Doch wurde schon
im Urar. zu den Formen mit *yi{h)am- ein Abi. Gen. *yi{h)mas
gebildet, der im Iran, zunächst zu *zmas werden musste. So blieb
es von dem Lautgesetze verschont : einem anl. iran. S -\- Cons, wird
ein kh vorgeschlagen. Später gingen die Formen mit *iam- ha
Iran, unter. Dadm-ch wurde av. *lmö , das sich etwa in einer
Eedensart wie hvar* frä *imö dana'ti erhalten hatte, isoliert, ging
jav. in imö über'), wurde bald nicht mehr verstanden und ver¬
schmolz mit dem vorausgehenden frä. Nach der Eedensart fräSmö
danaki bildete man ein Verbalsubstantivum fräsmö.dä'ti.
hü(rö) fräSmö.dä^ti besagt also wörtlich: „das Fortlaufen der
Sonne von der Erde*.
1) Vgl. dagegen Oen. z»mö atatt *«mö aus *yhmas zum St. zcan- aus idg. *yhem: Systemzwang 1 Falsch Bartholomae, Grundr. der iran. Pbilol., S. 120,
§ 216, 3a nnd Anm. 1.
Die Hauptstadt der „Franken" in arabischen Berichten.
Von Slegmiind Fraenkel.
Das mir soeben zugegangene jüngste Heft des Joumal Asiatique
(Janv. F6vr. 1896) enthält einen interessanten Aufsatz des Baron
Carra de Vaux betitelt: ,Note sur un ouvrage attribu6 ä Ma^oudi.»
Da heisst es auf S. 144 nach dem arabischen Berichterstatter: ,n
est dit, que la capitale actuelle des Francs est sjj^o" und dazu
bemerkt der Verfasser: „probablement Treves'. Die Transcription
wäre erklärlich, sehr merkwürdig aber, dass als Hauptstadt des
Frankenreiches grade Trier genannt würde. Aber jenes angebliche
tyjj^) ISfist sich mit äusserst geringer graphischer Aenderung auch
gewiss irJiy» d. i. lesen und das ist natürlich nichts Anderes
als der Name, den man hier erwartet, nämlich Paris. Zum Ueber¬
flusse hat noch Kazwini H 388, 6 in Mas'üdi's Namen s. v. iLÄjyji
die richtige Lesung aufbewahrt (ä^J LpiA*lä). In der Pariser
Ausgabe des Mas'üdi selbst IH 67, 3 ist allerdings wieder eine
andere Verschreibung, 'i^jyt , gedmckt tmd der Name ebenfalls nicht
erkannt. An dieser SteUe aber hat Prof. Nöldeke schon vor Jahren
die richtige Lesart 'ij^ji eingesetzt. Hoffentlich kommt sie von
nun an stets zu ihrem Bechte.
Breslau, den 20. AprU 1896.