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15 Beurteilung des kommunalen Immobilien-Leasing unter Anwendung des Transaktionskostenansatzes — Arbeitsergebnisse einer Diplomarbeit

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Beurteilung des kommunalen Immobilien-Leasing unter Anwendung des Transaktionskostenansatzes

— Arbeitsergebnisse einer Diplomarbeit1 — von Dipl.-Kff. Elke Stumpf

1 Einführung ...17

2 Grundlegung...17

2.1 Kommunales Immobilien-Leasing ...17

2.2 Der öffentliche Leasingnehmer ...19

2.3 Das Teilamortisationsmodell als Grundlage für kommunales Immobilien-Leasing ...20

2.4 Das Vertragswerk für Immobilien-Projekte mit Kommunen ...21

3 Die Beurteilung kommunaler Leasingverträge auf Grundlage des Trans- aktionskostenansatzes ...23

3.1 Die Transaktionskostentheorie als Basis für Effizienzüberlegungen ...24

3.1.1 Einführung in die Transaktionskostentheorie...24

3.1.2 Begriffsabgrenzung...26

3.1.2.1 Transaktion ...26

3.1.2.2 Transaktionskosten ...26

3.1.3 Dimensionen von Transaktionen ...27

3.1.3.1 Faktorspezifität...27

3.1.3.2 Unsicherheit...28

3.1.3.3 Häufigkeit...28

3.1.4 Verhaltenstheoretische Annahmen ...29

3.1.4.1 Opportunistisches Verhalten ...29

3.1.4.2 Beschränkte Rationalität ...30

3.2 Die Beherrschung und Überwachung von Vertragsbeziehungen...30

3.2.1 Effiziente Beherrschungs- und Überwachungssysteme nach WILLIAMSON...31

3.2.2 Beherrschungs- und Überwachungssysteme für kommunale In- vestitionen...33

1 Angefertigt am Lehrstuhl für allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftliche Fi- nanzierungslehre Prof.Dr.Dr.h.c. Herbert Hax.

(2)

3.2.2.1 Der Markt als Koordinationsform für kommunale In-

vestitionen ...34

3.2.2.2 Die Hierarchie als Koordinationsform für kommunale Investitionen ...34

3.2.2.3 Das Immobilien-Leasing als Koordinationsform für kommunale Investitionen...36

3.3 Effizienzanalyse kommunaler Leasingverträge unter dem Gesichts- punkt der Transaktionskosten ...37

3.3.1 Der Gesellschaftsvertrag ...38

3.3.2 Der Grundstückskaufvertrag oder Erbbaurechtsvertrag...39

3.3.3 Der Bauvertrag...41

3.3.4 Der Mietvertrag...43

3.3.4.1 Maßnahmen gegen opportunistisches Verhalten ...44

3.3.4.2 Anpassungsklauseln ...46

3.3.5 Der Darlehensvertrag...47

3.4 Zusammenfassende Ergebnisse ...48

4 Schlußbetrachtung mit Hinweis auf die in der Praxis noch bestehenden Grenzen ... 49

Literaturverzeichnis ... 50

(3)

1 Einführung

Nach Verwirklichung der deutschen Wiedervereinigung steht die öffentliche Hand vor gravierenden finanziellen Problemen. Dem hohen Investitionsbedarf in Bereichen wie Infrastruktur, Altlastsanierung, Abfallentsorgung und Umweltschutz steht eine ange- spannte finanzielle Situation der Gemeinden gegenüber bedingt durch die Neuordnung des Finanzausgleichs zugunsten der ostdeutschen Bundesländer sowie durch die mit der Rezession einhergehenden Steuerausfällen und arbeitsmarktbedingten Mehrausgaben.

Diese Ausgangslage zwingt zu neuen, unkonventionellen Organisations- und Finanzie- rungsmethoden für öffentliche Investitionen. Wurde bisher die Bereitstellung von Infra- strukturleistungen vorwiegend als traditionell öffentliche Aufgabe angesehen, so ist in den letzten Jahren ein gewisser Wandel eingetreten. Die Bundesregierung sowie der Be- richt der Arbeitsgruppe "Private Finanzierung öffentlicher Infrastruktur"2 und der Sach- verständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung3 empfehlen, im öffentlichen Infrastrukturbereich verstärkt auf private Träger zurückzugreifen.4 Das kommunale Immobilien-Leasing stellt dabei eine Möglichkeit der Integration privatwirt- schaftlicher Organisations- und Finanzierungselemente in den Bereich öffentlicher Inve- stitionen dar. In diesem Beitrag soll mit Hilfe des Transaktionskostenansatzes gezeigt werden, daß kommunale Investitionen durch die Aktivierung privaten Kapitals bei gege- benem Ordnungsrahmen effizienter durchgeführt werden können, als dies nach den Inve- stitionsplänen der Gebietskörperschaften andernfalls möglich wäre.

2 Grundlegung

2.1 Kommunales Immobilien-Leasing

Kommunales Immobilien-Leasing soll im folgenden als ein zwischen einer privatwirt- schaftlichen Leasinggesellschaft5 und einer kommunalen Gebietskörperschaft abgeschlos- senes Leasinggeschäft aufgefaßt werden. Dabei wird das Immobilienobjekt von der Lea- singgesellschaft finanziert, errichtet und langfristig, mit der Möglichkeit eines späteren Ankaufs, an die Kommune vermietet.6

2 Vgl. BMF, 1991. Vom Bundesministerium der Finanzen ist seit diesem Zeitpunkt keine weitere bedeutende Initiative zur Förderung der privaten Finanzierung öffentlicher Infrastruktur eingeleitet worden. Insbesondere in den neuen Bundesländern sind jedoch Gesetzesvorhaben, Beschlüsse oder ministerielle Erlasse verabschiedet worden, die das Privatisierungsgebot hervorheben (vgl.

TAEGER, 1993, S. 280).

3 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, 1993, S. 256.

4 Vgl. TAEGER, 1993, S. 280; vgl. auch KIRCHHOFF/ LAND, 1993, S. 247.

5 Große Leasinggesellschaften wie z.B. die DAL (Deutsche Anlagen-Leasing GmbH), die DIL (Deutsche Immobilien Leasing GmbH) oder auch die KG Allgemeine Leasing GmbH & Co. haben sich u.a. auf das kommunale Immobilien-Leasing spezialisiert (vgl. DAL-Kommunal-Leasing, 1993; vgl. ferner DIL, 1992; vgl. weiterhin KG Allgemeine Leasing, 1992, S. 16).

6 Vgl. KRÄHMER, 1993, S. 166; vgl. auch STINNER, 1992, S. 22.

(4)

Während das Operating-Leasing eine bei Kommunen bereits etablierte Form der kurzfri- stigen Nutzungsüberlassung von Investitionsgütern darstellt, wird das Finanzierungslea- sing für Immobilienobjekte erst in jüngster Zeit verstärkt in Erwägung gezogen.7

Als Beispiel für die Anwendung des kommunalen Immobilien-Leasing im Bereich öffent- licher Hochbauten wird die Errichtung des Gasteig Kulturzentrums in München herange- zogen.8 Mit dem Bau dieses Großprojekts wurde bereits im Jahr 1978 begonnen, wobei die Baukosten ursprünglich auf 162,6 Mio. DM geschätzt wurden. Nachdem bereits drei Jahre später diese Einschätzung auf ca. 359 Mio. DM korrigiert werden mußte, beschloß die Stadt München, die Objektfertigstellung in Form eines kommunalen Leasingmodells zu sichern. Mit der Durchführung wurde die KG Allgemeine Leasing GmbH & Co. be- traut. Diese hatte, um die aufsichtsbehördliche Genehmigung und die Gewährung von Finanzzuweisungen nicht zu gefährden, nachzuweisen, daß ihr Festmietangebot nicht ungünstiger als eine herkömmliche Finanzierung ist. Tatsächlich konnte die Vorteilhaf- tigkeit des Leasingangebots aufgrund einer Reduktion der tatsächlichen Baukosten auf 333 Mio. DM nachgewiesen werden. Hierzu haben neben Einsparungen bei den direkten Baukosten, die nicht zuletzt auf das erfahrene Baumanagement der Leasinggesellschaft zurückzuführen sind, ermäßigte Finanzierungskosten aufgrund verkürzter Bauzeiten bei- getragen.9

Als Mieterin des Kulturzentrums wurde jedoch nicht die Stadt München eingesetzt, son- dern eine eigens für den wirtschaftlichen Betrieb verantwortliche Gasteig Betriebsgesell- schaft, deren Aufgabe die Verwertung der von den 'Stammietern'10 nicht genutzten Räumlichkeiten ist. Der Mietvertrag wurde zum 01.11.1985 für 45 Jahre abgeschlossen.

Nach Ablauf der Vertragslaufzeit hat die Landeshauptstadt ein dinglich gesichertes An- kaufsrecht, bei dem der Restkaufwert auf 10 Prozent der Anschaffungs- und Herstel- lungskosten festgesetzt ist.11

7 Vgl. KIRCHHOFF/MÜLLER-GODEFFROY, 1992, S. 46; vgl. auch KIRCHHOFF, 1993, S. 446 f. Im Rahmen des Operating-Leasing werden beispielsweise EDV-Geräte, ein Fuhrpark o.a. vermietet (vgl. FEINEN 1991a, S. 1).

8 Im Gasteig Kulturzentrum sind eine Philharmonie, ein Mehrzwecksaal, eine Musikschule mit einem weiteren kleinen Konzertsaal, die Zentrale der Münchener Stadtbücherei und die Volks- hochschule untergebracht.

9 Ein weiterer ausschlaggebender Vorteil ergibt sich aus einer Steuerstundungsmöglichkeit für die Kommune. Bei einer Kreditfinanzierung hätte die Kommune den gesamten Herstellungspreis incl.

Mehrwertsteuer zu finanzieren. Beim Leasing fällt dagegen Mehrwertsteuer nur in bezug auf die einzelne Leasingrate an (vgl. DILLENBERGER, 1992, S. 92).

10 'Stammieter' sind die Münchener Philharmoniker, das Richard-Strauss-Konservatorium, die Mün- chener Stadtbibliothek und die Volkshochschule.

11 Vgl. SPRETER, 1992; vgl. ferner o.V., 1992a; vgl. auch o.V., 1992b.

(5)

Mit diesem Praxisbeispiel wurde nur eine Realisierungsmöglichkeit des kommunalen Immobilien-Leasing herausgegriffen, um das Anwendungspotential dieser Finanzie- rungsalternative hervorzuheben.

2.2 Der öffentliche Leasingnehmer

Die Kommune ist als Gebietskörperschaft eine juristische Person des öffentlichen Rechts mit eigener Verfassung und eigenem Haushalt. Sie umfaßt alle kreisangehörigen Städte und Gemeinden, sowie kreisfreie Städte.12 Entsprechend ihrem Selbstverwaltungsrecht nach Art. 28 Abs. 2 GG haben Kommunen die ihnen obliegenden Aufgaben der ge- meindlichen Daseinsvorsorge auszuführen.13 Dabei ist neben der Begrenzung auf die örtlichen Angelegenheiten die jeweilige Aufgabenstellung entsprechend der Gemeinde- ordnung/Landkreisordnung zu beachten.14

Das Bild der Gemeinde, die ihre Aufgaben im Rahmen der Eingriffs-, Gestaltungs- und Leistungsverwaltungsgesetze selbst vollzieht, hat sich zumindest in Städten und größeren Gemeinden gewandelt. Bedeutende Bereiche der Kommunalverwaltung haben sich in organisatorischer und steuerlicher Hinsicht als sogenannte wirtschaftliche Unterneh- men15, als Eigenbetriebe16 oder Beteiligungsunternehmen17 von der Gemeinde gelöst. Die allgemein übliche Differenzierung zwischen einem 'öffentlichen Betrieb' und einem 'öf- fentlichen Haushalt' ist im folgenden allerdings nicht notwendig, da die daraus resultie- renden Konsequenzen hauptsächlich steuerrechtliche Aspekte18 tangieren, die im Rahmen dieses Beitrags nicht behandelt werden. Da der öffentliche Träger direkt oder indirekt über seine Gewährträgerhaftung immer von den Finanzierungsgebaren seiner Betriebe betroffen ist, erscheint es gerechtfertigt, den allgemeineren Begriff des 'öffentlichen Lea- singnehmers' zu verwenden.19

12 Vgl. § 1 Abs. 2 GO NW. Siehe dazu auch JÜNGER/WALTER, 1987, S. 1.

13 Unter Daseinsvorsorge versteht man die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit le- benswichtigen Gütern, v.a. Strom, Gas und Wasser sowie die Schaffung und Unterhaltung von Einrichtungen zum Wohl der Einwohner.

14 Vgl. § 2 GO NW; vgl. auch ALBERS/SEGER, 1990, S. 17.

15 Vgl. § 88 GO NW.

16 Vgl. § 93 GO NW. Hierunter sind wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinde ohne eigene Rechtspersönlichkeit zu verstehen, z.B. Versorgungsbetriebe, Verkehrsbetriebe und kulturelle Ein- richtungen. Siehe hierzu auch SPERL, 1992, S. 178 f.

17 Vgl. § 89 GO NW. Beteiligungsunternehmen sind gemeindliche Unternehmen in privatrechtlicher Form, deren Anteile teilweise von der Kommune gehalten werden. Siehe hierzu ebenfalls SPERL, 1992, S. 178 f.

18 Öffentliche Betriebe sind steuerrechtlich als Betriebe gewerblicher Art anzusehen. Diese sind gem.

§ 2 Abs. 3 UStG umsatzsteuerpflichtig und können demnach ebenfalls einen Vorsteuerabzug gel- tend machen (vgl. TIPKE/LANG, 1991, S. 561 ff.; vgl. auch FRANKOWSKI, 1993, S. 15 f.). Als Ge- werbebetrieb sind sie zudem gewerbesteuerpflichtig gem. § 2 Abs. 1 GewStDV (vgl. TIPKE/LANG, 1991, S. 504). Außerdem sind sie unbeschränkt körperschaftssteuerpflichtig, gem. § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 4 KStG (vgl. TIPKE/LANG, 1991, S. 413 ff.).

19 Vgl. SCHIRM, 1980, S. 135 f.

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Immobilien-Leasinggeschäfte mit der öffentlichen Hand haben im Gegensatz zu solchen mit privatwirtschaftlichen Leasingnehmern besonderen Anforderungen zu genügen. So ist beispielsweise die Vereinbarkeit der Leasingfinanzierung mit dem kommunalen Haus- haltsrecht unabdingbare Voraussetzung für die Akzeptanz dieser Finanzierungsalternati- ve. Zwecks Erfüllung des Haushaltsgrundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist von der Leasinggesellschaft ein Nachweis über die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit des Leasingmodells gegenüber einer Kommunalkreditfinanzierung zu erbringen. Ebenso bedarf es einer Widerlegung der Spezialleasingvermutung, da nur auf diese Weise die Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums zur Leasinggesellschaft gewährleistet wer- den kann. Als problematisch erweist sich in diesem Zusammenhang die Regelung der staatlichen Finanzzuweisungen. Diese werden häufig nur dann gewährt, wenn der Kom- mune und nicht wie bei der Spezialleasingfrage der Leasinggesellschaft das wirtschaftli- che Eigentum zugerechnet wird.20

2.3 Das Teilamortisationsmodell als Grundlage für kommunales Immobilien- Leasing

Leasingverträge mit der öffentlichen Hand werden generell als Teilamortisationsverträge ausgestaltet.21 Im Teilamortisationsmodell — auch als Restwertmodell bezeichnet — werden die Gesamtinvestitionskosten des Leasingobjekts durch die während der Grund- mietzeit zu entrichtenden Leasingraten lediglich zu einem bestimmten Prozentsatz amor- tisiert. Der verbleibende Restwert ist abhängig von dem Verhältnis zwischen der verein- barten Grundmietzeit und der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer.22 Er kann somit aus dem sich nach der linearen Abschreibung ergebenden Restbuchwert bestimmt werden.23 Demzufolge trägt der Leasinggeber das Objekt- bzw. Verwertungsrisiko, da er nach Be- endigung des Leasingvertrags aus der Weitervermietung des Investitionsobjekts einen Mindesterlös in Höhe der noch nicht amortisierten Restschuld erzielen muß. Durch eine entsprechende Ausgestaltung des Teilamortisationsvertrags kann dieses Risiko jedoch

20 Vgl. dazu ausführlich DÖRHÖFER, 1992, S. 49 - 60; vgl. auch Budäus, 1982, S. 181 - 194; vgl.

ebenso ALBERS/SEGER 1990, S. 39 ff.

21 Rechtsgrundlage für Teilamortisationsmodelle sind der Teilamortisationserlaß des BDF vom 22.12.1975 für Mobilien sowie der Teilamortisationserlaß des BDF vom 23.12.1991 für Immobili- en.

22 Für die steuerliche Zurechnung des Leasingobjekts bei der Leasinggesellschaft und der damit ver- bundenen Bilanzierung hat der Bundesminister der Finanzen im Immobilien-Leasingerlaß vom 19.04.1971 festgelegt, daß die Grundmietzeit zwischen 40 und 90 Prozent der betriebsgewöhnli- chen Nutzungsdauer betragen muß (vgl. BDF, Schreiben vom 19.04.1971 und vom 21.03.1972).

Diese Regelung ist auf Teilamortisationsverträge des Immobilien-Leasing zu übertragen (vgl. BDF, Schreiben vom 23.12.1991).

23 Z.B. Gebäudeherstellungskosten incl. Nebenkosten DM 1 Mio., Abschreibungsdauer 25 Jahre, Laufzeit des Leasingvertrags 22,5 Jahre = 90 % der fiktiven steuerlichen betriebsgewöhnlichen Nutzungszeit, Abschreibung nach 22,5 Jahren: DM 900.000, Restwert = 10 % = DM 100.000 (vgl.

TACKE, 1993, S. 222 f.).

(7)

teilweise auf den Leasingnehmer überwälzt werden.24 Teilamortisationsverträge im Im- mobilien-Leasing sind wie folgt möglich:

- ohne Option - mit Kaufoption

- mit Mietverlängerungsoption.25

24 Vgl. SPITTLER, 1992, S. 30; vgl. auch PERRIDON/STEINER, 1993, S. 374 ff.

25 Für Teilamortisationsverträge im Immobilien-Leasing gelten die im Vollamortisationserlaß für bewegliche Wirtschaftsgüter vom 19.04.1971 aufgeführten Vertragstypen (vgl. BDF, 23.12.1991).

(8)

Übt der Leasingnehmer eine ihm eingeräumte Kaufoption aus, wird bei dem zugrunde- liegenden Optionspreis zumeist vom Restbuchwert bei linearer AfA ausgegangen. Um an einer möglichen Wertsteigerung des Investitionsobjekts zu partizipieren, wird der Lea- singnehmer von seinem Ankaufsrecht nur dann Gebrauch machen, wenn der Verkehrs- wert des Immobilienobjekts den Restbuchwert übersteigt, bzw. andere Beweggründe den Kauf rechtfertigen.26 Aufgrund der sich dem Leasingnehmer bietenden Chance, an Wert- steigerungen des Leasingobjekts teilzuhaben, hat die Ausgestaltung des Vertrags mit einer Kaufoption eine größere wirtschaftliche Bedeutung als der Vertrag mit einer Miet- verlängerungsoption. Lediglich der mit der Begleichung der Kaufpreisschuld einherge- hende Liquiditätsabfluß kann dafür sprechen, der Mietverlängerung den Vorzug zu ge- ben.27

Teilamortisationsverträge für Mobilien, die bei der Vermietung von Betriebsvorrichtun- gen28 zur Anwendung kommen, können folgendermaßen ausgestaltet werden:

- mit Andienungsrecht des Leasinggebers,

- mit Verwertungserlösbeteiligung des Leasingnehmers und - mit Abschlußzahlungen des Leasingnehmers bei Kündigung.29

Wegen der geringen Bedeutung dieser Vertragstypen im Bereich des Immobilien- Leasing30 soll auf eine detaillierte Ausführung verzichtet werden.31

2.4 Das Vertragswerk für Immobilien-Leasing-Projekte mit Kommunen

Kommunale Leasingfinanzierungen basieren auf individuell ausgestalteten Leasing- Konstruktionen, welche sowohl zivil- und steuerrechtliche als auch finanzierungstechni- sche Anforderungen berücksichtigen. Ausgehend von einem Leasing-Grundmodell wird durch Anpassungen an individuelle Gegebenheiten ein auf die entsprechenden Leasingbe- dürfnisse der Kommune abgestelltes Leasingvertragswerk konzipiert.32 Dieses setzt sich aus folgenden Verträgen zusammen:

Einem Gesellschaftsvertrag, welcher zur Gründung der Objektgesellschaft abgeschlos- sen wird; einem Verwaltungsvertrag, der das Innenverhältnis zwischen der Leasingge- sellschaft als Dachgesellschaft und der Objektgesellschaft regelt; einem Grundstücks-

26 Vgl.TACKE, 1993, S. 222 ff.

27 Vgl. TACKE, 1993, S. 223.

28 Hierunter sind Vorrichtungen einer Betriebsanlage zu verstehen, die in einer sehr engen Beziehung zu dem auf dem Grundstück ausgeübten Gewerbebetrieb stehen, gleichwohl aber nicht an einen fe- sten Betriebsstandort gebunden sind. Kläranlagen und jegliche Art von Versorgungsnetzen stellen beispielsweise solche Betriebsvorrichtungen dar. Sie werden im steuerrechtlichen Sinn wie Mobili- en behandelt, obwohl sie gemäß ihren typischen Merkmalen eher einer Immobilie gleichen.

29 Vgl. BDF, Schreiben vom 22.12.1975.

30 Vgl. GABELE/DANNENBERG/KROLL, 1991, S. 45.

31 Eine Erläuterung dieser Vertragstypen findet sich bei SPITTLER, 1992, S. 22-26.

32 Vgl. FOHLMEISTER, 1992, S. 190.

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kaufvertrag oder Erbbaurechtsvertrag falls das Grundstück bereits im Eigentum der Kommune ist; einem Bauvertrag, in dem die Objektgesellschaft als rechtlicher und wirt- schaftlicher Bauherr definiert wird, wobei jedoch üblicherweise die anfallenden Planungs- und Betreuungsaufgaben an eine Baubetreuungs- und Projektmanagementgesellschaft übertragen werden; einem Darlehensvertrag, über den die finanzierungstechnische Seite des Leasing-Geschäfts abgewickelt wird; einem Mietvertrag, der die Nutzungsüberlas- sung der Immobilie zwischen Leasinggeber und Kommune regelt, und schließlich einem An- und Vorkaufsrechtsvertrag, welcher die Ausgestaltung der Kaufoption spezifi- ziert.33

Die folgende Übersicht gibt einen Überblick über die Vertragsbeziehungen der an der Leasingkonstruktion beteiligten Parteien.

LEASING - UNTER - NEHMEN

OBJEKT- GESELLSCHAFT

(Leasinggeber)

MIETER (Leasingnehmer)

BANK VERKÄUFER

Darlehens- vertrag

Verwaltungs- vertrag

Grundstücks- kaufvertrag

Gesellschafts- vertrag Bauvertrag Mietvertrag An- und Vor- kaufsrechtvertrag

Abbildung 1: Vertragsbeziehungen bei einem Immobilien-Leasing-Abschluß34

Grundlage der nachstehenden Analyse des kommunalen Immobilien-Leasing unter Transaktionskosten ist eine Art 'Standardmodell', welches in seinen Grundzügen vielen kommunalen Immobilien-Leasingmodellen zu eigen ist. Es handelt sich hierbei um ein Teilamortisationsmodell mit Kaufoption, bei dem eine Objektgesellschaft für das entspre-

33 Zu den einzelnen Verträgen vgl. ausführlich FOHLMEISTER, 1992 S. 198 ff. sowie SCHWARZ/CHRISTEN/BERNIGAU, 1992, S. 11 ff.

34 Entnommen aus: FOHLMEISTER, 1992, S. 200.

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chende Immobilien-Leasingobjekt gegründet wird und als Leasinggeber in Erscheinung tritt.35 Die sich anschließenden Ausführungen untersuchen die einzelnen Vertragsbe- standteile eines solchen standardisierten Vertragswerks.

3 Die Beurteilung kommunaler Leasingverträge auf Grundlage des Transak- tionskostenansatzes

Grundlage der folgenden Ausführungen sind Überlegungen der modernen Institutio- nenökonomik, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, das ökonomische Geschehen unter Beobachtung von Vertragsbeziehungen, dem institutionellen Rahmen sowie von Anreiz- bedingungen und Transaktionskosten zu untersuchen. Die Transaktionskostentheorie, welche als Instrumentarium für die Beurteilung kommunaler Leasingverträge herangezo- gen wird, läßt sich somit der neuen institutionellen Ökonomie zuordnen.

Im Unterschied zu diesem Ansatz geht die neoklassische Theorie von der Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes aus, wobei aufgrund der für eine Leasingfinanzierung charakteristischen Interdependenz zwischen leistungs- und finanzwirtschaftlichem Be- reich ebenso eine Vollkommenheit des Gütermarktes unterstellt wird.36 Unter dieser Be- dingung ist die Entscheidung zwischen Kauf mittels einer Kreditfinanzierung und Leasing irrelevant für die Wohlfahrt der Vertragsparteien.37 Diese Irrelevanz ergibt sich nicht zuletzt aus dem Vergleich der Finanzierungsalternativen auf Basis ihrer Zahlungsströ- me.38

In Abkehr von der vollkommenen Welt dieses kapitalwerttheoretischen Ansatzes wird Leasing nunmehr als "Instrument zur Überwindung realer Unvollkommenheiten und Un- sicherheiten bei Investitionsentscheidungen"39 betrachtet. Dabei zeichnet sich dieser mo- derne Ansatz durch drei wesentliche Merkmale aus, die im Verlauf des folgenden Kapi- tels eingehend erläutert werden:

- eine begrenzte Fähigkeit der Entscheidungsträger zur Informationsverar- beitung,

- eigennütziges ('opportunistisches') Verhalten der Individuen und - auf Dauer angelegte unvollständige Verträge.40

35 Zur Gründung von Objektgesellschaften als Besonderheit des Immobilien-Leasing vgl. BÜSCHGEN, 1992, S. 37 - 39.

36 Der vollkommene Kapitalmarkt zeichnet sich im wesentlichen durch Rationalverhalten der betei- ligten Vertragspartner, durch das Fehlen von Informations- und sonstigen Transaktionskosten und damit einhergehenden homogenen Erwartungen aller Beteiligten, sowie durch gleichen Marktzu- gang zu den Kapitalmärkten aus (vgl. FRANKE/HAX, 1990, S. 433).

37 Die Irrelevanzthese zwischen Kauf- und Leasingalternative wurde z.B. von MILLER/UPTON für sichere und unsichere Erwartungen nachgewiesen (vgl. MILLER/UPTON, 1976, S. 761 - 786).

38 Vgl. NEUS, 1991, S. 1432.

39 DIETZ, 1990, S. 1141.

40 Vgl.HAX, 1991, S. 55 f.

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Neben dem Vergleich von Zahlungsströmen gelangen mithin auch sozioökonomische Austauschbeziehungen, also Aspekte des Zusammenwirkens verschiedener Personen mit unterschiedlichen Präferenzen, in den Mittelpunkt des Interesses. Hieraus ergeben sich zahlreiche bisher nicht in Betracht gezogene Kriterien für die Beurteilung des kommuna- len Immobilien-Leasing in Abgrenzung zu einer Kommunalkreditfinanzierung.

3.1 Die Transaktionskostentheorie als Basis für Effizienzüberlegungen

Ziel dieses Abschnitts ist die Untersuchung derjenigen Bedingungen, unter denen ein Leasingvertragswerk als effizient charakterisiert werden kann und folglich eine dem Kommunalkredit vorziehenswürdige Alternative darstellt. Man spricht von einem effizi- enten Vertrag, wenn es keinen anderen Vertrag gibt, der für beide Vertragsparteien zu einem mindestens ebenso günstigen und für mindestens eine Partei zu einem besseren Ergebnis führt.41

Nun handelt es sich jedoch weder bei der Leasingfinanzierung noch bei dem Kommunal- kredit um von dem jeweiligen institutionellen Rahmen losgelöste Einzelverträge. Viel- mehr wird im folgenden von Koordinationsformen gesprochen, die durch eine Vielzahl von Einzelverträgen gekennzeichnet werden. So bildet das in Kapitel 2.4 vorgestellte Leasingvertragswerk eine mögliche Koordinationsform für die Realisierung und Finan- zierung kommunaler Investitionen. Der Kommunalkredit, verbunden mit einer von der öffentlichen Verwaltung organisierten Projekterstellung, bildet eine weitere mögliche Koordinationsform. Als effizient wird nunmehr diejenige Koordinationsform bezeichnet, bei der die Summe der insgesamt anfallenden Produktions- und Transaktionskosten mi- nimiert wird.42

3.1.1 Einführung in die Transaktionskostentheorie

Begründer der Transaktionskostentheorie ist COASE, der im Jahr 1937 in seinem Artikel

"The Nature of the Firm" die Existenz von Unternehmen als alternative Koordinations- form zum Marktmechanismus herausstellte. Er begründet diese Differenzierung damit, daß die Allokation über den Markt, also der Preismechanismus, mit spezifischen Kosten verbunden ist, die sich von den innerhalb einer Unternehmung entstehenden Anbahnungs- und Abwicklungskosten von Transaktionen unterscheiden. Marktakteure werden diejeni- ge Organisationsstruktur wählen, die mit den insgesamt niedrigsten Transaktionskosten

41 Vgl. HAX, 1991, S. 58.

42 Eine ausführliche Darstellung der Einflußfaktoren auf die Höhe der Produktionskosten beim kom- munalen Immobilien-Leasing findet sich bei DÖRHÖFER, 1993, S. 36 - 45 sowie BÜSCHGEN/ERGENZINGER, 1993, S. 112 - 142. Gegenstand der nachfolgenden Abschnitte sind le- diglich die Transaktionskosten.

(12)

einhergeht.43 In Abgrenzung zur Gleichgewichtstheorie, die aufgrund der Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes das Vorhandensein jeglicher Transaktionskosten negiert, stellt die neue Institutionenökonomik diese Kosten in den Mittelpunkt des Interesses. So beinhaltet die Organisation über den Markt zunächst die für das Auffinden relevanter Preise erforderlichen Informationskosten. Dazu kommen Verhandlungskosten, die mit der Anbahnung und Abwicklung von Tauschakten verbunden sind. Diese Kosten lassen sich durch die Organisation von Transaktionen innerhalb eines Unternehmens reduzieren, indem die Anzahl der im Rahmen von Markttransaktionen erforderlichen Einzelverträge vermindert wird. Es stellt sich sogleich die Frage: "Why is not all production carried out by one big firm?"44

Die Antwort hierauf sind die wachsenden Organisations- und Kontrollkosten, die mit der Anzahl der im Unternehmen ausgeführten Transaktionen positiv korrelieren. Dabei geht COASE davon aus, daß mit zunehmender Unternehmensgröße die Grenzerträge internali- sierter Marktvorgänge sinken. Die optimale Unternehmensgröße ist dementsprechend durch den Punkt gekennzeichnet, an dem die Grenzkosten einer zusätzlichen Internalisie- rung von Marktvorgängen in ein Unternehmen den Grenzkosten einer Inanspruchnahme des Preissystems entsprechen (Prinzip marginaler Substitution).45

Nachdem das Gedankengut von COASE lange Zeit vergessen schien, wurde es von WILLIAMSON erneut aufgegriffen und erweitert. Dabei beschränkte sich WILLIAMSON

ursprünglich auf die 'Market versus Hierarchy'-Frage46 und baute diese dann später aus.

Ausgehend von einer detaillierten Analyse der Transaktionen selbst, strebt WILLIAMSON

eine ökonomische Erklärung für die historische Entwicklung von Koordinationsformen i.S. des Transaktionskostenansatzes an. Er entwickelte eine Systematik, mit Hilfe derer gewissen Transaktionsmerkmalen die jeweilige kostenminimale Koordinationsform zuge- ordnet werden kann, wobei zahlreiche zwischen 'Markt' und 'Hierarchie' einzuordnende Koordinationsformen zur Disposition stehen.47

Wenngleich die Transaktionskostentheorie wegen mangelnder Operationalisierung der Transaktionskosten kritisiert wird48, eignet sie sich als Erklärungsansatz für kommunales Immobilien-Leasing, da die absolute Höhe der Transaktionskosten grundsätzlich gar

43 Vgl. COASE, 1937, S. 386 - 405; vgl. auch weitere Ausführungen zu diesem Thema wie BAU- ER/ILLING, 1992, S. 933 - 936, BÖSSMANN, 1983, S. 105 - 111 sowie BÖSSMANN, 1981, S. 667 - 674.

44 COASE, 1937, S. 394.

45 "(A) firm will tend to expand until the costs of organising an extra transaction within the firm become equal to the costs of carrying out the same transaction by the means of an exchange on the open market..." (COASE, 1937, S. 395).

46 Vgl. WILLIAMSON, 1967, S. 123 ff.; vgl. WILLIAMSON, 1973, S. 316 - 324.

47 Vgl. WILLIAMSON, 1979, S. 233 - 261; vgl. WILLIAMSON, 1990.

48 Vgl. PICOT, 1982, S. 270.

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nicht bekannt sein muß. Ziel ist dabei, das Immobilien-Leasing als kostenminimale Koor- dinationsform für bestimmte Arten kommunaler Investitionen darzustellen.

3.1.2 Begriffsabgrenzung 3.1.2.1 Transaktion

Für den Begriff der Transaktion gibt es in der Literatur keine einheitliche Definition.

Grundlage jeder begrifflichen Abgrenzung ist jedoch eine Austauschbeziehung.

WILLIAMSON definiert die Transaktion beispielsweise als Austausch von Gütern und Dienstleistungen: "A transaction may thus be said to occur when a good or service is transferred across a technologically separable interface"49. Dagegen stellen PICOT/DIETL

die dem reinen Güteraustausch zeitlich und logisch vorgelagerte Übertragung von Verfü- gungsrechten — die sog. Property-Rights — in den Vordergrund ihrer Überlegungen.50 Transaktionen werden in ihrem institutionellen Rahmen beurteilt, wobei dieser neben Märkten und Unternehmungen ebenso soziale Normen, die Sprache sowie rechtliche Einrichtungen wie Verfassungen, Vertragsformen oder Verfügungsrechte impliziert.51 3.1.2.2 Transaktionskosten

"Transaktionskosten sind die im Zusammenhang mit der Bestimmung, Übertragung und Durchsetzung von Verfügungsrechten entstehenden Kosten."52 Zwecks Präzisierung des Transaktionskostenbegriffs teilt PICOT in Anlehnung an die Phasen einer Transaktion die zugrundeliegenden Kosten in vier Kostengruppen ein:

(1) Anbahnungskosten wie beispielsweise Kosten der Informationssuche und -beschaffung bzgl. potentieller Transaktionspartner;

(2) Vereinbarungskosten, die bei Abschlüssen von Verträgen anfallen und durch die Dauer und Intensität der zugrundeliegenden Vertragsverhand- lungen beeinflußt werden;

(3) Kontrollkosten zur Sicherstellung der Einhaltung von Termin-, Qualitäts-, Mengen- und Preisvereinbarungen;

(4) Anpassungskosten, die bei der Anpassung von Vertragsklauseln an veränderte Bedingungen während der Vertragslaufzeit auftreten.

49 WILLIAMSON, 1981, S. 1544.

50 Property-Rights sind "die mit materiellen und immateriellen Gütern verbundenen, institutionell legitimierten Handlungsrechte eines oder mehrerer Wirtschaftssubjekte" (PICOT/DIETL, 1990, S.

178). Ein Überblick über Property-Rights gibt auch TIETZEL, 1981, S. 209 ff.

51 Vgl. PICOT/DIETL, 1990, S. 178.

52 PICOT/DIETL, 1990, S. 178.

(14)

Diese Kosten fallen je nach zugrundeliegender Transaktion unterschiedlich ins Gewicht.

Im Vordergrund von Transaktionen über den Markt stehen sicherlich Anbahnungs- und Vereinbarungskosten, wohingegen bei hierarchischen Koordinationsformen den Kon- trollkosten größere Bedeutung zukommt. An dieser Stelle sei betont, daß eine Operatio- nalisierung oder sogar Monetarisierung dieser Kosten mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist. Oftmals lassen sich Transaktionskosten auf Grundlage grober Schätzun- gen lediglich nominal oder ordinal erfassen.53 Eine genaue Quantifizierung kann somit nicht erfolgen. Damit lassen sich Transaktionskosten auch allgemein als 'Effizienzverlu- ste' oder auch 'Marktwertminderungen' charakterisieren.

3.1.3 Dimensionen von Transaktionen

WILLIAMSON stellt die Transaktionen in den Mittelpunkt seiner Betrachtung. Er ordnet diesen bestimmte charakteristische Eigenschaften zu, die er in drei Dimensionen zusam- menfaßt: Faktorspezifität, Unsicherheit und Häufigkeit. Jeder dieser drei Faktoren übt Einfluß auf die bei verschiedenen Koordinationsformen anfallenden Transaktionskosten aus, wobei der Faktorspezifität, von WILLIAMSON auch als 'asset specificity' bezeichnet, der höchste Stellenwert beizumessen ist.54

3.1.3.1 Faktorspezifität

Unter Faktorspezifität versteht WILLIAMSON die spezifische Beschaffenheit sowohl des Sachkapitals als auch des Humankapitals. Dabei wird in den folgenden Ausführungen das Sachkapital mit Investitionsgütern gleichgesetzt. Die Spezifität dieser Investitionen be- mißt sich nach ihrer alternativen Verwendungsfähigkeit. Vollkommen unspezifische Inve- stitionen können demnach ohne Wertverlust auf unterschiedliche Weise genutzt werden, wohingegen vollkommen spezifische Investitionen ausschließlich einer bestimmten Ver- wendung zugedacht sind. WILLIAMSON bezeichnet diese auch als idiosynkratische Inve- stitionen. Zwischen diesen beiden Extrema liegt ein Kontinuum an Spezifitätsgraden.55 Ist eine Investition an einen bestimmten Standort gebunden, so spricht WILLIAMSON von 'site specificity'.56 Sind Anlagen hingegen lediglich für die Erstellung bestimmter Pro- dukte geeignet, so bezeichnet WILLIAMSON dies als 'physical asset specificity'. Schließlich können zusätzliche Investitionen, die für einen bestimmten Auftrag getätigt werden, spe- zifischen Charakter haben. Wird dieser Auftrag nämlich zurückgezogen, so könnten da- durch Überkapazitäten entstehen. Derartige Investitionen werden auch als 'dedicated

53 Vgl. PICOT, 1982, S. 271 f.

54 Vgl. WILLIAMSON, 1984, S. 202.

55 Vgl. WILLIAMSON, 1984, S. 202 f.; vgl. auch WILLIAMSON, 1990, S. 60 f.

56 Es sind beispielsweise einige Produktionsanlagen zwecks Minimierung der Transport- oder Lager- kosten räumlich miteinander verbunden.

(15)

assets' umschrieben.57 Die Spezifität des Humankapitals leitet sich aus dem Erwerb spe- ziell auf eine Transaktion zugeschnittenen Wissens ab.

Der Begriff der Faktorspezifität läßt sich ebenso durch das Vorliegen einer Quasi-Rente erklären. Diese beschreibt die Differenz zwischen jenen Werten, die einer Investition im Rahmen einer bestimmten Verwendung zukommen, und solchen, welche die Investition bei ihrer nächst günstigsten alternativen Verwendung erzielt. Je höher der Spezifitätsgrad einer Investition ist, desto höher sind die für den Investor erzielbaren Quasi-Renten.58 3.1.3.2 Unsicherheit

Die Unsicherheit von Transaktionen bezieht sich zum einen auf die Unsicherheit der ökonomischen Umwelt und zum anderen auf die Unsicherheit, die sich aus dem Verhal- ten der Individuen begründen läßt. Die letztere, auch als 'behaviorial uncertainty' be- zeichnet, ist Gegenstand des Abschnitts 3.1.4.

Die Unsicherheit der ökonomischen Umwelt resultiert vornehmlich aus zufälligen Natur- ereignissen und unvorhersehbaren Veränderungen der Präferenzen der Wirtschaftssub- jekte.59 Von der Unsicherheit ist die Komplexität der Umwelt zu unterscheiden. Diese basiert auf einer sicheren Umwelt, die allerdings aufgrund des Umfangs der bei einer Ent- scheidungsfindung zu berücksichtigenden Faktoren von Menschen nicht vollständig er- faßt werden kann.60

Sowohl Unsicherheit als auch Komplexität gewinnen mit zunehmendem Spezifitätsgrad des Investitionsobjekts an Bedeutung. Bei nicht-spezifischen Transaktionen können leicht neue Tauschbeziehungen hergestellt werden, so daß der Kontinuität der Vertragsbezie- hung keine große Relevanz beigemessen wird. Demgegenüber gelangt bei transaktions- spezifischen Investitionen die Aufrechterhaltung einer langfristigen Vertragsbeziehung zwischen den beteiligten Parteien in den Mittelpunkt des Interesses. Unsicherheit und Komplexität erweisen sich in dieser Situation als Störfaktoren, denen durch die Wahl einer geeigneten Kooperationsform begegnet werden muß.61

3.1.3.3 Häufigkeit

Nach WILLIAMSON ist die dritte Dimension von Transaktionen die Häufigkeit, d.h. die Wiederholungsfrequenz der durchzuführenden Transaktionen. Sie ist für die folgenden Ausführungen relevant, da sie Einfluß auf die Auslastung spezialisierter Beherrschungs-

57 Vgl. WILLIAMSON, 1984, S. 214 f.

58 Vgl. PICOT/DIETL, 1990, S. 179.

59 Vgl.WILLIAMSON, 1990, S. 65.

60 Vgl. PICOT/DIETL, 1990, S. 179.

61 Vgl. WILLIAMSON, 1990, S. 68.

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und Überwachungssysteme nimmt.62 Die Kosten derartiger Systeme lassen sich durch ein hohes Transaktionsvolumen nicht zuletzt wegen des Effekts der Fixkostendegression leichter einbringen als bei niedriger Auslastung.63

3.1.4 Verhaltenstheoretische Annahmen

Dem Transaktionskostenansatz nach WILLIAMSON liegen verhaltenstheoretische Annah- men zugrunde, die von dem neoklassischen Gedankengut abweichen. Der neoklassische Ansatz wird nunmehr durch die Einbeziehung opportunistischen Verhaltens der Transak- tionspartner erweitert. Darüber hinaus wird die im neoklassischen Modell getroffene An- nahme rationalen Verhaltens der beteiligten Vertragsparteien durch die Unterstellung beschränkter Rationalität substituiert.

3.1.4.1 Opportunistisches Verhalten

WILLIAMSON versteht unter Opportunismus die Verfolgung von Eigeninteressen mögli- cherweise auch unter Zuhilfenahme von List.64 Damit unterstellt er den Menschen strate- gisches, eigennütziges Verhalten u.U. auch zum Nachteil anderer und unter Mißachtung sozialer Normen. Opportunismus kann sich in zwei Formen äußern: vor Vertragsab- schluß, oder erst bei der Vertragsdurchführung. Im ersten Fall offenbaren die Vertrags- parteien während der Vertragsaushandlung nicht sämtliche bekannte Informationen.65 Im zweiten Fall weisen sich die Beteiligten durch nicht-kooperatives, vertragsbrüchiges Verhalten bei der Vertragsdurchführung aus.66

WILLIAMSON weist allerdings darauf hin, daß nicht jeder einzelne unentwegt opportuni- stische Verhaltensweisen zeigt, sondern, daß nur einige Menschen zeitweilig dazu nei- gen. Die hieraus resultierende unterschiedliche Vertrauenswürdigkeit ist allerdings nach außen selten erkennbar. Folglich muß mit opportunistischem Verhalten etwaiger Ver- tragspartner gerechnet werden, das seinerseits zu einer Integration entsprechender Vor- kehrungen in den Vertrag führt.67 Opportunistisches Verhalten zeigt sich jedoch lediglich bei Vorliegen einer sogenannten 'Small-numbers-Situation', d.h. bei Vorhandensein weni- ger alternativer Transaktionspartner. Nur in dieser Situation kann der durch opportunisti- sches Verhalten geschädigte Vertragspartner nicht ohne weiteres einen neuen Partner finden. Damit bleibt die Vertragsbeziehung ungeachtet des vertragsbrüchigen und eigen-

62 Bzgl. Beherrschungs- und Überwachungssysteme siehe Kapitel 3.2.

63 Vgl. WILLIAMSON, 1990, S. 69.

64 "...opportunism, by which I mean self-interest seeking with guile." (WILLIAMSON, 1984, S. 198).

Neben dieser stärksten Form des Eigeninteresses, die der Transaktionskostentheorie zugrunde liegt, unterscheidet WILLIAMSON des weiteren eine halb-starke Form — die schlichte Verfolgung des Ei- geninteresses — und eine schwache Form, die er mit Gehorsam gleichsetzt (vgl. WILLIAMSON, 1984, S. 198 ff.).

65 "Opportunism refers to the incomplete or distorted disclosure of information, especially to calcula- ted efforts to mislead, disguise, obfuscate, or confuse" (WILLIAMSON, 1984, S. 199).

66 Vgl. WILLIAMSON, 1984, S. 198 f.

67 Vgl. WILLIAMSON, 1990, S. 73 f.

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nützigen Verhaltens bestehen. Stehen hingegen viele potentielle Vertragspartner zur Verfügung, so wird der durch Opportunismus Geschädigte sofort einen neuen Partner finden und die ursprüngliche Vertragsbeziehung abbrechen. Dadurch können bereits im Vorfeld opportunistische Verhaltensweisen eingeschränkt werden.68

In Abhängigkeit des Spezifitätsgrades der zugrundeliegenden Investition ist eine Trans- formation einer 'Large-numbers-Situation' in eine 'Small-numbers-Situation' denkbar.

WILLIAMSON bezeichnet diesen Vorgang als 'fundamentale Transformation'.69 Diese läßt sich bei Transaktionen feststellen, die zunächst mit Hilfe vieler Transaktionspartner durchgeführt werden können. Nachdem allerdings aus der Vielzahl potentieller Transak- tionspartner einer ausgewählt wurde, kann dieser "transaktionsspezifische Fähigkeiten sowie idiosynkratisches Wissen"70 mit in die Vertragsbeziehung einbringen. Damit erzielt er einen Vorteil gegenüber anderen Transaktionspartnern, die ursprünglich zur Dispositi- on standen. Es entwickelt sich aus einer unspezifischen Ausgangssituation eine monopol- artige Transaktionsbeziehung.71 In einer solchen 'Small-numbers-Situation', die aufgrund spezifischer Investitionen zu einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis der Vertrags- partner führt, gewinnt Opportunismus an Bedeutung.72

3.1.4.2 Beschränkte Rationalität

Die Verhaltensannahme der beschränkten Rationalität stützt sich auf die Erkenntnis von SIMON. Dieser entwickelte das Konzept der 'Bounded rationality', demzufolge Individuen zwar rationales Verhalten intendieren, dazu aber nur begrenzt in der Lage sind. SIMON

nennt hierfür zwei Ursachen: einerseits eine limitierte Informationsverarbeitungskapazität des menschlichen Gehirns (der Mensch ist nicht mit einem Computer gleichzusetzen) und andererseits kommunikative Probleme, die sich auf sprachliche Barrieren zurückführen lassen.73 Hinzu kommen menschliche Gefühle und Emotionen, die der Rationalität entge- genwirken.

Die Annahme beschränkter Rationalität erweist sich insbesondere bei Vorliegen einer komplexen und unsicheren Umwelt als problematisch. Je komplexer die Umwelt, desto schwieriger wird die Erfassung sämtlicher Handlungsalternativen. Die Folge ist das Ent- stehen unvollständiger Verträge, die im Verlauf der Vertragsbeziehung gewisser Anpas- sungen bedürfen.74

68 Vgl. WILLIAMSON, 1984, S. 207.

69 Vgl. WILLIAMSON, 1984, S. 207 f.

70 PICOT/DIETL, 1990, S. 179.

71 Vgl. WILLIAMSON, 1990, S. 61 und S. 70 f.

72 Vgl. PICOT/DIETL, 1990, S. 179.

73 Vgl. SIMON, 1957, S. 196 - 206. "... the principle of bounded rationality: The capacity of the hu- man mind for formulating and solving complex problems is very small compared with the size of the problems whose solution is required for objectively rational behavior in the real world..."

(SIMON, 1957, S. 198).

74 Vgl. PICOT/DIETL, 1990, S. 179.

(18)

3.2 Die Beherrschung und Überwachung von Vertragsbeziehungen

Bei den Ausführungen über die Beherrschung und Überwachung von Vertragsbeziehun- gen wird die Existenz sowohl einer genügend hohen Umwelt- als auch Verhaltensunsi- cherheit (opportunistisches Verhalten) unterstellt. Sobald sich die ökonomische Umwelt nicht durch diese Unsicherheit und Komplexität auszeichnet, können die Wirtschaftssub- jekte sämtliche Umweltkonstellationen und die sich daraus ergebenden vertraglichen Konsequenzen antizipieren75 und damit opportunistischem Verhalten entgegenwirken.

Gibt es hingegen kein opportunistisches Verhalten der Vertragspartner, lassen sich die durch die Umweltunsicherheit entstehenden unvorhergesehenen Ereignisse durch Anpas- sungsmaßnahmen auf kooperative Weise jederzeit auffangen.76

Das gemeinsame Auftreten von Verhaltens- und Umweltunsicherheit in Kombination mit unterschiedlich spezifischen Transaktionen veranlaßten WILLIAMSON zu einer Erweite- rung der Markt-Hierarchie-Dichotomie. Unter diesen Bedingungen lassen sich Transak- tionen nicht mehr ohne weiteres der Durchführung über den Marktmechanismus bzw.

innerhalb eines Unternehmens zuordnen. Es bedarf einer an der Spezifität und der Häu- figkeit der zugrundeliegenden Transaktionen ausgerichteten Zuordnung von Koordinati- onsformen. WILLIAMSON bezeichnet diese auch als Beherrschungs- und Überwachungs- systeme bzw. 'governance structure' und stellt diese in Anlehnung an die Vertragstypolo- gie des Rechtssoziologen MACNEIL dar.77

3.2.1 Effiziente Beherrschungs- und Überwachungssysteme nach WILLIAMSON

In Abhängigkeit der jeweiligen Arten von Transaktionen unterscheidet MACNEIL das klassische, neoklassische und relationale Vertragsrecht. Der klassische Vertrag kommt bei Koordinationen über den Markt zur Anwendung. Dabei werden Leistungen und Ge- genleistungen für jeden Zeitpunkt unter Berücksichtigung aller möglichen Umweltzu- stände eindeutig festgelegt, wobei aufgrund unspezifischer Transaktionen die Identität der Vertragspartner als belanglos erachtet wird.78 Es handelt sich daher um einen voll- ständigen Vertrag (Kontingenzvertrag), mit Hilfe dessen sowohl der Unsicherheit der ökonomischen Umwelt als auch der Verhaltensunsicherheit entgegengewirkt wird.79 WILLIAMSON bezeichnet das hiermit konformgehende Beherrschungs- und Überwa- chungssystem als Marktkontrolle.80

75 Es wird vorausgesetzt, daß die menschliche Rationalitätsgrenze nicht erreicht wird.

76 Vgl.PICOT/DIETL, 1990, S. 180.

77 Vgl. WILLIAMSON, 1990, S. 77 - 95.

78 Vgl. PICOT/DIETL, 1990, S. 181.

79 Zu weiteren Ausführungen bzgl. Kontingenzverträge und die damit verbundenen Probleme vgl.

SPREMANN, 1990, S. 573 f.

80 Vgl. WILLIAMSON, 1990, S. 83 f.

(19)

Mit zunehmendem Unsicherheitsgrad lassen sich hingegen nicht mehr alle relevanten zukünftigen Eventualitäten hinreichend erfassen. Dies führt bei spezifischen Investitionen zu Problemen, bei denen die Vertragspartner in einem gegenseitigen Abhängigkeitsver- hältnis stehen und somit nicht leicht auswechselbar sind ('Small-numbers-Situation'). Es kommt zum Abschluß neoklassischer, d.h. langfristiger, unvollständiger Verträge, welche die Tauschbeziehungen über den Markt zwar aufrechterhalten aber zusätzliche Kontroll- mechanismen zum Schutz vor Umweltunsicherheit wie auch opportunistischem Verhal- ten vorsehen. WILLIAMSON spricht auch von dreiseitiger Kontrolle, da häufig eine Dritt- partei zur Ausübung einer Schiedsrichterfunktion hinzugezogen wird. Dabei handelt es sich um außergerichtliche Schiedsstellen, die die Beilegung von Streitigkeiten oder auch die Beurteilung erbrachter Leistungen zur Aufgabe haben. Ein Architekt kann beispiels- weise als Schiedsrichter für erbrachte Bauleistungen fungieren.81

Mit zunehmendem Spezifitätsgrad und wachsender Häufigkeit der zugrundeliegenden Transaktionen nimmt das gegenseitige Abhängigkeitsverhältnis der Vertragspartner und die damit verbundene Bemühung um Aufrechterhaltung einer langfristigen Vertragsbe- ziehung zu. Es handelt sich nunmehr um einen relationalen Vertrag, der bei WILLIAMSON

als zweiseitige Kontrolle (für gemischt-spezifische Investitionen) und als vertikale Inte- gration (für hochspezifische Investitionen) bezeichnet wird.82

Die Absicherungsform der 'bilateral governance', also der zweiseitigen Kontrolle, be- schreibt eine enge Form der Kooperation zwischen rechtlich selbständigen Vertragspar- teien, die wegen der zugrundeliegenden spezifischen Transaktionen gegen unsichere Er- eignisse abgesichert werden muß. Als Absicherungsinstrument eignen sich vertraglich vereinbarte Anpassungsmechanismen, die durch exogene Ereignisse ausgelöst werden.

Es können beispielsweise approximative, von der wirtschaftlichen Lage abhängende, Gleitklauseln als Anpassungsmöglichkeit in einen Vertrag integriert werden.83

Mit zunehmender Spezifität des Investitionsguts ist diese Form der Zusammenarbeit al- lerdings nicht mehr haltbar. Die Gefahr opportunistischen Verhaltens führt zu der Ko- operationsform der vertikalen Integration. Synonym bezeichnet man diese auch als 'Hier- archie' oder 'Unternehmung'. Es handelt sich dabei um ein vereinheitlichtes System, wel- ches die Transaktionen vollständig dem Markt entzieht und in eine hierarchische Struktur eingliedert.84

81 Vgl. WILLIAMSON, 1990, S. 78 ff. und S. 84 f.

82 Vgl. WILLIAMSON, 1990, S. 80 und S. 85 ff.

83 Vgl. WILLIAMSON, 1990, S. 86 f.

84 Vgl. WILLIAMSON, 1990, S. 85 ff.

(20)

Für die systematische Zuordnung von Beherrschungs- und Überwachungssystemen zu den jeweiligen Typen von Transaktionen entwickelte WILLIAMSON die in Abbildung 2 dargestellte Zwei-mal-drei-Matrix. Er unterscheidet darin nicht-spezifische, gemischt- spezifische und hochspezifische Investitionen sowie gelegentliche und wiederholte Transaktionen.

Investitionsmerkmale

Häufigkeit wiederholtgelegentlich

nichtspezifisch gemischt hochspezifisch

Marktkontrolle (klassischer Vertrag) zweiseitige

Kontrolle

dreiseitige Kontrolle (neoklassischer Vertrag)

vereinheitlichte Kontrolle (Kooperation)

Abbildung 2: Effiziente Beherrschungs- und Überwachungssysteme85

3.2.2 Beherrschungs- und Überwachungssysteme für kommunale Investitionen Es stellt sich die Frage nach dem optimalen Beherrschungs- und Überwachungssystem für kommunale Investitionen. Dabei stehen im Mittelpunkt der Untersuchung gemischt- und hochspezifische Investitionen. Von nicht-spezifischen Investitionen wird abgesehen, da die im Rahmen dieser Arbeit behandelten Immobilien auf die speziellen Bedürfnisse der Kommune zugeschnitten sind und zumindest teilweise der hoheitlichen Aufgabener- füllung dienen. Damit ist ihre alternative Verwendungsfähigkeit eingeschränkt und eine Charakterisierung als gemischt-spezifisch oder sogar hochspezifisch gerechtfertigt.

Des weiteren wird von einer genügend hohen Unsicherheit und Komplexität der Umwelt ausgegangen, die aufgrund der beschränkten Rationalität der Entscheidungsträger nicht in ihrem ganzen Ausmaß erfaßt werden kann. Es muß darüber hinaus mit opportunisti-

85 Entnommen aus: WILLIAMSON, 1990, S. 89.

(21)

schem Verhalten der Vertragspartner gerechnet werden, deren persönliches Ziel die indi- viduelle Nutzenmaximierung ist.

Unter Anwendung der Systematik von WILLIAMSON sind für die Durchführung kommu- naler Investitionen unterschiedliche Koordinationsmöglichkeiten denkbar. Dabei bildet die Organisationsform des Marktes das eine Extrem und die öffentliche Verwaltung — auch als Hierarchie oder vertikale Integration bezeichnet — das andere Extrem für die Realisierung kommunaler Investitionen. Dazwischen läßt sich das kommunale Immobili- en-Leasing positionieren, bei dem Elemente der Marktorganisation mit solchen der Hier- archie kombiniert werden. Dabei lassen sich sowohl Merkmale der von WILLIAMSON

beschriebenen zweiseitigen Kontrolle (Kooperation) als auch der dreiseitigen Kontrolle wiederfinden. Eine abschließende Zuordnung des Immobilien-Leasing zu einer bestimm- ten Koordinationsform erscheint hier allerdings nicht sinnvoll, da es sich um eine auf den Einzelfall zugeschnittene Lösung handelt, die in verschiedenen Ausprägungsformen vor- zufinden ist. Überdies ist eine pauschale Einordnung des kommunalen Immobilien- Leasing aufgrund unterschiedlicher Spezifität der zugrundeliegenden Investition nicht möglich.

3.2.2.1 Der Markt als Koordinationsform für kommunale Investitionen

Zunächst wird untersucht, inwieweit sich kommunale Investitionen über den Marktme- chanismus realisieren lassen. Zweifelsohne ist der Markt eine effiziente Lösung für stan- dardisierte und häufig wiederkehrende Transaktionen, die eine Kommune beispielsweise im Konsumgüterbereich durchführt. Es ist jedoch fraglich, ob sich der Marktmechanis- mus auch für die Durchführung von Realinvestitionen — wie z.B. das vorgestellte Ga- steig Kulturzentrum — eignet.86 Eine derartige Organisationsform könnte am Beispiel dieses Kulturzentrums wie folgt aussehen:

Ein privater Investor baut und betreibt das Kulturzentrum. Für jede öffentliche Veran- staltung, d.h. für jedes einzelne Konzert müßten die Philharmoniker den Konzertsaal mieten. Auch die Benutzung aller übrigen Räume wäre nur nach Vereinbarung und gegen Entgelt möglich. Es fielen somit eine Vielzahl von Einzelverträgen an, die insgesamt mit sehr hohen Transaktionskosten — insbesondere Anbahnungs- und Vereinbarungsko- sten — einhergingen. Zudem müßte sich der private Investor absichern, daß die Stadt München und andere Nutzer die angebotenen Räumlichkeiten auch tatsächlich mieten.

Umgekehrt muß die Stadt München darauf vertrauen, daß die Räume nicht an andere Mieter zu höheren Mieten vermietet werden. Es entsteht eine langfristige auf gegenseiti- ges Vertrauen basierende Geschäftsbeziehung, bei der die Vertragspartner mit opportu- nistischem Verhalten des anderen rechnen müssen. Vor diesem Hintergrund läßt sich

86 Vgl. Abschnitt 2.1.

(22)

weder eine gemischt-spezifische noch eine hochspezifische Investition über den Marktmechanismus darstellen, weil es keinerlei Absicherungsinstrumente gibt, welche die Interessen der Vertragspartner sicherstellen.

3.2.2.2 Die Hierarchie als Koordinationsform für kommunale Investitionen

Die andere Extremlösung ist die Durchführung kommunaler Investitionen innerhalb der öffentlichen Verwaltung. Dabei wird das gesamte Projektmanagement (Planung, Aus- schreibung, Auftragsvergabe und Kontrolle) verwaltungsintern bei den jeweils zuständi- gen Ämtern vorgenommen, wobei die Investitionsfinanzierung zumeist über Kommunal- kredite erfolgt. Dies entspricht der vorherrschenden Praxis für die Realisierung gemischt- und hochspezifischer Investitionen.

Auf diese Weise wurde z.B. auch der Bau des Kulturzentrums am Gasteig begonnen.

Aufgrund stark angestiegener Kosten mußte dieses Investitionsprojekt allerdings abge- brochen werden. Man fragt sich nach den Ursachen einer solch unwirtschaftlichen Inve- stitionsdurchführung durch die öffentliche Verwaltung.

Es gibt verschiedene Erklärungsansätze für die Analyse wirtschaftlichen Handelns in öf- fentlichen Verwaltungen, von denen hier nur die Theorie der Property-Rights und die ökonomische Theorie der Bürokratie als Erklärungshilfe herangezogen werden.

Einen wichtigen Stellenwert nimmt die Theorie der Property-Rights ein.87 Danach ar- beiten private Unternehmen deshalb so kostengünstig, weil der erwirtschaftete Gewinn den Eigentümern zukommt. Die Chance der persönlichen Gewinnmaximierung ist zu- gleich Anreiz für prozeßinnovatives Arbeiten, welches zu weiteren Gewinnsteigerungen führen kann.88

Die Situation in öffentlichen Verwaltungen stellt sich unter dem Aspekt der Property- Rights deutlich anders dar. Grund hierfür ist der organisatorische Aufbau einer Bürokra- tie. Diese stellt ein streng hierarchisch gegliedertes System dar, bei dem Rechte und Pflichten der Mitglieder genau geregelt sind, und Verfahrensweisen zur Erledigung der anfallenden Aufgaben unter Einhaltung von Dienstwegen starr vorgegeben sind. Büro- kraten verfügen dabei über keine Eigentumsrechte an den Verwaltungsmitteln. Sie wer- den entsprechend ihrer hierarchischen Einordnung entlohnt und nach einer bestimmten Laufbahnordnung befördert. Vor dem Hintergrund fehlender positiver Anreize aus Ei-

87 Zur Theorie der Property-Rights vgl. auch MICHAELIS, 1989, S. 119 ff; vgl. auch GERUM 1989, S.

21 ff; vgl. ferner TIETZEL, 1981, S. 207-243.

88 Vgl. SCHEELE, 1992, S. 201.

(23)

gentumsrechten sowie fehlender leistungsbezogener Entlohnung der Bürokraten ist deren unwirtschaftliches Verhalten begründbar.89

Dieses Verhalten wird zudem durch unzureichende Kontrollen verstärkt. Da die vorge- setzten Bürokraten in das gleiche administrative System eingegliedert sind, besteht für sie nur ein geringer Anreiz, das Management von öffentlichen Unternehmen oder bestimm- ten Ämtern der öffentlichen Verwaltung zu kontrollieren.90 Eine strenge Kontrolle der eigenen Mitarbeiter führt nämlich nicht unbedingt zu persönlichem Nutzen in Form von Gehaltserhöhung oder erhöhtem Ansehen. Im Gegenteil, notwendige Kontrollen können zu unbeliebten Entscheidungen führen, die dem Ansehen des Vorgesetzten eventuell so- gar schaden.91

Ein anderer Erklärungsansatz ist die von NISKANEN entwickelte Budgetmaximierungshy- pothese, das Grundmodell der ökonomischen Theorie der Bürokratie. Diese geht von einem rational handelnden Bürokraten aus, der private Nutzenmaximierung anstrebt, indem er das Budget seiner Abteilung maximiert. Dabei wird eine positive Korrelation von persönlichen Nutzengrößen wie Einkommen, Nebenleistungen und Prestige mit der Anzahl der untergeordneten Mitarbeiter, die nicht zuletzt die Höhe des Budgets bestim- men, zugrunde gelegt.92

Daraus folgt, daß ein Bürokrat ein größeres Budget, welches für die Erfüllung seiner Aufgaben in dieser Höhe nicht notwendig ist, nicht zurückweisen wird. Er wird dieses für nicht unbedingt erforderliche aber angenehme Ausgaben verwenden wie z.B. höhere Ta- rifabschlüsse, Sonderzulagen für sich und seine Mitarbeiter oder eine Überbesetzung von Dienstposten. Dieses Verhalten ist nicht zuletzt durch das Vorliegen asymmetrisch ver- teilter Informationen zwischen dem Bürokraten und seinem vorgesetzten Politiker zu erklären.93

Aus den kurz dargestellten Ineffizienzen einer öffentlichen Verwaltung sowie den Hin- dernissen bei der Durchführung von gemischt- und hochspezifischen Investitionen über

89 Vgl. SCHWARZ, 1985, S. 45.

90 Vgl. SCHEELE, 1992, S. 201.

91 Diese Schwäche der öffentlichen Verwaltung könnte durch die Anwendung neuer Anreizmuster behoben werden. Vgl. dazu SCHEELE, 1992, S. 207 und die dort angegebenen Literaturhinweise bzgl. Reformmöglichkeiten in öffentlichen Verwaltungen.

92 Siehe hierzu ausführlich BLANKART, 1991, S. 389 - 407. Zur Kritik der Budgetmaximierungshy- pothese vgl. auch SCHWARZ, 1985, S. 52.

93 Diese Ansicht wird in der Literatur nicht unkritisiert gelassen. Es heißt, daß ein Politiker durch eine effiziente Kontrolle der Bürokraten Wählerstimmen maximieren kann, und aus diesem Grund bemüht sein wird, den Informationsvorsprung des Bürokraten zu verringern. Da im Rahmen dieser Arbeit auf diese Problematik nicht weiter eingegangen werden soll, vgl. dazu BLANKART, 1991, S.

399 sowie die dort angegebene Literatur.

(24)

den Marktmechanismus resultiert die Suche nach neuen effizienten Organisationsformen für spezifische Investitionen der öffentlichen Hand.

3.2.2.3 Das Immobilien-Leasing als Koordinationsform für kommunale Investi- tionen

Wie bereits einleitend ausgeführt, nimmt das Immobilien-Leasing eine Interimstellung zwischen Markt und Hierarchie ein. Die über die Marktorganisation anfallende Vielzahl von Verträgen wird ersetzt durch ein einziges umfangreiches Vertragswerk zwischen Leasinggesellschaft und Kommune. Dabei handelt es sich um ein langfristiges Vertrags- verhältnis, welches durch den Abschluß unvollständiger Verträge — als Bestandteile des gesamten Leasingvertragswerks — gekennzeichnet ist.

Derartig unvollständige Verträge bedürfen für ihre Verifizierbarkeit und Durchsetzbar- keit bestimmter Vorkehrungen, um zum einen opportunistischem Verhalten der Ver- tragspartner entgegenzuwirken und zum anderen Anpassungen an veränderte äußere Umstände zu ermöglichen. "...the object of governance is to (1) protect the interests of the respective parties and (2) adapt the relationship to changing circumstances."94 In Abhängigkeit der jeweiligen Beschaffenheit des zugrundeliegenden Investitionsobjekts handelt es sich hierbei um die von WILLIAMSON entwickelten Beherrschungs- und Über- wachungssysteme. Auf das kommunale Immobilien-Leasing sind sowohl Elemente der zweiseitigen Kontrolle (durch Abschluß relationaler Verträge) als auch Elemente der dreiseitigen Kontrolle (neoklassische Verträge) anwendbar.

Beispielhaft seien an dieser Stelle die im Mietvertrag zwischen Kommune und Leasing- gesellschaft vereinbarten Zinsanpassungsklauseln genannt, die eine Ausprägung des An- passungsmechanismus der zweiseitigen Kontrolle darstellen. Für die dreiseitige Kontrolle läßt sich die Hinzuziehung von neutralen Gutachtern anführen, welche die ordnungsge- mäße Vertragserfüllung sicherstellen sollen.95 Es gilt zu beachten, daß in Anlehnung an die Systematik von WILLIAMSON diese Instrumente lediglich für gemischt-spezifische Investitionen geeignet sind. Für hochspezifische Investitionen sieht WILLIAMSON die Hierarchie, d.h. also eine Organisation innerhalb der öffentlichen Verwaltung vor. Die folgende Untersuchung des kommunalen Immobilien-Leasing als Organisationsform zwi- schen Markt und Hierarchie beschränkt sich allerdings auf gemischt-spezifische Investi- tionen. Darunter fallen beispielsweise Verwaltungsgebäude, Schulen und Kulturzentren.

Mit dieser Einschränkung auf gemischt-spezifische Investitionen wird ebenfalls der Spe- zialleasingproblematik entsprochen. Dabei lassen sich die Beurteilungskriterien für Spe- zialleasing96 ebenso auf die hier vorgenommene Unterscheidung zwischen gemischt- und hochspezifischen Investitionen anwenden.

94 WILLIAMSON, 1979, S. 258.

95 Siehe hierzu ausführlich den nachfolgenden Abschnitt 3.3.

96 Vgl. DÖRHÖFER, 1992, S. 57 - 60.

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