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Archiv "2. Vereinbarkeit der Weiterbildungsordnung mit dem Grundgesetz" (27.06.1974)

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derkardiologie" an den Vorstand der Bundesärztekammer zurück- verwiesen worden. Der 75. Deut- sche Ärztetag 1972 befaßte sich mit den von der Ständigen Konferenz vorgelegten und vom Vorstand ge-

billigten Anregungen und beschloß

„die Weiterbildungszeit im Fachge- biet ‚Kinderarzt' wird von vier Jah- re auf fünf Jahre verlängert". Fer- ner wurde in die Anlage zur Wei- terbildungsordnung als Ziffer 9 das

„Teilgebiet ,Kinderkardiologie — ein- geführt.

Die Weiterbildungszeit wurde wie in den anderen Teilgebieten auf zwei Jahre festgelegt; davon sind mindestens eineinhalb Jahre im Stationsdienst abzuleisten. Die Weiterbildung in diesem Teilgebiet kann im Rahmen der Weiterbildung in der „Kinderheilkunde" absolviert werden.

2. Vereinbarkeit

der Weiterbildungs- ordnung

mit dem Grundgesetz

Seit 1967 war vor dem Bundesver- fassungsgericht ein Verfassungs- rechtsstreit anhängig, in dem ge- klärt werden sollte, ob es neben der Approbation zum Arzt auch eine Zulassung zum Facharzt gibt und ob die Erteilung der Facharzt- anerkennung — über den Kompe- tenzbereich der ärztlichen Selbst- verwaltung hinausgehend — ein dem Staat vorbehaltener besonde- rer Akt einer weiteren ärztlichen Berufszulassung ist.

Die Ärztekammern sehen die Tätig- keit als Facharzt von jeher ledig- lich als eine besondere Form der Berufsausübung im Rahmen des einheitlichen Berufes an. Im Hin- blick auf die Bedeutung dieses Rechtsstreites für die Erhaltung ei- nes einheitlichen ärztlichen Berufs- standes und darüber hinaus für den Leistungsstand der Medizin und die Leistungsmöglichkeiten der Ärzteschaft bei der gesundheit- lichen Betreuung der Bevölkerung, nahm der Vorstand der Bundesärz- tekammer zu der vom Bundesver-

fassungsgericht aufgeworfenen Frage wiederholt Stellung.

Dabei bestätigte er mit wichtigen Gründen den traditionell gewach- senen Rechtszustand, nach wel- chem die Facharztordnung ledig- lich das Führen einer zusätzlichen Berufsbezeichnung auf Grund ei- ner besonderen Weiterbildung beinhaltet, ebenso wie die Ver- pflichtung, die ärztliche Tätigkeit im wesentlichen auf das gewählte Fachgebiet zu beschränken. Am 9.

Mai 1972 entschied das Bundesver- fassungsgericht auf schriftlichem Wege. Einige Wochen später, Ende Juni 1972, also kurz nach Beendi- gung des 75. Deutschen Ärzteta- ges, ging der Beschluß des Bun- desverfassungsgerichtes den ärztli- chen Standesorganisationen zu.

Beschluß des

Bundesverfassungsgerichts

Die Leitsätze zum Beschluß des Er- sten Senats des Bundesverfas- sungsgerichts vom 9. Mai 1972 ha- ben folgenden Wortlaut:

O „Zur Regelung des Facharztwe- sens besitzt der Bund keine Ge- setzgebungszuständigkeit nach Ar- tikle 74 Nr. 19 GG."

O „Das Facharztwesen darf nicht ausschließlich der Regelung durch Satzungen der Ärztekammern (Facharztordnung) überlassen wer- den. Mindestens die ,statusbilden- den' Bestimmungen muß der Ge- setzgeber selbst treffen."

O „Zur Frage, ob der Facharzt seine ärztliche Tätigkeit auf sein Fachgebiet beschränken muß und nicht mehr als eine Facharztbe- zeichnung führen darf."

Mit der von dem höchsten deut- schen Gericht vertretenen Auffas- sung, daß der Bund keine Gesetz- gebungszuständigkeit zur Rege- lung des Facharztwesens besitzt, wurde die Auffassung der Bundes- ärztekammer bestätigt, nach wel- cher die Tätigkeit als Facharzt von jeher lediglich als eine besondere Form der Berufsausübung im Rah- men des einheitlichen Berufes Arzt zu betrachten ist.

Die in den Leitsätzen zwei und drei vertretenen Auffassungen hatten zwar nur geringe unmittelbare Aus- wirkungen auf die gegenwärtige Handhabung, werden jedoch auf die zukünftige Gestaltung des Facharztwesens tiefgreifenden Ein- fluß nehmen. Das Gericht hat die Pflicht des Facharztes zur Be- schränkung auf sein Fachgebiet zwar als sachgerecht anerkannt, doch gilt dies seiner Auffassung nach nur . „grundsätzlich", also nicht

„ausnahmslos". Die berufsgericht- liche Bestrafung eines Facharztes, dem ein Fall fachfremder Betäti- gung nachgewiesen werden konn- te, wurde deshalb von dem Gericht aufgehoben. Nur eine „systemati- sche" Tätigkeit des Facharztes au- ßerhalb seines Fachgebietes kann nach Auffassung des Bundesver- fassungsgerichts eine berufsge- richtliche Ahndung rechtfertigen.

Auch das Verbot des Führens meh- rerer Facharztbezeichnungen ver- warf das Bundesverfassungsge- richt nicht in vollem Umfang. Es wird aber dahingehend aufgelok- kert, daß die Führung mehrerer Facharztbezeichnungen jedenfalls dann nicht verboten werden kann, wenn es sich um verwandte oder ineinandergreifende Fachgebiete handelt, wie in dem zur Entschei- dung stehenden Fall eines Interni- sten und Röntgenologen. Daraus ergibt sich, daß sich die ärztliche Standesorganisation mit der Frage befassen muß, welche „Fachkom- binationen" zugelassen werden können und sollen, oder ob das Verbot mehrerer Facharztbezeich- nungen nicht überhaupt fallenge- lassen werden kann.

Zukünftige Regelung

Die Entscheidung des Bundesver- fassungsgerichts geht von der ge- wachsenen Facharztordnung aus, verlangt aber für die Zukunft, daß die „statusbildenden Normen" in ihren Grundzügen durch förmliche Landesgesetze festgelegt werden.

Was unter diesen statusbildenden Normen verstanden werden könn- te, führt das Bundesverfassungsge- richt wie nachstehend wiedergege- ben aus: „Etwa diejenigen Regeln, welche die Voraussetzungen der Facharztanerkennung, die zugelas-

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D. III. Weiterbildung

senen Facharztrichtungen, die Min- destdauer der Ausbildung, das Ver- fahren der Anerkennung, die Grün- de für eine Zurücknahme der Aner- kennung sowie endlich auch die allgemeine Stellung der Fachärzte innerhalb des gesamten Gesund- heitswesens betreffend, in den Grundzügen durch ein förmliches Gesetz festgelegt werden müssen."

Nach Ansicht des Gerichtes kön- nen „die dann noch erforderlichen, ergänzenden Regelungen nach Er- messen des Gesetzgebers dem Satzungsrecht der Ärztekammern überlassen bleiben". Im Zusam- menhang damit hält es das Bun- desverfassungsgericht für „er- wünscht, wenn nicht sogar gebo- ten" auch die besonderen Berufs- pflichten der Fachärzte (insbeson- dere die Pflicht zur grundsätzli- chen Beschränkung auf das Fach- gebiet oder das Verbot unsachge- mäßer Fachkombination) gesetz- lich zu verankern.

Folgerungen aus dem Beschluß Solange keine entsprechenden Landesgesetze erlassen sind, müs- sen die Ärztekammern die Organi- sation des Facharztwesens (insbe- sondere die Erteilung von Fach- arztanerkennungen) auf der bishe- rigen Grundlage weiterführen. Der Übernahme der durch den 75.

Deutschen Ärztetag beschlossenen Änderungen der Weiterbildungs- ordnung und der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde konnte nach Auffassung der Bundesärzte- kammer kein unmittelbarer Erfolg mehr beschieden sein, weil die Landesregierungen entsprechende Änderungen der Weiterbildungs- ordnungen angesichts der durch den Beschluß des Bundesverfas- sungsgerichtes geschaffenen neu- en Situation in der Regel nicht mehr ihre Zustimmung erteilen werden. Die Landesregierungen müssen vielmehr, sobald als mög- lich, die vom Gericht geforderte gesetzliche Regelung herbeiführen.

Aus diesem Grunde beauftragte der Vorstand der Bundesärztekam- mer einen besonderen Arbeits- kreis, praktikable Vorschläge für eine solche gesetzliche Regelung zu erarbeiten. Nur sofern es ge- lingt, auf diesem Weg zu einer sachgerechten und einheitlichen

(also in den Bundesländern über- einstimmenden) Regelung zu kom- men, kann eine Aufsplitterung des Facharztwesens in der Bundesre- publik verhindert werden. Andern- falls könnte nur noch durch eine Grundgesetzänderung die Verein- heitlichung erreicht werden, die dem Bund dann das Gesetzge- bungsrecht nicht nur für die Zulas- sung zum Arztberuf, sondern gene- rell für die Regelung des ärztlichen Berufes zuerkennen würde. Eine derartige Kompetenz besitzt der Bund zum Beispiel bei Rechtsan- wälten.

Der vom Vorstand der Bundesärz- tekammer eingesetzte Arbeitskreis erarbeitete bereits im Juli 1972 ei- nen Entwurf für ein Gesetz, die Neuregelung des Facharztwesens betreffend.

Auch die in dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichtes ange- sprochenen Länder erörterten nach Bekanntwerden des Be- schlusses die Situation. Die Ge- sundheitsminister der Länder be- auftragten die Konferenz der Lei- tenden Medizinalbeamten, den Ent- wurf für eine gesetzliche Regelung zu erstellen, und diese setzte einen besonderen Arbeitskreis ein, des- sen Vorsitz dem Präses der ham- burgischen Gesundheitsbehörde, Dr. Zylmann, übertragen wurde. Im September 1972 wurde zunächst bekannt, daß dieses Gremium die Auffassung vertrete, in allen Län- dern müsse eine einheitliche Rege- lung des Facharztwesens erfolgen.

Die Bundesärztekammer bearbeite- te und ergänzte den im Juli erstell- ten ersten Entwurf für eine Rege- lung des Facharztwesens in ständi- ger Fühlungnahme mit allen Landesärztekammern, so daß dem Anfang Dezember 1972 tagenden Präsidium des Deutschen Ärzteta- ges ausführlich über die Überle- gungen berichtet werden konnte, die zu der zum damaligen Zeit- punkt vorgelegten Fassung eines Gesetzentwurfes der ärztlichen Standesorganisation geführt hat- ten. Das Präsidium des Deutschen Ärztetages gab zu verschiedenen Bestimmungen des Entwurfes An- regungen, die der Vorstand der Bundesärztekammer Anfang Janu- ar 1973 beriet. Das Ergebnis der

zahlreichen Beratungen während der letzten Monate in den verschie- densten Gremien der Bundesärzte- kammer, insbesondere auch unter Einschaltung der Ständigen Konfe- renz „Ärztliche Weiterbildung", der

„Deutschen Akademie der Prakti- schen Ärzte" und der „Deutschen Akademie der Fachärzte" ist nach- stehend in den Grundzügen wie- dergegeben:

Gesetzliche Regelung des Facharztwesens —

Vorschlag der Bundesärztekammer Der von der Bundesärztekammer erarbeitete Entwurf einer gesetzli- chen Regelung des Facharztwe- sens geht von folgenden Grundsät- zen aus:

O Der Entwurf stellt einen Vor- schlag an die Landesgesetzgeber dar, das Facharztwesen wie bisher durch das auf der Grundlage der vom Deutschen Ärztetag beschlos- senen Musterweiterbildungsord- nung von den Landesärztekam- mern inhaltsgleich erlassene Sat- zungsrecht durch inhaltsgleiche Landesgesetze bundeseinheitlich zu regeln. Dabei soll diese gesetz- liche Regelung in einem besonde- ren Abschnitt des jeweiligen Kam- mergesetzes erfolgen, da auch nach der Entscheidung des Bun- desverfassungsgerichts die Rege- lung der vom Gesetzgeber festge- legten Grundzüge eine der wesent- lichen Aufgaben der Kammern blei- ben wird.

Bei der materiellrechtlichen Gestaltung des Entwurfs hat es sich als besonders schwierig er- wiesen, die in dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts nur an- deutungsweise getroffene Abgren- zung zwischen den durch formelles Recht festzulegenden „statusbil- denden Normen des Facharztwe- sens" und den dem Satzungsrecht der Ärztekammern verbleibenden

„ergänzenden Regelungen" in ei- nem Gesetzentwurf zu präzisieren.

Der Entwurf geht bei dieser Ab- grenzung zwischen notwendigem Gesetzesrecht und möglichem Sat- zungsrecht zunächst einmal davon aus, daß sich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf die

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Sondernummer 26a vom 19. 7. 1974 1969

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Besonderheiten des Facharztwe- sens beschränkt und damit die all- gemeinen, für jeden Arzt geltenden Berufspflichten nicht erfaßt. Über die im Entwurf einleitend vorgese- hene konkretisierte Ermächtigung zur Regelung der Berufspflichten durch die Ärztekammern in einer Berufsordnung hinaus enthält da- her der Entwurf keine Bestimmun- gen über allgemeine, jeden Arzt betreffende Berufsregeln. Der Ent- wurf geht darüber hinaus davon aus, daß eine detaillierte gesetzli- che Regelung des Facharztwesens angesichts der im ständigen Fluß befindlichen Entwicklung der Medi- zin nicht möglich ist und damit die gesetzliche Regelung des Fach- arztwesens, soll sie praktikabel sein, auf die Festlegung von Grundsätzen beschränkt sein muß, deren nähere Ausgestaltung den Ärztekammern im Rahmen der Weiterbildungsordnung obliegt.

Unter diesem Gesichtspunkt ist insbesondere die im Entwurf ge- troffene Bestimmung über die Fest- legung der Fachgebiete zu sehen, die im Rahmen von sechs gesetz- lich festgelegten Fachrichtungen die Festlegung konkreter Gebiets- bezeichnungen nach wie vor der Ärztekammer überträgt.

Die im Entwurf enthaltenen Be- stimmungen über die Mindestdauer der Weiterbildung, die Ermächti- gung zur Weiterbildung, das Ver- fahren bei der Weiterbildungser- mächtigung, die Anerkennung bzw.

Aberkennung einer Arztbezeich- nung sowie die Pflichten aus der Führung von Arztbezeichnungen orientieren sich inhaltlich an den Bestimmungen der jetzigen Weiter- bildungsordnung. Angesichts der Tatsache, daß sich das seit 1924 praktizierte autonome Satzungs- recht der Ärztekammern gerade auf dem Gebiet der Facharztweiterbil- dung besonders bewährt hat, be- stand kein Anlaß, von dieser prak- tikablen Regelung des Facharztwe- sens inhaltlich abzuweichen.

Der Entwurf berücksichtigt über die Entscheidung des Bun- desverfassungsgerichts hinaus auch den Beschluß des 71. Deut- schen Ärztetages, in der Weiterbil- dungsordnung bei den Arztbe- zeichnungen den Zusatz „Fach" zu

streichen, um eine Gleichstellung der Allgemeinärzte mit den Fach- ärzten zu ermöglichen. Diese An- gleichung der Arztbezeichnungen enthob jedoch nicht von der Ver- pflichtung, in der Gestaltung des Entwurfs den Besonderheiten der Allgemeinmedizin als dem die ge- samte Humanmedizin umfassenden Gebiet gegenüber den anderen nur Teilbereiche der Medizin umfas- senden Fachgebieten Rechnung zu tragen. Die für das Gebiet der All- gemeinmedizin nicht mögliche Ab- grenzung eines festumschriebenen Tätigkeitsbereichs mußte insbe- sondere bei der Regelung der vom Bundesverfassungsgericht bejah- ten Möglichkeit der Führung meh- rerer fachverwandter Arztbezeich- nungen berücksichtigt werden, um nicht die vom Bundesverfassungs- gericht selbst grundsätzlich für notwendig gehaltene Beschrän- kung des Facharztes auf sein Fachgebiet durch die zusätzliche Führung der Arztbezeichnung für Allgemeinmedizin ad absurdum zu führen.

Beratungen der Länder — Stellungnahmen der Ärzteschaft Die von der Arbeitsgemeinschaft der Leitenden Medizinalbeamten der Länder im Auftrage der Konfe- renz der Gesundheitsminister ge- bildete Arbeitsgruppe „Facharzt- recht" befaßte sich auch, wie schon erwähnt, seit Herbst 1972 mit der Erstellung des Entwurfes eines Mustergesetzes als Grundla- ge für die von den Bundesländern zu erlassenden landesgesetzlichen Regelungen. Um die Vorstellungen der ärztlichen Körperschaften und Verbände zu verschiedenen Fragen kennenzulernen, lud die Arbeits- gruppe unter Beifügung eines sechsseitigen Fragenkatalogs zu einer Anhörung am 20. März 1973 nach Hamburg ein. Den Berufsver- bänden und wissenschaftlichen Gesellschaften waren dieselben Fragen, mit der Bitte um schriftli- che Beantwortung, zugegangen. In Vorbereitung dieser Anhörung tra- ten die im Präsidium des Deut- schen Ärztetages vertretenen Or- ganisationen und Verbände zusam- men, um die Meinungsbildung vor- zubereiten und eine möglichst ein-

heitliche im Gesamtinteresse der Ärzteschaft liegende Äußerung zu erarbeiten. Von wenigen Berufsver- bänden und wissenschaftlichen Gesellschaften abgesehen, vertra- ten sämtliche ärztlichen Organisa- tionen und Verbände bei der Anhö- rung in allen Kardinalfragen die gemeinsam erarbeitete Auffassung, deren Basis der vorstehend wie- dergegebene Entwurf der Bundes- ärztekammer bildet.

Im Sommer 1973 wurde aus Krei- sen der Arbeitsgemeinschaft der Leitenden Medizinalbeamten der Länder erneut bekannt, daß diese eine einheitliche Regelung des Fach- arztwesens anstrebt. Die Haltung wurde nicht zuletzt wegen der zu erwartenden EG-Richtlinien über die Niederlassungsfreiheit und die gegenseitige Anerkennung der Di- plome eingenommen. Auf einer Ta- gung des Westdeutschen Medizini- schen Fakultätentages Ende 1973 teilte der Staatssekretär des Bun- desgesundheitsministeriums mit, daß die Ständige Konferenz der Ge- sundheitsminister der Länder hoffe, einen Vorschlag für die Facharztre- gelung bis zum Spätherbst erarbei- ten zu können.

Entwurf der Länder

Kurz vor dem 76. Deutschen Ärzte- tag im Oktober 1973 erhielt die Bundesärztekammer Kenntnis von dem „Musterentwurf eines Landes- gesetzes über das Facharztwesen".

Zur gleichen Zeit hatte die Arbeits- gruppe „Facharztrecht" der Ar- beitsgemeinschaft der Leitenden Medizinalbeamten auch Muster- entwürfe für das Fachzahnarzt- wesen und das Fachapothekerwe- sen erstellt. Diese Vorstellungen wurden unverzüglich im Vorstand und den zuständigen Ausschüssen der Bundesärztekammer beraten.

Der Deutsche Ärztetag wurde durch den Vorsitzenden der Wei- terbildungskonferenz der Bundes- ärztekammer, Prof. Dr. Sewering, schriftlich unterrichtet und münd- lich in allen Einzelheiten informiert.

Der 76. Deutsche Ärztetag nahm zu den zentralen Fragen des Ent- wurfes, der in seiner Grundanlage und Zielsetzung begrüßt wurde,

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D. III. Weiterbildung

eingehend Stellung und verab- schiedete die nachstehend wieder- gegebene Entschließung, die allen mit dieser Materie befaßten Behör- den und Institutionen zugleitet wur- de:

Entschließung

des 76. Deutschen Ärztetages

„Der Deutsche Ärztetag richtet an die Gesetzgebungsorgane der Län- der die dringende Bitte, die durch die Entscheidung des Bundesver- fassungsgerichts notwendig gewor- dene gesetzliche Neuregelung des Facharztwesens auf die Festlegung von Grundsätzen zu beschränken.

Ihre nähere Ausgestaltung muß der Selbstverwaltung der Ärzte in den Ärztekammern überlassen bleiben.

Eine über die Festlegung allgemei- ner Grundsätze hinausgehende de- taillierte gesetzliche Regelung wür- de die ständige Anpassung der Weiterbildung an den jeweiligen Stand der medizinischen Entwick- lung unzumutbar erschweren.

Die grundsätzliche Beschränkung der Tätigkeit eines Facharztes auf sein Fachgebiet muß im Interesse der Patienten erhalten bleiben, da ohne sie dle angesichts der ständi- gen Weiterentwicklung der Medizin erforderliche Spezialisierung be- hindert würde. Nur bei dieser Be- schränkung kann der Patient si- cher sein, daß sein behandelnder Arzt durch Überweisung zum je- weils erforderlichen Spezialisten alle Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Entwick- lung voll ausschöpft.

Ansätze in dem vorliegenden Mu- sterentwurf eines Facharztgeset- zes, die dazu führen können, die sich in praktischer ärztlicher Be- rufstätigkeit vollziehende ärztliche Weiterbildung zum Facharzt — learning by doing — in ein Aus- bildungsverhältnis umzuwandeln, müssen zurückgewiesen werden.

Die ärztliche Ausbildung endet nach der Bundesärzteordnung mit der Erteilung der Approbation. Be- stimmungen des Entwurfs, die zu einer sachlich nicht zu rechtferti- genden Beschränkung der freien Berufswahl und der Berufsaus- übung in und nach Abschluß der

Weiterbildung führen können, müs- sen beseitigt werden.

Regelungen, die nicht geeignet sind, die fachliche Qualifikation der Ärzte zu sichern, sondern die vor- rangig als ein Instrument der Ar- beitsmarktpolitik wirksam werden können, müssen entschieden abge- lehnt werden."

Sitzung der

Ländergesundheitsminister

Am 15. und 16. November 1973, also knapp vier Wochen nach dem Deutschen Ärztetag, fand in Berlin eine Tagung der für das Gesund- heitswesen zuständigen Minister der Bundesländer statt. In einer Pressekonferenz wurde mitgeteilt, daß der Entwurf eines „Landesge- setzes über das Facharztwesen"

nach intensiver Beratung einmütig, also mit den Stimmen aller Mini ster, verabschiedet worden sei.

Den von der Ärzteschaft dringlich vorgetragenen Änderungsvorschlä- gen wurde in keiner wesentlichen Frage entsprochen. Andererseits wurden aus der Sicht der Landes- ärztekammern schwerwiegende Änderungen vorgenommen. Diesen Vorstellungen zufolge soll die Facharztregelung noch stärker als ursprünglich vorgesehen, in die Hände des Staates gelegt werden.

Damit wurde mehr und mehr in Richtung der selbst vom Bundes- verfassungsgericht nicht akzeptier- ten Auffassung tendiert, nach wel- cher der Facharztberuf ein eigener Beruf sei. Dies kommt insbesonde- re dadurch zum Ausdruck, daß eine vom Staat selbst zu erlassen- de Prüfungsordnung für Fachärzte in den Gesetzentwurf eingearbeitet wurde. Durch die vorgesehene Teilnahme eines vom betreffenden Lande zu benennenden Vertreters sollte die Prüfung einen noch stär- keren staatlichen Charakter erhal- ten.

Die Neueinführung einer Prüfung in das Gesetz ist als gesundheits- politische Entscheidung der Län- dergesundheitsminister zu werten, da diese unter Außerachtlassung der fachlichen Vorstellungen der Leitenden Beamten der obersten Landesgesundheitsbehörden er- folgte. Die Gesundheitsminister-

konferenz beauftragte die Leiten- den Medizinalbeamten bis zum Frühjahr 1974 den Entwurf einer Prüfungsordnung im einzelnen zu erarbeiten und den Ministern bei der für Mai 1974 vorgesehenen nächsten Sitzung beschlußreif vor- zulegen.

Anfang 1974 wurde dann der von den Ministerien verabschiedete Mu- sterentwurf eines Landesgesetzes über das Facharztwesen im ein- zelnen bekannt. Dieser Entwurf setzt an die Stelle ärztlicher Selbst- verwaltung im Weiterbildungswesen weitgehend staatliche Reglementie- rung.

Dies kommt insbesondere dadurch zum Ausdruck, daß die Einführung von Gebiets- und Teilgebietsbe- zeichnungen notfalls erzwungen werden kann, da in Aussicht ge- nommen wurde, bei Widerstand der ärztlichen Selbstverwaltung die Länder über eine Rechtsverordnung selbst tätig werden zu lassen.

Der Staat soll im einzelnen feststel- len, welche Ärzte als „Weiterbil- dungsstätten" zugelassen werden und die vorgesehene Prüfung, gleich ob zum Facharzt oder Allge- meinarzt, beaufsichtigen können.

Diese Bestimmung ist geeignet, die heutige Weiterbildung zur Ausbil- dung zu deklarieren, da eine for- male Prüfung in unserem Lande stets den Abschluß eines Ausbil- dungsganges kennzeichnet. Zu- gleich könnte über die Prüfung eine Steuerung der Nachwuchs- zahlen erfolgen, da denkbar wäre, die Prüfungsanforderungen ent- sprechend dem Bedarf anzuheben.

Ein weiterer erheblicher Eingriff und eine noch nicht absehbare Be- schränkung der Freizügigkeit der sich weiterbildenden Ärzte soll da- durch erfolgen, daß die Weiterbil- dungsstätte in jedem Falle gewech- selt werden muß. Eine Bestim- mung, die in einigen Fächern von der Sache her nicht möglich oder nicht zweckmäßig ist. Sie würde zudem den Interessen des Nach- wuchses entgegenstehen.

Stellungnahme der Ärzteschaft Der Vorstand der Bundesärztekam- mer hat in ernster Sorge um die

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Sondernummer 26a vom 19. 7. 1974 1971

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Entwicklung der Weiterbildung die- se Vorstellungen der Ländermini- ster eingehend beraten und eine Denkschrift zu dem vorliegenden Entwurf beschlossen, die die Präsi- denten der Landesärztekammern den Ministerpräsidenten der Län- der in der Zwischenzeit übergeben haben. Diese Ausführungen sind im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT, Heft 9/1974, Seite 594 ff. zusammen mit dem Wortlaut des von der Konfe- renz der Gesundheitsminister der Länder verabschiedeten Entwurfes veröffentlicht. Die Bundesärzte- kammer machte darauf aufmerk- sam, daß bei der Verwirklichung dieses Gesetzes

..,_. die Weiterbildung in der Bun- desrepublik erschwert,

..,_. die Stellung des ärztlichen Nachwuchses an Krankenanstalten verschlechtert,

..,_. die ärztliche Versorgung der Pa- tienten durch nicht mehr kontrol- lierbare Auflockerung der dem ein- zelnen Facharzt gesetzten Grenzen beeinträchtigt wird und damit so- wohl zentrale Belange der Patien- ten als auch der Ärzte auf dem Spiel stehen.

Erneute Beratung der

Gesundheitsminister erforderlich Die Bundesärztekammer erhob die Forderung, den Gesetzentwurf noch einmal in der Gesundheitsmi- nisterkonferenz zu behandeln und der Bundesärztekammer Gelegen- heit zu geben, ihre Bedenken ge- gen die Vorstellungen dieses Gre- miums vorzutragen. Die Bundes- ärztekammer gab der Hoffnung Ausdruck, daß ihre Argumente, die durch den 77. Deutschen Ärztetag im Juni 1974 in Berlin nochmals beraten werden, die Minister über- zeugen. Sie ließ keinen Zweifel daran, daß zur Wahrung der be- rechtigten Belange der Patienten notfalls auch eine Auseinanderset- zung nicht gescheut werde.

Mit großem Interesse sieht die deutsche Ärzteschaft den Ergeb- nissen der Beratungen der Ge- sundheitsminister der Länder ent- gegen, die Mitte Mai wieder in Ber- lin zusammentreten werden. Weni-

ge Wochen später auf dem Deut- schen Ärztetag müssen sich die Delegierten mit den für die ärztli- che Berufsausübung noch nicht absehbaren Folgen dieser Erörte- rungen auseinandersetzen.

Prüfungsordnung

Obgleich die Bundesärztekammer hofft, daß die Vorstellungen über eine Prüfung bei den anstehenden Beratungen der Minister wieder fal- lengelassen werden, sei in diesem Zusammenhang darauf hingewie- sen, daß am 5. Februar 1974 ein

"Anhörverfahren ärztlicher Stan- des- und Berufsvertreter über den Erlaß einer Prüfungsordnung" in Harnburg stattfand. Von den ärztli- chen Organisationen und Verbän- den wurde auf die befürchteten Auswirkungen auf die Stellung der Assistenzärzte hingewiesen und die praktische Durchführbarkeit ei- nes derartigen Vorhabens bezwei-

felt, da allein schon geeignete Prü-

fer nicht in ausreichender Anzahl gewonnen werden könnten. Die Standesvertreter regten vielmehr an, die bisher schon mit Erfolg praktizierte Form des Gutachten- verfahrens beizubehalten, da die ständige Zusammenarbeit des er- mächtigten Arztes mit dem Weiter- zubildenden am ehesten geeignet ist, ein umfassendes Urteil über die Kenntnisse und Fähigkeiten des in der Weiterbildung stehenden jun- gen Arztes abzugeben. Demzufolge könne die beabsichtigte Überprü- fung nur als ergänzendes Ge- spräch zu den vorgelegten Zeug- nissen des die Weiterbildung ab- schließenden Arztes angesehen werden.

Derzeitiges Verfahren bei Facharztanerkennungen Wie aus der Mehrzahl der Bundes- länder zu erfahren war, haben sich die aufsichtsführenden Ministerien damit einverstanden erklärt, daß bis auf weiteres Facharztanerken- nungen auf Grund der derzeit gülti- gen Weiterbildungsordnung ausge- sprochen werden. Die Ministerien empfahlen jedoch, sofern die Rücknahme einer Anerkennung oder die Einleitung berufsgerichtli- cher Verfahren in Facharztfragen

vorgesehen sei, Zurückhaltung zu üben. Die Behörden baten, sofern derartige Maßnahmen unabweisbar erschienen, um vorherige Unter- richtung.

3. Weiterbildung in Teilzeittätigkeit

Der 74. Deutsche Ärztetag be- schloß in die Berufsordnung eine Vorschrift einzufügen, nach der die ärztliche Weiterbildung auch in Teilzeit-Arbeitsverhältnissen abge- leistet werden kann. Der Ärztetag wünschte, damit verheirateten Ärz- tinnen die Möglichkeit zu geben, auch neben ihren Pflichten als Hausfrau und Mutter eine Weiter- bildung zu absolvieren.

Entsprechend dem Auftrag des Ärztetages empfahl daher der Vor- stand der Bundesärztekammer auf Vorschlag der Ständigen Konfe- renz "Ärztliche Weiterbildung" den Landesärztekammern, die Einfü- gung eines weiteren Absatzes in § 25 der Berufsordnung mit folgen- dem Wortlaut:

"Ärztinnen, die wegen zwingender familiärer Verpflichtungen ihre Weiterbildung nicht ganztätig ab- leisten können, erhalten auf vorhe- rigen Antrag die Erlaubnis, bis zu zwei Jahren der in dieser Weiterbil- dungsordnung vorgeschriebenen Gesamtweiterbildungszeit anstaU in ganztägiger in halbtägiger Tätig- keit abzuleisten. Diese Halbtagstä- tigkeit wird zur Hälfte auf die Wei- terbildungszeit angerechnet. Das Ziel der Weiterbildung darf da- durch nicht gefährdet werden. Zwin- qende familiäre Verpflichtungen im Sinne von Satz 1 liegen vor, wenn die Ärztin einen Säugling oder ein Kleinkind im eigenen Hausstand zu versorgen hat. Das gleiche gilt für Ärzte bei entsprechenden Voraus- setzungen."

Bei dieser Empfehlung machte der Vorstand der Bundesärztekammer auf die Problematik der neuen Re- gelung, insbesondere im Hinblick vor allem auf die Bemühungen der Bundesärztekammer in der EG- Regelung von Teilzeitbeschäftigun- gen abzukommen, nachdrücklich

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