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Archiv "Prävention und Therapie der Adipositas" (17.10.2014)

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KLINISCHE LEITLINIE

Prävention und Therapie der Adipositas

Alfred Wirth, Martin Wabitsch, Hans Hauner

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund: Die hohe Prävalenz der Adipositas mit 24 % in der erwachsenen Bevölkerung und die gesundheitlichen Auswirkungen erfordern eine effektive Prävention und Therapie.

Methode: Es wurde eine systematische Literaturrecherche durchgeführt für den Zeitraum von 2005 bis 2012. Insgesamt wurden 4 495 Abstracts erfasst, von denen 119 Publikationen im strukturierten Konsensusverfahren durch eine in- terdisziplinäre Kommission unter der Beteiligung von zehn Fachgesellschaften bewertet und empfohlen wurden.

Ergebnisse: Die Adipositas (Body-mass-Index [BMI] ≥ 30 kg/m2) wird als chro- nische Krankheit charakterisiert. Der Prävention kommt eine besondere Bedeu- tung zu. Zur Gewichtsabnahme bei Adipositas und zur Stabilisierung eines re- duzierten Gewichts wird eine Kost mit einem Energiedefizit von 500 kcal/d und geringer Energiedichte empfohlen. Die Relation der Makronährstoffe ist für die Gewichtsabnahme zweitrangig. Übersteigt der BMI 30 kg/m2, können zeitlich begrenzt Formulaprodukte eingesetzt werden. Vermehrte Bewegung im Alltag und in der Freizeit begünstigt die Gewichtsabnahme und verbessert Risikofak- toren und Adipositas-assoziierte Krankheiten. Eine Verhaltensmodifikation be- ziehungsweise Verhaltenstherapie unterstützt eine Änderung der Ernährung und Bewegung im Alltag. Bezüglich einer Lebensstiländerung gibt es keine wissenschaftliche Evidenz für eine bestimmte Abfolge der Maßnahmen. Emp- fehlenswert sind Gewichtsreduktionsprogramme, deren Wirksamkeit wissen- schaftlich evaluiert ist. Chirurgische Interventionen sind im Vergleich zu kon- servativen Maßnahmen hinsichtlich der Reduktion des Körperfetts, Besserung von Adipositas-assoziierten Krankheiten und Senkung des Sterblichkeitsrisikos effektiver. Innerhalb von ein bis zwei Jahren ist eine Gewichtsabnahme von cir- ca 4 bis 6 kg unter Ernährungstherapie, von circa 2 bis 3 kg unter Bewegungs- therapie und von 20 bis 40 kg nach einer bariatrischen Operation in kontrollier- ten Studien festzustellen.

Schlussfolgerungen: Für wirksame Maßnahmen zur Prävention und Therapie der Adipositas gibt es eine gute wissenschaftliche Evidenz.

►Zitierweise

Wirth A, Wabitsch M, Hauner H: Clinical practice guideline:

The prevention and treatment of obesity. Dtsch Arztebl Int 2014; 111:

705–13. DOI: 10.3238/arztebl.2014.0705

D

ie gesundheitspolitische Bedeutung der Adiposi- tas ergibt sich vorwiegend aus der hohen Ver- breitung in der Bevölkerung und dem hohen Risiko für Begleit- und Folgeerkrankungen (1). Nach den Ergeb- nissen der bevölkerungsrepräsentativen Studie des Ro- bert Koch-Instituts DEGS (Studie zur Gesundheit Er- wachsener in Deutschland) waren im Zeitraum von 2008 bis 2011 23,3 % der Männer und 23,9 % der Frau- en adipös (2). Die Adipositashäufigkeit nimmt im Er- wachsenenalter bei Männern und Frauen altersabhängig um das Vierfache zu. Von 1999 bis 2009 ist insbesonde- re die Prävalenz von Personen mit einem Body-mass- Index (BMI) ≥ 35 kg/m2 deutlich angestiegen (3).

Die Adipositas impliziert vielfältige gesundheitliche Probleme wie Störungen des Wohlbefindens und der Lebensqualität, zahlreiche Folgekrankheiten, häufige Arbeitsunfähigkeit und vorzeitige Berentung sowie er- höhte Mortalität. Die gesundheitlichen Komplikationen sind durch die vermehrte Körperfettmasse und die da- durch bedingten endokrin-metabolischen Störungen und mechanischen Mehrbelastungen verursacht. Das Fettgewebe ist nicht nur ein Energiespeicher, sondern auch ein endokrin aktives Organ mit enger Verknüp- fung zum Intermediärstoffwechsel.

Methode

An der Leitlinie waren zwölf Experten aus zehn Fach- gesellschaften/Organisationen beteiligt (eKasten). Die Literaturrecherche und Evidenzbewertung wurde vom Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) im Auftrag der Deutschen Adipositas-Gesell- schaft (DAG) durchgeführt. Identifizierte relevante Leitlinien (n = 5) wurden mit dem deutschen Instru- ment zur methodischen Leitlinien-Bewertung (DELBI) bewertet und die Schlüsselempfehlungen extrahiert.

Im Recherchezeitraum 2005 bis März 2012 wurden 4 495 Abstracts erfasst. Durchsucht wurde die Daten- bank Medline über www.pubmed.org. Zusätzlich wur- den relevante ergänzende Publikationen per Handsu- che durch die Experten bis April 2014 berücksichtigt, so dass anzunehmen ist, dass keine Studien übersehen wurden, die die Aussagen der Leitlinie grundsätzlich infrage stellen (eGrafik). Die Auswahl (definierte Ein- und Ausschlusskriterien) und Bewertung (nach SIGN, „scottish intercollegiate guidelines network“, eTabelle) der Studien (n = 119) erfolgte durch Metho- dikerinnen des ÄZQ. Die anhand der Evidenztabellen und Quellleitlinien formulierten Empfehlungen wur- den im Rahmen von strukturierten Konsensuskonfe- renzen sowie nachgeschalteten Delphi-Verfahren (un-

Bad Rothenfelde: Prof. Dr. med. Wirth

Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Sektion Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, Universität Ulm, Ulm: Prof. Dr. med. Wabitsch

Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, Else-Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin, München: Prof. Dr. med. Hauner

(2)

ter Moderation des ÄZQ) konsentiert. Nach einer ex- ternen Begutachtungsphase wurde die finale Version der Leitlinie erstellt.

Die folgenden Ausführungen geben zentrale Inhalte der Leitlinie wieder. Die vollständigen Texte sind unter www.adipositas-gesellschaft.de zu finden.

Adipositas – eine Krankheit

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO), das Bundes- sozialgericht, das Europäische Parlament und die Deut- sche Adipositas-Gesellschaft betrachten die Adipositas als eine chronische Erkrankung, die auf einer komple- xen Interaktion zwischen genetischen Faktoren und Umwelt- beziehungsweise Lebensstilfaktoren beruht, mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität einhergeht und einer lebenslangen Therapie bedarf. Da es sich um eine heterogene Störung handelt, sind eine individuelle Bewertung, Risikoabschätzung und Therapieindikation erforderlich.

Prävention der Adipositas

In Anbetracht der hohen Prävalenz der Adipositas und der schwierigen Therapie kommt der Prävention eine besondere Bedeutung zu. Um Übergewicht und Adipo- sitas zu verhindern, sollen Personen sich bedarfsge- recht ernähren, regelmäßig körperlich bewegen und das Gewicht regelmäßig kontrollieren (Evidenzklasse [EK] 1–4, Empfehlungsgrad [EG] A, eTabelle). Was die Ernährung betrifft, so sollten Lebensmittel mit ho- her Energiedichte reduziert und solche mit geringer Energiedichte vermehrt verzehrt werden (EK 2, EG B).

Lebensmittel mit geringer Energiedichte aufgrund ei- nes hohen Wasser- oder Ballaststoffgehaltes, wie Voll- kornprodukte, Obst und Gemüse, sättigen im Verhältnis besser und weisen einen geringen Energiegehalt auf (4). Nach Auffassung der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

liegt nicht genügend Evidenz für eine Vermeidung energiedichter Lebensmittel bei einem BMI über 25 kg/m2 vor. Die Deutsche Gesellschaft für Ernäh- rungsmedizin (DGEM) erwähnt, dass auch eine medi- terrane Kost Übergewicht und Adipositas verhindert.

Zudem führt die Leitlinie aus, dass der Konsum von Alkohol, Fast Food und zuckerhaltigen Getränken re- duziert werden sollte (EK 2, EG B) (5). Fast Food hat oft einen hohen Anteil an Fett und Zucker und ist damit sehr energiedicht (6). Zuckergesüßte Getränke, aber auch Fruchtsäfte und Nektare haben einen hohen Zu- ckergehalt und sättigen wenig (7).

Ein inaktiver Lebensstil mit häufigem Sitzen und Beschäftigungen mit Fernsehen, Internet und ähnli- chem begünstigt eine Gewichtszunahme (EK 1–4, EG B). Bewegung im Alltag und in der Freizeit wirkt prä- ventiv. Erreicht wird dieses Ziel am besten durch aus- dauerorientierte körperliche Belastungen (Einsatz gro- ßer Muskelgruppen) mit einer Dauer von mehr als zwei Stunden pro Woche (8).

Wer soll Gewicht abnehmen?

Die Indikation zur Behandlung von Übergewicht und Adipositas ist abhängig vom BMI und der Körper - fettverteilung unter Berücksichtigung von Komorbidi- täten, Risikofaktoren und Patientenpräferenzen (EK 4, EG A). Indikationen sind:

BMI ≥ 30 kg/m2 (Adipositas)

BMI von 25 bis 30 kg/m2 (Übergewicht) und gleichzeitiges Vorliegen

− von übergewichtsbedingten Gesundheitsstörun- gen (zum Beispiel Hypertonie, Diabetes melli- tus Typ 2) oder

− einer abdominalen Adipositas oder

− von Erkrankungen, die durch Übergewicht ver- schlimmert werden oder

− eines hohen psychosozialen Leidensdrucks.

Kontraindikationen für eine Gewichtsreduktion sind konsumierende Erkrankungen sowie eine Schwanger- schaft.

Therapie der Adipositas Ziele

Die Behandlungsziele sollten realistisch und an individu- elle Bedingungen (zum Beispiel Erfahrungen, Ressour- cen, Risiken) angepasst sein (EK 4, EG B). Ziele sind:

langfristige Senkung des Körpergewichts:

− BMI 25 bis 35 kg/m2: > 5 % des Ausgangsge- wichtes

− BMI > 35 kg/m2: > 10 % des Ausgangsgewich-

Verbesserung Adipositas-assoziierter Risikofakto-tes

renReduzierung Adipositas-assoziierter Krankheiten

Verminderung des Risikos für vorzeitige Sterb- lichkeit

Verhinderung von Arbeitsunfähigkeit und vorzei- tiger Berentung

Verminderung psychosozialer Störungen

Steigerung der Lebensqualität.

GRAFIK 1

Gewichtsabnahme bei 4 Kostformen mit verschiedenen Makronährstoffzusammen - setzungen bei 811 Frauen und Männern (BMI 25–40 kg/m2) im Alter von 30–70 Jahren und unterschiedlichen Energierelationen (%) von Kohlenhydraten: Eiweiß: Fett (13).

Gewichtsabnahme (kg)

Monate 0

1 2 3 4 5 6 7

0 6 12 18 24

65/15/40 55/25/20 45/15/40 35/25/40

(3)

Ernährungstherapie

Menschen mit Adipositas sollen individualisierte Er- nährungsempfehlungen erhalten, die an Therapieziele und Risikoprofile angepasst werden (EK 4, EG A).

Dies kann nur bei Akzeptanz einer Lebensstiländerung und praxisnahen Empfehlungen langfristig erfolgreich sein. Zu dieser Empfehlung liegen keine validen Studi- en vor.

Zur Durchführung einer Ernährungstherapie soll im Rahmen der medizinischen Betreuung eine Ernäh- rungsberatung (Einzelberatung oder in Gruppen) ange- boten werden (EK 1, EG A). Gruppensitzungen sind in der Regel effektiver als Einzelberatungen. Die DGEM hält einen EG B statt A für gerechtfertigt.

Zur Gewichtsreduktion sollen dem Patienten Er- nährungsformen empfohlen werden, die über einen ausreichenden Zeitraum zu einem Energiedefizit führen und keine Gesundheitsschäden hervorrufen (EK 1–4, EG A).

Um das Körpergewicht zu reduzieren, sollte durch eine Reduktionskost ein tägliches Energiedefizit von etwa 500 kcal/Tag, in Einzelfällen auch höher, ange- strebt werden (EK 1–4, EG B). Um dies zu erreichen, können verschiedene Ernährungsstrategien verwendet werden (EK 1–4, EG 0):

Reduktion des Fettverzehrs

Reduktion des Kohlenhydratverzehrs

Reduktion des Fett- und Kohlenhydratverzehrs.

Die DGEM führt aus, dass eine umfangreiche Litera- tur hierfür vorläge und der EG A gerechtfertigt sei.

Mit einem Energiedefizit von 500 bis 600 kcal/Tag wird eine Gewichtsabnahme von circa 0,5 kg/Woche über einen Zeitraum von 12 bis maximal 24 Wochen erreicht (9). Der immer noch hohe Fettkonsum in Deutschland kann durch einfache Maßnahmen reduziert werden (10).

Unter einer kohlenhydratreduzierten Ernährung („low- carb“) kommt es anfänglich zu einer deutlicheren Ge- wichtsabnahme als bei anderen Kostformen, nach einem TABELLE 1

Effekte verschiedener Formen der Ernährungstherapie auf das Körpergewicht bei übergewichtigen/adipösen Personen*

*Die Auswahl der Metaanalysen und der RCTs erfolgte qualitätsbezogen nach Teilnehmerzahl, Studiendauer, Kontrollintervention und Messparameter/Messmethode.

n. g., nicht genannt; F, Fett; P, Protein; KH, Kohlenhydrate; LOCF, „last observation carried forward“; n. s., nicht signifikant; RCT, randomisierte kontrollierte Studie Zahl der Teilnehmer

alleinige Fettreduktion 1 910

Ernährungstherapie 6 386 (Intervention) 5 407 („usual care“)

kohlenhydratarme vs. fettreduzierte Reduktionskost 447

Hoch- vs. Niedrigproteinkost 1 086

mediterrane Kost 3 436

neuere Originaldaten 811

772

Studienart

Metaanalyse von 19 RCTs bei Erwachsenen

Metaanalyse von 46 RCTs

Metaanalyse von 5 RCTs

Metaanalyse von 15 RCTs

Metaanalyse von 16 RCTs bei Erwachsenen

RCT,

verschiedene Makronährstoffzusammensetzungen:

20 % F/ 15 % P/ 65 % KH 20 % F/ 25 % P/ 55 % KH 40 % F/ 15 % P/ 45 % KH 40 % F/ 25 % P/ 35 % KH

RCT, kommerzielles Gruppenprogramm vs. „standard care“ beim Hausarzt

Dauer 2–12 Monate

> 4 Monate

6 Monate, 12 Monate

n. g.

n. g.

24 Monate

12 Monate

Effekt

−3,2 kg (−1,9 bis −4,5 kg), pro 10 kg höherem Körpergewicht größerer Gewichtsverlust (−2,6 kg)

Senkung des Gewichts um 1,9 BMI-Einheiten oder 6 % des Ausgangsgewichts

nach 6 Monaten:

größerer Gewichtsverlust von −3,3 kg (−5,3 bis −1,4 kg) unter KH-reduzierter Kost;

nach 12 Monaten:

Gewichtsunterschied aufgehoben (−1,0 kg [−3,5 bis 1,0 kg, n. s.])

proteinreiche Kost führt zu einer stärkeren Senkung des Körpergewichts um

−0,39 kg (−1,43 bis 0,65 kg, n. s.)

alle Studien:

−1,75 kg (−2,86 bis −0,64 kg), Studien mit Kalorienbegrenzung:

−3,88 kg (−6,54 bis −1,21 kg)

nach 6 Monaten

Gewichtsverlust von 6 kg in allen Armen, nach 2 Jahren mittlerer Gewichtsverlust von 4 kg, kein Unterschied zwischen Kostformen

−5,1 vs. −2,25 kg (LOCF), Rate der Ausscheider: 42 %

Literatur (10)

(14)

(11)

(15)

(16)

(13)

(28)

(4)

Jahr ist die Differenz nicht mehr feststellbar (11). Mehrere große Studien haben in den letzten Jahren überzeugend gezeigt, dass die Makronährstoffzusammensetzung (Ver- hältnis von Fett : Kohlenhydraten : Eiweiß) für die Ge- wichtsabnahme unwesentlich ist (Grafik 1) (12, 13). Ver- schiedene Reduktionskostformen (alleinige Fettreduktion, kohlenhydratarme Kost, energiebegrenzte Mischkost, me- diterrane Kost) führen zu einer Gewichtsabnahme von cir- ca 4 kg in ein bis zwei Jahren (Tabelle 1). Wichtiger als die Nährstoffrelation sind individuelle Erfahrungen, Kennt- nisse und Ressourcen. Die DGEM hält den EG B statt 0 für dieses Vorgehen für gerechtfertigt.

Um das Therapieziel zu erreichen, kann der Einsatz von Formulaprodukten mit einer Energiezufuhr von 800 bis 1 200 kcal/Tag erwogen werden (EK 1, EG 0). Diese Kostform wird für Personen mit einem BMI ≥ 30 kg/m2 für maximal zwölf Wochen empfohlen, Gewichtsabnah- men von 0,5 bis 2,0 kg/Woche sind zu erwarten (17). In die Behandlung soll ein Arzt wegen des erhöhten Neben- wirkungsrisikos eingebunden sein (EK 1, EG A). Nach Ansicht der DGEM sind Formuladiäten in hochwertigen Kohortenstudien gut untersucht, der EG A statt 0 wird da- her favorisiert. Formuladiäten sind die wirksamste diäteti- sche Methode zur initialen Gewichtsreduktion.

Extrem einseitige Ernährungsformen sollen wegen hoher medizinischer Risiken und fehlendem Langzeit- erfolg nicht empfohlen werden (EK 4, EG A). Kost- formen mit extremer Nährstoffverteilung (zum Bei- spiel sogenannte „Crash“-Diäten) sind in Deutschland weit verbreitet. Belastbare Studien zu deren Wirksam- keit und Sicherheit liegen nicht vor. Da Nutzen und Risiken nicht bekannt sind, können sie nicht empfoh- len werden.

Steigerung der Bewegung

Für eine effektive Gewichtsabnahme sollte man sich

> 150 min/Woche mit einem Energieverbrauch von 1 200 bis 1 800 kcal/Woche bewegen (8). Krafttraining allein ist für die Gewichtsreduktion wenig effektiv (EK 2–4, EG B) (18). Der Energieverbrauch durch Bewegung wird oft überschätzt. Wenn große Muskelgruppen einge- setzt werden, die Intensität moderat bis hoch ist und die Belastung lange dauert, kann mit einer Gewichtsabnah- me gerechnet werden. Gut kontrollierte Studien und Me- taanalysen zeigen eine Gewichtsabnahme von circa 2 kg und eine Abnahme des viszeralen Fetts von circa 6 % in sechs bis zwölf Monaten (Tabelle 2).

Es sollte sichergestellt werden, dass übergewichtige und adipöse Menschen keine Kontraindikationen für zusätzliche körperliche Aktivität aufweisen. Das gilt vor allem für Patienten mit einem BMI ≥ 35 kg/m2 (EK 4, EG B).

Übergewichtige und adipöse Menschen sollen auf die gesundheitlichen (metabolischen, kardiovaskulären und psychosozialen) Vorteile der körperlichen Aktivität hingewiesen werden, die sich unabhängig von der Ge- wichtsreduktion ergeben (EK 4, EG A). Der gesund- heitliche Nutzen vermehrter Bewegung ist nicht allein an der Gewichtsabnahme, auch nicht bei adipösen Per- sonen, festzumachen (23).

TABELLE 2Auswirkungen körperlicher Aktivität auf die Gewichtsabnahme hinsichtlich Körpergewicht und viszeralem Fett abhängig von Bewegungsart, Intensität und Umfang*

*Die Auswahl der Studien erfolgte qualitätsbezogen nach Teilnehmerzahl, Studiendauer, Kontrollierbarkeit und Messparameter/Messmethoden. Angegeben sind Mittelwerte und Konfidenzintervalle bzw. Standardabweichung. W, Woche Anzahl

202

249

1 847

3 476 Charakteristika

Frauen und nner, 40–75 J.

Frauen und nner, 18–70 J.

14 Studien Metaanalyse

43 Studien Cochrane Dauer

12 Monate

3 Monate

12 Wochen bis 12 Monate

12 Monate Teilnahme (%)939082 rperliche Aktivität

ArtAusdauer- training

Kontrollen

Krafttraining

Ausdauer- trainingKraft- undAusdauer- trainingAusdauer- training

Ausdauer- training Intensität

60–85 % max. Herzfrequenz

8–12 Wiederho-lungen

ca. 75 % max.O2-Aufnahme

siehe oben

gre Heterogenität

gre Heterogenität Umfang

6 x 60 min/W

3 x 30 min/W

3 x 30 min/W

6 x 30 min/W

gre Heterogenität

gre Heterogenität Körpergewicht (kg)Frauen1,4 (1,8)nner1,8 (1,8)Frauen +0,7 (+0,9)nner0,1 (+0,9)+0,7 (2,4)

2,0 (3,8)

2,1 (3,2)

1,7 (2,29 bis 1,11)

2,0 (2,1 bis 0,7) viszerales Fett (%)Frauen4,8 nner7,5

keine signifikanten Änderungen

+0,5

8,4

7,1 Kommentar

Zusammenhang zwischen Bewegungsumfang und Veränderungen von Gewicht und Körperzusammensetzung („Dosis-Wirkungs-Beziehung“)

Gut kontrollierte Studie: Supervision, Ernährungsprotokolle.Ein Krafttraining hatte keinen messbaren Effekt, auch nicht in Kombination mit einemAusdauertraining.

Nur 2 Studien hatten einen Umfang von > 225 min/W. positive Dosis-Wirkungsbeziehung Literatur

(19)

(20)

(21)

(22)

(5)

Interventionen zur Verhaltensmodifikation Verhaltenstherapeutische Interventionen im Einzel- oder Gruppensetting sollen Bestandteil eines Pro- gramms zur Gewichtsreduktion sein (EK 1, EG A). Die Intervention soll primär zur Lebensstiländerung hin- sichtlich Ernährung und Bewegung erfolgen (auch durch qualifizierte Nichtpsychotherapeuten). Mit zu- nehmender Ausprägung von Begleitsymptomatik (zum Beispiel komorbide Depression, Essstörung, Motivati- onsprobleme) sollten ärztliche oder psychologische Psychotherapeuten in die Behandlung einbezogen und Patienten sollten durch Ernährungs- und Bewegungs- therapie unterstützt werden (24).

Zur Intervention stehen verschiedene Strategien zur Verfügung, sie sollten an die Situation und die Wün- sche der Betroffenen angepasst werden (25) (Kasten).

Gewichtsreduktionsprogramme

Menschen mit Adipositas sollten Gewichtsreduktions- programme angeboten werden, die sich an der individu- ellen Situation und den Therapiezielen orientieren (EK 4, EG B). Die Gewichtsreduktionsprogramme sollen die Bestandteile des Basisprogramms (Bewegungs-, Er - nährungs- und Verhaltenstherapie) umfassen (EK 1–2, EG A). In die tabellarische Übersicht wurden nur Pro- gramme mit publizierten Daten aufgenommen (Tabelle 3).

KASTEN

Strategien zur Gewichtsreduktion können

folgende psychotherapeutische Elemente enthalten (EK 1–2, EG 0):

Selbstbeobachtung von Verhalten und Fortschritt (Körpergewicht, Essmenge, Bewegung)

Einübung eines flexibel kontrollierten Ess- und Bewegungsverhaltens (im Gegensatz zur rigiden Verhaltenskontrolle)

Stimuluskontrolle (Stimulus = externer Auslöser für Nahrungsaufnahme)

Strategien zum Umgang mit wieder ansteigendem Gewicht

soziale Unterstützung

kognitive Umstrukturierung (Modifizierung des dysfunktionalen Gedankenmusters)

Zielvereinbarungen

Problemlösetraining/Konfliktlösetraining

soziales Kompetenztraining/Selbstbehauptungstraining

Verstärkerstrategien (z. B. Belohnung von Veränderungen)

Rückfallprävention

TABELLE 3

Kommerzielle Programme in Deutschland zur Gewichtsreduktion, zu denen mindestens eine Publikation in einer Zeitschrift mit Peer-Review-Verfahren vorliegt*

*Lagen von einem Programm mehrere Publikationen vor, wurde die Veröffentlichung in der Zeitschrift mit dem höchsten Impact-Faktor ausgewählt;

BMI, Body-mass-Index; LOCF, „last observation carried forward“; BOCF, „baseline observation carried forward“; RCT, randomisierte kontrollierte Studie mittlerer BMI (kg/m2)

Zahl der Teilnehmer

Formuladiät Wiegen der Probanden

∆ kg (1 Jahr)

∆ kg (1 Jahr) Frauen

∆ kg (1 Jahr) Männer Ausscheider Typ

Studienqualität

Literatur

Ich nehme ab (DGE) ca. 30 verschiedene Studien

nein ja nicht angegeben

−2,3/−2,0/

−1,3

−4,1

16–35 % RCT RCT Studien mit

und ohne persönliche Beratung

(26)

Abnehmen mit Genuss (AOK)

31,0 45 869

nein Selbstauskunft nicht angegeben

−2,2 (BOCF)

−2,9 (BOCF)

51 % Beobachtung alle Teilnehmer in Deutschland von

2006 bis 2010

(27)

Weight Watchers 31,4 772 (377 Weight

Watchers) nein

ja

−5,1 (LOCF, Weight Watchers)

−2,3 (LOCF, Kontrolle)

nicht angegeben

nicht angegeben 39 % (W.W.)

RCT Erfolg im Vergleich RCT zur ärztlichen Stan-

dardberatung (28)

Bodymed

33,4 665

ja ja

−9,8 (LOCF)

nicht angegeben

nicht angegeben

23 % Beobachtung

selektierte Stichprobe (von ca. 500 Bodymed-Centern

in Deutschland) (29)

M.O.B.I.L.I.S

35,7 5 025

nein ja

−5,1 (BOCF)

−5,0 (BOCF)

−5,9 (BOCF)

14 % Beobachtung 316 Gruppen von 2004 bis 2011

(30)

Optifast-52

40,8 8 296

ja ja

−16,4 (LOCF)

−15,2 (LOCF)

−19,4 (LOCF)

42 % Beobachtung alle Teilnehmer,

alle Zentren in Deutschland von 1999 bis 2007

(31)

(6)

Die DGEM erwähnt, dass Menschen mit Adipositas nur positiv evaluierte Programme angeboten werden sollten, die sich an der individuellen Situation und den Therapiezielen orientieren. Programme, deren Wirk- samkeit unklar sei, weil zum Beispiel keine gemesse- nen Daten zum Gewichtsverlauf vorliegen, sollten aus- geschlossen werden.

Gewichtssenkende Medikamente

Eine medikamentöse Therapie soll nur in Kombination mit einem Basisprogramm (Ernährungstherapie, Bewe- gungstherapie, Verhaltenstherapie) durchgeführt wer- den. Als Wirkstoff kommt nur Orlistat in frage (EK 1, EG A). Die Indikation zur Behandlung ist gegeben, wenn der BMI 28 kg/m2 überschreitet und zusätzliche Risikofaktoren oder Komorbiditäten vorliegen, der BMI ≥ 30 kg/m2 liegt und unter der Basistherapie in- nerhalb von sechs Monaten die Gewichtsabnahme

< 5 % betrug (32).

Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 und einem BMI ≥ 30 kg/m2 können bei unzureichender glykämi- scher Kontrolle unter Metformin auch GLP-1-Mimeti- ka und SGLT2-Inhibitoren verwenden (EK 1, EG 0).

Die erwähnten Substanzen sollten alternativ zu Anti- diabetika, die eine Gewichtszunahme fördern, wie Sul- fonylharnstoffe, Glinide, Glitazone und Insulin, erwo- gen werden (33).

Die DEGAM führt aus, dass für GLP-1-Analoga eine unzureichende Studienlage bezüglich klinischer Endpunkte vorhanden sei. Sie weist auf das mögli- cherweise erhöhte Risiko für Pankreaserkrankungen hin.

Arzneimittel (zum Beispiel Amphetamine, Diureti- ka, humanes Choriongonadotropin [HCG], Testosteron, Thyroxin, Wachstumshormone) und Medizinprodukte/

Nahrungsergänzungsmittel sollen zur Gewichtsabnah- me nicht empfohlen werden (EK 4, EG A). Bei den er- wähnten Arzneimitteln sind Nutzen und Risiko nicht akzeptabel und bei Medizinprodukten/Nahrungsergän- zungsmitteln fehlt der Wirksamkeitsnachweis.

Langfristige Gewichtsstabilisierung

Maßnahmen zur langfristigen Gewichtsstabilisie- rung sollten Aspekte der Ernährungstherapie, der Be- wegungstherapie und der Verhaltenstherapie sowie die Motivation der Betroffenen berücksichtigen (EK 4, EG B).

Um die Gewichtsstabilisierung zu unterstützen, sol- len langfristige Behandlungs- und Kontaktangebote nach erfolgter Gewichtsreduktion verfügbar sein, die auch kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze mit einbeziehen (EK 1, EG A) (34).

Den Patienten soll empfohlen werden, nach einer Phase der Gewichtsreduktion eine vermehrte körper- liche Aktivität zur Gewichtsstabilisierung beizube- halten (EK 1–2, EG A). Die Praxis zeigt, dass fast al- le Patienten, die nach einer Abnehmphase das Ge- wicht halten, körperlich aktiv geblieben oder gewor- den sind (35). Nach Gewichtsabnahmen von 7 bis 14 kg nehmen körperlich aktive Personen in ein bis

TABELLE 4Gewichtsstabilisierung: Änderung von Körpergewicht und viszeralem Fett durch vermehrte körperliche Aktivität nach einer Phase der Gewichtsreduktion*

*Die Auswahl der Studien erfolgte qualitätsbezogen nach Teilnehmerzahl, Studiendauer, Kontrollierbarkeit und Messparameter/Messmethode. 1RM, „1 repetition maximum“; W, Woche Anzahl

202

97

2 796 Charakteristika

Frauen und nner 25–50 J.

Frauen und nner 21–46 J.

Frauen und nner über 18 J., Registerteilnehmer Gesamt -dauer

30 Monate

18 Monate

> 1 Jahr 1. Phase: Gewichtsreduktion(kg) durch Reduktionskost und Bewegung

7,7 kg in 6 Monaten

15,1 kg in 6 Monaten

12,3 kg in 6 Monaten durchReduktionskost

Gewichts reduktion von > 13,6 kg 2. Phase: rperliche Aktivität

ArtWalking

Walking

LaufbandKraftgeräte

Kontroll gruppe

Walking 81 % Kraftsport 29 % Kardiogeräte 15 % Teilnahme (%)79778279 Intensität

80 % max. Herzfrequenz

80 % 1RM

sehr heterogen Energiever-brauch/Dauer

ca.1 200 kcal/W> 2 500 kcal/W

2 x 40 min/W

2 x 40 min/W

> 1 000 kcal/W25 %> 3 000 kcal/W35 % Körpergewicht (kg)+6,7 kg in 24 Monaten+3,0 kg in 24 Monaten+3,1 kg in 12 Monaten+3,9 kg in 12 Monaten+6,1 kg in 12 Monaten viszerales Fett (%)

+1,6

+0+25 Kommentar

selbst eine hohe Aktivität kann eine Gewichtszunahme nicht komplett verhindern

Ausdauer- und Krafttraining reduzieren die Zunahme von Gewicht und viszeralem Fett

Gewicht wurde > 1 Jahr gehalten, wenn ein Energieverbrauch von 2 621 kcal/W entspechend einer Aktivität von 60–75 min/d mit moderater und von 34–45 min/d mit hoher Intensität gewährleistet war Literatur

(36)

(37)

(38)

(7)

zwei Jahren etwa die Hälfte des verlorenen Gewichts wieder zu (Tabelle 4). Patienten sollten darauf hinge- wiesen werden, dass eine fettreduzierte Kost geeig- net ist, einen Wiederanstieg des Körpergewichts zu verhindern (EK 1–2, EG B) (39). Bei Gewichtsab- nahmen von 12 bis 24 kg unter einer sehr niedrig ka- lorischen Kost waren Gewichtszunahmen von < 5 kg nach ein bis zwei Jahren unter einer energiereduzier- ten Mischkost feststellbar (Tabelle 5).

Regelmäßiges Wiegen trägt zu einer besseren Stabi- lisierung des Gewichts nach erfolgreicher Gewichtsab- nahme bei (EK 4, EG B) (e2).

Chirurgischer Eingriff bei extremer Adipositas

Bei Patienten mit extremer Adipositas soll ein chirurgi- scher Eingriff erwogen werden (EK 1–3, EG A). Im Vergleich zu konservativen Maßnahmen ist die chirur- gische Therapie hinsichtlich Reduktion des Körper- fetts, Besserung von Adipositas-assoziierten Krankhei- ten und Senkung des Sterblichkeitsrisikos effektiver (e3–e5) (Grafik 2).

Die Indikation für einen Adipositas-chirurgischen Eingriff soll gemäß dem BMI wie folgt gegeben sein, wenn die konservativen Behandlungsmöglichkeiten er- schöpft sind (EK 4, EG A):

Adipositas Grad III (BMI ≥ 40 kg/m2) oder

Adipositas Grad II (BMI ≥ 35 und < 40 kg/m2) mit erheblichen Komorbiditäten (zum Beispiel Diabetes mellitus Typ 2) oder

Adipositas Grad I (BMI > 30 und < 35 kg/m2) bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 (Sonderfälle).

Bewirkt eine multimodale konservative Therapie in sechs Monaten einen Gewichtsverlust von ≤ 10 % bei Patienten mit einem BMI von 35 bis 39,9 kg/m2 und

≤ 20 % bei einem BMI ≥ 40 kg/m2, ist eine chirurgi- sche Therapie zu erwägen (1). Die DGEM vermerkt hierzu: Die Indikation bei einem BMI ≥ 40 kg/m2 sollte gegeben sein, wenn das Gewicht um ≤ 10 % des Aus- gangsgewicht verringert wurde. Für Patienten mit Dia- betes mellitus Typ 2 ergebe sich ein EG B, da die Studi- enlage nicht ausreichend sei.

Eine chirurgische Therapie kann auch primär ohne eine präoperative konservative Therapie durchge- TABELLE 5

Gewichtserhaltung nach Gewichtsabnahme durch Ernährungsumstellung*

Die Auswahl der Metaanalysen erfolgte qualitätsbezogen nach Teilnehmerzahl, Studiendauer, Kontrollintervention und Messparameter/Messmethode.

VLCD, „very low calorie diet“, sehr niedrig-kalorische Kostformen (< 800 kcal/Tag); LCD, „low calorie diet“ (< 1 000 kg/Tag); EMK, energiebegrenzte Mischkost (Energiedefizit 500−600 kcal/Tag);

RCT, randomisierte kontrollierte Studie Studien/

Metaanalyse

Metaanalyse von 29 US-Studien

Metaanalyse

von 46 RCTs (Ernährungs- beratung vs. „usual care“) Metaanalyse

von 20 RCTs

1. Phase Gewichtsabnahme

im Durchschnitt VLCD: 24,1 kg EMK: 8,8 kg

mittlerer Gewichtsverlust von 1,9 BMI-Einheiten nach 12 Monaten (entspricht – 6 %)

Gewichtsverlust von 12,3 kg unter VLCD bzw. LCD

(< 1 000 kcal/Tag)

2. Phase:

Gewichtserhaltung Dauer des Follow-up

4,5 Jahre (VLCD: 55 % der initialen Teilnehmer, LCD: 80 % der Teilnehmer)

6 bis 48 Monate

18 bis 36 Monate

10 bis 26 Monate

3 bis 12 Monate 6 Monate

3 bis 14 Monate

6 bis 12 Monate

Gewichtsänderung VLCD: −6,6 % (−5,6 bis −7,5 %)

vom Ausgangsgewicht EMK: 2,1 % (1,6 bis 2,7 %);

kein Geschlechtsunterschied;

bei größerer Bewegung: −12,5 % (−11,2 bis −13,7 %) Wiederzunahme des Körpergewichts um 0,02 bis 0,03 BMI-Einheiten pro Monat

(entspricht ca. 1 kg/Jahr) Medikamente:

Effekt von +3,5 kg, 3 RCTs, 658 Teilnehmer Mahlzeitenersatz:

+3,9 kg, 4 Studien, 372 Teilnehmer proteinreiche Kost:

+1,5 kg, 6 Studien, 865 Teilnehmer andere Kostformen:

+1,2 kg, 3 Studien 564 Teilnehmer Nahrungsergänzungsmittel:

+/−0 kg, 6 Studien, 261 Teilnehmer Bewegungsprogramm:

+0,8 kg, 5 Studien, 347 Teilnehmer

Literatur

(40)

(14)

(e1)

(8)

führt werden, wenn die konservative Therapie ohne Aussicht auf Erfolg ist oder der Gesundheitszustand des Patienten keinen Aufschub eines operativen Eingriffs zur Besserung durch Gewichtsreduktion erlaubt (EK 4, EG 0).

Infrage kommen schwere Begleitkrankheiten, ein BMI ≥ 50 kg/m2 und schwierige psychosoziale Um- stände. Die DGEM sieht diese Indikation bei Immo- bilität, nicht erfolgreicher Ernährungstherapie und hohem Insulinbedarf gegeben.

Patienten sollen vor der Operation einer Evaluati- on unterzogen werden mit Erfassung der metaboli- schen, kardiovaskulären, psychosozialen und Ernäh- rungssituation (EK 4, EG A).

Nach einer bariatrischen Operation soll eine le- benslange interdisziplinäre Nachsorge durchgeführt werden (EK 4, EG A) (e6).

Zur Qualitätssicherung sollten Patienten, die sich einem gewichtsreduzierenden Eingriff unterziehen, in einem zentralen nationalen Register erfasst wer- den (EK 4, EG B).

Interessenkonflikt

Prof. Hauer wurde honoriert für Beratertätigkeiten (Advisory Board) von Weight Watchers International und Apothecom. Er hat Studienunterstützung (Drittmittel) erhalten von Weight Watchers International und den Firmen Riemser GmbH und Certmedica.

Prof. Wirth wurde honoriert für Beratungstätigkeiten von der Firma Riemser GmbH.

Prof. Wabitsch hat Vortragshonorare erhalten von der Firma von Johnson und Johnson MEDICAL GmbH.

Manuskriptdaten

eingereicht: 17. 7. 2014, revidierte Fassung angenommen: 23. 7. 2014

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KERNAUSSAGEN

Adipositas (BMI ≥ 30 kg/m2) ist eine chronische Krankheit.

Die hohe Prävalenz der Adipositas mit 24 % bei Erwachsenen erfordert effekti- ve Prävention und Therapie.

Zur Gewichtsabnahme bei Adipositas und Stabilisierung des reduzierten Ge- wichts ist eine Kost mit einem Energiedefizit von 500 kcal/d effektiv. Empfohlen wird eine Kost mit geringer Energiedichte, das Verhältnis der Makronährstoffe Fett, Kohlenhydraten und Eiweiß zueinander ist von nachrangiger Bedeutung.

Eine Verhaltensmodifikation unterstützt eine Änderung der Ernährung und Be- wegung im Alltag.

Bei Patienten mit extremer Adipositas sollte ein chirurgischer Eingriff erwogen werden.

GRAFIK 2 Häufige

Operations - methoden bei

extremer Adipositas a) Schlauchmagen

b) Magenband c) Magenbypass (aus: Runkel N, et al.: Clinical practice guideline:

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Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Alfred Wirth Sonnenhang 1a 49214 Bad Rothenfelde wirthbr@t-online.de

Zitierweise

Wirth A, Wabitsch M, Hauner H: Clinical practice guideline:

The prevention and treatment of obesity. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 705–13.

DOI: 10.3238/arztebl.2014.0705

@

Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:

www.aerzteblatt.de/lit4214 oder über QR-Code eKasten, eGrafik, eTabelle:

www.aerzteblatt.de/14m0705 oder über QR-Code The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de

(10)

KLINISCHE LEITLINIE

Prävention und Therapie der Adipositas

Alfred Wirth, Martin Wabitsch, Hans Hauner

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Referenzen

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