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FÜR SIE GELESEN
Befolgung
ärztlicher Anordnungen
Alle Langzeitbehandlungen erfor- dern im Gegensatz zur Akutbehand- lung ein besonders hohes Maß an Befolgungsverhalten gegenüber ärztlichen Anweisungen; überwie- gend wird der englische Terminus
Compliance gebraucht. Zwischen der Befolgung ärztlicher Anweisun- gen und den Variablen Alter, Ge- schlecht und Familien- oder Bil- dungsstand bestehen keine signifi- kanten Beziehungen. Erstaunlich ist, daß es keine wirkstoffspezifische Compliance-Rate gibt und daß die Dosierung und die Nebenwirkungen eines Medikaments wenig Einfluß auf die Compliance-Rate haben. Ei- ne leicht zu identifizierende Persön- lichkeitsstruktur, die eine bestimmte Compliance-Rate voraussagbar ma- chen könnte, gibt es nicht, lediglich eine feindselige oder aggressive Einstellung dem Arzt gegenüber läßt eine niedrigere Compliance erwar- ten. Bei den psychiatrischen Patien- ten lassen besonders Schizophrene mit einer paranoiden Symptomatik und schwer Erkrankte (gemessen an der Anzahl der Krankenhausaufent- halte) eine geringe Compliance er- warten. Eine hohe Befolgungsquote wird bei Patienten gefunden, die überwiegend berufstätig sind, Kon- takte mit Mitpatienten haben und deren Medikamenteneinnahme von Familienmitgliedern, Nachbarn, Ar- beitskollegen oder Freunden über- wacht wird. Der Arzt sollte auf Kon- fliktsituationen achten, die den Pa- tienten an der Befolgung therapeuti- scher Maßnahmen hindern könnten, anstatt ihn als Objekt seiner ärztli- chen Therapiebemühungen zu be- trachten.
Therapeutische Ansätze zur Verbes- serung der Compliance:
• Die Hintergründe von Non-Com- pliance können nur dann erhellt werden, wenn bei der notwendigen Diagnostik der Compliance auf je- des Moralisieren verzichtet wird.
(;) Bei stationär behandelten Patien- ten sollte vor der Entlassung eine
Selbstverantwortlichkeit hinsicht- lich der Medikamenteneinnahme er- reicht werden. Es wird sogar disku- tiert, ob eine Erziehung zur Selbst- medikation erreicht werden kann.
Der Verbesserung der Compli- ance dienen moderne kognitive und verhaltensorientierte Therapiefor- men, sie sollen erreichen, daß die langfristig positiven Konsequenzen der Medikamenteneinnahme (er- wünschter therapeutischer Effekt) deutlicher werden, damit die kurzfri- stig negativen Konsequenzen (Ne- benwirkung) nicht verhaltenssteu- ernd werden. Bck
Hermann, U.: Medizinisch-soziologische Ana- lyse der Einflußfaktoren auf „Compliance", Der Nervenarzt 50 (1979) 102-108 — Linden, M.:
Therapeutische Ansätze zur Verbesserung von
„Compliance", Der Nervenarzt 50 (1979) 109-114
Blasenkrebs
und Zigarettenrauchen
Unter Berufung auf die ausführliche epidemiologische Zusammenfas- sung der Zusammenhänge zwischen Zigarettenrauchen und Blasenkrebs von Wynder und Goldsmith (1977) berichten Vutuc und Kunze jetzt über eine eigene Studie an 150 österreichischen Blasenkrebspa- tienten. Von diesen waren 130 Ziga- rettenraucher mit einer durch- schnittlichen Rauchdauer von 42,7 Jahre, ein Pfeifenraucher und 19 Nichtraucher. Von den Zigaretten- rauchern bevorzugten 98 Prozent Zi- garetten mit einem hohen Teerge- halt (mehr als 25 mg). Der Anteil der Raucher und ehemaliger Raucher ist bei den befragten Blasenkrebspa- tienten signifikant höher als in der altersentsprechenden männlichen Bevölkerungsgruppe. Die Autoren versprechen sich von einem Fehlen dieser schadstoffreichen Zigaretten eine Abnahme des Risikos, an Bla- senkrebs zu erkranken. Hii
Vutuc, C.; Kunze, M.: Rauchgewohnheiten von Blasenkrebs-Patienten: Versuch zur Quantifi- zierung der Schadstoffexposition, aktuelle urologie 10 (1979) 159, Hygiene-Institut der Universität Wien, Kinderspitalgasse 15, A-1095 Wien — Wynder, E. L.; Goldsmith, R.: The epi- demiology of bladder cancer. 2nd look. Cancer 40 (1977) 1246
Das Neugeborene
einer diabetischen Mutter
Makrosomie, postnatale Hypoglyk- ämie und das Auftreten hyaliner Membranen sind die drei schwer- wiegendsten Komplikationen, die beim Neugeborenen einer diabeti- schen Mutter auftreten könrien. Um zu überprüfen, ob diese Komplika- tionen in dem schon lange vermute- ten Zusammenhang zum Hyperinsu- linismus der neugeborenen Kinder stehen, haben die Autoren das C- Peptid im Nabelschnurblut von 79 Kindern diabetischer Mütter und von 62 Kindern nicht-diabetischer Müt- ter bestimmt. Das C-Peptid wird von den (3-Zellen des Pankreas sezer- niert, die Menge ist äquimolar der des Insulins. Die Messung des C- Peptids bietet gegenüber der Insu- linbestimmung den Vorteil, daß die Ergebnisse nicht durch mütterliche Insulin-Antikörper verfälscht werden können und damit direkt die kindli- che Insulinsekretion widerspiegeln.
Die Kinder diabetischer Mütter hat- ten im Vergleich zur Kontrollgruppe höhere C-Peptid-Spiegel im Nabel- schnurblut, wobei diese hohen Kon- zentrationen bereits während eines frühen Gestationsalters von unter 34 Wochen gemessen werden konnten.
Die Kinder, die postnatal eine Hypo- glykämie entwickelten, hatten signi- fikant höhere C-Peptid-Spiegel als die mit einer Normoglykämie. Eine ähnlich enge Korrelation bestand zwischen der Höhe des C-Peptid- Spiegels und dem Vorhandensein einer Makrosomie. Die höchsten C- Peptid-Konzentrationen wurden bei den Kindern gemessen, die sowohl eine Makrosomie zeigten als auch eine Hypoglykämie entwickelten.
Keine Korrelation konnte zwischen der Höhe des C-Peptid-Spiegels und dem Auftreten hyaliner Membranen gefunden werden. Der C-Peptid- Spiegel zeigte im Nabelschnurblut auch die Schwere des mütterlichen Diabetes an, indem bei den schwere- ren Formen signifikant höhere Wer- te gemessen wurden. Göe
Sosenkol, I. R.; Kitzmiller, J. L.; Loo, S. W.; Blix, P.; Rubenstein, A. H.; Gabbay, K. H.: The Infant of the Diabetic Mother, Correlation of Increased C-Peptide Levels with Macrosomia and Hypo- glycemia, N. Engl. J. Med. 301 (1979) 859-862
68 Heft 2 vom 10. Januar 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT