A 1274 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 25|
25. Juni 2010BÖRSEBIUS
Silberstreif
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rst vor gut einem Monat habe ich an dieser Stelle (Deut- sches Ärzteblatt, Jg. 107, Heft 19 vom 14. Mai 2010) über die Plä- ne der Bundesregierung berichtet, bei offenen Immobilienfonds ein- schneidende gesetzliche Verände- rungen vornehmen zu wollen. Die möglicherweise boshafte, sicher aber leichtfertige Idee von Bun- desfinanzminister Schäuble war eine Mindesthaltepflicht von 24 Monaten, verbunden mit einer möglichst langen Kündigungsfristund einem fürchterlichen zehn - prozentigen Bewertungsabschlag.
Wenn das alles so käme, so meine geäußerte damalige Meinung, wür- de der Bundesfinanzminister zum Totengräber des Anlageproduktes
„offene Immobilienfonds“, weil dann schlichtweg nicht mehr ver- käuflich.
Nun gehe ich nicht davon aus, dass die politisch Verantwortlichen diese Kolumne auch gelesen haben und darüber zur inneren Einkehr gelangt sind. Gleichwohl, zur gro- ßen Überraschung vieler Beobach- ter, lenkte das zuständige Ministe- rium in vergleichsweise hoher Ge- schwindigkeit ein, möglicherweise aufgrund effizienter Lobbyarbeit.
Das ist auch gut so, denn seit Bekanntwerden der ministeriellen Überlegungen zogen verschreckte Anleger circa zwei Milliarden Euro aus den Fonds ab, so es ging, denn bekanntlich sind ja mittlerweile viele offene Immobilienfonds eh schon geschlossen.
Der Bewertungsabschlag von zehn Prozent auf die von Sachver- ständigen ermittelten Verkehrswer- te soll dem Vernehmen nach bereits
vom Tisch sein, und auch bei den Haltefristen sind Erleichterungen im Gespräch.
Es wäre sehr zu wünschen, dass die offenen Immobilienfonds wie- der in ein besseres Fahrwasser kommen. Jahrzehntelang gehörte diese Assetklasse zu den sicheren Renditepfeilern in vielen Hundert- tausenden Depots. Diese Fonds ge- rieten vor allem durch die Finanz- marktkrise und darauf folgende gewaltige Mittelabflüsse in die Bredouille. Dazu kamen als sys- temimmanente Probleme noch hausgemachte Fehler der Branche, etwa in Gutachterfragen (Wer be- wertet eine Immobilie wann, wie oft und nach welchen Standards?).
Es bedarf also sowohl der maß- vollen Regulierung durch den Ge- setzgeber als auch einer hohen Transparenz der Fondsanbieter selbst hinsichtlich einer neutralen und marktgerechten Bewertung der Immobilien. Dann würde aus dem derzeitigen Silberstreif für of- fene Immobilienfonds dauerhaftes Schönwetter. Bis dahin ist es aller- dings noch ein weiter Weg. Er muss dennoch gegangen werden. ■ Börsebius-Telefonberatung „rund ums Geld“
Wie an jedem 1. Samstag des Monats, können Sie auch am 3. Juli 2010 in der Zeit von 9 bis 13 Uhr Börsebius (Diplom-Ökonom Reinhold Rombach) anrufen (0221 985480-17). Die kostenlose Telefonberatung ist ein spezieller Service des Deutschen Ärzteblattes für seine Leser.