Donnerstag, 5. Oktober 2016 Dipl. Ing. Elfriede D. Gartz
Substitution oder Zulassung unter REACH?
Substitution als Ausweg aus der
Bürokratie
Inhaltsverzeichnis
• Vorstellung CD‐Color GmbH & Co.KG
• Dilemma: Zulassung oder Substitution
• Chancen für eine Zulassung durch KMU
• Kosten / Nutzen Analyse aus Sicht CD‐Color
• Fakten zu Zulassungsanträgen
• Positivbeispiele für Substitution
• Das Rezept für den Erfolg
CD‐Color GmbH & Co. KG
• Mitglied der Dörken‐Gruppe
• Klassische mittelständige Lackfabrik (KMU)
• Bautenlacke für den professionellen Maler / nicht für DIY
• Standort: seit 1892 in Herdecke
• Mitarbeiter: 164
• Jahresumsatz: ca. 46 Mio. Euro
Was wir machen
Lacke:
sind Gemische vieler, oft unzureichend spezifizierter, Rohstoffe mit teilweise unberechenbaren Wechselwirkungen – und dennoch gehorchen auch sie wissenschaftlichen Regeln: Denen der Chemie, der Physik, der Mathematik – und der Psychologie. (Ernst Häring)
Kernkompetenzen:
• Homogenisieren,
• Dispergieren und
• Stabilisieren
von komplexen fest / flüssig Gemischen die nach der Applikation in einen festen Zustand übergehen.
Die CD‐Color als Downstream User
• ca. 250 aktive Rohstoffe (Gemische oder Stoffe)
• ca. 250 regelmäßig produzierte Rezepturen
• ca. 20 Rohstoffe pro Rezeptur
• ca. 6000 Artikel
• Verwendung eines Rohstoffes in bis zu 100 unterschiedlichen Rezepturen
• Bei Single Source => hohe Abhängigkeit von Vorlieferanten
• Die Verfügbarkeit von Rohstoffen wirkt sich unmittelbar auf die Wertschöpfung aus
Dilemma: Zulassung oder Substitution
Wie bin ich erfolgreich
Dilemma: Zulassung oder Substitution
Zulassungsverfahren
+ keine Neuentwicklung notwendig
‐ Abhängigkeit vom Hersteller
‐ Kartellrecht beachten
‐ Know‐How offenbaren / Wettbewerb
‐ Verfahren kompliziert und undurchsichtig
‐ Rechtsbeistand notwendig
‐ Teuer
Substitution
+ Neue Technologien erschließen neue Märkte
+ Entwicklungstempo kann selber beeinflusst werden
+ Langfristiger Wettbewerbsvorteil
‐ Performanceverlust möglich
‐ Entwicklungserfolg ungewiss
Zulassungen
wenn der Stoff in Anhang XIV der REACH‐Verordnung ist?
Quelle: https://echa.europa.eu/de/regulations/reach/authorisation/applications‐for‐authorisation
Zulassungen
Aufwendungen a) Drei Dossiers
1. Autorisierungsdossier => ca. 40.000 ‐ 400.000 Euro 2. Substitutionsdossier => ca. 30.000 Euro
3. Sozioökonomische Analyse => ca. 100.000 Euro
∑ Externe Exper se notwendig ca. 300.000 Euro
b) Interner Aufwand
Benötigte Zeit => ca. 30 Menschtage
∑ Interner Aufwand => ca. 10.000 Euro
Zulassungen
c) Gebühren für Zulassungsanträge
nach Artikel 62 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006
Quelle: Durchführungsverordnung (EU) 2015/864 der Kommission vom 4. Juni 2015 ‐Anhang VI ‐Tabelle 1
∑ Gebühren ca. 100.000 Euro
Standardgebühren
Mittlere Unternehmen
Kleine
Unternehmen
Kleinst‐
unternehmen
Grundgebühren 54.100 Euro 40.575 Euro 24.345 Euro 5.410 Euro
Zusatzgebühr pro Stoff
10.820 Euro 8.115 Euro 4.869 Euro 1.082 Euro
Zusatzgebühr pro Verwendung
10.820 Euro 8.115 Euro 4.869 Euro 1.082 Euro
Zusatzgebühr pro Antragsteller
4.058 – 40.575 Euro (je nach Unter‐
nehmensgröße)
4.058 – 30.431 Euro (je nach Unter‐
nehmensgröße)
4.058 – 18.259 Euro (je nach Unter‐
nehmensgröße)
4.057 Euro
Zulassungen
Summe Aufwendungen:
Kosten: ca. 500.000 Euro
Dauer des gesamten Verfahrens: ca. 2 ‐3 Jahre
Ergebnis:
• Ablehnung des Antrags möglich
• Weitere Datenlieferung notwendig
• Zulassung wird regelmäßig überprüft => Unsicherheit über weitere Verwendung
• Zulassung ist zeitlich befristet
1.Fazit zu Zulassungsanträgen
Der Aufwand für ein Zulassungsverfahren steht für Kleinst‐, Kleine und Mittlere Unternehmen i.d.R. in keinem Verhältnis zum Nutzen!
• Die Kosten sind nicht am Markt zu platzieren.
• Der Downstream User ist von den Zulassungsbestrebungen des Stofflieferanten abhängig.
• KMU betreiben einen hohen Aufwand um möglichen
Zulassungsbeschränkungen durch Substitution zuvorzukommen.
• Risikomanagementmaßnahmen greifen bereits bei drohendem Zulassungsverfahren.
Fakten zu Zulassungsanträgen
• Anzahl der Anträge: 193
• Anzahl Stoffe für die Anträge gestellt wurden: 22 (von 43)
• Anzahl unterschiedliche Antragssteller: 97
• Stoff mit den meisten Anträgen (49): Chromtrioxid
• Stoff mit den meisten unterschiedlichen Antragsstellern (24): Chromtrioxid
Fakten zu Zulassungsanträgen
• Anzahl der Anträge, Stoffe und Antragssteller überschaubar
• Soweit recherchierbar sind 96% aller Antragssteller Konzerne mit Milliardenumsatz oder gehören zu solchen
• Für knapp die Hälfte der Stoffe besteht kein Bedarf für Zulassungsanträge
• Zulassungsanträge werden überwiegend von Multikonzernen gestellt oder wenn es keine Ersatzprodukt mit gleicher Performance gibt, oder zur
Zulassung eines Bauteils sehr aufwändige Prüfungen notwendig sind.
2.Fazit zu Zulassungsanträgen
Zulassungsanträge werden von KMUs nur gestellt, wenn die technische Performance der Substitute nur Zeit nicht ausreicht um am Markt
erfolgreich zu sein, aufwändige Freigaben für ein Erzeugnis erzielt werden müssten oder die alte Technologie sehr viel preiswerter ist.
Knapp die Hälfte aller Stoffe von Anhang XIV wurden bereits erfolgreich substituiert
Was wir brauchen
Um das Zulassungsverfahren für KMU attraktiv zu machen brauchen wir:
• Einen standarisierten Zulassungsantrag der mit „normalem“ chemisch‐
technischem Know‐How abzuarbeiten ist
• Konkrete Leitlinien und verbindliche Zeitrahmen der Bearbeitung
• Klare Anforderungen an die Datenlieferung
• Vereinfachte Verfahren / Untergrenze bei kleinen Mengen
• Vereinfachte Verfahren für Erzeugnisse die unter vernünftigen Bedingungen keine SHVC freisetzen z.B. Alt‐Ersatzteile
• Vereinfachte Verfahren bei geschlossenen Stoffkreisläufen
• Kostenreduktion
Auf dem richtigen Weg
Start eines gemeinsamen Projekts von BAuA, Bayer und BASF mit VCI als Beobachter im Mai 2014
• Behörden sehen Notwendigkeit einer Verbesserung
• Industrie hat viele Vorschläge gemacht
• ECHA ist an Erfahrung der Industrie interessiert
• Konsens: nicht für alle Anwendungen müssen die gleichen scharfen Bedingungen für den Antrag gelten
Positivbeispiele für Substitutionen
Positivbeispiel für Substitutionen
Dörken MKS‐Systeme GmbH & Co. KG (kurz: Dörken MKS)
• Hersteller von Mikroschicht‐Korrosionsschutz‐Systemen seit 1980
• Europäischer Marktführer mit mehr als 240 lizenzierten Beschichtern
• Dörken MKS produziert ausschließlich in Herdecke (Made in Germany)
• Anbieter von vier Technologiesparten im Bereich von Korrosionsschutz‐
systemen:
‐ Zinklamellensysteme ‐ Galvanische Systeme
‐ KTL‐Systeme ‐ Coil‐Coating
Alle Systeme sind umweltfreundlich, ressourcenschonend, erfüllen die EU‐
Positivbeispiel für Substitutionen
Chrom (VI)‐Umstellung: Sunset‐Date 21.09.2017
Positivbeispiel für Substitutionen
Fakten zu Chrom (VI)‐ Verbot
• April 2013: Europäische Kommission nimmt Chrom(VI) u.a.
Chromverbindungen in den Anhang XIV der EU‐Verordnung REACH auf.
• Anhang listet SVHC‐Substanzen / Stoffe mit schwer wiegenden Auswirkungen auf Gesundheit des Menschen oder Umwelt.
• Substanzen können nach dem 21.09.2017 (Sunset‐Date) nur noch nach Autorisierung durch die ECHA eingesetzt werden.
• Zulassung muss bis März 2016 beantragt werden.
Positivbeispiel für Substitutionen
Historischer Hintergrund der Dörken MKS
• Von den schon immer Chrom(VI)‐freien Dörken MKS Zinklamellensysteme über den kathodisch applizierten Tauchlack Delta‐eLack® bis hin zu einer nickelfreien Galvanik setzt das Unternehmen im Bereich der
Zinklamellentechnologie kontinuierlich neue Standards im globalen Markt und erfüllt als Technologieführer die immer komplexeren Anforderungen der Kunden in der Automobil‐, Windkraft‐, Elektro‐, Bau‐ und
Luftfahrtindustrie.
• Der konsequente Verzicht auf Chrom(VI) sowie andere toxische Stoffe und die niedrigen Temperaturen beim Einbrennen der Schichten sind dabei schon seit mehr als 30 Jahren ein wettbewerbsdifferenzierender Faktor.
Positivbeispiel für Substitutionen
Historischer Hintergrund der Dörken MKS
• Vor allem die Automobilindustrie hat sich in dieser Zeit zum Innovationstreiber bei dieser Technologie entwickelt.
• Spätestens seit der Umsetzung der EU‐
Richtlinie 2000/53/EG („Altautoverordnung“) im Jahr 2007, die Chrom(VI)‐haltige
Beschichtungen im Pkw‐Bereich praktisch verbietet, sind die Dörken MKS Zinklamellen‐
systeme als hoch leistungsfähiger Korrosions‐
schutz im Automobilbau fest etabliert.
Positivbeispiel für Substitutionen
• DELTA‐PROZINC® ist ein Gesamtsystem aus einzelnen Produkten in einem ressourcenschonenden Verfahren verarbeitet.
• Gängige galvanische Oberflächenbeschichtungen sind überwiegend noch mit Kobalt und Nickel im Einsatz.
• Von Beginn an sind die DELTA‐PROZINC® Systeme frei von Nickel(II), Kobalt(II), Chrom(VI) und Komplexbildnern.
• Nur wenige Unternehmen sind komplett frei von diesen gefährlichen Substanzen.
• Weltweite Verfügbarkeit bei ausgewählten Lizenznehmern mit einheitlichem Qualitätsstandard, wodurch Umweltverträglichkeit gewährleistet wird.
• Durch den verringerten Anteil belastender Bestandteile reduziert sich folgerichtig der Abfall‐/ Abwasserbehandlungsaufwand.
Das Rezept für den Erfolg
Substitution sind für KMU´s DER Ausweg aus der Bürokratie
Zutaten für eine Erfolgsstory sind:
‐ Frühzeitige Ankündigung
‐ Konsequente Umsetzung
‐ Ausreichende Übergangsfristen
‐ Transparente Verfahren