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Zwetschgenbäume ohne Sharka

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Academic year: 2022

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S C H W E I Z E R Z E I T S C H R I F T F Ü R O B S T- U N D W E I N B A U 1 5 / 1 3 9 Michael Neumüller, Technische Universität München,

Fachgebiet Obstbau, Freising, Deutschland Isabel Mühlenz, Agroscope, Wädenswil isabel.muehlenz@agroscope.admin.ch

Die Sharkakrankheit bedroht den Anbau von Pflaumen, Zwetschgen, Renekloden, Aprikosen und Pfirsichen in ganz Europa. Es ist die bedeutendste Viruskrankheit im Zwetschgenanbau. Ihre Bekämpfung wird in der Schweiz in der BLW-Richtlinie Nr. 5 für die kantonalen Vollzugsor- gane geregelt. Sharka wird von einemVirus, dem Plum pox virus (PPV) verursacht.Typische Symptome der Krankheit bei der Europäischen Pflaume (Prunus domesticaL.) sind chlorotische Flecken und Ringe auf der Blattspreite sowie Marmorierungen und Einsenkungen auf der Fruchtober- fläche. Unter der Einsenkungen bricht das Fruchtfleisch zusammen und verbräunt. Derartige Früchte sind unge- niessbar. Es gibt Sorten (z. B. «Katinka», «Haroma»), die

kaum Einsenkungen auf der Fruchtoberfläche ausbilden.

Die Früchte sind aber vorzeitig reif, haben einen niedrige- ren Zuckergehalt, sind weicher und weniger haltbar als die Früchte gesunder Bäume. Einige weit verbreitete und wirtschaftlich besonders bedeutende Sorten wie «Haus- zwetsche» und «Fellenberg» reagieren besonders emp- findlich auf eine Infektion mit dem Virus.

Übertragung durch Blattläuse und den Menschen

Ist der Virus erst mal in einer Obstanlage, verbreiten Blattläuse die Krankheit sehr rasch. Junganlagen kön- nen, ausgehend von wenigen infizierten Pflanzen, in- nerhalb von vier bis sechs Jahren nahezu vollständig durchseucht werden. Infektionsherde können auch la- tent infizierte Sharkawirtspflanzen wie Schlehen oder Myrobablanen in der Nachbarschaft einer Neuanpflan-

Zwetschgenbäume ohne Sharka

Die Wahl der richtigen Unterlage spielt eine entscheidende Rolle für eine erfolgreiche Zwetschgenproduktion. Sie beeinflusst neben Ertragseintritt, Ertragsverhalten,

Wuchseigenschaften und Fruchtqualität einer Sorte auch die Baumgesundheit, die Grundlage

einer wirtschaftlichen Steinobstproduktion. Neue, hypersensible Unterlagen von Michael

Neumüller stellen einen Sharka-freien Zwetschgenanbau in der Schweiz in Aussicht. In einem

gemeinsamen Projekt von Agroscope mit der Technischen Universität München (TUM) wird auf

dem Breitenhof ein umfangreiches Sortiment an Zwetschgensorten auf den neuen Unterlagen

geprüft, um Aussagen über deren Anbaueignung zu erhalten.

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Abb. 1: Abstossen eines Sharka-infi- zierten Edelreises der Sorte «Katin- ka» veredelt auf einer hypersensi- blen Unterlage.

Dies führt zu ei- ner Selbstbereini- gung des Baum- schulquartiers.

Früchte der (unveredelten) hypersensiblen Unterlage

«Docera 6».

P F L A N Z E N S C H U T Z

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ten verwendet wird, und zum anderen mit der Schlehe gekreuzt. Die Schlehe diente als Donor für Schwach- wüchsigkeit. Sowohl die Myrobalane(P. cerasifera)als auch die Schlehe(P. spinosa)sind in Europa weit verbrei- tet und anpassungsfähig an verschiedene Bodenverhält- nisse. Aus den Kreuzungsnachkommen wurden die hy- persensiblen ausgewählt und als «Docera-» (P. domestica

҂P. cerasifera) beziehungsweise «Dospina-» (P. domestica

҂P. spinosa) Klone bezeichnet. Diese wurden entspre- chend ihrer vegetativen Vermehrbarkeit (Steckholz, Grünstecklinge und in vitro), Blattgesundheit, ihres Wuchscharakters, ihres Habitus und der Neigung zur Wurzelschossbildung selektiert. Die Bestgeeigneten wurden mit mehreren Sorten veredelt und an den Stand- orten Weihenstephan, Veitshöchheim (Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau) und grossenteils auf dem Breitenhof (Agroscope) aufgepflanzt.

Erfolgreiche Labor- und Feldtests

Parallel dazu wurden die Unterlagskandidaten an der TUM auf ihre Sharkaresistenz untersucht. Tausende von Unterlagen wurden mit verschiedenen Sorten mehrerer Steinobstarten(P. domestica, P. armeniaca, P. persica)ver- edelt. Dabei wurde simuliert, was geschieht, wenn auf die Unterlagen «versehentlich» Sharka-infizierte Edel- reiser veredelt werden. Bei den meisten untersuchten Unterlagen wurden die infizierten Reiser abgestossen oder der junge Edelsortenaustrieb starb ab (Abb. 1). Es konnte sich kein Sharka-infizierter Baum weiterentwi- ckeln. Es kommt also zu einer Bereinigung des Baum- schulquartiers hinsichtlich Sharka-infizierter Pflanzen.

Die detaillierten Versuchsergebnisse wurden von Neu- zung sein. Über weitere Strecken wird die Krankheit über

(latent) infiziertes Pflanzmaterial, also durch den Men- schen, verbreitet.

Resistente Sorten als Lösung?

Bislang zielte man darauf ab, Edelsorten zu züchten, die gegen dasVirus resistent sind. Als einzige Quelle einer voll- ständigen Feldresistenz ist die Hypersensibilitätsresistenz der Europäischen Pflaume gegen PPV bekannt. Infiziert das Virus eine Zelle des Blatts einer hypersensiblen Pflau- mensorte, leitet sie als Abwehrreaktion den sofortigen Tod dieser Zelle ein. Dadurch kann sich das Virus nicht mehr vermehren und verbreiten; die Pflanze bleibt gesund. Zwei Sorten mit einer derartigen Resistenz wurden bislang für den Markt freigegeben: «Jojo» und jüngst «Jofela» (Züchter:

Dr.Walter Hartmann). Die Pflanzen hypersensibler Sorten sind, wenn sie aus der Baumschule kommen, Sharka-frei.

Selbst wenn die Unterlage, auf die sie veredelt wurden, la- tent mit PPV befallen war, besteht keine Gefahr: In diesem Fall würde die junge Veredlung nämlich vor oder kurz nach dem Austrieb absterben, weil aus der infizierten Unterlage laufendViren in das Edelreis gelangen, was dort zum Absterben der infizierten Zellen führt.

Resistente Unterlagen notwendig

Am Fachgebiet Obstbau der Technischen Universität München wurde ein Züchtungsprogramm für Sharka- resistente Unterlagen initiiert. Auch hierbei wird die hy- persensible Reaktion gegenüber PPV genutzt. Hypersen- sible Zwetschgensorten wurden zum einen mit der My- robalane, die weit verbreitet als Unterlage für Prunus-Ar-

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Abb. 2: Sorte «Topfive» auf der hypersensiblen Unterlage

«Docera 6» im sechsten Standjahr.

müller et al. (2013) publiziert. Eine der hypersensiblen Unterlagen (Docera 6) wurde gemeinsam mit anderen Prunus-Unterlagen im Rahmen eines von der EU kofi- nanzierten Projekts in den Ländern Deutschland, Spa- nien, Polen, Tschechien, Bulgarien, Rumänien und der Türkei unter natürlichen Sharkainfektionsbedingungen auf ihre Virusresistenz getestet. «Docera 6» (Abb. 2) blieb als einzige Unterlage an allen Standorten über den Ver- suchszeitraum von vier Jahren gesund.

Richtige Nutzung der hypersensiblen Unterlagen

1. Das Verhalten in der Baumschule

Die gegenüber PPV hypersensible Unterlage ist Sharka-frei. Daher kann sie – anders als alle bisherig verfügbaren Unterlagen – ohne Gefahr, durch eine latente Virusinfektion PPV zu verbreiten, vegetativ vermehrt werden.

Um das Risiko einer PPV-Infektion weiter zu senken, sollten auch hypersensible Unterlagen nur in Baum- schulquartieren ohne natürlichen Sharkainfektions- druck und mit ausreichendem Abstand zu Befalls- herden der Virose gepflanzt werden. Zur Veredlung sollte nur zertifiziertes virusfreies Vermehrungsma- terial verwendet werden.

Edelsorten mit sehr niedrigem Virustiter (quantitativ resistent) sollten nicht auf hypersensible Unterlagen veredelt werden, da bei ihnen die Sharkaviruskon- zentration so niedrig sein kann, dass das Absterben

des Edelsortenaustrieb nicht oder verzögert einsetzt.

Derzeit sind dies nur die Sorten «Cacaks Beste» oder

«Freya». Diese beiden sollten weiterhin auf Sharka- sensiblen Unterlagen veredelt werden, dürfen aber in keinem Fall in Regionen aufgepflanzt werden, in denen Sharka unter Kontrolle ist, weil durch diese Sorten das Virus unerkannt verbreitet werden kann.

2. Verwendung hypersensibler Unterlagen in Regionen oder Anlagen, in denen Sharka unter Kontrolle ist

In diesen Regionen sollten alle Pflaumen- und Zwetschgensorten flächendeckend auf hypersensi- ble Unterlagen veredelt werden. So wird das Risiko, Sharka über latent infiziertes Pflanzmaterial einzu- schleppen, auf ein Minimum reduziert.

3. Verwendung hypersensibler Unterlagen in Regionen oder Anlagen, in denen Sharka weit verbreitet ist

In Sharkabefallsregionen muss unterschieden wer- den zwischen hypersensiblen und Sharka-anfälligen Edelsorten:

Sharka-anfällige Sorten:

Solange nicht eindeutig geklärt ist, was geschieht, wenn die Kronen älterer Bäume Sharka-anfälliger Sorten, die auf hypersensiblen Unterlagen stehen, in der Obstanlage über Blattläuse infiziert werden, gilt die Empfehlung, Sharka-anfällige Sorten auf Sharka- anfälligen Unterlagen zu pflanzen.

Hypersensible Sorten (derzeit «Jojo» und «Jofela», zu- künftig weitere Neuzüchtungen):

Alle hypersensiblen Sorten sollen ausschliesslich auf hypersensiblen Unterlagen gepflanzt werden. So wird verhindert, dass die Unterlage über Wurzelaus- schläge mit PPV infiziert wird und der hypersensible Kronenbereich durch aus der Wurzel in die Krone transportierte Viren Schaden nimmt. Dies sichert langfristig die Stabilität der Hypersensibilitätsresis- tenz.

Die Unterlage «Docera 6» wird als erste hypersensible Unterlage in die Praxis eingeführt. Nach achtjährigen Untersuchungen ist zu erkennen, dass die Wuchs- stärke der aufveredelten Sorten in etwa gleichauf mit

«St. Julien A» und Unterlagen der «Wangenheims»-Grup- pe ist (s. Abb. 2 + 3). Die Neigung zur Bildung von Unter- lagenausschlägen ist gering. Der Astabgangswinkel ist gegenüber auf «St. Julien A» veredelten Bäumen etwas flacher; es ergibt sich ein offener Baumhabitus. Um die Stabilität der Hypersensibilitätsresistenz zu sichern, dürfen hypersensible Sorten der Europäischen Pflaume zukünftig ausschliesslich auf diese oder andere hyper- sensible Unterlagen veredelt werden.

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Versuchsaufbau auf dem Breitenhof.

Fläche 20 Aren

Sorten Hanka, C. Schöne, Dabrovice, C. Fruchtbare, Fellenberg, Jojo, Tophit Plus, 5099, Haroma

Unterlagen Docera 5, Docera 6, Docera 9, Docera 254, Docera 247, Docera 266, Docera 262, Docera 257, Dospina 235, Dospina 240, Dospina 243, Wavit, Jaspi-Fereley

Pflanzabstand 4.5҂2.5 m

Verfahren mindestens vier Bäume pro Unterlage und Sorte

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Umfangreicher Versuch auf dem Breitenhof

Bereits im Herbst 2010 wurde – in Zusammenarbeit mit der TUM – auf dem Steinobstzentrum Breitenhof von Agroscope das erste Sortiment an Zwetschgensorten mit unterschiedlichem Wuchscharakter auf hypersensiblen Unterlagen gepflanzt. 2011 wurde die Pflanzung mit weiteren Sorten-Unterlagen-Kombinationen ergänzt und schliesslich im Herbst 2012/Winter 2013 im Rah- men eines Bundesunterlagenversuchs (zusammen mit Deutschland) vervollständigt. Somit befinden sich alle aktuellen und vielversprechenden hypersensiblen Un- terlagen auf dem Breitenhof im Test. In den nächsten Jah- ren werden umfangreiche Anbauerfahrungen und Infor- mationen über das Ertragsverhalten der verschiedenen Zwetschgentypen auf den neuen Unterlagen erwartet.

Die Eigenschaften der hypersensiblen Unterlagen wer- den an den Standardunterlagen Wavit und Jaspi-Fereley gemessen. Die Frage, ob zum Beispiel die bereits erhält- liche Unterlage Docera 6 im Schweizer Anbau integriert wird, kann mit den Resultaten der bevorstehenden Jahre

beantwortet werden.

Literatur

Neumüller M., Mühlberger L., Siegler H., Hartmann W. und Treutter D.: New Rootstocks with Resistence to Plum Pox Virus forPrunus domesticaand other STONE FRUIT SPECIES: THE

«DOCERA» and «DOSPINA» ROOTSTOCK SERIES. Acta Hort.

(ISHS) 985: 155–165, 2013.

http://www.actahort.org/books/985/985_19.htm

R É S U M É

Des pruniers sans sharka

La sharka est la maladie virale la plus dévastatrice pour les producteurs de prunes en Suisse et en Europe. Le choix des porte-greffes influence non seulement la du- rée jusqu’à l’entrée en production, le comportement de rendement, les caractéristiques de croissance et la qualité des fruits d’une variété, mais aussi la santé de l’arbre. Michael Neumüller sélectionne à l’Université Technique de Munich (TUM) des nouveaux porte- greffes hypersensibles à la sharka. Les résultats sont

prometteurs. Depuis l’automne 2010, Agroscope et la TUM réalisent conjointement au Breitenhof un essai de terrain avec des nouveaux porte-greffes pour obtenir des informations aussi exhaustives que possibles sur l’aptitude de ceux-ci à la production. Les résultats sont tellement encourageants que le problème de la sharka va peut-être bientôt appartenir au passé pour les producteurs de prunes suisses.

Mit den hypersensiblen Unterlagen «Docera 6» und

«Dospina 235» wurde im Frühjahr 2013 ein internatio- naler Unterlagenversuch aufgepflanzt. Aus diesen und den bestehenden Versuchen sind Ergebnisse über die exakte obstbauliche Leistungsfähigkeit und über Anfäl- ligkeit für das Zwetschensterben zu erwarten.

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0 20 40 60 80 100 120

VVA-1

GF

655/2 Wavit Ishtara

Docera 5

Fereley Pixy

Docera 6

Docera 9

Dospina 20

St.

Julien A

Abb. 3: Stammdurchmesser (mm) von Zwetschenbäumen im 8. Standjahr in Weihenstephan auf verschiedenen Unterlagen (Durchschnitt verschiedener Sorten-Unterlagen-Kombinationen). Die Unterlagen «VVA-1» und «Dospina 20» unterscheiden sich bezüglich des Stammdurchmessers von den anderen Unterlagen. Im Übrigen sind die Unterschiede statistisch nicht signifikant.

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