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Archiv "Neuer Mustervertrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft: Die Disziplinierung der Chefärzte schreitet voran" (12.10.2007)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 41⏐⏐12. Oktober 2007 A2831

S T A T U S

S

eit der Erstauflage des Chef- arztvertragsmusters im Jahr 1983 gehört es zur Tradition der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), etwa alle drei Jahre eine Neuauflage zu präsentieren, die ge- genüber der Vorauflage drastische Verschlechterungen enthält. So voll- zieht sich seit rund zehn Jahren ein Wandel von der Einräumung des Liquidationsrechts hin zur Beteili- gungsvergütung oder Festvergütung im stationären Bereich und zur Ver- sagung einer Nebentätigkeitsgeneh- migung für den ambulanten Bereich.

War in früheren Auflagen immerhin noch die Möglichkeit der Einräu- mung des Liquidationsrechts wenigs- tens als Alternative erwähnt, so be- kennt sich die achte Auflage des Ver- tragsmusters nunmehr konsequent zum „Herr-im-Haus-Stand“. Wäh- rend die Wirtschaft ihren Leistungs- trägern immer mehr Freiheiten ge- währt, um deren kreative Leistungs- bereitschaft zu fördern, beschreitet die DKG mit ihren Empfehlungen den umgekehrten Weg der zuneh- menden Reglementierung und Be- vormundung des Chefarztes.

Im Vorwort zur achten Auflage weist DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum auf die wesentlichen Änderungen gegenüber den Vorauf-

lagen hin. Danach beinhaltet die neue Auflage insbesondere die Mög- lichkeit der Zentrenbildung durch einen fachübergreifenden Zusam- menschluss mehrerer Krankenhaus- abteilungen, die Möglichkeit eines Versetzungsvorbehalts auch in ande- re Krankenhausbetriebe des Trägers, einen Formulierungsvorschlag für die Übertragung von Personalbefug- nissen, damit der Chefarzt als leiten- der Angestellter im Sinne des Kündi- gungsschutzgesetzes gilt, sowie den Formulierungsvorschlag für eine Zielvereinbarung zur Bonuszahlung.

Zentrenbildung

Die Idee der Errichtung fachüber- greifender Zentren wurde innerärzt- lich aus der Erkenntnis geboren, dass eine interdisziplinäre Zusam- menarbeit verschiedener Fachgebie- te die Patientenversorgung verbes- sern kann. Die Idee ist in vielen Fäl- len bereits realisiert. Insofern stellt sich die Frage, warum für eine Zen- trenbildung eine Vertragsklausel er- forderlich ist. Allerdings löst die DKG mit ihrem Formulierungsvor- schlag nicht das eigentliche Pro- blem. Die entscheidende Frage ist nämlich nicht das Ob, sondern das Wie. Es kommt gelegentlich vor, dass anlässlich solcher Vorhaben der

Versuch unternommen wird, sich Zuständigkeiten und Kompetenzen außerhalb einer sachlich-fachlichen Legitimation anzueignen. Es wäre daher erforderlich gewesen, ein kla- res Bekenntnis abzulegen zu den Empfehlungen der wissenschaftlich- medizinischen Fachgesellschaften für die Zentrenbildung. Stattdessen beschränkt sich das Vertragsmuster auf die Aussage, dass der Chefarzt an einer Zentrumsversorgung mitzu- wirken und die erforderliche qualifi- zierte ärztliche Versorgung seines Fachs sicherzustellen hat.

Versetzungsvorbehalt

Die Empfehlung der DKG sugge- riert in ihren Erläuterungen, dass der Krankenhausträger im Rahmen sei- nes Direktionsrechts berechtigt ist, einen Chefarzt in ein anderes Kran- kenhaus auf Dauer zu versetzen. Be- reits dieser Ansatz ist falsch, weil ein Chefarzt regelmäßig für ein be- stimmtes Krankenhaus und für eine bestimmte Fachabteilung eingestellt wurde. Wenn nun die DKG einen Vorschlag für einen Versetzungsvor- behalt unterbreitet, der es dem Kran- kenhausträger ermöglicht, den Chef- arzt auf einen gleichwertigen Ar- beitsplatz in einem anderen Unter- nehmen zu versetzen (auch verbun- den mit einem Ortswechsel), dann offenbart sich dahinter eine Menta- lität, die den Chefarzt auf die Stufe eines normalen Arbeitnehmers stellt.

Letzterer ist jedoch regelmäßig durch tarifliche Versetzungsklauseln gegen Willkür geschützt.

Unklar ist auch, ob der DKG-For- mulierungsvorschlag nur die Mög- lichkeit zur örtlichen Versetzung eröffnet oder ob er es auch ermögli- chen soll, den Umfang und den In- halt der Tätigkeit zu ändern. Die Er- läuterungen deuten darauf hin, dass nur ein örtlicher Wechsel gemeint ist, eindeutig ist dies jedoch nicht.

Insgesamt handelt es sich um eine inakzeptable Regelung. Zudem be- stehen Zweifel, ob die Bestimmung mit dem Recht der Allgemeinen Ge- schäftsbedingungen vereinbar ist.

Personalhoheit

In der Vergangenheit war die Perso- nalhoheit des Krankenhausträgers eine „heilige Kuh“. Es wurde heftig

Die Disziplinierung der Chefärzte schreitet voran

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft empfiehlt die Aufweichung des Kündigungsschutzes, die Möglichkeit zur örtlichen Versetzung und die Abschaffung des Liquidationsrechts.

Foto:Superbild/Incolor

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A2832 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 41⏐⏐12. Oktober 2007

S T A T U S

darüber gestritten, ob man einem Chefarzt hinsichtlich seiner Mitar- beiter ein Vorschlagsrecht oder nur ein Anhörungsrecht einräumen soll- te, ob Personalentscheidungen nur im Benehmen mit dem Chefarzt oder gar im Einvernehmen mit ihm zu treffen sind. Stets wollten die Krankenhausträger die letzte Ent- scheidungsbefugnis behalten. Nun wird ein Formulierungsvorschlag präsentiert, der den Chefarzt bevoll- mächtigen soll, Einstellungen, Ent- lassungen, Umsetzungen, Verset- zungen, Abkopplungen oder Beur- laubungen der ihm nachgeordneten Mitarbeiter seiner Abteilung selbst vorzunehmen. Das Motiv für diese Wende ist darin zu sehen, dass sich ein Arbeitgeber sehr viel leichter von einem Arbeitnehmer trennen kann, der zur selbstständigen Ein- stellung oder Entlassung von Ar- beitnehmern berechtigt ist. Folge ist, dass sich ein Krankenhausträger von einem Chefarzt auch dann tren- nen kann, wenn ein Kündigungs- grund im Sinne des Kündigungs- schutzgesetzes nicht besteht. Diese Konsequenz kann fatale Folgen für den Chefarzt haben, denn in der Re- gel wird man nur einmal in seinem Leben Chefarzt. Eine Entlassung bedeutet somit praktisch das Ende der beruflichen Laufbahn. Denn an- ders als in der freien Wirtschaft ist

es im Krankenhaus nicht üblich, dem Chefarzt noch einmal eine zweite Chance zu geben.

Es ist fraglich, ob der Formulie- rungsvorschlag der DKG einer rechtlichen Überprüfung standhält.

Zwar ist der Chefarzt nur verpflich- tet, die Personalentscheidung „im Benehmen“ mit dem Krankenhaus- träger vorzunehmen. Allerdings hat er dabei die „Grundsätze des Kran- kenhausträgers zur Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern, den Stellenplan und etwaige Vorgaben des Personalbudgets zu beachten“.

Durch diese „Grundsätze“ und die

„Budgetvorgaben“ wird im Zweifel eine derartige Bindung entstehen, dass der notwendige eigene Ent- scheidungsspielraum faktisch nicht mehr besteht.

Zielvereinbarung

Verbunden mit der Empfehlung, dem Chefarzt im stationären Bereich kein Liquidationsrecht mehr einzuräu- men, hatte die DKG 2002 erstmals das Modell der Zielvereinbarung präsentiert, bei deren Erfüllung dem Chefarzt ein variabler Bonus ausge- schüttet wird. Allgemein wurde an dem Modell jedoch die mangelnde Praktikabilität kritisiert sowie der Umstand, dass die vorgeschlagenen Bemessungskriterien vom Chefarzt kaum zu beeinflussen sind.

Nunmehr präsentiert die DKG das Muster einer Zielleistungsver- einbarung, doch bleibt auch dieses Muster im Unverbindlichen. Kon- kret wird das Muster nur dort, wo es um die Entscheidungsbefugnis des Krankenhausträgers hinsichtlich der Feststellung geht, ob der Chefarzt die geforderten Ziele erreicht hat.

Zudem entscheidet der Träger, ob überhaupt eine Vereinbarung abge- schlossen wird. Damit stellt das vor- liegende Vertragsmuster einen ent- scheidenden Rückschritt gegenüber den vorangegangenen Mustern dar.

Sonstiges

Die redaktionelle Überarbeitung des Mustervertrags beinhaltet unter an- derem, dass künftig auch die ambu- lanten Krankenakten Eigentum des Krankenhausträgers werden sollen.

Darüber hinaus wird dem Chefarzt in Zukunft das seit Generationen ver- briefte Recht vorenthalten, von den Krankenunterlagen Abschriften, Auszüge oder Ablichtungen herzu- stellen. Auch soll der Chefarzt künf- tig Patienten fremder Kranken- hausträger nicht nur in seiner eigenen Abteilung behandeln, sondern eben- so auch in den Räumlichkeiten ande- rer Krankenhausträger. Was also dem niedergelassenen Arzt berufsrecht- lich untersagt ist, nämlich die Aus- übung seiner ärztlichen Tätigkeit „im Umherziehen“, soll vom Chefarzt verlangt werden können.

Nicht verschwiegen werden soll, dass die DKG sich in der neuen Auf- lage bemüht hat, redaktionelle Feh- ler der Vorauflage zu beseitigen. So wird immerhin die Möglichkeit eröffnet, bei einer Besetzung der Abteilung mit mehr als zwei Oberärzten den Chefarzt nicht zur Teilnahme an der Rufbereitschaft zu verpflichten. Eine Neuregelung kann aus ärztlicher Sicht sogar als ausgesprochen positiv bewertet werden. So wird nunmehr im Zu- sammenhang mit der Lohnfortzah- lungspflicht eingeräumt, dass die Beschränkung auf sechs Wochen nur das gesetzliche Mindestmaß be- inhaltet und dass in der Vertragspra- xis „auch längere Zeiträume nicht

unüblich“ sind. I

Dr. jur. Ulrich Baur E-Mail: info@ra-baur.de

RECHTSREPORT

Patientenbeschwerden:

Arzt reagierte nicht

Ein Arzt, der auf Bitten der Ärztekammer hin zu einem Patientenbeschwerdeschreiben nicht Stel- lung nimmt, handelt berufsrechtswidrig. Gegen ihn ist im nachfolgend dargelegten Fall wegen Berufsvergehens eine Warnung vom Berufsge- richt für Heilberufe bei dem Verwaltungsgericht Münster ausgesprochen worden.

Eine Ärztekammer muss grundsätzlich Be- schwerden von Patienten über einen Arzt in an- gemessener Weise nachgehen, es sei denn, die- se erweisen sich auf den ersten Blick als völlig haltlos. Im entschiedenen Fall wurde dem Arzt vorgeworfen, dass dieser die 70-jährige Mutter des Beschwerdeführers in der Praxis unange- messen behandelt habe. Er habe die Frau ange- schrieen, sie solle gefälligst ihre Medikamente

nehmen, und ihr die Rezepte ohne Unterschrift zugeworfen mit dem Hinweis: „Dann sehen Sie mal zu, wie Sie damit fertig werden.“

Auf die Bitte der Ärztekammer hin, zur Be- schwerde Stellung zu nehmen, reagierte der Arzt nicht. Auch Erinnerungsschreiben blieben unbe- antwortet.

Bei der ausgesprochenen Warnung des Be- rufsgerichts für Heilberufe ist zugunsten des Be- schuldigten berücksichtigt worden, dass er be- rufsrechtlich nicht vorbelastet ist und dass er Vorschriften verletzt hat, die nicht den Kern sei- nes Pflichtenkreises als Arzt betreffen. Er igno- rierte jedoch die wiederholten Aufforderungen der Ärztekammer nachhaltig und offenbarte da- durch seinen Unwillen, diese bei der ihr gesetz- lich aufgegebenen Tätigkeit zu unterstützen. (Be- schluss vom 24. Januar 2007, Az.: 14 K

1524/06.T) RA Barbara Berner

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