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Archiv "Marokko: Trekking im Hohen Atlas – Wo Schakale Hochzeit feiern" (16.06.2006)

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A1696 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 24⏐⏐16. Juni 2006

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aultiere tragen das Gepäck. Imlil, ein Bergdorf rund 50 Kilo- meter südlich von Marra- kesch, ist Ausgangspunkt der Trekkingtour im National- park Toubkal. Dort treffen wir auf die Begleitmannschaft, Köche und Mulitreiber. Zehn Tage lang wird es durch eine grandiose Landschaft gehen:

durch Schluchten und ole- andergesäumte Bachbetten, über Pässe und Hochebenen, durch üppig-grüne Oasen.

Den Toubkal, den höchsten Berg Nordafrikas, werden wir am Ende der Tour besteigen.

Brahim Jabir begleitet die Gruppe. Er ist Berber und im Hohen Atlas aufgewachsen. In dieser Region kennt er jeden Wacholderbusch und jeden Stein. Was er unterwegs über sich erzählt, hätte sich auch Scheherazade, die Erzählerin in Tausendundeiner Nacht, ausdenken können:Als kleiner Junge musste er die Tiere hü- ten. Jeden Morgen ging er mit den Schafen und Ziegen auf die Hochweiden der Dadès- Schlucht. Eines Tages passierte das Unglück: Ein Schakal riss zwei Mutterschafe und tötete zwei Zicklein. Brahim, der fünfte von sieben Söhnen, hat- te sich als Nichtsnutz erwiesen.

Zur Strafe schickten ihn die El- tern in die Schule. Stundenlang musste er stillsitzen. Die Schu- le kam ihm wie ein Gefäng- nis vor. Doch Brahim lernte schnell, machte Abitur, studier- te Sprachwissenschaften, Eng- lisch und Literatur und spricht mittlerweile fünf Sprachen.

Das Thema Bildung ist ihm wichtig. Seit vier Jahren gebe

es in Marokko die siebenjähri- ge Schulpflicht. Brahim unter- stützt seine 13 Nichten und Neffen in seinem Heimatdorf, damit sie in die Schule gehen können. Doch viele können sich diesen Luxus nicht leisten, denn Bücher und Hefte müs- sen selbst bezahlt werden. Er-

wachsene sind nachmittags aufgefordert, in die Schule zu gehen. Sie brauchen nur eine Schiefertafel mitzubringen. Es gilt, die Analphabetenrate zu senken, die derzeit bei 43 Pro- zent liegt. Seit König Moham- med VI. den Thron bestiegen hat, sind viele Reformen in die Wege geleitet worden.

Jallah, auf geht’s! Die Maultiere sind noch nicht be- packt, aber so viel ist klar: In Kürze werden sie uns überho- len, dabei mit den Ohren wackeln und schon bald aus dem Blickfeld entschwunden sein. Während wir nur mit Ta- gesrucksack laufen und im- mer mal wieder verschnau-

fen, trippeln die Packtiere – mit Zelten, Schlafsäcken, Matten, Reisetaschen und der Küche auf dem Buckel – leichtfüßig und, wie es aus- sieht, mühelos an uns vorbei.

Die unberührte Natur nimmt uns gefangen. Schon bald erscheint uns das quirli-

ge Marrakesch wie eine Fata Morgana, die allabendliche Inszenierung auf dem Platz der Gehenkten – die Gaukler, Schlangenbeschwörer, Affen- bändiger, Wasserverkäufer und Wahrsagerinnen – wie ein flüchtiger Traum.

In Windeseile spricht es sich herum, wenn sich bleiche Europäer einem Dorf nähern.

Und schnell ist ein Pulk Kin- der um uns herum. Dass Fa- milien im Durchschnitt fünf Kinder haben und ein Drit- tel der Bevölkerung jünger als fünfzehn Jahre ist, glaubt man gern.

Wie Schwalbennester kle- ben die Dörfer oberhalb der fruchtbaren Flusstäler an den Berghängen. Bis auf 2 100 Metern Höhe werden haupt- sächlich Hartweizen, Mais und Feldfrüchte angebaut. In Ze- ment eingefasste Kanäle sor- gen für die Bewässerung der Terrassenfelder. Die Häuser sind oft noch aus Lehm gebaut, die Fensteröffnungen mit weißer Farbe gegen Insekten geschminkt. In den abgeschie- denen Dörfern gibt es keine Polizei oder andere Amts- personen. Das Leben regelt vielmehr die Ratsversamm- lung der Großfamilien. Sie ent- scheidet bei Unstimmigkeiten über Weiderechte, Bewässe- rungszeiten und andere Pro- bleme, die das Gewohnheits- recht betreffen. Sie schlichtet aber auch Familien- oder Ehe- streitigkeiten.

Frauen, schwer bepackt mit Grünzeug für das Vieh und Brennmaterial, kommen wie wandelnde Büsche daher.

Man sieht sie beim Wäsche- waschen, Wasserholen und beim Jäten. Männer seien nur deshalb nicht zu sehen, weil sie schon frühmorgens mit den Tieren zu den Weiden gingen. Und vorher hätten sie noch die Felder bewässert, verteidigt Brahim das männ- liche Geschlecht. Ob die buckelnden Frauen wissen, dass der König vor zwei Jah- ren ein neues Familienrecht verfügt hat und sie nun zu den Emanzipiertesten in der ara- bischen Welt gehören? Doch bis die Kunde in jedes Tal dringt, dass die Frau dem

Marokko

Trekking im Hohen Atlas

Wo Schakale Hochzeit feiern

Maultiere tragen das Gepäck.

Reise

Fotos:Elke Sturmhoebel

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 24⏐⏐16. Juni 2006 AA1697 Mann nicht mehr Untertan ist

und keinen Vormund mehr braucht, wenn sie heiraten will, sie sich mit einer zweiten Ehefrau einverstanden er- klären muss, werden noch Jahre ins Land gehen.

Das Bachbett im Tafelka- Canyon wird von mannsho- hen rosa blühenden Olean- derbüschen gesäumt. Der Weg zum Camp nimmt kein Ende. Als wir ankommen, ist das Gemeinschaftszelt aufge- baut und der süße Pfeffer- minztee für die müden Wan- derer schon zubereitet. Die Mulis grasen. Die Köche Ah- med und Mohammed backen Fladenbrote im Steinofen.

Ein Donnergrollen ist zu ver- nehmen, obwohl keine Ge- witterwolken zu sehen sind.

Das seien Schakale, die Hoch- zeit feiern, sagt Brahim.

Am Tag darauf schlagen wir die Zelte bei Assarag auf.

In dem rund 4 000 Einwohner zählenden Städtchen gibt es eine kleine Klinik und auch ein Café. Ein Hufschmied ist aus dem Ort gekommen, um die Maultiere neu zu beschla- gen. Die Tiere sind eine Geld- anlage und müssen entspre-

chend gepflegt werden.

Mit 600 bis 1 000 Euro schlägt ein kräftiges, weibliches Tier zu Bu- che. Lasten tragen dür- fen sie erst mit fünf Jahren. Das erste Jahr noch ohne Hufeisen, damit sie ein Gefühl für den Boden bekom- men. Nachdem die Tie- re „verarztet“ wurden, bekommen sie einen Sack mit Kraftfutter um den Hals gehängt.

Sechs Handvoll Gerste stehen ihnen morgens und abends zu.

Der Lac d’Ifni auf fast 2 300 Metern Höhe ist der einzige natürliche Bergsee im westlichen Teil des Hohen At- las. Nach sechs Stunden Geh- zeit von Assarag – fast immer leicht bergauf – liegt der blau- grüne See auf einmal unter uns. Das klare Wasser sorgt für Abkühlung – es hat nie mehr als 17 °C. Der letzte und schwerste Abschnitt der Trek- kingtour liegt nun vor uns:

Der Anstieg zum 3 664 Meter hohen Tizi Ouanoums, der sich wie eine Barriere vor den Toubkal geschoben hat. In aller Frühe geht es los, damit wir noch vor der Mittagshitze den Pass erreichen.

Und wieder dauert es nicht lange, bis wir von der Muli- karawane überholt werden.

Flinken Schrittes und schwer bepackt stolzieren sie an uns vorbei. Der Pfad ist die rein- ste Muliautobahn, denn wir sind nicht die einzige Gruppe, die den 4 167 Meter hohen Toubkal zum Ziel hat. Bei der Neltner-Hütte schlagen wir das Basislager auf. Morgen geht es auf den höchsten Gip- fel ohne die Mulis. Die Ver- schnaufpause sei ihnen ge- gönnt. Elke Sturmhoebel

Trekking im Hohen Atlas ist nur im Sommer möglich, wenn kein Schnee mehr liegt. Die beschriebene 15-tägige Tour mit Brahim Jabir als Führer bietet Wikinger Reisen an vier Terminen zwischen Juli und September an. Sie kostet einschließlich Flug nach Marrakesch ab 1 158 Euro.

Auskunft im Reisebüro oder im Internet unter www.wikinger.de und über den Hohen Atlas beim Staatlichen Marokkanischen Fremdenverkehrsamt, Graf- Adolf-Straße 59, 40210 Düsseldorf, Telefon: 02 11/37 05 51-52, Fax: 02 11/

37 40 48, Internet: www.tourismus-in-marokko.de und www.marokko.com. )

Reise-Tipps

Marrakesch: Platz der Gehenkten – Je- maa-el-Fna. Bis weit in die Nacht wird getrommelt.

V A R I A

Referenzen

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