Die Information:
Bericht und Meinung
habe erstmals durch eine auf Pres- semitteilungen hin eingeleitete Son- derprüfung vom Forschungsvorha- ben Kenntnis erlangt. Minister Pirkl habe daher, bezogen auf den we- sentlichen Kern der Behauptung der Repräsentanten des Landesverban- des der Ortskrankenkassen, „die Ak- tion erfolge mit Kenntnis und Billi- gung des Ministeriums, nicht bestä- tigt." Es stelle „daher lediglich eine journalistische Übertreibung einer im Kern richtigen Tatsache dar", wenn es in unserer Zeitung hieß, die maßgebenden Persönlichkeiten des Landesverbandes der Ortskranken- kassen seien „in dem Brief von Mini- ster Pirkl vom 27. September (prak- tisch), der Lüge geziehen worden' ".
Ablenkungsmanöver mißglückt Bekanntlich wollte der Landesver- band der Ortskrankenkassen auch unsere Feststellung verboten wis- sen, daß die wegen ihres linksradi- kalen Zustandes in ganz Deutsch- land verrufene Berliner Universität schon viele Monate im Zusammen- hang mit dem „Aufbau einer Daten- bank aus Leistungsbelegen der Ein- richtung der medizinischen Versor- gung" einen Forschungsauftrag in der Tasche habe.
Dazu stellte nun die 9. Zivilkammer des Landgerichts München I fest, daß die Technische Universität
„schon nach eigenem Vortrag" des Landesverbandes der Ortskranken- kassen „in enger Beziehung" zur Vorbereitung und Durchführung der Datenerfassung stand. „Daß die Technische Universität eine solche Mitarbeit entweder nicht ohne (be- reits erteilten) Auftrag oder im Hin- blick auf den (mit hoher Wahr- scheinlichkeit auf Grund vorange- gangener ,unverbindlicher' Zusagen zu erwartenden) Auftrag erbringt, bedarf keiner weiteren Ausführung", hieß es dazu im Urteil sarkastisch, nachdem es bei der Verhandlung schon auf der Richterbank Geläch- ter gab, als der Rechtsanwalt des Landesverbandes der Ortskranken- kassen feststellte, die Berliner Uni- versität sei „ohne Auftrag" und „ko- stenlos" tätig geworden.
Schließlich kamen die drei Richter der Pressekammer beim letzten Punkt des Verbotsantrags, wonach wir nicht mehr behaupten dürften, die Ortskrankenkassen hätten bei ei-
•nem Gespräch mit Arbeitsminister Pirkl ganz offen zugegeben, daß die Datenerfassung bis zu diesem Ge- spräch keinesfalls „wissenschaftlich begleitet" war, zu der Feststellung, daß unsere Behauptungen in diesem Punkt durch Zeugenaussagen „im wesentlichen bestätigt" seien.
Das Gericht stellte in der schriftli- chen Urteilsbegründung abschlie- ßend fest, der Landesverband der Ortskrankenkassen „hat daher bei keiner der klagegegenständlichen Behauptungen" gegen unsere Zei- tung und gegen mich „einen An- spruch auf Unterlassung. Die Klage war daher abzuweisen".
Womit die Richtigkeit unserer Ent- hüllungen und damit auch die Not- wendigkeit der Information der Öf- fentlichkeit bewiesen sein dürfte.
Vorwürfe immer noch im Raum Immer noch im Raum stehen jedoch unsere weiteren Vorwürfe, daß ent- gegen den Grundsätzen des Daten- schutzes, durch Genehmigung der Verantwortlichen der AOK Lindau, ein zeitlich begrenzt beschäftigter Aushilfsangestellter sogar Kranken- belege mit ärztlichen Angaben über Intimdaten der einzelnen Versicher- ten zur privaten Auswertung aus den Diensträumen mit nach Hause neh- men durfte.
Weiter noch im Raum stehen auch die Vorwürfe, daß maßgebliche Per- sönlichkeiten der AOK Lindau bei der Geheimaktion gegen den Ärzte- präsidenten Professor Sewering sinngemäß sagten: „Das wäre die Spitze; wenn wir den erwischen, wäre alles gewonnen — den müssen wir unbedingt erwischen, dann wäre die ganze Sache schon gelaufen".
Gerade diese Vorhaltungen — die gravierendsten, die unsere Zeitung in dieser Sache überhaupt erhob — aber versucht man beim Landesver- band der Ortskrankenkassen immer noch totzuschweigen ... Oskar Hatz
Widerstand
gegen Regierungsplan
„Bei den Krankenkassen regt sich Widerstand. Denn die Politiker brau- chen die Beitragserhöhung in der Krankenversicherung nicht selbst zu beschließen. Die Selbstverwaltungs- organe der Kassen, die von Arbeit- gebern und Arbeitnehmern be- schickt werden, müssen diesen un- populären Schritt tun. Sie sollen die fehlenden Milliarden eintreiben. Die Kassen allerdings denken schon halblaut über Möglichkeiten nach, den Schwarzen Peter zurückzuspie- len. Da könnte sich die eine oder andere Kasse darauf berufen, daß der Höchstbetrag vor Jahren gesetz-
Mem etafterngig«
lich auf acht Prozent festgeschrie- ben wurde. Die Anhebung auf die heute weit darüber liegenden Sätze war nur mit Hilfe von Ausnahmever- fahren möglich. Versteifen sich die Kassen darauf, dann müßte der Bun- destag entweder die Mindestbeiträ- ge heraufsetzen, womit er auch vor dem Wähler die volle Verantwortung übernehmen würde; oder er hätte den Kassen mit Finanzspritzen unter die Arme zu greifen. Weil die Ren- tenversicherungen sechs Milliarden weniger für die Krankenversorgung der Rentner an die Kassen überwei- sen werden, der Anteil der Rentner in den Kassen aber unterschiedlich ist, sollen diese untereinander die Finanzen ausgleichen. Ein kompli- zierter Verschiebebahnhof für die Beitragsmilliarden mit hohem Ver- waltungsaufwand soll dafür einge- richtet werden. Das System der Krankenversicherungen, durch das heute schon kaum mehr jemand hin- durchsieht, würde noch verschlun- gener: ein Ansatzpunkt für jene, die der Einheitsversicherung das Wort reden. Die wäre in der Tat übersicht- licher. Aber sie bedeutete auch den ersten Schritt auf einer abschüssi- gen Bahn, die beim staatlichen Ge- sundheitsdienst enden könnte."
Alfons Schiele