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Archiv "EU-Berufsanerkennungsrichtlinie: Zum Kommen ermutigen" (07.10.2011)

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A 2076 Deutsches Ärzteblatt

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7. Oktober 2011

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chweden ist bei auswande- rungswilligen Ärzten sehr be- liebt. Das liegt zum einen an den flachen Hierarchien und dem zu- meist angenehmen Arbeitsklima in schwedischen Krankenhäusern, den geregelten Arbeitszeiten, guten Möglichkeiten der Kinderbetreuung und der Unterstützung bei organisa- torischen Dingen wie der Woh- nungssuche. Zum anderen macht es das skandinavische Land Ärzten re- lativ leicht, ihre berufliche Anerken- nung zu bekommen. Für die Ab- wicklung ist eine zentrale Behörde zuständig, und das Verfahren dauert oft nur wenige Wochen. Auch müs- sen Ärzte, die nach Schweden aus- wandern wollen, nicht von Beginn an Schwedisch sprechen können.

In Österreich spielt dagegen so- wohl die Bundes- als auch die je-

weilige Landesärztekammer eine Rolle bei der Anerkennung, berich- tet Claudia Liebenberg in ihrer Masterarbeit.* In Großbritannien ist die Zuständigkeit für das Aner- kennungsverfahren sogar auf drei Behörden verteilt: das General Med - ical Council (GMC), das Postgrad -

uate Medical Education and Trai- ning Board sowie die Specialist Training Authority. Das GMC ver- langt zudem ein Sprachzertifikat.

Wenn es nach den Binnenmarkt- experten der Europäischen Kom- mission in Brüssel ginge, dann soll- te die automatische Anerkennung der Berufsqualifikationen für Ärzte und Pflegekräfte überall in der Eu- ropäischen Union (EU) so schnell

und problemlos verlaufen wie in Schweden. Denn die geringe Mobi- lität von und der zunehmende Man- gel an Fachkräften aus den Gesund- heitsberufen bereitet der Behörde Sorgen. So haben zwischen 2007 und 2010 lediglich 26 000 Ärzte in der EU eine automatische Anerken- nung beantragt. Den Fachkräfte- mangel wiederum schätzen die Brüsseler Experten auf etwa eine Million. Für die kommenden Jahre rechnen sie aufgrund der Überalte- rung des Gesundheitspersonals und der demografischen Entwicklung mit einem weiteren deutlichen An- stieg. Die Kommission will daher die Freizügigkeit innerhalb der EU fördern, um die Arbeitskräftenach- frage und das Angebot besser mitei- nander in Einklang zu bringen.

Spitzenreiter bei der Rekrutie- rung ausländischer Ärzte in der EU ist Großbritannien mit 37 Prozent am gesamten Ärzteaufkommen. Der Ausländeranteil bei den in Deutsch- land gemeldeten Ärzten betrug nach einer Statistik der Bundesärz- tekammer (BÄK) 2010 dagegen nur 7,9 Prozent. Dabei stammten 73 Prozent der ausländischen Ärzte aus EU-Staaten, insbesondere aus Österreich, Griechenland, Polen und Rumänien. 2010 wanderten zu- gleich 3 241 Ärzte aus Deutschland aus. Zielländer in der EU sind vor allem Großbritannien, Österreich und Schweden.

Für die grenzüberschreitende Mobilität von Ärzten gibt es ver- schiedene Ursachen. Aus Deutsch- land wandern Ärzte insbesondere

deshalb aus, weil sie mit den Ar- beitsbedingungen unzufrieden sind.

Gehaltssorgen dürften eine unterge- ordnete Rolle spielen. Denn das verfügbare kaufkraftbereinigte Ein- kommen von Krankenhausärzten in Deutschland liegt einer Studie des Deutschen Krankenhausinstituts zu- folge im europäischen Vergleich im oberen Bereich. „Lediglich Länder, wie Großbritannien, die Schweiz

Ein europäischer Berufsausweis würde den nationalen Anerkennungsverfahren eine europäische Dimension geben.

EU-Binnenmarktexperte Jürgen Tiedje EU-BERUFSANERKENNUNGSRICHTLINIE

Zum Kommen ermutigen

Die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen ist ein wesentlicher Baustein des EU-Binnenmarktes. Mit vereinfachten Regeln will die EU-Kommission die Freizügigkeit weiter fördern.

Foto: Fotolia/dapd [m]

*Claudia Liebenberg: Ärztemobilität in Europa und Konsequenzen staatlichen Handelns. Am Beispiel der Länder Deutschland, Großbritannien, Schwe- den und Österreich. Masterarbeit Februar 2010, Grin-Verlag für akademische Texte, München

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7. Oktober 2011 und die Niederlande, die seit Jahr-

zehnten für den eigenen Bedarf zu wenig Fachärzte weiterbilden, sind gezwungen, aufgrund der selbstin- duzierten Knappheit noch höhere Gehälter für Fachärzte zu zahlen“, sagt der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Georg Baum.

Ärzte aus Österreich wiederum zieht es ins Ausland, weil sie in ihrer Heimat aufgrund hoher Absolven- tenzahlen geringe Aussichten auf ei- ne Assistenzarztstelle haben. Polni- sche Ärzte werden Liebenberg zu- folge durch den besseren Verdienst in Deutschland angezogen. Schwe- den benötigt ausländische Kräfte wegen seines hohen Personalbe- darfs. In Großbritannien machen vor

allem die Reformen im Gesund- heitswesen eine Rekrutierung aus- ländischer Ärzte erforderlich.

Längst nicht alle Anerkennungs- verfahren verlaufen indes reibungs- los. „Manchmal werden aufgrund falscher Gesetzesanwendungen oder Missverständnisse zum Beispiel medizinische Qualifikationen aus- ländischer Ärzte von nationalen Be- hörden nicht anerkannt“, schreibt Liebenberg. Über alle Berufe hin- weg macht das im europäischen Durchschnitt einen Anteil von 30 Prozent der Anerkennungsanträge aus, was sich nach Auffassung der EU-Kommission nachteilig auf die Mobilität der Bürger auswirkt.

„Es wird in Zukunft weniger da- rum gehen, dass Bürger in einem Aufnahmemitgliedstaat Zugang zu einem Beruf erhalten, sondern eher darum, dass die Mitgliedstaaten qualifizierte Berufstätige zum Kommen ermutigen“, betont Jür- gen Tiedje, Leiter des Referats Freizügigkeit von Fachkräften bei der zuständigen Generaldirektion der EU-Kommission. Vereinfachte Regeln zur Berufsanerkennung sol- len hierfür die Voraussetzungen bil- den. Die entsprechende EU-Richtli- nie, die die Mobilität von 800 re- glementierten Berufen im europäi-

schen Binnenmarkt regelt, wurde zuletzt im Jahr 2005 revidiert. Bei Angehörigen von Gesundheitsberu- fen erfolgt die Anerkennung auto- matisch, da die Voraussetzungen für die Qualifikationen auf europäi- scher Ebene harmonisiert wurden.

Hierzu gehört eine medizinische Grundausbildung von mindestens sechs Jahren beziehungsweise 5 500 Stunden theoretischem und praktischem Unterricht an einer Universität. Auch für die Dauer und Inhalte der Weiterbildung der Fach- disziplinen gelten einheitliche Min- destanforderungen. Darüber hinaus legt die Richtlinie fest, dass der Arzt Sprachkenntnisse des Landes, in das er wechseln will, nachweisen muss. Ferner kann der Aufnahme-

staat Nachweise über die Zuverläs- sigkeit, Straffreiheit und Gesund- heit des Arztes verlangen.

Ein neuer Richtlinienvorschlag der Kommission soll Ende 2011 vorliegen. Derzeit diskutiert die Behörde mit den Regierungen, Ver- tretern des Europäischen Parla- ments und Interessenverbänden, welche Instrumente zu einer Ver- besserung der Freizügigkeit beitra- gen könnten. Binnenmarktkommis- sar Michel Barnier schwebt bei- spielsweise vor, einen europäischen Berufsausweis einzuführen. Be- rufstätige könnten mit Hilfe eines solchen Passes gegenüber Verbrau- chern, Arbeitgebern und Behörden in einem anderen Mitgliedstaat nachweisen, dass sie über die erfor- derlichen Qualifikationen verfügen und zur Ausübung ihres Berufs be- rechtigt sind. Zwar sieht bereits die Richtlinie von 2005 die Möglich- keit vor, Berufsausweise auf natio- naler Ebene einzuführen. Doch die- ses Instrument wird bislang kaum genutzt.

Ein EU-Ausweis würde nach Meinung von Tiedje „den nationa- len Anerkennungsverfahren eine europäische Dimension geben“.

Der Binnenmarktexperte erhofft sich dadurch einen schnelleren In-

formationsaustausch und somit eine Verkürzung der Fristen für die An- erkennung. Statt der bislang übli- chen drei Monate sollten seiner An- sicht nach zwei Wochen ausreichen.

Nach den Überlegungen der EU- Kommission sollen sich die einzel- nen Berufsgruppen freiwillig für die Einführung eines solchen Be- rufsausweises entscheiden können.

Die BÄK hält die Einführung eu- ropäischer Berufsausweise grund- sätzlich für sinnvoll. Allerdings sei- en sie kein geeignetes Instrument, um das Anerkennungsverfahren zu ersetzen, so die Kammer. Die Aus- weise sollten daher auch nicht alle notwendigen Informationen enthal- ten, sondern lediglich eine Identifi- kationsnummer. Die Registrier- nummer könnte dann dazu dienen, Auskünfte über die Berufszugehö- rigkeit sowie die Voraussetzungen und erforderlichen Qualifikationen zur Berufsausübung beispielsweise über das elektronische Binnen- marktinformationssystem IMI ab- zurufen, heißt es in einer Stellung- nahme an die EU-Kommission.

Reformbedarf sieht die EU- Kommission ferner bei den Anfor- derungen an die Sprachkenntnisse.

Allerdings, warnt Tiedje, dürfe es hier „keine überschießenden Ten- denzen geben“. Die Behörde regt vielmehr an, dass Sprachkenntnis- se im Interesse des Patientenschut- zes besser von den nationalen Be- hörden oder Arbeitgebern kontrol- liert werden sollten. Wichtig er- scheint es der Kommission auch, ein Frühwarnsystem für Fälle ein- zuführen, in denen ein Angehöri- ger der Gesundheitsberufe in einen anderen Mitgliedstaat auswandern will, obwohl ihm in seinem Her- kunftsstaat die Berufsausübung un- tersagt ist.

Die BÄK hegt Bedenken gegen ein solches Vorwarnsystem, unter anderem wegen der unterschiedli- chen nationalen Datenschutzbe- stimmungen. Auch weist sie darauf hin, dass Informationen nur über- mittelt werden dürften, wenn dis- ziplinarische oder strafrechtliche Sanktionen vollstreckt wurden. Bis dahin gelte auch bei Ärzten die Un-

schuldsvermutung.

Petra Spielberg

Europäische Berufsausweise sind nicht geeignet, das Anerkennungsverfahren zu ersetzen.

Bundesärztekammer

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