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Archiv "Wirklich nur Vorsorge?" (11.03.2011)

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170 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 10

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11. März 2011

M E D I Z I N

DISKUSSION

„Number needed to Screen“

Die Ergebnisse der Zwischenbilanz zur Früherken- nungskoloskopie sind bedeutungsvoll und sollten rich- tungsweisend sein bezüglich des Einsatzes von Scree- ningprogrammen.

Allerdings scheint es sinnvoll, die Ergebnisse und die Wertigkeit dieser Vorsorgeuntersuchung durch die im Präventionsbereich üblicherweise verwendeten Be- griffe wie Positiver Vorhersagewert und Numbers nee- ded to Screen zu präsentieren.

Bei 2,82 Millionen durchgeführten (beziehungswei- se hochgerechneten) Vorsorgekoloskopien bei gesetz- lich Krankenversicherten im Alter zwischen 55 und 84 Jahren wurden 98 734 Vorstufen einer Darmkrebser- krankung und 47 168 präklinische (asymptomatische) Darmkrebsfälle erfolgreich behandelt (beziehungswei- se hochgerechnet behandelt).

Der positive Vorhersagewert ist das Maß für die Richtigkeit eines positiven Testergebnisses (Richtig Positive/Testpositive). Geht man bei einer Koloskopie von 90 % Sensitivität und Spezifität aus, dann liegt der Positive Vorhersagewert bei 3 %.

Die „Number needed to Screen“ ist die Anzahl der notwendigen Screeningvorgänge, um einen Todesfall beziehungsweise ein unerwünschtes Ereignis zu ver- hindern. Nach den vorliegenden Daten beträgt die

„Number needed to Screen“ 19.

Sollten diese Ergebnisse auch nur annähernd richtig interpretiert sein und vergleicht man die „Number nee- ded to Screen“ zum Beispiel mit dem Mammographie- screening, dann sollte die Forderung der Autoren auf eine verbesserte Nutzung des Vorsorgeangebotes ein- dringlich unterstützt werden.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0170a

LITERATUR

1. Brenner H, Altenhofen L, Hoffmeister M: Eight years of colonoscopic bowel cancer screening in Germany: Initial findings and projections, Dtsch Arztebl Int 2010; 107(43): 753–60.

Dr. med. Michael Rothe Lehrbereich Allgemeinmedizin Universität Bonn

Sigmund-Freud-Straße 25, Haus 23 53127 Bonn

E-Mail: Michael.Rothe@ukb.uni-bonn.de

Angabe verfälscht das Bild

In dem Artikel wird zu Recht die geringe Teilnahmerate der Berechtigten angesprochen. Da es aber mehr oder weniger die gleiche Gruppe von Menschen ist, die sich im Zeitraum von 2003 bis 2010 der erstmaligen Vorsor- geuntersuchung unterzogen hat, summiert sich die Ge- samtrate der Beteiligten an den Berechtigten auf einen wesentlich höheren Wert. Ausnahme bilden die jedes Jahr neu hinzugekommenen Berechtigten, die jeweils das Alter von 55 Jahren erreicht haben, abzüglich der Verstorbenen.

Ich bin kein Mathematiker, würde aber eher auf ei- nen Wert von geschätzt circa 18 Prozent kommen statt wie angegeben 2,6 Prozent. Die Angabe lediglich der jährlichen Teilnahmerate verfälscht das Bild. Selbstver- ständlich wäre eine noch höhere Rate äußerst wün- schenswert.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0170b

LITERATUR

1. Brenner H, Altenhofen L, Hoffmeister M: Eight years of colonoscopic bowel cancer screening in Germany: Initial findings and projections, Dtsch Arztebl Int 2010; 107(43): 753–60.

Norbert Schuster

Krankenhaus Bethel Berlin gGmbH Promenadenstraße 3–5, 12207 Berlin E-Mail: KHBE@BethelNet.de

Wirklich nur Vorsorge?

Die Zahl von 2,6 % wahrgenommenen Koloskopien in Bezug auf die Anspruchsberechtigen scheint mir zu klein, um verlässliche Hochrechnungen anstellen zu können.

Interessant wäre in diesem Zusammenhang die Frage, wie viele dieser 2,6 % wirkliche Früherken- nungskoloskopien waren und wie viele indizierte Koloskopien sich in der Zahl verbergen. Der Effekt der Maßnahme kann dadurch deutlich überschätzt werden.

Erfahrungsgemäß lassen sich die Patienten sehr viel leichter vom Sinn einer Koloskopie überzeugen, wenn Anhaltspunkte für ein erhöhtes Risiko gegeben sind (Stuhlunregelmäßigkeit, Familienanamnese oder gar ein positiver Test auf okkultes Blut im Stuhl). Könnten daneben nicht auch abrechnungs- technische Verschiebungen eine Rolle spielen, da die Früherkennungskoloskopie extrabugdetär vergütet wird?

So leistet die Früherkennungskoloskopie möglicher- weise nicht trotz, sondern wegen der geringen Teilneh- merquote einen eben nur scheinbar „sehr großen Bei- trag zur Verhütung und Früherkennung kolorektaler Karzinome in Deutschland“.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0170c zu dem Beitrag

Zwischenbilanz der Früherkennungskoloskopie nach acht Jahren – Eine Hochrechnung und erste Ergebnisse

von Prof. Dr. med. Hermann Brenner, Dr. rer. soc. Lutz Altenhofen, Dr. sc. hum. Michael Hoffmeister in Heft 43/2010

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Deutsches Ärzteblatt

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11. März 2011 171

M E D I Z I N

Digitale Rektumaustastung ab 45 sinnvoll?

Bei der gynäkologischen Krebsvorsorge gehört die di- gitale Rektumaustastung ab dem 45. Lebensjahr dazu – gesetzlich seit 1977. Frauen sind wesentlich vorsorge- bewusster als Männer. 34 % der jährlichen Teilnehmer seit 1990 sind Frauen, Männer stellen nur 14 % der Teilnehmer. Bewirkt das einen genderspezifischen Un- terschied bei Prognose und Überleben nach Therapie des Rektumkrebs durch früheres Erkennen? Krebser- krankungen des Rektums stellen 20 bis 25 % der kolo- rektalen Krebserkrankungen, die durch präventive Ko- loskopie diagnostisch erreichbar sind – inklusive der dazugehörigen Krebsvorstufen.

Das müsste sich als Benefit bei Frauen mit doppelt so häufiger Wahrnehmung gesetzlicher Krebsvorsorge zeigen im Vergleich zu Männern.

Die Zwischenbilanz der Früherkennungskoloskopie nach acht Jahren weist nicht darauf hin. Bei 55- bis 59-jährigen Frauen wurden etwa ebenso oft Krebser- krankungen entdeckt wie bei Männern (13 % zu 12,2 %). Analoges zeigte sich bei Adenomen (21 % zu 19,3 %). Hier wurde die unterste Altersgruppe 55 bis 59 Jahre gewählt, da diese Frauen am ehesten zur gynäko- logischen Vorsorge kommen.

Die präventive Koloskopie ab dem 55. Lebensjahr (90 % der Neuerkrankungen werden ab diesem Alter entdeckt) wird nur von 2,6 % der Berechtigten (Alter 55 bis 84 Jahre) jährlich wahrgenommen.

Die für dieses Kollektiv geschätzte Zahl früh ent- deckter Krebserkrankungen und fortgeschrittener Ade- nome war bei Männern etwas höher als bei Frauen. Die Hälfte dieser Befunde wurde zwischen dem 60. und dem 70. Lebensjahr erhoben. In dieser Dekade gehen nur wenige Frauen zur gynäkologischen Vorsorge.

Damit stellt sich die Frage der Neubewertung rektal- digitaler Untersuchungen im Rahmen der gynäkologi- schen Vorsorge ab dem 45. Lebensjahr mit Einführung vor 33 Jahren.

Bemerkenswert in Gegensatz dazu ist die Evaluie- rung präventiver Koloskopie bereits acht Jahre nach der Einführung.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0171a

LITERATUR

1. Brenner H, Altenhofen L, Hoffmeister M: Eight years of colonoscopic bowel cancer screening in Germany: Initial findings and projections, Dtsch Arztebl Int 2010; 107(43): 753–60.

Prof. Dr. med. J. Matthias Wenderlein Universität Ulm, Eyth-Straße 14 89075 Ulm

E-Mail: wenderlein@gmx.de

Vollständige und verständliche Daten sind nötig

Zur Bewertung der Daten bezüglich der Hochrechnun- gen zum Darmkrebsscreening sind eine Einordnung und ein Vergleich mit anderen präventiven Maßnahmen nötig. Solche Angaben lassen sich aus den Modellen der Autoren mit wenig Aufwand errechnen, wie eine ähnliche Publikation derselben Autoren zeigt (1). Es wäre deshalb hilfreich, wenn die Autoren folgende An- gaben ergänzen würden:

Neben der Zahl der geschätzten verhüteten be- ziehungsweise früh erkannten Karzinome soll- ten jeweils dazu als Referenzgrößen auch die Gesamtzahl der Darmkrebsfälle für die einzel- nen Altersgruppen und Zeitspannen genannt werden.

Es sollten die Daten genannt werden, die für eine Situation ohne Screening mit Früherkennungs - koloskopie in Deutschland geschätzt werden.

Die Daten sollten mit konstanten Bezugsgrößen und Zeiträumen dargestellt werden. Es sollte also angegeben werden, auf wie viele Bürger sich die vermiedenen Darmkrebsfälle pro Zeiteinheit be- ziehen.

Die Angaben sollten mit verständlichen Bezugs- größen präsentiert werden. Zum Beispiel: „Mit dem Angebot eines Koloskopie-Screenings erhal- ten pro Jahr (oder über 10 Jahre) von 1 000 an- spruchsberechtigten Bürgern xx eine Darmkrebs- diagnose und xx sterben an Darmkrebs. Ohne Ko- loskopie-Screening wären es xx von 1000 Bür- gern pro Jahr (über 10 Jahre).

Zur leichteren Einordnung sollte auch die Ge- samtzahl an Krebserkrankungen in den jeweiligen Kategorien aufgelistet werden.

Es sollte diskutiert werden, warum keine Hoch- rechnungen zu möglichen Schäden berichtet wer- den.

Generell möchte ich anregen, dass das Deutsche Ärzteblatt grundsätzlich Studienergebnisse in einem Kontext präsentiert, der Missverständnissen vorbeugt und den Lesern eine rasche Einordnung der Daten er- möglicht. Zur Kommunikation von Ergebnissen zu Krebsfrüherkennungsprogrammen liegen Standards vor, die sich auch für wissenschaftliche Arbeiten adap- tieren lassen (2, 3).

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0171b

LITERATUR

1. Brenner H, Hoffmeister M, Brenner G, Altenhofen L, Haug U: Ex- pected reduction of colorectal cancer incidence within 8 years after introduction of the German screening colonoscopy programme: Esti- mates based on 1 875 708 screening colonoscopies. Eur J Cancer 2009; 45: 2027–33.

2. Koch K, Mühlhauser I, für den Fachbereich Patienteninformation des Deutschen Netzwerks für Evidenzbasierte Medizin: Kriterien zur Er- stellung von Patienteninformationen zu Krebsfrüherkennungsunter- suchungen, 2008. www.ebm-netzwerk.de.

3. Gigerenzer G, Gaissmaier W, Kurz-Milcke EK, Schwartz LM, Woloshin S: Helping doctors and patients make sense of health statistics. Psy- chol Sci Public Interest 2007; 8(2): 53–96.

LITERATUR

1. Brenner H, Altenhofen L, Hoffmeister M: Eight years of colonoscopic bowel cancer screening in Germany: Initial findings and projections, Dtsch Arztebl Int 2010; 107(43): 753–60.

Dr. med. Markus Hedemann Am Posthof 1, 31785 Hameln E-Mail: praxis-posthof@t-online.de

Referenzen

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