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Archiv "Vollständige und verständliche Daten sind nötig" (11.03.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 10

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11. März 2011 171

M E D I Z I N

Digitale Rektumaustastung ab 45 sinnvoll?

Bei der gynäkologischen Krebsvorsorge gehört die di- gitale Rektumaustastung ab dem 45. Lebensjahr dazu – gesetzlich seit 1977. Frauen sind wesentlich vorsorge- bewusster als Männer. 34 % der jährlichen Teilnehmer seit 1990 sind Frauen, Männer stellen nur 14 % der Teilnehmer. Bewirkt das einen genderspezifischen Un- terschied bei Prognose und Überleben nach Therapie des Rektumkrebs durch früheres Erkennen? Krebser- krankungen des Rektums stellen 20 bis 25 % der kolo- rektalen Krebserkrankungen, die durch präventive Ko- loskopie diagnostisch erreichbar sind – inklusive der dazugehörigen Krebsvorstufen.

Das müsste sich als Benefit bei Frauen mit doppelt so häufiger Wahrnehmung gesetzlicher Krebsvorsorge zeigen im Vergleich zu Männern.

Die Zwischenbilanz der Früherkennungskoloskopie nach acht Jahren weist nicht darauf hin. Bei 55- bis 59-jährigen Frauen wurden etwa ebenso oft Krebser- krankungen entdeckt wie bei Männern (13 % zu 12,2 %). Analoges zeigte sich bei Adenomen (21 % zu 19,3 %). Hier wurde die unterste Altersgruppe 55 bis 59 Jahre gewählt, da diese Frauen am ehesten zur gynäko- logischen Vorsorge kommen.

Die präventive Koloskopie ab dem 55. Lebensjahr (90 % der Neuerkrankungen werden ab diesem Alter entdeckt) wird nur von 2,6 % der Berechtigten (Alter 55 bis 84 Jahre) jährlich wahrgenommen.

Die für dieses Kollektiv geschätzte Zahl früh ent- deckter Krebserkrankungen und fortgeschrittener Ade- nome war bei Männern etwas höher als bei Frauen. Die Hälfte dieser Befunde wurde zwischen dem 60. und dem 70. Lebensjahr erhoben. In dieser Dekade gehen nur wenige Frauen zur gynäkologischen Vorsorge.

Damit stellt sich die Frage der Neubewertung rektal- digitaler Untersuchungen im Rahmen der gynäkologi- schen Vorsorge ab dem 45. Lebensjahr mit Einführung vor 33 Jahren.

Bemerkenswert in Gegensatz dazu ist die Evaluie- rung präventiver Koloskopie bereits acht Jahre nach der Einführung.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0171a

LITERATUR

1. Brenner H, Altenhofen L, Hoffmeister M: Eight years of colonoscopic bowel cancer screening in Germany: Initial findings and projections, Dtsch Arztebl Int 2010; 107(43): 753–60.

Prof. Dr. med. J. Matthias Wenderlein Universität Ulm, Eyth-Straße 14 89075 Ulm

E-Mail: wenderlein@gmx.de

Vollständige und verständliche Daten sind nötig

Zur Bewertung der Daten bezüglich der Hochrechnun- gen zum Darmkrebsscreening sind eine Einordnung und ein Vergleich mit anderen präventiven Maßnahmen nötig. Solche Angaben lassen sich aus den Modellen der Autoren mit wenig Aufwand errechnen, wie eine ähnliche Publikation derselben Autoren zeigt (1). Es wäre deshalb hilfreich, wenn die Autoren folgende An- gaben ergänzen würden:

Neben der Zahl der geschätzten verhüteten be- ziehungsweise früh erkannten Karzinome soll- ten jeweils dazu als Referenzgrößen auch die Gesamtzahl der Darmkrebsfälle für die einzel- nen Altersgruppen und Zeitspannen genannt werden.

Es sollten die Daten genannt werden, die für eine Situation ohne Screening mit Früherkennungs - koloskopie in Deutschland geschätzt werden.

Die Daten sollten mit konstanten Bezugsgrößen und Zeiträumen dargestellt werden. Es sollte also angegeben werden, auf wie viele Bürger sich die vermiedenen Darmkrebsfälle pro Zeiteinheit be- ziehen.

Die Angaben sollten mit verständlichen Bezugs- größen präsentiert werden. Zum Beispiel: „Mit dem Angebot eines Koloskopie-Screenings erhal- ten pro Jahr (oder über 10 Jahre) von 1 000 an- spruchsberechtigten Bürgern xx eine Darmkrebs- diagnose und xx sterben an Darmkrebs. Ohne Ko- loskopie-Screening wären es xx von 1000 Bür- gern pro Jahr (über 10 Jahre).

Zur leichteren Einordnung sollte auch die Ge- samtzahl an Krebserkrankungen in den jeweiligen Kategorien aufgelistet werden.

Es sollte diskutiert werden, warum keine Hoch- rechnungen zu möglichen Schäden berichtet wer- den.

Generell möchte ich anregen, dass das Deutsche Ärzteblatt grundsätzlich Studienergebnisse in einem Kontext präsentiert, der Missverständnissen vorbeugt und den Lesern eine rasche Einordnung der Daten er- möglicht. Zur Kommunikation von Ergebnissen zu Krebsfrüherkennungsprogrammen liegen Standards vor, die sich auch für wissenschaftliche Arbeiten adap- tieren lassen (2, 3).

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0171b

LITERATUR

1. Brenner H, Hoffmeister M, Brenner G, Altenhofen L, Haug U: Ex- pected reduction of colorectal cancer incidence within 8 years after introduction of the German screening colonoscopy programme: Esti- mates based on 1 875 708 screening colonoscopies. Eur J Cancer 2009; 45: 2027–33.

2. Koch K, Mühlhauser I, für den Fachbereich Patienteninformation des Deutschen Netzwerks für Evidenzbasierte Medizin: Kriterien zur Er- stellung von Patienteninformationen zu Krebsfrüherkennungsunter- suchungen, 2008. www.ebm-netzwerk.de.

3. Gigerenzer G, Gaissmaier W, Kurz-Milcke EK, Schwartz LM, Woloshin S: Helping doctors and patients make sense of health statistics. Psy- chol Sci Public Interest 2007; 8(2): 53–96.

LITERATUR

1. Brenner H, Altenhofen L, Hoffmeister M: Eight years of colonoscopic bowel cancer screening in Germany: Initial findings and projections, Dtsch Arztebl Int 2010; 107(43): 753–60.

Dr. med. Markus Hedemann Am Posthof 1, 31785 Hameln E-Mail: praxis-posthof@t-online.de

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M E D I Z I N

Schlusswort

Für das Interesse an unserer Arbeit und die Kommenta- re möchten wir uns höflich bedanken.

Wir stimmen Herrn Dr. Rothe zu, dass der positive Vorhersagewert und die Numbers needed to Screen weitere sinnvolle Maße darstellen können und im vor- liegenden Fall die Bedeutung der Früherkennungskolo- skopie weiter unterstreichen.

Die Teilnahmerate haben wir korrekt als jährliche Teilnahmerate dargestellt. Auf deren Basis lassen sich selbstverständlich grobe Hochrechnungen für längere Zeiträume durchführen, die allerdings Un- schärfen beinhalten, da es sich, epidemiologisch ge- sprochen, nicht um eine geschlossene Kohorte han- delt. Ob die von Herrn Schuster vorgeschlagene Hochrechnung für 8 Jahre dabei die sinnvollste Vari- ante ist, ist zu diskutieren. Angesichts der für die Früherkennungskoloskopie vorgesehenen 10-Jahres- Screening-Intervalle würde eine Hochrechnung auf 10 Jahre die „Gesamt-Inanspruchnahme“ besser wi- derspiegeln.

Unsere großen Studien unter den Teilnehmern der Früherkennungskoloskopie, bei denen wir Vorge- schichte und Teilnahmegründe detailliert erheben (1, 2), zeigen, dass die von Herrn Hedemann genannten Gründe der Durchführung von Früherkennungskolo- skopien zwar durchaus vorkommen, allerdings nur in einer kleinen Minderheit der Fälle. Und selbst wenn das Angebot der Früherkennungskoloskopie nur dazu führen würde, zusätzliche indizierte Koloskopien durchzuführen, wäre dies durchaus auch ein „Ver- dienst“ des Früherkennungsangebots.

Herr Wenderlein macht auf einen wichtigen Sach- verhalt aufmerksam, die Rolle der Gynäkologen in der Darmkrebsvorsorge. So wird auch ein großer Teil der Tests auf okkultes Blut im Stuhl, für deren Effektivität ungleich höhere Evidenz vorliegt (3) als für die von ihm zitierten rektal-digitalen Untersuchungen, im Zu-

sammenhang mit gynäkologischen Vorsorgeuntersu- chungen durchgeführt.

Frau Mühlhauser macht in ihrem Leserbrief auf eine eigene Arbeit aufmerksam, in der Kriterien zur Erstellung von Patienteninformationen zu Krebsfrüherkennungsun- tersuchungen behandelt werden. Sie macht diese als Stan- dards für die Kommunikation von Ergebnissen zu Krebs- früherkennungsuntersuchungen geltend, die sich auch für wissenschaftliche Arbeiten adaptieren ließen. Wir danken für diesen Hinweis, haben uns in der Darstellung der Er- gebnisse aber ganz bewusst an den klar definierten Zielen unserer Arbeit sowie an international etablierten Stan- dards für wissenschaftliche Publikationen orientiert. Die von Frau Mühlhauser zusätzlich gewünschten Angaben, die nicht im Fokus der Ziele unserer Arbeit stehen, ließen sich zudem größtenteils nur unter weitreichenden zusätz- lichen Annahmen abschätzen, deren eingehende Darstel- lung und Diskussion im Rahmen der Wortzahllimitatio- nen des Deutschen Ärzteblatts nicht sinnvoll beziehungs- weise möglich gewesen wären. Zur Frage der seltenen schwerwiegenden Komplikationen verweisen wir auf die Ausführungen auf Seite 757 unserer Arbeit.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0172

LITERATUR

1. Hundt S, Haug U, Brenner H: Comparative evaluation of immunoche- mical fecal occult blood tests for colorectal adenoma detection. Ann Intern Med 2009;150:162–9.

2. Brenner H, Tao S, Haug U: Low-dose aspirin use and performance of immunochemical fecal occult blood tests. JAMA 2010; 304:

2513–20.

3. Hewitson P, Glasziou P, Watson E, Towler B, Irwig L: Cochrane syste- matic review of colorectal cancer screening using the fecal occult blood test (hemoccult): an update. Am J Gastroenterol. 2008; 103:

1541–9.

4. Brenner H, Altenhofen L, Hoffmeister M: Eight years of colonoscopic bowel cancer screening in Germany: Initial findings and projections, Dtsch Arztebl Int 2010; 107(43): 753–60.

Prof. Dr. med. Hermann Brenner*

Dr. rer. soc. Lutz Altenhofen Dr. sc. hum. Michael Hoffmeister

*Abteilung Klinische Epidemiologie und Alternsforschung Deutsches Krebsforschungszentrum

Bergheimer Straße 20 69115 Heidelberg

E-Mail: h.brenner@dkfz-heidelberg.de

Interessenkonflikt

Alle Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

4. Brenner H, Altenhofen L, Hoffmeister M: Eight years of colonoscopic bowel cancer screening in Germany: Initial findings and projections, Dtsch Arztebl Int 2010; 107(43): 753–60.

Prof. Dr. med. Ingrid Mühlhauser Universität Hamburg, MIN Fakultät Gesundheitswissenschaften

Martin-Luther-King Platz 6, 20146 Hamburg E-Mail: Ingrid_Muehlhauser@uni-hamburg.de

Referenzen

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