Metalle
Innovationen im Bereich der Wirbelstrom-Sortiertechnik
Georg Doninger, Christian Karl und Helmut Flachberger
1. Entwicklungsprojekt ENOS – statischer Wirbelstromscheider ...544
1.1. Auslegung des Magnetsystems ...546
1.2. Aufbereitungstechnische Untersuchungen ...546
1.3. Zusammenfassung ...550
2. Entwicklungsprojekt VIOS – Wirbelstromscheider mit exzentrischem Polrad ...551
2.1. Auslegung des Magnetsystems ...552
2.2. Aufbereitungstechnische Untersuchungen ...522
2.3. Zusammenfassung ...554
3. Schlussbetrachtung und Ausblick ...554
4. Literatur ...555 Das Prinzip der Wirbelstrom-Sortiertechnik beruht auf der Induktion von Wirbel- strömen in elektrisch leitenden Partikeln, wenn diese einem zeitlich veränderlichen Magnetfeld ausgesetzt werden. Dadurch bilden die Leiter ein dem ursprünglichen Magnetfeld entgegengesetztes Feld aus, woraus eine elektrodynamische Kraftwirkung resultiert. Diese Kräfte werden zur Sortierung von elektrisch leitenden Partikeln aus einem Aufgabestrom genutzt.
Die Bauarten von Wirbelstromscheidern lassen sich allgemein nach Art der Magnet- quelle (Permanentmagnet oder Elektromagnet) und der Relativbewegung, je nachdem ob sowohl Magnetsystem als auch Partikel oder nur die Partikel in Bewegung sind, klassifizieren, wobei heute nahezu ausschließlich bewegte Permanentmagnetsysteme industriellen Einsatz finden.
Dabei hat sich die Ausführung mit horizontalem Polrad in zentrischer oder exzentrischer Ausführung als Stand der Technik zur Sortierung von Nichteisen (NE)-Metallen in un- terschiedlichsten Anwendungsfällen etabliert, wobei die exzentrische Variante vor allem für feinere Partikel < 10 mm [1] angewendet wird, da mit selbiger der Anstellwinkel des Polrades variiert werden kann. Die Magnete sind mit alternierender Polarität entlang des Polradumfanges angeordnet. Das Funktionsprinzip eines Wirbelstromscheiders mit exzentrischem Polrad ist in Bild 1 ersichtlich. Das Aufgabegut wird mittels Förderband zur abwurfseitigen Umlenktrommel transportiert, in welcher das Polrad mit hoher Drehzahl rotiert. Die elektrisch leitenden Partikel erfahren dabei neben einer radialen und tangentialen Kraft auch ein entgegen der Drehrichtung wirkendes Moment.
Metalle
Bild 1: Funktionsprinzip eines Wirbelstromscheiders mit exzentrischem Polrad
Als vorteilhaft erweisen sich an dieser Bauart vor allem hohe Werte der magnetischen Flussdichte an der Bandoberfläche, der Polwechselfrequenz und der Durchsatzleistung.
Während die Trajektorien von Partikeln > 5 mm maßgeblich von den radialen bzw. tan- gentialen Kraftkomponenten bestimmt werden, nimmt der Einfluss des Momentes mit abnehmender Korngröße zu. Dies führt dazu, dass kleine Partikel < 5 mm [7] zu rollen beginnen und damit randomisierenden Effekten durch Wechselwirkungen zwischen Förderband und Partikel unterliegen, was zu einer Abnahme der Trennschärfe führt.
Zur Verbesserung der Sortierung kleiner Partikel wird gemäß [5] eine Verringerung der Polweite sowie eine Erhöhung der Polwechselfrequenz vorgeschlagen. Dieser Trend ist auch bei heutigen Wirbelstromscheidern mit exzentrischem Polrad deutlich erkennbar. So liegen die maximalen Frequenzen derzeit bei etwa 1.500 Hz, wobei dies einerseits durch höhere Drehzahlen oder andererseits durch eine höhere Polpaarzahl, bei Hinnahme von geringerer magnetischer Flussdichte an der Oberfläche, technisch umgesetzt wird.
1. Entwicklungsprojekt ENOS – statischer Wirbelstromscheider
Zur Sortierung von kleinen Partikeln wurde in einem mehrjährigen Forschungsprojekt gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Aufbereitung und Veredlung an der Montanuni- versität Leoben diese Tendenz in Frage gestellt, und der gegensinnige Ansatz – geringe Polwechselfrequenz bei hoher Flussdichte – untersucht, wobei hierfür eine statische Ausführung des Magnetsystems hinsichtlich folgender Vorteile als zweckmäßig er- schien:
• hohe Trennschärfe durch
– reduzierte Streuung aufgrund punktueller Krafteinwirkung und – geringere Partikel-/Partikel-Wechselwirkungen,
Förderband
Umlenktrommel Polrad
Nichtleiter Leiter
Metalle
• Sortierung kleiner Partikelgrößen durch punktuelle Kraftwirkung,
• hohe Durchsatzleistungen durch hohe Bandgeschwindigkeiten und
• Kostenreduktion durch
– Einsparungen bei den Investitionskosten durch
* weniger Magnetwerkstoff und
* keine Antriebseinheit für das Polrad sowie – Einsparungen bei den Betriebskosten durch
* niedrigeren Energieverbrauch und
* geringen Wartungsaufwand.
Den Ergebnissen der vorab durchgeführten Literaturrecherche kann entnommen wer- den, dass statische Magnetsysteme bereits in mehreren Modifikationen getestet wurden, sich allerdings aufgrund niedriger Durchsatzleistung sowie geringer Trennschärfe nicht durchgesetzt haben. So wird das Aufgabegut beispielhaft
• durch ein geschlossenes Magnetsystem geblasen (Bild 2 A) [6],
• über eine mit Magneten alternierender Polarität bestückte Rutsche geführt (Bild 2 B) [4],
• mit einem Förderband über ein gleichartiges Magnetsystem geführt (Bild 2 C) [3]
oder
• über die Mantelfläche eines Kegelstrumpfes, unter welchem das Magnetsystem spiralförmig angeordnet ist, geleitet (Bild 2 D) [2].
Leiter Nichtleiter
Leiter Nichtleiter
Leiter Nichtleiter
Nichtleiter Leiter
Leiter
A B
C D
Bild 2: Bauarten von Wirbelstromscheidern mit statischem Magnetsystem
Metalle
Als Gemeinsamkeit aller Bauarten kann dabei festgehalten werden, dass zur Sortierung der elektrisch leitenden Partikel stets die tangentiale Kraftkomponente herangezogen wurde, indem die Partikel entweder seitlich zur Förderrichtung abgelenkt oder aus einem Aufgabestrom abgebremst werden, was sich allerdings aufgrund von Partikel-/
Partikel-Wechselwirkungen negativ auf die Trennschärfe auswirkt.
Daher wurde als Vorgabe für den statischen Wirbelstromscheider das gezielte Abstoßen durch radiale Kraftwirkung definiert.
1.1. Auslegung des Magnetsystems
Mithilfe von Finite-Elemente (FEM)-Software wurde zunächst ein Modell zur Berech- nung der Kräfte auf ein Partikel definierter Geometrie und Leitfähigkeit als Grundlage für die Auslegung des Magnetsystems erstellt und zur Beantwortung konstruktiver bzw.
prozessrelevanter Fragestellungen (z.B. betreffend die Anordnung des Magnetsystems, die Anzahl der Polwechsel, die erforderliche Bandgeschwindigkeit) genutzt.
Die Ergebnisse der diesbezüglichen Berechnungen zeigten, dass zum einen ein Pol- wechsel für eine radial abstoßende Kraftwirkung ausreichend ist und zum anderen die Bandgeschwindigkeit – da nur selbige den erforderlichen Relativgeschwindigkeitsun- terschied zwischen Partikel und Magnetsystem gewährleistet – maximiert werden soll.
Bezüglich der Auslegung des Magnetsystems konnte mithilfe der FEM-Software festgestellt werden, dass durch Variation des Verlaufes von tangentialer und radialer Flussdichte an der Bandoberfläche der Kraftvektor zweckmäßig gesteuert werden kann, weshalb zur Untersuchung dieses Sachverhaltes ein mit vier Magnetsystemen ausgestatteter Prototyp konstruiert wurde. In Tabelle 1 sind die Magnetsysteme sowie deren Unterscheidungsmerkmale ersichtlich, welche derart ausgelegt wurden, dass das Verhältnis der Maximalwerte von tangentialer zu radialer Flussdichte (BTan,Max und BRad,Max) an der Bandoberfläche bei zwei Modifikationen größer Eins ist, bei den beiden anderen ist dieses kleiner Eins. Außerdem wurde bei beiden Varianten je einmal die Flussdichte B und einmal deren Gradient maximiert.
Magnetsystem BTan,Max/BRad,Max BMax Gradient
A > 1
B < 1
C < 1
D > 1
Tabelle 1:
Unterscheidungsmerkmale der Magnetsysteme des Prototypen
1.2. Aufbereitungstechnische Untersuchungen
Untersuchungen mit Prüfkörpern
Die Verifizierung der aus der FEM-Simulation gewonnenen Erkenntnisse erfolgte mithilfe eines Trajektorien aufzeichnenden Kamerasystems anhand von Prüfkörpern.
Bei diesen handelt es sich um Aluminium-, Kupfer- und Bleizylinder bzw. -scheiben mit definiertem Durchmesser-/Höhe-Verhältnis sowie bekannter elektrischer Leitfä- higkeit und Dichte (Bild 3).
Metalle
Al (d20/s10)
Al (d20/s10) Al (d20/s5)Al (d20/s5) Al (d20/s3)Al (d20/s3) Al (d10/s3) Al (d10/s3)
Al (d5/s3) Al (d5/s3)
Cu (d20/s3) Cu (d20/s3)
Cu (d10/s3) Cu (d10/s3)
Cu (d5/s3) Cu (d5/s3)
Pb (d20/s3) Pb (d20/s3)
Pb (d10/s3) Pb (d10/s3)
Pb (d5/s3) Pb (d5/s3)
Bild 3: Zur Überprüfung der Simulationsergebnisse hergestellte Prüfkörper
Zur Veranschaulichung der Vorgehensweise sind die aufgezeichneten Trajektorien der Aluminium Prüfkörper mit einem Durchmesser von 20 mm und einer Höhe von 3 mm bei einer Bandgeschwindigkeit von 3,0 m/s für alle vier Magnetsysteme in Bild 4 (links) dargestellt. Die Simulationsergebnisse, denen zufolge das Magnetsystem B mit einer magnetischen Flussdichte von etwa 850 mT an der Bandoberfläche die größte radial abstoßende Kraft aufweist, konnten in den Untersuchungen für alle Prüfkörper bestätigt werden. Dieses wurde deshalb mit dem Produktnamen ENOS für die Serien- reife ausgewählt.
Der direkte Vergleich zwischen dem statischen Magnetsystem und dem exzentrischen Wirbelstromscheider STRATOS der Firma IFE Aufbereitungstechnik GmbH sowie der Ballistik ist in Bild 4 (rechts) anhand von Prüfkörpern ersichtlich. Es ist deutlich erkennbar, dass die abstoßende Kraft mit rotierendem Magnetsystem höher als jene des statischen Magnetsystems ist, selbige jedoch für eine Sortierung ausreichend ist.
Darüber hinaus wird bei Betrachtung der Lage der Abhebepunkte deutlich, dass die Prüfkörper bei rotierendem Magnetsystem zu einem früheren Zeitpunkt abheben, während diese bei statischem System deutlich näher an das Maximum der Flussdichte an der Bandoberfläche herangeführt werden.
9 cm 8 cm y-Koordinate
m 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0 -0,1 -0,2
0 0,1 -0,1
x-Koordinate m
0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0 -0,1 -0,2
0 0,1 -0,1
x-Koordinate m
0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 y-Koordinate
m
A B C D Ballistik ENOS STRATOS Ballistik
Bild 4: Links: Vergleich der Trajektorien aller Magnetsysteme anhand eines Aluminium- Prüfkörpers (Durchmesser 20 mm, Höhe 3 mm) bei einer Bandgeschwindigkeit von 3,0 m/s; rechts: Vergleich der Trajektorien eines Aluminium-Prüfkörpers (Durchmesser 20 mm, Höhe 3 mm) zwischen statischem und rotierendem Magnetsystem bei einer Bandgeschwindigkeit von 3,0 m/s
Metalle
Anwendungsbeispiel aus der Kabelschrottaufbereitung
Als anwendungsorientiertes Beispiel und zur Erläuterung der Vorteile des sta- tischen Wirbelstromscheiders wird folgend das Aufbereitungsverfahren für ein Kupfer (Cu)- / Blei (Pb)-Granulat mit einem Cu-Gehalt von etwa 95 % und einem Pb-Gehalt von 5 % (Schüttdichte 3,8 t/m³) aus der Kabelschrottaufbereitung betrachtet, welches nach derzeitigem Stand nicht weiter aufbereitet wird. Als Ziel wurde dabei die Herstellung einer Cu-Fraktion mit einem Cu-Gehalt von 99 % bei gleichzeitig hohem Ausbringen definiert. Die maximale Korngröße lag bei etwa 2,0 mm, der k80-Wert bei 1,8 mm.
Der Aufbereitungsstammbaum sowie die Bilanz sind in Bild 5 bzw. Tabelle 2 ersicht- lich. In einem ersten Schritt wurden mittels zweistufiger Wirbelstromsortierung eine Zwischenfraktion und eine vermarktungsfähige NE-Fraktion mit einem Cu-Gehalt von 99,65 % bei einem Inhaltsausbringen von 80,9 % generiert. Im zweiten Schritt wurde die Zwischenfraktion unter Verwendung eines Linearschwingsiebes mit einer Maschenweite von 1,25 mm in eine kupferreiche Feinfraktion < 1,25 mm mit einem Cu-Gehalt von 96,2 % und eine bleireiche Reststofffraktion aufgegliedert. Der Cu- Gehalt der Reststofffraktion konnte dabei auf immerhin 51,22 % reduziert werden.
2,0 [t/mh)] 0,4 [t/(m2 • h)]
MW 1,25 mm
Aufgabegut
NE-Fraktion Feinfraktion
< 1,25 mm
Restfraktion
Bild 5: Aufbereitungsstammbaum des Cu-Pb-Granulates
Masse Cu-Anteil Cu-Ausbringen %
NE-Fraktion 77,0 99,65 80,9 Feinfraktion <1,25 mm 14,2 96,20 14,4 Restfraktion 8,8 51,22 4,8 Aufgabe 100,0 94,88 100,0
Tabelle 2:
Bilanztafel des Aufbereitungs- prozesses des Cu-Pb-Granulates
Metalle
Aus der Bilanztafel geht eindrucksvoll hervor, dass das Ziel der Erzeugung einer markttauglichen Cu-Fraktion auch durch Vereinigung der Produkte NE-Fraktion und Feingutfraktion < 1,25 mm bei einem Masseausbringen von 91,2 % erreicht werden kann.
Das Trajektorien aufzeichnende Kamerasystem wurde auch für diesen Anwendungsfall zur Ermittlung der optimalen Betriebsparameter der Wirbelstromsortierung eingesetzt.
So sind in Bild 6 die Trajektorien der vorab handsortierten Teilmengen der Cu- und Pb- Partikel sowie die Verteilung selbiger in der Splitterebene ersichtlich. Da die Cu-Litzen in beiden Fraktionen zu finden waren und im Anschluss an die Wirbelstromsortierung gesiebt wurden, sind deren Trajektorien in Bild 6 nicht dargestellt und wurden auch zur Einstellung des Splitters nicht berücksichtigt. Die tatsächliche Lage der Splitter- kante kann in Abhängigkeit der jeweiligen Anforderung hinsichtlich Ausbringen oder Anreichern auf die gewünschte Position eingestellt werden.
Bild 6: Kameraaufnahmen der Flugbahnen des Cu-/Pb-Granulates bei einer Bandgeschwindig- keit von 2,25 m/s mit statischem Magnetsystem; oben: Aufzeichnung der Trajektorien von Cu- und Pb-Partikeln; unten: Verteilung der Cu- und Pb-Partikel in der Splitterebene
Splitterebene 300
250 200 150 100 50 0 y mm
0 200 400 600 800
x mm
Kupfer Blei
400 450 500
x mm 12
10 8 6 4 2 0
Norm. Anzahl
%/mm
Metalle
Bild 7: Kameraaufnahmen der Flugbahnen der Cu-Partikel aus dem Cu-/Pb-Granulat bei einer Bandgeschwindigkeit von 2,5 m/s; oben: Aufzeichnung der Trajektorien mit statischem und rotierendem Magnetsystem; unten: Verteilung der Cu-Partikel in der Splitterebene
1.3. Zusammenfassung
Die Vorteile des statischen Wirbelstromscheiders lassen sich anhand dieses Anwen- dungsbeispiels wie folgt zusammenfassen.
• hohe Trennschärfe und geringe Streuung:
Die aufgenommenen Trajektorien der Cu-Partikel sind zum direkten Vergleich bei einer Bandgeschwindigkeit von 2,5 m/s zwischen statischem Magnetsystem und exzentrischem Polradscheider mit einer Polwechselfrequenz von 900 Hz in Bild 7 dargestellt. Der Nachteil von Polradscheidern, wonach die Rollbewegung kleiner Partikel aufgrund des magnetischen Wechselfeldes zu einer hohen Streuung und damit zu einer Reduktion der Trennschärfe führt, ist eindeutig ersichtlich. Während die Streuung mit rotierendem Magnetsystem etwa 20 cm beträgt, kann selbige mit statischem System durch punktuelle Kraftwirkung auf 5 cm vermindert werden.
Splitterebene 400
300 200 100 0 -100 y mm
x mm
statisches Magnetsystem rotierendes Magnetsystem x mm 600
500 2,5
2,0 1,5 1,0 0,5 0,0
Norm. Anzahl
%/mm
500 1.000
0
650 450 550
3,0 3,5 4,0
Metalle
• hohe Durchsatzleistung:
Mit dem statischen Wirbelstromscheider können hohe Durchsatzleistungen erzielt werden, da die gesamte Breite des Förderbandes bzw. des Magnetsystems genutzt werden kann. So betrug die Durchsatzleistung im konkreten Anwendungsfall 2,0 t/(m • h). Auf Basis von Erfahrungswerten aus bisher durchgeführten Versuchen sind – in Abhängigkeit des Aufgabegutes – Bandgeschwindigkeiten bis zu 3,5 m/s möglich.
• Sortierung feiner Korngrößen:
Die zu verarbeitende Korngröße kann mithilfe des statischen Wirbelstromscheiders im Vergleich zu exzentrischen Polradscheidern maßgeblich herabgesetzt werden.
Im Anwendungsbeispiel des Cu-Pb-Granulates beträgt die untere Korngröße etwa 0,5 mm.
• Sortierung einer dritten schwachmagnetischen Fraktion:
Eine Verlängerung des Magnetsystems mit Magnetpolen geringerer Flussdichte ermöglicht zusätzlich eine Separation einer schwachmagnetischen Fraktion. Diese Verlängerung wurde beispielsweise bereits zur Abtrennung einer Edelstahl-Fraktion aus Kabelschrott eingesetzt.
Die Vorteile des statischen Wirbelstromscheiders wurden anhand des Beispiels der Aufbereitung eines Cu-Pb-Granulates angeführt. Weitere bereits erprobte Einsatzgebiete sind unter anderem WEEE-Schrotte, Shredderleichtfraktionen oder NE-Fraktionen, wobei die maximal zu verarbeitende Korngröße etwa 6 mm beträgt. Aufgrund der im Vergleich zu rotierenden Polradscheidern niedrigeren elektrodynamischen Kräfte ist eine Einteilung des Aufgabegutes in enge Partikelklassen unerlässlich. Zudem ist es notwendig, dass die zu sortierenden, elektrisch leitenden Partikel unmagnetisch sind bzw. keine magnetischen Haftpartikel enthalten, da ansonsten die abstoßenden Kräfte geringer als die magnetischen Anziehungskräfte sind. So ist der statische Wir- belstromscheider beispielsweise zur Sortierung von NE-Partikeln aus MVA-Schlacke aufgrund magnetischer Anbackungen ungeeignet. Aus Sicht des Herstellers stellt diese Entwicklung im Bereich der Wirbelstrom-Sortiertechnik somit keinen Ersatz, sondern vielmehr eine wirkungsvolle Ergänzung zu den bestehenden Bauarten dar.
2. Entwicklungsprojekt VIOS – Wirbelstromscheider mit exzentrischem Polrad
In Ergänzung zur Entwicklung des statischen Wirbelstromscheiders wurde als wei- teres Ziel des Forschungsprojektes die Konstruktion eines neuen Polrades für einen exzentrischen Wirbelstromscheider definiert, wobei auch hier der zugrunde liegende Leitgedanke – Erhöhung der abstoßenden Kraft auf elektrisch leitende Partikel durch Steigerung der magnetischen Flussdichte bei gleichzeitiger Akzeptanz von niedrigerer Polwechselfrequenz – den Ausgangspunkt darstellte.
Metalle
Im Gegensatz zum statischen Wirbelstromscheider wurde das Magnetsystem des Polrades dahingehend ausgelegt, dass elektrisch leitende Partikel gezielt in tangen- tiale Richtung beschleunigt werden. Diese Überlegung entstammte dem definierten Anwendungsbereich des Wirbelstromscheiders, mit welchem typische Einsatzgebiete (WEEE, MVA-Schlacke, Shredderleichtfraktion, etc.) sowie Partikelklassen (< 10 mm) abgedeckt werden sollten, da nach [7] im Partikelgrößenbereich 5 bis 20 mm die tan- gentiale Kraftkomponente als maßgeblich zur Sortierung angeführt wird.
2.1. Auslegung des Magnetsystems
Mithilfe der FEM-Software konnten das Magnetfeld sowie die auf elektrisch leitende Partikel wirkenden Kräfte des exzentrischen Wirbelstromscheiders STRATOS, welcher vor Projektbeginn den Stand der Technik im Bereich der Wirbelstrom-Sortiertechnik verkörperte, berechnet werden. Die Anordnung der Magnete entlang des Polradumfan- ges entspricht dabei jener wie in Bild 1. Durch Überprüfung mehrerer Magnetsysteme konnte gemäß den Simulationsergebnissen das Verhältnis von tangentialer zu radialer Kraft erhöht werden.
Der Wirbelstromscheider mit dem neuen Polrad wurde mit dem Produktnamen VIOS versehen. Ausgewählte Kennwerte zum Vergleich beider Bauarten sind in Tabelle 3 ersichtlich. Demgemäß wurde die Flussdichte an der Bandoberfläche um etwa 50 % erhöht, während die maximale Polwechselfrequenz um ein Drittel reduziert wurde.
Tabelle 3: Vergleich ausgewählter Kennwerte zwischen den exzentrischen Polradscheidern STRATOS und VIOS
maximale BTan,Max/BRad,Max Polpaarzahl Durchmesser maximale
Flussdichte Polrad Polwechselfrequenz
Einheit mT - - mm Hz
STRATOS 350 > 1 18 390 900
VIOS 530 < 1 12 390 600
2.2. Aufbereitungstechnische Untersuchungen
Untersuchungen mit Prüfkörpern
Der Vergleich beider Bauarten erfolgte wiederum zuerst anhand von aufgenommenen Trajektorien der Prüfkörper. So sind zur Illustration in Bild 8 die Flugbahnen eines Cu- Prüfkörpers (Durchmesser 20 mm, Höhe 3 mm) beider Wirbelstromscheider bei einer Bandgeschwindigkeit von 3,8 m/s und einer Polwechselfrequenz von 900 Hz (STRATOS) bzw. 600 Hz (VIOS) dargestellt. Die aus der Simulation erhaltenen Erkenntnisse, wo- nach die tangentiale Beschleunigung mit dem neuen Magnetsystem höher ist, kann hier trotz einer Polwechselfrequenzdifferenz von 300 Hz dargelegt werden.
Metalle Bild 8: Vergleich der Trajektorien eines Cu-Prüfkörpers (Durchmesser 20 mm, Höhe 3 mm)
zwischen den exzentrischen Polradscheidern VIOS und STRATOS bei einer Bandge- schwindigkeit von 3,8 m/s
Untersuchungen an einer Abfallverbrennungsschlacke (MVA-Schlacke) Ein weiterer Vergleich zwischen beiden Bauarten erfolgt anhand eines Anwendungsbei- spiels zur Sortierung von NE-Partikeln aus MVA-Schlacke (Bild 9). Dabei wurden vorab mittels eines Linearschwingsiebes die Fraktionen 50/10, 10/7 und 7/4 mm erzeugt und aus jeder Fraktion die starkmagnetischen Partikel mittels Schwachfeldmagnettrommel entfernt. Da die geometrischen Abmessungen der Umlenktrommel und des Polrades gleich sind, können die Sortierergebnisse bei identen Betriebseinstellungen einander vergleichend gegenübergestellt werden. Die Einstellung des Splitters erfolgte derart, dass ohne rotierendes Magnetsystem kein Partikel in die NE-Fraktion gelangen kann.
Durch Probeteilung und Handklaubung der NE-Fraktionen wurden die Sortierergeb- nisse gegenübergestellt. Diese zeigten, dass mithilfe des entwickelten Polrades sowohl das Masseausbringen als auch der NE-Gehalt in den sortierten NE-Fraktionen erhöht werden konnte (Tabelle 4).
STRATOS VIOS
y-Koordinate m
0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0 -0,1 -0,2
x-Koordinate m
0,0 0,5 1,0 1,5
Bild 9:
MVA-Schlacke in den Fraktio- nen 50/10 mm (Links), 10/7 mm (Mitte) und 7/4 mm (Rechts)
Metalle
2.3. Zusammenfassung
Die Simulationsergebnisse aus der FEM-Simulation, wonach der Wirbelstromscheider VIOS die elektrisch leitenden Partikel bevorzugt in tangentialer Richtung beschleunigt, ließen sich mit den Prüfkörpern validieren. Im Vergleich zum Wirbelstromscheider STRATOS konnte trotz einer geringeren Polwechselfrequenz eine höhere Tangential- geschwindigkeit erreicht werden. Tatsächlich sind die Unterschiede der Trajektorien der getesteten Prüfkörper zwischen beiden Bauarten oft sehr gering. Prinzipiell kann die höhere Flugbahn mit niedriger tangentialer Geschwindigkeit dem STRATOS, und die flachere, aber mit höherer Geschwindigkeit dem VIOS zugeordnet werden. Aus Sicht der Autoren kann bezüglich der aufbereitungstechnischen Untersuchungen an realen Reststoffströmen festgehalten werden, dass die Wahl zwischen beiden Wirbel- stromscheidern in Abhängigkeit des Aufgabegutes oft nur durch praktische Versuche entschieden werden kann.
3. Schlussbetrachtung und Ausblick
Neben der Erweiterung und Schärfung der Kenntnisse hinsichtlich der Wirbelstrom- Sortiertechnik wurden mithilfe von FEM-Software in einem mehrjährigen Forschungs- projekt zwischen der Firma IFE Aufbereitungstechnik GmbH und dem Lehrstuhl für Aufbereitung und Veredlung an der Montanuniversität Leoben zwei neue Bauarten von Wirbelstromscheidern entwickelt. Während der exzentrische Wirbelstromschei- der VIOS zur gezielten tangentialen Beschleunigung von elektrisch leitenden Parti- keln in typischen Anwendungsgebieten und Partikelklassen durch hohe tangentiale Beschleunigung besticht, konnte mit dem Wirbelstromscheider ENOS erstmals die Sortierung von Leitern durch radiale Abstoßung mit einem statischen Magnetsystem bewerkstelligt werden. Eine fortsetzende Entwicklungsarbeit wird weiterhin der Aus- legung des statischen Magnetsystems gewidmet, da hier aus Sicht der Autoren noch Optimierungspotential vorhanden ist.
Die kritische Hinterfragung des derzeitigen Trends, nach welchem die Polwechsel- frequenz im Bereich der Wirbelstrom-Sortiertechnik vor allem zur Sortierung feiner Partikel mehr und mehr steigt, erwies sich in gegenständlichem Forschungsprojekt als berechtigt. So konnten vor allem mit dem statischen Wirbelstromscheider für feine Partikelklassen hohe Trennschärfen bei gleichzeitig hohen Durchsatzleistungen erzielt werden.
Tabelle 4: Gegenüberstellung der Sortierergebnisse der MVA-Schlacke mit den Polradscheidern VIOS und STRATOS
Fraktion 50/10 mm Fraktion 10/7 mm Fraktion 7/4 mm Masse NE-Gehalt Masse NE-Gehalt Masse NE-Gehalt Einheit %
STRATOS 7,6 86,2 6,4 76,6 3,8 75,4
VIOS 9,5 86,9 8,9 83,7 4,6 79,8
Metalle
4. Literatur
[1] Martens, H.; Goldmann, D.: Recyclingtechnik. Fachbuch für Lehre und Praxis, 2. Aufl. Springer Vieweg, 2016, Wiesbaden.
[2] Paterson, M.M.: Multi-size materials separator (US4313543), 1982.
[3] Paterson, M.M.; Fabuss B.M.: Transit materials separator (US4248700), 1979.
[4] Schlömann, E.: Separation of nonmagnetic metals from solid waste by permanent magnets. I.
Theory. Journal of Applied Physics 46(11):5012–5021. doi:10.1063/1.321491, 1975.
[5] Schubert, H.: Handbuch der Mechanischen Verfahrenstechnik. John Wiley & Sons, Hoboken, 2012.
[6] Tröndle, H.M.: Verfahren zur Trennung elektrisch leitender und halbleitender Mineralpartikel von elektrisch nichtleitenden Mineralpartikeln und Einrichtung zur Durchführung dieses Ver- fahrens (DE2059166A1), 1970.
[7] Zhang, S.; Rem; P.C.; Forssberg, E.: The Investigation of Separability of Particles Smaller Than 5 mm by Eddy Current Separation Technology. Part I. Rotating Type Eddy Current Separators.
Magnetic and Electrical Separation 9(4):233–251. doi:10.1155/1999/29832, 1999.
Ansprechpartner
Dipl.-Ing. Georg Doninger IFE Aufbereitungstechnik GmbH Technischer Angestellter
Forschung und Entwicklung Patertal 20
3340 Waidhofen a.d. Ybbs, Österreich +43 664-8373206
georg.doninger@ife-bulk.com
Weitere beteiligte Institutionen
Montanuniversität Leoben
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar
Stephanie Thiel • Olaf Holm • Elisabeth Thomé-Kozmiensky Daniel Goldmann • Bernd Friedrich (Hrsg.):
Recycling und Rohstoffe – Band 12
ISBN 978-3-944310-46-6 Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH
Copyright: Elisabeth Thomé-Kozmiensky, M.Sc., Dr.-Ing. Stephanie Thiel, Dr.-Ing. Olaf Holm Alle Rechte vorbehalten
Verlag: Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH • Neuruppin 2019
Redaktion und Lektorat: Dr.-Ing. Stephanie Thiel, Dr.-Ing. Olaf Holm, Elisabeth Thomé-Kozmiensky, M.Sc.
Erfassung und Layout: Elisabeth Thomé-Kozmiensky, Claudia Naumann-Deppe, Janin Burbott-Seidel, Ginette Teske, Sarah Pietsch, Roland Richter, Cordula Müller, Gabi Spiegel
Druck: Beltz Grafische Betriebe GmbH, Bad Langensalza
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funk- sendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig.
Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen.
Sollte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien, z.B. DIN, VDI, VDE, VGB Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr für Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen Fassung hinzuzuziehen.