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RICHTUNG / Stand der Materie 2017

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Academic year: 2022

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Tomasz Vollmann Matrikelnummer: s0874082

RICHTUNG / Stand der Materie 2017

Schriftlicher Teil der künstlerischen Abschlussarbeit Betreuer: Univ.-Prof. Mag. art. Brigitte Kowanz

Mag.art.

Medienübergreifende Kunst/

Transmediale Kunst

Universität für angewandte Kunst Wien

Sommersemester 2017

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NEUSTART / Der Beginn:

Schon im Herbst 2013 bemerkte ich, dass ich seltener zu Hause war, als dort, wo ich gearbeitet habe. Die Wohnung diente mir mehr als Lager und nur drei, vier mal wöchentlich als Schlafplatz. Zu diesem Zeitpunkt verbrachte ich die meiste Zeit im Tonstudio der Klasse für Transmediale Kunst auf der Universität für angewandte Kunst in Wien. Ich beschloss, die Wohnung aufzugeben, alle meine Sachen an meinen Arbeitsort zu bringen und mich noch intensiver mit dem künstlerischen Leben auseinanderzusetzen.

Im Frühjahr 2014, nach einer Ausstellung in Shanghai, begann ich, meine Situation mit einem neuen Gefühl zu betrachten. Der Aufenthalt in China und das Zurückkommen nach Wien war eine gute Gelegenheit, meine Situation zu reflektieren und aus einem neuen Blickwinkel auf meine Arbeit zu schauen. Es war ein Punkt, an dem ich mich fragte, aus welchen Elementen meine Position besteht und in was für eine Richtung sie sich entwickelt.

In der darauffolgenden Zeit einer Selbstreflexion kam ich zu der Ansicht, dass einzelne Arbeiten zu produzieren, immer wieder neue Ideen zu entwickeln und künstlerische Produkte herzustellen bis jetzt gut funktioniert hat und ohne Ende funktionieren kann. Ich fing an, meine Arbeitsweise zu hinterfragen und stellte fest, dass ich eine Tendenz hatte, sehr oft aus der Situation und dem Material heraus meine Arbeiten zu entwickeln. Ich würde mich selbst als jemanden bezeichnen, der auf einem Haufen Material sitzt, experimentiert und entsprechend der Situation, Gelegenheit oder Notwendigkeit heraus seine Erfindungen/

Werkzeuge/ Instrumente in Kontext setzt. Ich dachte, dass dies nötig war, um meine aktuelle Position zu erreichen, bekam aber ein Gefühl, dass es mich in eine stärker definierte Richtung zieht. Ich wollte mich nicht mehr in der Position befinden, in der mir die zugänglichen Mittel den Horizont meiner Kreativität vorgeben.

Diese Erkenntnis hat mich zu der Schlussfolgerung gebracht, dass es für mich viel spannender ist, die Situation umzudrehen, und eine Position zu kreieren, in der ich so nah wie möglich an eine Definition meines Potentials herankomme. Alles, was ich bis jetzt gemacht habe und alles, was ich besitze, wird zu einer

“Ganzheit“ komprimiert. Einen Punkt zu erreichen, in dem ich das materialisierte Extrakt meiner Vergangenheit in den Händen halte, ist zu meinem Ziel geworden.

Ich begann mit dem, was schon hier war. Mein ganzer Besitz wurde an einen Ort gebracht und aussortiert.

Meine Entscheidungen basierten auf Grundfragen, die sich jeder Mensch stellen kann:

Was sind die Sachen, die ich behalten muss, will und kann.

Es hat sich herausgestellt, dass es sich nicht nur um materielle Sachen mit Eigenschaften und Wert handelt, sondern um Gegenstände mit einer Geschichte, die mit einer Erinnerung und automatisch mit einem Gefühl verbunden waren. Das in die Hand nehmen, Nachdenken und Entscheiden, was mit all diesen Elementen geschehen soll, war für mich eine Form der Rekapitulation, in der ich meine Vergangenheit in die Gegenwart umwandle. Zum Schluß stand ich vor einer kompakten Ansammlung an Potentialträgern, die ich zu einem transportablen Wagen zusammengefügt habe. Dazu gehörten auch Informationsträger, die ein Archiv aus Bild-, Klang- und Textinformationen in analoger und digitaler Form bildeten.

Das Aussortieren und Strukturieren der Informationen endete mit folgendem Ergebnis:

Alle Texte, die ich zwischen den Jahren 2004 und 2014 mit der Hand geschrieben habe, sind von mir durchgelesen worden. Inhalte, die ich behalten wollte, wurden vom Rest separiert und chronologisch in eine Textrolle eingeordnet. Dabei entstand auch eine Ansammlung an Textinformationen, die ich chronologisch nicht zuordnen konnte und als ausgeschnittene Fragmente (Papierschnipsel) extra aufbewahrte. Statische und bewegte Bildinhalte wurden großteils (außer einigen analogen Zeichnungen) in digitaler Form auf Festplatten gespeichert. Der akustische Teil (die gesamte Dokumentation der letzten 22 Jahre) wurde auch in digitaler Form auf einer Festplatte aufbewahrt. In jeder Gruppe gibt es eine Trennung zwischen persönlichen, dokumentarischen und künstlerischen Inhalten.

Der ganze Prozess und das Endergebnis wurden in einem Buch “Stand der Materie - Oktober 2014”

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Am Wachsen - Ready To Switch:

Schon während dem Prozess des Aussortierens entwickelte ich das Konzept für die Ausstellung. Ich habe mich mit der Bedeutung des Begriffs “Startgalerie“ und der Funktion und Form einer Präsenz in der Öffentlichkeit auseinandergesetzt und beschloss, nicht eine oder mehrere Arbeiten zu entwickeln, sondern meinen ganzen Besitz in dem Raum zu arrangieren und als repräsentatives Feld, das durch den Betrachter gelesen werden kann, zu thematisieren. Es ging mir nicht darum zu zeigen, wie minimalistisch ich lebe, sondern so nah wie möglich an die Definition meiner Position zu kommen und eine Grenze zwischen öffentlich und persönlich zu hinterfragen.

Der zweite Punkt war die Auseinandersetzung mit der Funktion des Ausstellungsflyers als repräsentativer Informationsträger und dem Raum, in dem die Ausstellung stattgefunden hat. Ich beschloss beides miteinander zu verbinden, in dem ich den Raumplan der Startgalerie auf einer Seite des DIN A4 großen Flyers abgebildet habe. Damit wurde der Informationsträger in einen Potentialträger transformiert, dem eine zusätzliche Funktion zugeschrieben wurde. Für die Informationsseite sind zwei Fotografien entstanden, die den Ausstellungstitel in sich tragen: “Am Wachsen“ und “Ready To Switch“.

Der dritte Punkt meiner Absicht war es, einen Moment zu kreieren, in dem ich gemeinsam mit dem Publikum ein Kollektivbewusstsein erlebe. Aus diesem Gedanken heraus entwickelte ich ein Ritual, bei dem ich durch Ausführung einer Handlung die Aufmerksamkeit der Besucher so lenke, dass außer der Gegenwart in unserem Bewusstsein nichts anderes existiert.

Ein Eisenrahmen mit Durchgangsfunktion, der im Eingang der Ausstellung installiert wurde, hatte die Aufgabe, bewusster zu machen, an einem Ritual teilzunehmen. Ab dem Zeitpunkt des Eintretens und Durchquerens des Rahmen, befand man sich nicht nur in den Räumlichkeiten der Startgalerie, sondern ist in einen imaginären Ort eingetreten.

Beim Durchqueren des Rahmens wurde dem Besucher ein zuvor angefertigter Ausstellungsflyer in die Hand gegeben, der zwei Funktionen in weiterer Handlung erfüllt hat: Die erste Funktion war es, die Identität der einzelnen Teilnehmer zu anonymisieren, um eine Neutralität in der Gruppe zu gewinnen und die Bedeutung des Ortes zu verstärken. Die zweite Funktion war es, die Aufmerksamkeit aller Teilnehmer zur selben Zeit auf ein Element, das für einen kurzen Augenblick wahrnehmbar war, zu konzentrieren.

Nachdem der Besucher den Rahmen durchquert und das Werkzeug der Handlung (den präparierten Flyer) erhalten hat, musste er sich einen von 100 nummerierten Schlüsselanhängern von der Wand nehmen. Die Nummern waren nicht sichtbar, sie waren nach Zufallsprinzip in einem Raster von 10x10 Stück angeordnet.

Sie dienten dazu, den Teilnehmern eine individuelle Bedeutung im weiteren Verlauf der Aktion zuzuschreiben.

Als alle drinnen waren, nahm ich den Eisenrahmen ab. Es gab keine Möglichkeit mehr, aus dem imaginären Raum auszutreten. Danach bin ich auf ein Gerüst gestiegen und blickte durch die im Flyer ausgeschnittenen Löcher hinunter in die Menge. Die Teilnehmer der Aktion folgten meiner Anweisung und schauten durch den Flyer zurück zu mir hinauf.

In diesem Augenblick wurde das vor die Gesichter gehaltene Werkzeug zu einem Filter der Wahrnehmung.

Ich hatte nur zwei Möglichkeiten, nämlich die gesamte Gruppe als Ganzes zu sehen oder mich mit den Einzelnen automatisch durch den direkten Augenkontakt zu verbinden. Es war ein sehr aufgeladener Moment. Es ist mir klar geworden, dass ich mich gerade in einer Situation befinde, in der ich durch einen Prozess zu einem Ergebnis komme, das mir etwas gibt, das ich bis jetzt noch nicht erlebt habe. Mein Bewusstsein der Anwesenheit meines ganzen Besitzes im Raum hat das Gefühl noch mehr verstärkt. Ich wusste, dass außer dem Hier und Jetzt nichts anderes existiert. Mein Ziel war erreicht.

Der Höhepunkt des Rituals wurde fotografisch festgehalten und eine Woche später materialisiert. Es entstand ein Gruppenbild, das in den Eisenrahmen, durch den zuvor alle Teilnehmer gegangen sind, eingesetzt wurde. Ein Objekt, das eine Geschichte in sich trägt, wurde kreiert.

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Bei der Finissage am 6. November wurden alle meine Arbeiten und Potentialträger den Nummern auf den Schlüsselanhängern zugeteilt. Jeder, der sich auf dem Gruppenbild befand und somit im Besitz von einem der Schlüsselanhänger war, hat das zugehörige Objekt geschenkt bekommen.

Die Sachen zu verschenken und die Übertragung des Wertes auf das Gruppenbild war für mich mit einer Hinterfragung des Potentials der künstlerischen Produkte und der Position des Künstlers verbunden.

Nach der Finissage wurden die Sachen, die übrig geblieben sind, in meinem Zimmer installiert. Dort bereitete ich mich auf die kommende Gruppenausstellung in der “Galerie Krinzinger Projekte” vor, die für den nächsten Monat geplant war.

All In:

In der Gruppenausstellung der Klasse für Transmediale Kunst/ Brigitte Kowanz in der Galerie Krinzinger Projekte in Wien wurde “Das Gruppenbild” mit zwei Büchern “Stand der Materie - Oktober 2014“ und

“Stand der Materie - Dezember 2014” präsentiert. Mein restlicher Besitz wurde nach der Dokumentation abtransportiert.

Bei der Eröffnung am 10. Dezember 2014 beschrieb ich dem Publikum in einer Performance meine aktuelle Position. Dabei wurden folgende Worte von mir ausgesprochen:

ICH SCHWEBE, WEIL ICH SO LEICHT BIN. / DIE GRENZE IST MEIN ZU HAUSE. / ES WIRD NICHT BESSER.

SCHLAF IST KEIN TRAUM. / ALLES GILT ALS WERKZEUG./ MACH, WAS DU WILLST.

Mit dem Aussprechen des letzten Wortes wurden mit Hilfe einer Fotografie die Reaktionen der Menschen festgehalten. Danach verteilte ich nummerierte Schlüsselanhänger an die Teilnehmer und sammelte ihre Namen und Kontaktdaten ein. Ein zweites Gruppenbild wurde kreiert.

Das Ziel dieser Arbeit war es, einen Gegenpol zu “Gruppenbild 1“ zu schaffen. Auf dem ersten Bild entnahm ich dem Individuum seine Identität und kreierte eine anonyme Gruppe, die für eine Handlung an einem bestimmten Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt steht. Bei der zweiten Aktion erzeugte ich ein Dokument, das die Identität der Personen (die Zeugen eines bestimmten Ereignisses) in Form ihrer Gesichter, Namen und Kontaktdaten enthüllt. Die visuelle Kommunikation stand bei der ersten Aktion im Vordergrund, bei der Zweiten war das Verbale das Ausdrucksmittel. Da das erste Gruppenbild ein materialisiertes Ergebnis eines Prozesses war, wollte ich bei dem zweiten Gruppenbild ein offenes Potential kreieren, aus dem eine Idee erst entwickelt wird. Etwas, das man als Anker in der Zukunft beschreiben kann. Mich selber und den Teilnehmer in eine Situation zu setzen, in der wir auf eine Realisierung warten, eine Erwartungshaltung entstehen zu lassen und den Anfang eines Prozesses der Selbstbeobachtung einleiten.

Mit dieser Arbeit endet das Jahr 2014.

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RAUMZEIT / Die Fortsetzung:

Nachdem mein bisheriger Prozess abgeschlossen war und mein ganzer Besitz nach der letzten Ausstellung in meinem neuen Arbeitsraum installiert wurde, widmete ich mich in erster Linie der Musik. Dadurch nahm ich mehr Abstand von dem Denken, das in den letzten Monaten sehr stark mit meinem Konzept verbunden war. Das tägliche Aufschreiben von Gedanken, das ich mir durch den Prozess angeeignet hatte, ist geblieben. Es hat nicht lange gedauert bis ich darauf gekommen bin, dass ich nicht aufhören kann, die Entstehung meiner neu konstruierten Position zu reflektieren. Das Verlangen, das bis jetzt entstandene Potential meiner Arbeit noch genauer zu definieren und aus der aktuellen Sicht mit Texten zu ergänzen, hat dazu geführt, mich dem weiteren Verlauf hinzugeben.

Der erste Schritt war es, alle meine einzelnen Arbeiten zu überdenken, ihre Relevanz in meiner künstlerischen Entwicklung zu analysieren und thematische Zusammenhänge zu finden. Ich begann mit einzelnen Symbolfotos, die für das jeweilige Projekt standen und kleinen Zetteln, auf die ich Stichworte/ Assoziationen dazugeschrieben habe. Parallel setzte ich mich mit den früheren Beschreibungen und den Eckgedanken auseinander. Mit einem größeren Überblick fügte ich immer mehr Erkenntnisse dazu und begann mit der Beschreibung des Prozesses, in dem ich mich im vergangenen Jahr befand. Es war ein deutlich spürbarer Unterschied, sich im Verlauf der Entstehung einzelner Elemente zu befinden oder auf das Ergebnis als eine Ganzheit zu blicken. Erst von diesem Standpunkt aus war es für mich möglich, Schritt für Schritt den Prozess und die damit verbundenen Rituale in Worte zu fassen.

“Das offene Potential” ( Das Gruppenbild 2 ) wurde mit der Zeit immer präsenter in meiner Überlegung. Die Entwicklung verschiedener Möglichkeiten der Verlaufsszenarien faszinierte mich. Andererseits hat mich die Vorstellung, dass die Teilnehmer der Aktion auf ein Zeichen von mir warten, unter Druck gesetzt. Genau in dieser Position zu sein, war das Ziel dieser Arbeit. Es hat Monate gedauert, mich von meiner Vorstellung der Erwartungshaltung der Anderen zu befreien und an einen Punkt zu kommen, an dem ich mehrere Optionen der Weiterführung in Aussicht hatte.

Während der Neudefinierung und Auseinandersetzung mit dem theoretischen Teil meiner Vertiefung führte ich gleichzeitig eine Transformation meiner materiellen Sachen durch. Schon im Jahr zuvor habe ich meinen ganzen Besitz als Erweiterung des Ichs wahrgenommen. Dieses Bewusstsein begleitete mich auch während der Fortsetzung meines aktuellen Prozesses. Ich habe beobachtet, dass das Vorhaben, mit immer weniger Materie verbunden zu sein, gut funktionierte und mit der stärker werdenden Komprimierung haben die restlichen Elemente an Wichtigkeit und Bedeutung gewonnen.

Sonnenfinsternismünze: Die einzige Ausnahme des Produktionsentzugs war eine Materialisierung am 20.

März, als ich während der Sonnenfinsternis eine 1 Cent Münze auf ein Gleis legte und mit Hilfe einer Strassenbahn, die darüber gefahren ist, dekodiert habe. Meine Absicht war die Verbindung zweier Elemente:

Etwas Übermenschliches, das man nicht kontrollieren kann, etwas, an dem man teilnehmen muss und eine Handlung freier Wahl, in dem Fall die Löschung der Information, die die Funktion und den Wert des Objekts ausgemacht hat. Entstehung eines Potentialträgers, das in der Zukunft angewendet werden kann.

Reise nach Venedig/ Biennale 2015: Mein Ziel war es, meinen ganzen Besitz bis zum Beginn der Reise aussortiert zu haben, so dass ich im Endeffekt alle wichtigsten Dinge in einen Rucksack einpacken konnte. Das heißt, die Essenz meiner Sachen so zu konfigurieren, dass ich wegfahren konnte, ohne wieder zurückkommen zu müssen. Zu den Bestandteilen gehörten: Dokumente, die beiden Bücher

“Stand der Materie Oktober und Dezember 2014“, Festplatten mit allen digitalen Inhalten (Privates, Kunst und Musik), die Textrolle, einzelne Zettel mit Texten, Ideen, Skizzen (Inhalte, die nicht in der Rolle eingebaut sind), aktuelle Notizen, alle Schlüsselanhänger, Kleidung, einen Schlafsack und eine kleine Bauchtasche mit dem Pass, Ticket, Telefon und Kamera. Den Holzroller nahm ich natürlich auch mit. Der Rest, der in meinem Zimmer in Wien geblieben ist, waren Werkzeuge und Material, zu einem Wagen zusammengebaut (was eine zweitrangige Bedeutung hatte) und das Gruppenbild 1. Ohne den Verlauf der Reise vorher geplant zu haben, war es für mich wichtig, eine Situation zu erleben, in der ich mich als einen Träger des Potentials sehe, der die Komprimierung seiner Vergangenheit mit sich trägt.

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Am 15ten Tag meines Aufenthalts traf ich eine spontane Entscheidung, nach Wien zu fahren. Auch wenn meine Reise kein definiertes Ziel hatte, fühlte ich, dass diese Erfahrung für mich von großer Bedeutung war.

Es bestätigte sich, dass die Komprimierung und das Bewusstsein der absoluten Anwesenheit (bzw. dass ich in jeder Situation aus dem aktuellen Stand heraus reagieren kann und nicht noch sekundäre Faktoren in die Entscheidungen miteinbeziehen muss), mich einem Zustand ausführender Handlungsgewissheit und verstärkter Intuition näher bringt.

Wieder in Wien zu sein, war genauso spannend und herausfordernd, wie der Aufenthalt in Venedig. Ich verbrachte die folgende Zeit von Ende Juni bis Ende November hauptsächlich mit der Optimierung der Werkzeuge, Analyse des Materials und Organisation der Informationen. Gleichzeitig arbeitete ich an dem Buch “Stand der Materie” und der Entwicklung des weiteren Verlaufs.

Die Neuzusammensetzung der materiellen Elemente, so wie ich sie bis jetzt noch nie in Verbindung gesetzt habe, brachte mich zu neuen Perspektiven und Anwendungsmöglichkeiten. Was mir sehr interessant erschien, war der Unterschied zwischen der “gewöhnlichen” Konfiguration und den aktuellen, neu inszenierten Zusammensetzungen. Eine routinierte Wahrnehmung und Grundeinstellung, die sich über die Zeit bilden kann, erkannte ich schon früher. Da es einen aber leise und unbemerkt einhüllt, ist es wichtig, immer wieder die scheinbar unsichtbare Vielfalt des Potentials und die Intensität der eigenen Überzeugung und Faszination zu hinterfragen und aktualisieren. Meine Arbeitsweise und die angewendeten Methoden haben ihre Funktionen gut erfüllt.

Die Materialsammlung, die noch immer ein Teil meines Besitzes war, bestand aus einigen Gegenständen, die interessante Eigenschaften in sich trugen, oder mich an Prinzipien/ Funktionen, die von Bedeutung waren, erinnerten. Die “Überreste” bisheriger Arbeiten hatten eine zusätzliche Ebene, da sie in dem Kontext der Vergangenheit standen. Auch Elemente, die das Zusammenfügen und Transportieren ermöglichen und mir unter anderem auch als Arbeitstisch dienten, besassen ihre individuelle Position in dem Konstrukt meines Instrumentariums.

Letztendlich komprimierte ich alle Werkzeuge zur einem Equipmentkoffer, den ich für die Kreation, Bearbeitung und Wiedergabe, aber auch zur Archivierung von audio-visuellen, digitalen Inhalten verwenden konnte.

Die Organisation der Informationen verlief wie folgt: Vollgeschriebene Hefte (aktuelle Notizen) wurden der Textrolle hinzugefügt, Textfragmente thematisch gruppiert und in Folien (A4) eingeordnet, so dass sie übersichtlich und schnell zugänglich waren, auf der digitalen Ebene wurden hauptsächlich visuelle Inhalte sortiert und zeitlich eingeordnet.

Durch die intensive Auseinandersetzung und Neudefinierung wurde mir die Grenze zwischen Persönlich und Öffentlich immer präziser sichtbar. Mechanismen und Prozesse der Interaktion, die in diesem Zwischenraum stattfinden, waren immer schon ein wichtiger Teil meiner künstlerischen Forschung.

Im Jahr 2015 distanzierte ich mich immer mehr von meinem bisherigen Leben, definierte meine neue Position und arbeitete an einer Serie von Büchern, die den ganzen Verlauf meines Prozesses und meiner bisherigen künstlerischen Arbeit in Bildern und Texten zusammenfassen.

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ZEITRAUM / Die Fortsetzung 2:

Das Verlassen des Raumes, in dem ich mich fast ein ganzes Jahr auf meine Arbeit konzentrieren konnte, bedeutete für mich eine große Umstellung. Das Equipment und mein Material befanden sich wieder in den Räumlichkeiten der Klasse für Transmediale Kunst. Da ich dort keinen Arbeitsplatz besaß, passte ich mich den bereits bestehenden Strukturen und Rhythmen an.

Die innere Verfassung versus verfügbare Zeit und der Ort, der gerade zugänglich ist.

Die Arbeitsmethode, die ich angenommen habe, war ähnlich meinem Aufenthalt in Venedig letztes Jahr. Ich hatte keinen fixen Wohnort und habe meine wichtigsten Sachen, alle Informationsträger, ständig im Rucksack mitgetragen. Mein Fokus lag zu der Zeit auf der Fertigstellung des neuesten Buches “Stand der Materie”

und den restlichen Zeugnissen, die mir noch im Weg zum Diplom standen. Da sich die Universität durch den bevorstehenden Umbau in der Umzugsphase befand, wurden immer mehr Räume frei. Ich nutzte diese Gelegenheit, um meine Arbeitssituationen an anderen Orten zu erleben, auch wenn es nur für ein paar Stunden war. Nachdem die Transmediale Klasse als letzte umgezogen ist, stand mir das ganze Gebäude voller Sachen, die zurückgelassen wurden, zur Verfügung.

Diese Situation konfrontierte mich am Stärksten mit dem Produktionsentzug, in dem ich mich noch immer befand. Meinen alten Arbeitsprinzipen folgend, wäre ich zu dieser Zeit mit dem Suchen, Sammeln und Lagern potentieller Materialien beschäftigt gewesen, woraus neue Objekte und Installationen entstehen könnten. Diese Vorstellung führte mich aber schnell zurück zu den ursprünglichen Gründen, warum ich die Analyse und Transformation meiner Position begann. Durch die bisherige Auseinandersetzung wusste ich darüber viel mehr als zu Beginn des Prozesses im Jahr 2014. Defnition, Struktur und Funktionsweise einer Position sind mit grundlegenden Fragen, die jeden betreffen, verbunden. Die materielle Produktion war für mich nur ein Teil der gesamten Struktur, der mit der Interaktion mit sich Selbst oder der Außenwelt zu tun hatte. Daher stand das Verständnis und die Möglichkeit einer bewussten Steuerung einer Position auf dem ersten Platz meines Interesses. Also konzentrierte ich mich weiterhin auf meinen Prozess in den leerstehenden Räumen der Universität, die man zusperren konnte.

Die “Visualisierung des Bisherigen”, wurde Mitte Februar fertig. Die 770 Seiten teilte ich auf 6 Bücher auf:

“Einzelne Arbeiten 2007-2014” (151 Seiten) Über 30 ausgewählte Werke, thematisch geordnet. Bilder, technische Beschreibung und Eckgedanken, die in Punkten aufgelistet sind. Ein bisschen mehr als ein Portfolio und anders als ein Katalog. Eine Ansammlung die primär für mich sein sollte, um die Informationen Analog und Übersichtlich zugänglich zu haben.

“Entwicklung des Charakters Nico Rayf” (69 Seiten) Dieses Projekt begann im Jahr 2010 und entwickelte sich zu einem separaten Teil meiner künstlerischen Praxis. Die Entstehungsgeschichte und die Entwicklung bis zum aktuellen Zeitpunkt, aber auch die Persönlichen Erfahrungen,Eindrucke und Entscheidungen wurden in diesem Buch dargestellt.

“Neustart - Prozess Phase 1” (177 Seiten) Eine ausführliche Visualisierung, vom Beginn des Prozesses der Analyse, Transformation und Neudefnierung meiner Position, bis Ende des Jahres 2014. Es war für mich sehr wichtig, alle Fakten, Schritt für Schritt, so zusammenzufassen, dass falsche Interpretationen und Informationsverlust, möglichst ausgeschlossen werden/bleiben.

“Raumzeit - Prozess Phase 2“ (123 Seiten) Die Weiterführung meiner Arbeit im Jahr 2015. Die Trennung der Visualisierung auf mehrere Kapiteln/Teile passierte großteils automatisch und bezieht sich auf den Verlauf und die Struktur des Prozesses. Da die Bücher “Stand der Materie” immer wieder aktualisiert sein werden(werden kennen), betrachte ich sie als temporäre Zwischenschritte die entsprechend der Situation eine bestimmte Form annähmen.

“Hintergrundmaterial / Ideen” (195 Seiten) und “Hintergrundmaterial / Ideen” (55 Seiten) Textfragmente, Ideen, Skizzen, Zeichnungen die thematisch in A4 Folien geordnet waren, würden abfotografert und zusammengefasst.Das Ziel war nicht nur den schnellen Zugang und eine Übersicht zur schaffen, sondern auch die aktuellen Informationskonstrukte zu dokumentieren. Der Unterschied zwischen Informationen, die in Form von Bilderbüchern verfasst wurden und Informationen, die man frei umordnen kann, weil sie sich auf kleinen, separaten Papierstücken befinden, ist für mich mit der Möglichkeit der weiteren Anwendung verbunden. Diese Informationsträger gehören zu der Privaten Teil meines Besitzes.

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Nach der Fertigstellung der Bücher, fühlte ich mich sehr klar. Der Weg dahin, die dauerhafte, ununterbrochene Konzentration auf mein Werk, hat mich innerlich stark verändert. Die Effekte eines langfristigen Prozesses, sind meistens mit der Zeit und dem damit verbundenen Abstand, deutlicher sichtbar. Dieser Gedanke begleitete mich seit der Soloausstellung im MUSA und wurde zu einer Art bewusster Geschichtsschreibung, in der ich die Zeit selbst als ein Teil dieser Arbeit instrumentalisierte. Es hat fast zwei Jahre gedauert, bis ich zu der Position kam, in der ich alles, was ich bis jetzt gemacht habe, genau refektiert, zusammengefasst und visualisiert habe. Ab diesem Zeitpunkt stand mir ein neues Werkzeug zur Verfügung, das mir die Möglichkeit gab, in jedem Moment auf das Dokument “das komprimierte Potential meiner Vergangenheit” zuzugreifen.

Da ich mein Werk zu dieser Zeit nicht als Material für die Öffentlichkeit bestimmt sah, arrangierte ich Einzelgespräche mit ausgewählten Personen, die ich mit dem Inhalt von “Stand der Materie” vertraut machte. Dabei war für mich der persönliche Kontakt sehr wichtig, da ich nicht nur mich selbst der Herausforderung einer direkten Kommunikation stellen wollte, sondern auch die Auswirkung der Arbeit auf den Gesprächspartner unmittelbar erleben konnte. Die Form der Regulierung des Abstands, die Grenze zwischen persönlich und öffentlich bewusst zu setzen oder die Instrumentalisierung der künstlerischen Mittel, um mit der Außenwelt (dem Betrachter) in eine Interaktion/ Kommunikation zu treten, ist ein wichtiger Teil seit Beginn meiner künstlerischen Forschung. Hinter der Absicht der Einzeltermine stand, außer den Meinungen und Perspektiven der Anderen, das Verlangen nach Intensität und Dynamik. Einen Moment zu erleben, mit dem Bewusstsein, dass die Gegenwart etwas Einmaliges ist. Das Gegenteil einer Einstellung, in der man glaubt, die jetzige Zeit

“opfern” zu müssen oder auf ein besseres Gefühl in der Zukunft zu warten.

In der folgenden Zeit erlebte ich viele wichtige Momente, sammelte immer mehr Erfahrungen und bekam Input aus verschiedenen Bereichen, unter anderem aus der Philosophie, dem Wissenstransfer, der Medientheorie, Kunstgeschichte, bildenden Kunst, Kulturabteilung der Stadt Wien (MA7), von Kuratoren, Galeristen und Künstlern, die für mich relevant und zugänglich waren. Ich bewegte mich weiter. Eine wichtige Beobachtung bezüglich der Menge und Dichte an Informationen, die ich in so kurzer Zeit (meistens eine Gesprächsstunde) den Betrachtern vermitteln wollte, stellte mich vor neue Fragen und Aufgaben. Außer den Einzelgesprächen inszenierte ich immer wieder neue Arbeitssituationen und beschäftigte mich mit Fragen bezüglich der Anwendung meiner Werkzeuge, Materialien und Informationen, die ich kreierte.

Ende Mai musste ich das leerstehende Gebäude der Universität aufgrund der beginnenden Bauarbeiten verlassen. Daraufhin transportierte ich alle meine Sachen in die neuen Räumlichkeiten der Transmedialen Klasse in die Vordere Zollamtsstraße 3. Dort fand ich einen Platz, den ich als Lager nutzen konnte, befand mich jedoch im Verlauf der nächsten Monate selten auf der Uni. Erst im August kam ich dazu, dort eine neue Arbeitssituation zu erleben. Da ich mich für den Abschluss meines Studiums, der für das Wintersemester geplant war, vorbereitete, begann ich erneut über die Ausführung meiner nächsten Absichten nachzudenken.

HOPPIN KRIEAU / STALL X

Am 16. September nahm ich an einer Gruppenausstellung Teil, die in den Stallungen der Trabrennbahn Krieau in Wien stattgefunden hat. Ich präsentierte zwei Arbeiten. Zum einen den aktuellsten “Stand der Materie / September 2016” (Prozess seit 2014, Installation, eine Arbeitssituation, eine absolute Anwesenheit, der ganze Besitz als ein Interpretationsfeld für den Betrachter und Werkzeug für den Künstler, das Potential der Vergangenheit versus Gegenwart) und eine separate Arbeit, die ich extra für den Raum und den Moment der Eröffnung entwickelt habe: “Stall X, Raum18” (Raumintervention, Kerze, Feuer, Markierung auf der Zeitlinie parallel der Durchführung meines Prozesses). Es war eine großartige Gelegenheit, das Konstrukt meiner aktuellen Position in einem neuen, für mich abstrakten, Rahmen zu erfahren. Die gegenseitige Wirkung von der Inszenierung und dem, was schon da war, führte zu einer speziellen Stimmung.

Zwischen der Ausstellung und dem Ende des Jahres, erlebte ich noch vier Arbeitssituationen auf der Klasse.

Nachts, als niemand mehr da war, war eine perfekte Zeit für meine atmosphärischen Installationen und um das akustische Element meiner Arbeit anzuwenden. Ich beschloss auch, mein Diplom auf das Sommersemester zu verschieben und mir mehr Zeit für die Planung zu nehmen.

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2017 / Die Fortsetzung 3:

Anfang des Jahres 2017 setzte ich mich intensiv mit den handgeschriebenen Inhalten der Textrolle auseinander.

Diese von Beginn an zu lesen, war ein Versuch der Verschiebung meiner aktuellen Perspektive, aus der ich auf die Gegenwart blickte. Denkprozesse, die ich in der Vergangenheit materialisiert habe, dienten mir jetzt als Instrument. Es war für mich eine gute Methode, um meine routinierte Herangehensweise zu unterbrechen, um ein anderes Gefühl zu meiner Arbeit zu provozieren. Dabei bemerkte ich, wie genau die damaligen Zustände und Positionen darin visualisiert waren. Sehr viele Details und einzelne Elemente, die mich auf ganz neue Gedanken brachten. Das Potential, das sich selbst potenziert hat. Während ich die Textrolle durchlas, machte ich Fotografien von bestimmten Fragmenten und schrieb meine aktuellen Notizen in ein separates Heft noch dazu.

LIGHTNESS AND MATTER

In der Gruppenausstellung der Klasse für Transmediale Kunst „Lightness und Matter. Matter and Lightness“, im Kunstraum Niederösterreich (kuratiert von Brigitte Kowanz und Peter Kozek), wurde in der Zeit zwischen dem 19. Jänner und 11. Februar die Sonnenfinsternismünze präsentiert. Bei der Teilnahme an der Ausstellung ging es mir um den Fakt der Präsenz, die geschichtliche Bedeutung und die Hinterfragung des Potentials.

Zurück zur Textrolle. Nach längerem Lesen kam ich zu einem Moment, in dem ich aufhören musste. Ich bemerkte, wie stark es mich im Jetzt beeinflusst und beschloss, sie in der Zukunft ganz auf einmal zu lesen, um den gesamten Inhalt auf mich wirken lassen zu können. Einen Überblick über eine lange Zeitperiode meiner Vergangenheit, in einem kurzen, intensiven Stück meiner Gegenwart mitzubekommen. Es verlangt aber die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen. Nämlich einen richtigen Ort, der neutral ist, wo mich nichts ablenkt, ausreichend Zeit und einen freien Kopf, um mich nur auf den Inhalt und die damit verbundenen Gedanken konzentrieren zu können.

Die Textrolle als Objekt, thematisiert für mich das Zusammenspiel zwischen dem Inhalt und der visuellen Erscheinung. Das Äußere bietet dem Betrachter eine Möglichkeit der ästhetischen Empfindung, bildet gleichzeitig die Grenze des Wahrnehmbaren.

In der darauf folgenden Zeit kreierte ich ein analoges Bildarchiv aller meiner Arbeitssituationen, die ich seit der Rückkehr in die Universitätsräume bis zum jetzigen Moment, erlebt hatte. (Diese Dokumentationen entstanden nach der „Raumzeit“ und befanden sich natürlich nicht in den Büchern) Da der Gedanke des naheliegenden Diploms sehr präsent in meinen Überlegungen war, bereitete ich mich auf den nächsten Schritt der Aktualisierung des Buches “Stand der Materie” vor. Es war nicht klar, ob ich zu dem Zeitpunkt meiner Präsentation die Produktion eines neuen Buches finanzieren können würde. Auch wenn mein ursprüngliches Ziel es war, zum Diplom nur noch ein Buch, eine Festplatte und eine Website zu besitzen und zum Zeitpunkt der Präsentation eine absolute Anwesenheit mit dem Publikum zu erleben, war ich mir nicht sicher, ob es für mich machbar ist. Also bereitete ich eine zweite Variante vor, druckte die Arbeitssituationen auf DIN-A4 Blätter und organisierte sie chronologisch in Folien. Ich dachte, dass es trotzdem eine gute Form der Visualisierung sein könnte. Diese Bildinhalte zeigen nicht nur viele Inszenierungen in verschiedenen Räumen und die damit verbundenen Atmosphären, sondern ermöglichen ein Nachvollziehen des Lebens der einzelnen Objekte, die sich in meinem Besitz befanden.

Während der letzten 3 Jahre (meines Prozesses), wurde ich immer wieder mit der Kritik konfrontiert, dass ich ständig dasselbe mache, dass ich keine Objekte mehr baue und dass es keine Entwicklung mehr gibt.

Aus der Perspektive der Außenstehenden, die keinen genauen Einblick in mein Werk hatten, konnte ich mir das gut vorstellen. Ich wusste aber genau, was es bedeutet, den Prozess von innen zu erfahren. Sich im Zentrum einer Position zu befinden, mit der Vielschichtigkeit ihrer Konstruktion vertraut zu machen und die ununterbrochene Bewegung durch die Zeit zu erleben.

Das Thema der materiellen Produktion ist schon immer ein wichtiger Teil meiner Arbeit. Meine aktuelle Einstellung und Anwendung unterscheidet sich natürlich von der, wie sie vor dem Beginn des Prozesses war.

Es macht einen Unterschied, ob ich jetzt experimentiere, um zufällig auf etwas Interessantes zu kommen oder dadurch mit mir selbst kommuniziere, ein Werk veröffentliche, um mit einer bestimmten Gruppe oder mit der ganzen Welt in Interaktion zu treten, mich an ein bestimmtes Format halte, um es verkaufen zu können oder ob ich ein Stück Material bearbeite, weil es sich einfach gut anfühlt.Während des Verlaufs meines Prozesses, hatte ich manchmal ein starkes Bedürfnis der Produktion. Ich weiß auch, dass eine Phase kommen wird, in

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Zu hinterfragen, warum man etwas macht, ist von essentieller Bedeutung. Ist das, was ich tue, relevant für die Situation, in der ich mich befinde? Oder gibt es etwas anderes, was ich jetzt tun sollte? Die Antwort auf diese Fragen ist mit dem Verständnis der aktuellen Situation verbunden. Wie weit kann oder will man mit der Analyse und dem Verständnis seiner Situation gehen? In meinem Fall provoziert mich die aktuelle Situation der menschlichen Entwicklung und lässt mich die Rolle und Funktionen der Kunst, aber auch einfach die Ursachen meiner Absichten, neu hinterfragen. Ich nahm mir vor, in Zukunft das produzierte Wissen herauszukristallisieren und meine Arbeitsmethodik, die eigentlich auf jeden anwendbar ist, um einiges zu erweitern.

PREVIEW

Am 16. März inszenierte ich, im Rahmen der Ausstellungsreihe „DREISECHSFUENF #1“, in den Räumlichkeiten der Masc Foundation in der Grundsteingasse 40, 1160 Wien, eine Situation, die ich “Preview” nannte.

Einerseits ermöglichte die Arbeit, sich selbst in einer Position zu sehen und zu reflektieren, andererseits war es ein Verweis auf das, was kommt.

Die Vorbereitung auf das Diplom verlief sehr intensiv. Die Absichten, die ich hatte, wurden im Verlauf des Prozesses mehrerer Arbeitssituationen immer klarer. Meinen ganzen Besitz teilte ich in Gruppen auf, die entsprechend ihrer Funktionen positioniert und verwendet werden. Manche Elemente werden in die Sammlungen der Stadt Wien und der Universität für Angewandte Kunst aufgenommen, manche werden im weiteren Verlauf instrumentalisiert, manche bleiben weiter in meinem Besitz.

Diplom als Gesamtwerk – Diplom als Moment

Die Komplexität meiner Arbeit lässt sich im Ganzen während der Diplom-Präsentation nicht vermitteln.

Es wird auch keine Pointe geben. Nur den Moment auf der Zeitlinie einer Geschichte. Ein Treffpunkt der Potentiale.

Kommunikationsebenen, Informationstransfer und die Tiefe des Ineinandergreifens. Eine Gelegenheit, ein Abbild zu hinterlassen. Es wird schnell vergehen und für immer bleiben.

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Es geht um die bewusste Geschichtsschreibung einer Position, die sich selbst wahrnimmt, die Elemente ihres Konstruktes und Mechanismen der Wahrnehmung, Kommunikation und Interaktion untersucht und mit der immer größeren Erfahrung ihr Wissen instrumentalisiert/ einsetzt, um neue Möglichkeiten der Erfahrung zu Kreieren, aber auch durch den gezielten Einfluss auf sich selbst und die Außenwelt, die Situation zu Optimieren. Jede Position befindet sich im ständigen Wandel und der Interaktion mit dem Äußeren. Eine ununterbrochene Transformation und Bewegung (Positionswechsel) findet statt. Zwischen jeder Position und ihrer Umgebung gibt es eine Grenze/ ein Zwischenraum. Äußere Elemente können mit den Inneren in Verbindung stehen. Alle Elemente, Mechanismen und Prozesse können analysiert und beeinflusst werden.

Die Existenz einer Position bildet sich automatisch ununterbrochen durch den Verlauf der Zeit ab. Durch den Einsatz des Bewusstseins ist es möglich, einen Einfluss auf die Interaktion und das Abbild (auf den Raum der Zeit) zu nehmen. Im Fall dieser Kontrolle ist es auch möglich, ein Gesamtbild über eine lange Zeitperiode zu kreieren, den Gesamtkomplex zu programmieren.

Meine künstlerische Arbeit, die ich seit dem Jahr 2007 entwickle und der Prozess, in dem ich mich seit dem Jahr 2014 befinde, beschäftigt sich mit den oben beschriebenen Themen. Dabei wird ein Archiv kreiert, das den ganzen Verlauf bis jetzt und das ganze Potential der Vergangenheit in sich trägt. Dabei wird eine umfangreiche Ansammlung an Fragen und Wissen produziert, die mit vielen Bereichen der Kunst, aber auch der Wissenschaft verbunden sind. Gleichzeitig beschäftige ich mich mit der Fragestellung des materiellen Besitzes als Erweiterung einer geistigen Position. (Materieller Besitz als Werkzeug – Potentialträger)

Eine bewusste Geschichtsschreibung unterscheidet sich für mich von einer automatischen Geschichtsschreibung.

Das, was geschieht, bildet sich automatisch in der Welt ab. Mit dem Bewusstsein aus der Perspektive der Zukunft auf eine bestimmte Zeitspanne zu blicken, gibt mir die Möglichkeit, Elemente des Gesamtbildes zusammenzusetzen und auch die Ästhetik der Geschichte zu kreieren.

Es war mir wichtig, bis zum Zeitpunkt meines Diploms, alle Elemente meiner bisherigen Arbeit alleine

Referenzen

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