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Digital Finance: Der Bund in einer neuen Rolle | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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Academic year: 2022

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DIGITALER FINANZPLATZ

22 Die Volkswirtschaft   1–2 / 2022

Arbeiten der Behörden auch eine ganzheit- lichere Sichtweise erforderlich. Angewendet auf den Bereich der Digitalisierung, wird der Bundesrat im Frühjahr 2022 deshalb einen Be- richt zu Digital Finance und darin bestehenden Handlungsfeldern für einen starken Finanz- platz Schweiz vorlegen. Dieser soll der Aus- gangspunkt für vertiefende Arbeiten in den kommenden Jahren sein und entsprechende Prioritäten setzen.

Ganzheitliche Sicht

Da Datennutzung, Datenschutz, Cloud, Cyber- sicherheit, künstliche Intelligenz, Distributed Ledger Technology (DLT) und Nachhaltigkeit den Finanzmarkt verändern, muss sich das zu- ständige Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) dieser sektorübergreifenden Themen annehmen und sie für den Finanz- markt erschliessen. Dazu arbeitet es mit allen relevanten Ämtern, Behörden und Branchen- verbänden zusammen.

Die Behörden bringen sich dabei vermehrt als aktive Diskussionspartner zwischen – an- gestammten und neuen – Akteuren ein und etablieren sich als nationale und internationale Themensetzer. Zusätzlich zur Rolle als Gesetz- geber agiert der Staat hier somit auch als Ko- ordinator und Katalysator, der bei Bedarf die Entwicklung von Branchenstandards anregt, Anliegen aus der Branche ebenso wie neue inter- nationale Entwicklungen frühzeitig erkennt und neue Themen auf die Agenda setzt.

Ein Beispiel für ein solches Thema, bei dem sich der Bund als Koordinator und Kata- lysator versteht, ist Open Finance. Unter Open

D

ie Welt und damit auch der Finanzplatz werden immer digitaler und vernetzter.

Physische und virtuelle Welt verzahnen sich zunehmend. Der Einsatz neuer digitaler Techno- logien verändert die Akteure, ihre Zusammen- arbeit und die Art und Weise, wie Finanzdienst- leistungen erbracht werden. Dies bringt neue Chancen und Risiken für den Standort Schweiz mit sich. Dabei stellt sich die Frage: Wie können die traditionellen Schweizer Stärken Stabilität, Sicherheit und Vertrauen für den Finanzplatz in die digital vernetzte Welt übertragen und opti- mal genutzt werden?

Mit diesem grundlegenden Wandel und den spezifischen Auswirkungen auf den Finanz- platz beschäftigt sich der Bund auf (aufsichts) rechtlicher Ebene schon seit Jahren: Wo dies für Innovationsförderung und Rechtssicherheit er- forderlich ist, wurden die Rechtstexte punktuell angepasst. So hat der Bund zum Beispiel mit der Einführung einer sogenannten Sandbox im Bankenrecht 2017, mit der neuen Fintech-Lizenz 2019 und kürzlich mit der DLT-Vorlage1 bereits wichtige Akzente gesetzt.2

Mit dem hohen Tempo der Entwicklungen und dem internationalen Innovations- und Standortwettbewerb, in dem die Sektorgrenzen zunehmend an Trennschärfe einbüssen, ist zu- sätzlich zu den «klassischen» regulatorischen

Digital Finance: Der Bund in einer neuen Rolle

Neue Technologien verändern den Finanzplatz Schweiz grundlegend. Der Bund sorgt dabei einerseits für optimale Rahmenbedingungen – anderseits tritt er vermehrt als aktiver Dialogpartner und Themensetzer auf.   Peter Stutz, Andrea Weber, Nicolas Brügger, Lukas Staub

Abstract  Die Digitalisierung bringt grosse Veränderungen für den Schwei- zer Finanzplatz mit sich, sowohl für die Dienstleister wie auch für die Kundinnen und Kunden. Das Tempo ist hoch, wobei Chancen und mögliche Risiken nicht immer unmittelbar ersichtlich sind. Der Bund will daher, in en- ger Zusammenarbeit mit den involvierten Akteuren, optimale Rahmenbe- dingungen schaffen, damit sich der Finanzplatz in diesem Umfeld innovativ und nachhaltig weiterentwickeln kann.

1 Anpassung des Bundesrechts an Ent- wicklungen der Technik verteilter elektronischer Register («DLT-Vorla- ge»), Nr. 19.074.

2 Siehe auch Beitrag von Marlene Amstad und Thomas Lustenberger (Finma) auf S. 28.

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FOKUS

Die Volkswirtschaft   1–2 / 2022 23 Finance versteht man die gemeinsame Nutzung

von Finanzdaten auf Wunsch der Kundinnen und Kunden über standardisierte und sichere Schnittstellen. Diese Praxis ist ein Paradigmen- wechsel, der den Kunden die Kontrolle über ihre Daten gibt und neue Modelle der Zu- sammenarbeit ermöglicht. Eine aktuelle Studie bestätigt das grosse Interesse der Schweizer Bevölkerung an verschiedenen Open-Finance- Dienstleistungen wie Kartenmanagement, Ver- sicherungspolicen oder Abonnements per App.3 Auch wenn die Ansätze der Behörden und der Reifegrad von Open Finance weltweit sehr unterschiedlich sind, wird das Potenzial ins- gesamt noch zu wenig genutzt. Dies gilt auch für die Schweiz, die in bestimmten Bereichen von Open Finance Nachholbedarf hat, in anderen

Bereichen wie etwa Open Wealth – das heisst bei spezifisch auf die Vermögensverwaltung aus- gerichteten Programmierschnittstellen – aber eine Vorreiterrolle einnimmt.

Der Bundesrat setzt sich für offene und stan- dardisierte Datenschnittstellen im Schweizer Finanzsektor ein.4 Das Eidgenössische Finanz- departement (EFD) hat seine Erwartungen mit Blick auf den Fortschritt bei der Öffnung und der Standardisierung gegenüber der Branche zum Ausdruck gebracht und arbeitet eng mit ihr zusammen. Neben dem intensiven Aus- tausch zu den technischen Arbeiten (zum Beispiel Standardisierung von Schnittstellen) bringt das EFD regelmässig die wichtigsten Stakeholder zusammen, um strategische Fragen und den Handlungsbedarf im Bereich

3 Mastercard (2021).

4 Bundesrat (2020).

KEYSTONE

Serverraum der Kryptofirma Alpine Mining in Gondo VS.

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DIGITALER FINANZPLATZ

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Literatur

Bundesrat (2018). Rechtliche Grundlagen für Distributed Ledger Tech- nologie und Blockchain in der Schweiz, Bericht, 14. Dezember.

Bundesrat (2020). Weltweit führend, verankert in der Schweiz: Politik für einen zukunftsfähigen Finanzplatz Schweiz, Bericht, 4. Dezember.

Mastercard (2021). Open Banking in Switzerland – White Paper, Part I & II.

Peter Stutz

Policy Advisor, Sektion Grundsatzfragen und Internatio- nale Beziehungen, Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF), Bern

Andrea Weber

Policy Advisor, Sektion Grundsatzfragen und Internatio- nale Beziehungen, Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF), Bern

Nicolas Brügger

Senior Policy Advisor, Sektion Kapitalmärkte und Infra- struktur, Staatssekretariat für internationale Finanz- fragen (SIF), Bern

Lukas Staub

Rechtsanwalt, Policy Advisor, Sektion Kapitalmärkte und Infrastruktur, Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF), Bern

Open Finance in der Schweiz zu diskutieren.

Somit spielt das EFD eine verbindende und be- schleunigende Rolle.

DLT als Megatrend

Ein weiterer Megatrend ist DLT. Der Bundesrat hat das Potenzial dieser Technologie früh erkannt und bereits im Jahr 2018 eine Auslegeordnung über die rechtlichen Rahmenbedingungen für DLT-Anwendungen im Finanzsektor erstellt.5

Einerseits wurden basierend auf diesem Bericht punktuelle Gesetzesänderungen («DLT- Vorlage») initiiert. Es zeigte sich, dass rasche Anpassungen an technologische Entwicklun- gen möglich sind: Beide Räte stimmten der DLT- Vorlage bereits im September 2019 einstimmig zu. Inhaltlich wurden zehn Bundesgesetze in verschiedenen Rechtsgebieten angepasst.

Andererseits wurde bei der Herangehens- weise bewusst ein Bottom-up-Ansatz gewählt, bei dem die Märkte und die Gesellschaft dar- über entscheiden, welche Technologien sich durchsetzen, während die Politik für optimale, innovationsfreundliche Rahmenbedingungen sorgt. So fand im Zusammenhang mit dem DLT-Bericht zusätzlich zu den in der Schweiz ohnehin etablierten Konsultationen und der Vernehmlassung unter anderem auch ein run- der Tisch unter der Leitung von Bundesrat Ueli Maurer, Vorsteher des EFD, mit Vertretern der Branche statt. Der Bund setzt sich zudem auch in internationalen Gremien, wie etwa dem

Financial Stability Board, für eine Regulierung ein, die Innovation ermöglicht.

Für die Zukunft scheint es entscheidend, die technologische Entwicklung zu beobachten und im Dialog mit der Branche laufend zu prüfen, wo sich der Bund einbringen kann. Dies kann sowohl gesetzgeberisches Handeln – etwa zur Nutzung von DLT im Bereich der kollektiven Kapitalanlagen – als auch die Koordination zwi-

schen den verschiedenen Akteuren umfassen. 5 Bundesrat (2018).

Referenzen

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