• Keine Ergebnisse gefunden

Aufwertung steigert Exportqualität | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Aufwertung steigert Exportqualität | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

FRANKENSTÄRKE

14 Die Volkswirtschaft  11 / 2017

lität der Schweizer Exporte darstellen, welche bei der letzten ländervergleichenden Studie an- hand von Daten bis 2007 international an erster Stelle lag.2 Im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) haben wir diese Zusammen- hänge untersucht.3 Dazu stellten wir folgende Hypothese auf: Eine Frankenaufwertung führt zum Marktaustritt der Exporteure von Gütern niedriger Produktqualität; dadurch steigen so- wohl die Marktanteile der Exporteure von Gü- tern höherer Produktqualität als auch die Ex- portqualität insgesamt.

Nachfrageverschiebungen und Marktanteile

Einen ersten Qualitätsindikator leiteten wir aus dem Zusammenhang zwischen Nachfrage und Qualität eines Produkts ab: Nebst physi- schen Eigenschaften wie hochwertige Materia- lien beeinflussen auch Werbung, Markenbil- dung und produktbezogene Dienstleistungen («servicification») die Produktqualität – oder zumindest deren Wahrnehmung. Wenn nun die Nachfrage eines Exportgutes durch Preis und Qualität sowie durch das Einkommen der ausländischen Konsumenten determiniert wird, dann kann eine Nachfrageerhöhung – bei konstanten relativen Preisen und Einkommen – als Qualitätsverbesserung des Gutes inter- pretiert werden. Entsprechend kann aus der Nachfrage von ähnlichen (substituierbaren) Exportgütern auf die nicht direkt beobachtba- re Produktqualität dieser Güter rückgeschlos- sen werden. Dieser Intuition folgend, schätzten wir Nachfragefunktionen und verwendeten die Residuen dieser Schätzungen, um unser erstes Qualitätsmass zu konstruieren. Die ge- schätzten Residuen widerspiegeln den Ein- fluss der Produktqualität auf die Nachfrage bei

D

ie starke Frankenaufwertung der vergan- genen Jahre hat Befürchtungen über eine negative Entwicklung der Schweizer Exporte ge- weckt. Diese erweisen sich langfristig jedoch als ausserordentlich widerstandsfähig. So haben sie sich zwischen 1996 und 2015  trotz einer ste- tigen Aufwertungstendenz mehr als verdoppelt (siehe Abbildung 1), wobei die Entwicklung nach der Aufhebung des Euromindestkurses durch die Nationalbank Anfang 2015 bereits berück- sichtigt ist. Oft wird die Widerstandsfähigkeit damit erklärt, dass sich die Exporte auf preisun- elastische Nischenmärkte oder auf Wachstums- märkte wie China konzentrieren. Oder es wird darauf hingewiesen, dass die international ver- flechtete Exportindustrie von einem hohen An- teil günstiger Importe in Form von Vorleistun- gen profitiert.1

Bisher kaum analysiert wurde hingegen, ob der beständige Aufwertungsdruck eine Er- höhung der Exportqualität bewirkte, welche die negativen Auswirkungen auf die Margen oder die Nachfrage teilweise kompensiert ha- ben könnte. Dies könnte unter anderem auch eine Erklärung für die international hohe Qua-

Aufwertung steigert Exportqualität

Die Frankenaufwertung steigert langfristig die Qualität der Schweizer Exportprodukte.

Dies zeigt eine Analyse der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.

Dario Fauceglia, Björn Plaschnick, Maria Rueda Maurer

Abstract    Die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) hat im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) den Zusammenhang zwischen Frankenaufwertung und Qualität der Export- produkte analysiert. Für die Jahre 1996 bis 2015 zeigt sich: Die Aufwer- tungen führten zu einer höheren Qualität der Exportgüter – was die Wi- derstandsfähigkeit der Exporte stärkte. Besonders ausgeprägt sind die Qualitätsverbesserungen in forschungs- und werbeintensiven Export- branchen wie beispielsweise in der Maschinen- und Uhrenindustrie. Für die ebenfalls forschungs- und werbeintensive Pharmabranche war die steigende Nachfrage hingegen wohl bedeutender als Währungseffek- te. Insgesamt unterstreichen die Ergebnisse die Bedeutung einer Wirt- schaftspolitik, die eine flexible Reaktion der Unternehmen auf Marktver- änderungen und einen schnellen Strukturwandel der Exportwirtschaft ermöglicht.

1 Siehe Fauceglia und Lassmann (2014).

2 Feenstra and Romalis (2014).

3 Fauceglia, Plaschnick, Rueda Maurer (2017).

(2)

FOKUS

Die Volkswirtschaft  11 / 2017 15 gegebenen Preisen und Einkommen in den Ex-

portdestinationen.

Den zweiten Qualitätsindikator leiteten wir aus Verschiebungen von Marktanteilen ab:

Wenn in einer Menge ähnlicher Exportgüter mit unterschiedlichen Preisen die Marktantei- le von vergleichsweise hochpreisigen Gütern zunehmen, dann kann dies als eine Zunahme der durchschnittlichen Produktqualität dieser Exportproduktgruppen interpretiert werden.

Unterschiedliche Exportpreise können hier als valider Qualitätsindikator angesehen werden, da deren Streuung vor allem durch Qualitäts- unterschiede und nicht durch Unterschiede in den Produktionskosten oder der Zahlungsbe- reitschaft der Nachfrager erklärt werden kann.4

Klare Reaktion bei Indikatoren

Anhand von Regressionsanalysen haben wir für die Jahre 1996 bis 2015 untersucht, wie die Frankenaufwertung die qualitative Struktur der Exporte beeinflusst hat. Als Basis dienten uns die jährlichen Produktdaten der Eidgenössi- schen Zollverwaltung (EZV) für die 37 wichtigs- ten Handelspartner der Schweiz – was mehr als 90 Prozent der Exporte umfasst. Das Resultat mit dem ersten Qualitätsindikator, welcher die Qualität anhand der Nachfrageverschiebungen misst, zeigt: Eine Aufwertung des Frankens ver- änderte die Exportstruktur – im Sinne eines An- stiegs der durchschnittlichen Produktqualität.

Eine Aufwertung um 10 Prozent bewirkte eine

Gemessen mit dem (nachfragebasierten) Qualitätsindikator für verschiedene prozentuale sektorale Ausgaben für F&E und Werbung am Gesamtumsatz. Die blaue Fläche kennzeichnet ein 95-Prozent-Konfidenzintervall.

Abb. 1: Schweizer Exportvolumen und nominaler Wechselkurs (1996–2015)

Anteil Forschungs- und Werbeausgaben am Umsatz, in %

Abb. 2: Effekt einer 1-Prozent-Frankenaufwertung auf die Exportqualität in Abhängigkeit der sektoralen F&E- und Werbeintensität

4 Qualitätsveränderung, in %

0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5

2

0

–2 FAUC

EGLIA ET AL. (2017), ZUR METHODE SIEHE: KUGLER UND VERHOOGEN (2012) / DIE VOLKSWIRTSCHAFTSNB, BERECHNUNG FAUCEGLIA ET AL. (2017) / DIE VOLKSWIRTSCHAFT

250 Index (1996=100)

200

150

100

50

1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014

  Exportumsätze (Index)        Franken/Euro (Index)        Franken/Dollar (Index)        Nominaler, effektiver Wechelkurs (Overall-Index)

4 Vgl. Feenstra und Romalis (2014).

(3)

FRANKENSTÄRKE

16 Die Volkswirtschaft  11 / 2017

Verbesserung der durchschnittlichen Produkt- qualität um 1 bis 2 Prozent. Dies bedeutet, dass man die Preise um etwas weniger als den pro- zentualen Anstieg der Qualität erhöhen kann, ohne Nachfrageeinbussen zu erleiden.

Der Qualitätseffekt einer Aufwertung ist ins- besondere in Sektoren mit einer starken Pro- duktdifferenzierung und entsprechend hoher Forschungs- und Werbeintensität ausgeprägt, welche für die Schweizer Exporte charakteris- tisch sind. In Branchen, in welchen mehr als 2,5 Prozent des Umsatzes für Forschung und Ent- wicklung (F&E) sowie für Werbung ausgegeben werden, führt eine Aufwertung zu signifikan- ten Qualitätsverbesserungen (siehe Abbildung 2).

Beispiele dafür sind der Maschinenbau und die Uhrenindustrie. Demgegenüber beeinflusst eine Frankenaufwertung in Sektoren mit wenig dif- ferenzierbaren Gütern und daher intensiverem Preiswettbewerb – wie beispielsweise im Roh- stoffsektor – die Qualität nicht signifikant.

Auch die Analyse mit dem zweiten Indi- kator, der die Qualität anhand der Marktan-

teile teurer Produkte misst, deutet auf eine bessere Produktqualität aufgrund einer Auf- wertung des Frankens hin: Die Anteile von teu- reren Exportgütern stiegen gegenüber günsti- geren Exportgütern innerhalb eng definierter Produktgruppen. Prozentual verursachte eine Aufwertung um 10 Prozent eine Verbesserung der Exportqualität um etwas mehr als 1 Pro- zent.

Langfristige Trends reduzieren Anreize

Der Zusammenhang zwischen F&E-, Werbe- ausgaben und der Stärke der wechselkurs- bedingten Qualitätsänderung gilt nicht aus- nahmslos. Interessanterweise erhöht sich der Effekt einer aufwertungsinduzierten Quali- tätsverbesserung, wenn man forschungs- und werbeintensive pharmazeutische und che- mische Produkte aus den Schätzungen aus- schloss. Dies könnte darauf zurückzufüh- ren sein, dass in diesen beiden Sektoren, die Schweizer Luxus-

uhren stehen für hohe Qualität.

KEYSTONE

(4)

FOKUS

Die Volkswirtschaft  11 / 2017 17

Literatur

Fauceglia, D., Plaschnick, B., Rueda Mau- rer, M. (2017). Exchange Rate Fluctuati- ons and Quality Composition of Exports:

Evidence from Swiss Product-Level Data, Studie im Auftrag des Seco.

Fauceglia, Dario; Lassmann, Andrea (2014). Wechselkurseffekte auf die Schweizer Exportwirtschaft und Integ- ration in globale Wertschöpfungsketten, in: Die Volkswirtschaft 2014/12: 16–17.

Fauceglia, D., Lassmann, A., Shingal, A., Wermelinger, M. (2014). Backward Par- ticipation in Global Value Chains and Exchange Rate Driven Adjustments of Swiss Exports. Strukturberichterstat- tung Nr. 53/2.

Feenstra, R. C. und Romalis, J. (2014). Inter- national Prices and Endogenous Quality.

Quarterly Journal of Economics: 1–51.

Kugler, M. und Verhoogen, E. (2012).

Prices, Plant Size and Product Quali- ty. Review of Economic Studies, 79(1):

307–339.

Dario Fauceglia Dr. rer. publ. HSG, Dozent für Volkswirtschaftslehre, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissen­

schaften (ZHAW), Winterthur

Björn Plaschnick Dr. rer. pol., Dozent für Volkswirtschaftslehre, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissen­

schaften (ZHAW), Winterthur

Maria Rueda Maurer Dr. ès sc. pol., Dozentin für Volkswirtschaftslehre, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissen­

schaften (ZHAW), Winterthur

fast die Hälfte aller Exporte auf sich vereinen, Qualitätsverbesserungen mehr von langfristi- gen Trends wie beispielsweise der steigenden Nachfrage nach hochwertigeren Medizinpro- dukten und weniger von einer Frankenaufwer- tung abhängig sind.

Für Wachstumsmärkte stellten wir hingegen einen entgegengesetzten Zusammenhang fest:

Die Zunahme des realen Bruttoinlandproduktes (BIP) der Handelspartner erhöht kurzfristig den Absatz von qualitativ geringwertigen Gütern.

Dies lässt sich damit begründen, dass der Wett- bewerb unter den Anbietern vorübergehend re- duziert wird.

Wirtschaftspolitik spielt wichtige Rolle

Die Resultate unserer Studie bestätigen insge- samt die Hypothese, dass eine Frankenaufwer- tung den Marktanteil von qualitativ höherwer- tigen Produkten bei den Schweizer Exporten vergrössert. Ausserdem üben Qualitätsverbes- serungen einen positiven Einfluss auf die Ex- porterlöse aus und immunisieren die Export- unternehmen somit zumindest teilweise gegen Aufwertungsschocks.

Ein wichtiger Faktor für die Widerstandsfä- higkeit der Exporte gegenüber den Frankenauf- wertungen ist demnach die permanente Anpas- sung und Fokussierung der Exporteure auf stark differenzierte, qualitativ hochwertige und rela- tiv preisinsensitive Güter. Dies unterstreicht die Bedeutung einer Wirtschaftspolitik, die eine flexible Reaktion der Unternehmen auf Markt- veränderungen und einen schnellen Struktur- wandel der Exportwirtschaft sowie qualitativ hochstehende Forschung ermöglicht. Gerade für die Schweiz als kleine, stark exportorientier- te Volkswirtschaft ist dies besonders wichtig.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Damit soll eine langfristig orientierte Grösse gemessen werden, welche beschreibt, wie sich eine Volkswirtschaft bei einer «norma- len» oder «durchschnittlichen» Auslastung der

Die prognostizierte Abnahme der Erwerbs- bevölkerung und die Zunahme des Anteils der Rentner an der Gesamtbevölkerung dürften zwischen 2000 und 2030 auch einen Rückgang

Der Tourismus gehört zu den Teilen der Schweizer Wirtschaft, die von der Wechselkursentwicklung am stärksten in Mitleidenschaft gezogen werden.. Die Frankenaufwertung 2008 bis

Eine Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und von BAK Economics hat diese Zusammenhänge im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft

Ein unachtsamer Klick kann Folgen haben: Beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) haben sich über 200 Personen be- schwert, sie hätten Waren erhalten, ohne eine

Dabei muss zwischen Fachämtern wie etwa der Finanzverwaltung und Querschnittsämtern wie dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) unterschieden werden: Während sich

Die Schweiz wird sich auch künftig für die Stärkung des internationalen Ordnungsrah­. mens einsetzen, etwa durch die Erarbeitung von Regeln und Standards, die aus

Weil parallel zum hohen Wachstum in den Jahren vor der Krise auch das Staats­ und Aussendefizit stieg, reicht die inländische Sparquote im aktuellen Umfeld für