Seminar
Dipl. Psych. Moritz Wagner
Städtisches Klinikum Karlsruhe gGmbH 1.3 Spezielle Krankheitsbilder
Menschen mit einer affektiven Störung –
1.3.3 Psychologie
Überblick Modul:
Menschen mit einer affektiven Störung – 1.3.3 Psychologie
Modulübersicht
1. Theorien der Entstehung von Depression
2. Psychologische Diagnostik (Fragebögen und Interviews) 3. Behandlungsansätze:
a. Verhaltenstherapie (VT)
b. Kognitive Depressionstherapie (KT) c. Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) d. Andere psychotherapeutische Ansätze
(CBASP, Achtsamkeit, IPT)
Übersicht F3X.X
Psychologische Diagnostik Erklärungsmodelle
Behandlungsansätze
Erklärungsmodelle
Berühmte Menschen mit einer Depression
Entstehungsmodell
Vulnerabilitäts-Stress-Modell
Aus Wittchen, H.- U., & Hoyer, J. (2011). Klinische Psychologie & Psychotherapie. 2. Auflage. Springer-Verlag: Berlin Heidelberg.
Psychologische Depressionstheorien
Psychologische Depressionstheorien
Theorien der Aufrechterhaltung und weniger des ätiologischen
Bedingungsgefüges bei der Erstmanifestation depressiver Störungen!
1. Lerntheoretische Modelle
Erklärung über operanten Lernprozesse
i. Verstärker-Verlust-Modell von Lewinsohn ii. Theorie der gelernten Hilflosigkeit (Seligman) 2. Kognitive Modelle
i. Attributionale Hilf- und Hoffnungslosigkeitstheorien (Abramson, Seligman und Teasdale)
ii. Kognitives Modell der Depressionsentstehung nach Aaron Beck
Psychologische Depressionstheorien –
Lerntheoretische T.: Verstärker-Verlust-Modell von Lewinsohn
Aus Berking, M. & Rief, W. (2012). Klinische Psychologie und Psychotherapie für Bachelor. Band I: Therapieverfahren. Heidelberg: Springer Verlag
Kurzzusammenfassung:
Nach der Verstärker-Verlust-Theorie entsteht eine Depression durch eine zu geringe Rate an positiven Erlebnissen.
Psychologische Depressionstheorien –
Lerntheoretische T.: Verstärker-Verlust-Modell von Lewinsohn
Kritik am Verstärker-Verlust-Modell von Lewinsohn
▪ Daten korrelativ
▪ Prospektive Längsschnittstudien: Depression nur von Aversivität negativer Ereignisse und Zahl vorhergesagt. Positive Ereignisse eher Schutzfunktion.
▪ Sozialpartner reagieren negativ, nicht verstärkend auf depressives Verhalten
▪ Keine schwer depressiven Patienten untersucht
▪ Depressive erleben zuvor angenehme Dinge nicht mehr positiv
▪ Mangelnde Selbstverstärkung Depressiver nicht berücksichtigt
▪ Rolle von aversiven Erlebnissen und Bestrafungen vernachlässigt.
Psychologische Depressionstheorien –
Lerntheoretische T.: Theorie der gelernten Hilflosigkeit (Seligman)
In einer ,,Shuttle-Box” lernen Versuchstiere,vor Schocks, die sie in einer Abteilung des Käfigs erhalten, zu flüchten, indem sie in die andere (sichere) Abteilung springen. Sie können auch lernen, die Schocks gänzlich zu vermeiden, wenn sie auf eine Warnung wie ein Dämpfen des Lichtes in die sichere Abteilung springen.
Aus Berking, M. & Rief, W. (2012). Klinische Psychologie und Psychotherapie für Bachelor. Band I: Therapieverfahren. Heidelberg: Springer Verlag
Psychologische Depressionstheorien –
Lerntheoretische T.: Theorie der gelernten Hilflosigkeit (Seligman)
▪ Tiermodelle: Unkontrollierbare Elektroschocks (Hilflosigkeitsbedingung)
▪ Anschließend: Miller'sches Vermeidungsparadigma (Warnreiz, dann Elektroschock, Vermeidung möglich)
▪ Hunde der Hilflosigkeitsbedingung lernen im Gegensatz zu Kontrollhunden nur langsam (oder gar nicht), das Vermeidungsverhalten auszuführen
▪ Sie ertragen die schmerzhafte Stimulation passiv und zeigen andere Symptome, die menschlicher Depression ähnlich waren.
Psychologische Depressionstheorien –
Lerntheoretische T.: Theorie der gelernten Hilflosigkeit (Seligman)
▪ Interpretation:
Die Hunde lernten in der Hilflosigkeitsbedingung, dass die Schocks unabhängig von ihrem eigenen Verhalten auftraten. Dies führte zur
Erwartung, dass auch in der Zukunft Konsequenzen unabhängig vom eigenen Verhalten sein würden (= Unkontrollierbarkeit). Durch Generalisierung kam es zu den beobachteten emotionalen, motivationalen und kognitiven Defiziten.
▪ Beispiele für Belege für erlernte Hilflosigkeit bei Menschen: Personen, die zuvor unentrinnbarem Lärm oder elektrischen Schlägen ausgesetzt wurden, und Depressive konnten schlechter als Kontrollpersonen einfache Probleme lösen, um weiteren Lärm/ Schocks zu vermeiden (vgl. auch Verhalten nach traumatischen Erfahrungen).
Psychologische Depressionstheorien –
Lerntheoretische T.: Theorie der gelernten Hilflosigkeit (Seligman)
Kritik an der Theorie der gelernten Hilflosigkeit (Seligman)
▪ zu global (persönliche/universelle Hilflosigkeit)
▪ Hilflosigkeit ist nicht hinreichend für depressiven Affekt
▪ erklärt nicht den niedrigen Selbstwert / Schuldgefühl
▪ Generalität: Depression vs. umschriebene Hilflosigkeit?
▪ Chronizität (Dauer)
▪ mögliche Unkontrollierbarkeit positiver Verhaltenskonsequenzen
Die Lösung…
Entscheidend ist die Kausalattribution, weshalb Misserfolge/ Erfolge auftraten.
Depressive attributieren Mißerfolge intern, stabil und global, Erfolge dagegen
Psychologische Depressionstheorien – Exkurs: Attribution
Attribution nach Heider (vgl. Heider 1958)
Externale Attribution z.B. Situation
Internale Attribution
▪ Persönlichkeit
▪ Wille
▪ Fähigkeit
Psychologische Depressionstheorien –
Exkurs: Kelleys Kovariationsprinzip (vgl. Kelley 1973)
Attribution
Verhalten
Konsistenz
Verhalten wird in ähnlichen Situationen vom Handelnden immer wieder gezeigt
Konsensus
Verhalten wird in ähnlichen Situationen von anderen auch meist gezeigt
Distinktheit
Spezifische Reaktion (hoch) oder generalisiertes Verhalten über verschiedene Situationen (niedrig)
hoch
hoch
niedrig niedrig
hoch external
internal
Psychologische Depressionstheorien – Exkurs: Attributionsstile nach Seligman
Attributionsstile nach Seligman
So wie Menschen anderen Menschen Eigenschaften auf Grund des
beobachteten Verhaltens zuweisen, so werden auch dem selbst erlebten Gründe zugewiesen
Hierbei wird nach Seligman unterschieden zwischen:
▪ Internaler oder externaler Attribution
Die Gründe liegen in mir oder in äußeren Umständen
▪ Stabiler oder variabler Attribution
Die Gründe sind dauerhaft oder situativ (zeitlich)
▪ Genereller oder spezifischer Attribution
Die Gründe liegen in vielen Situationen oder einer einzelnen Situation vor (inhaltlich)
Psychologische Depressionstheorien – Exkurs: Attributionsstile nach Seligman
Attributionsstile nach Seligman
So wie Menschen anderen Menschen Eigenschaften auf Grund des
beobachteten Verhaltens zuweisen, so werden auch dem selbst erlebten Gründe zugewiesen!
Nach einer schlechten Note in einer Prüfung…
intern intern extern extern
stabil variabel stabil variabel
generell
Psychologische Depressionstheorien – Exkurs: Attributionsstile nach Seligman
Attributionsstile nach Seligman
So wie Menschen anderen Menschen Eigenschaften auf Grund des
beobachteten Verhaltens zuweisen, so werden auch dem selbst erlebten Gründe zugewiesen!
Nach einer schlechten Note in einer Prüfung…
intern intern extern extern
stabil variabel stabil variabel
generell
Ich bin unfähig, Prüfungen zu bestehen.
Ich war zu schlecht vorbereitet.
Prüfer verlangen immer zu viel.
Ich hatte Pech und habe schwere Prüfungsfragen bekommen.
spezifisch
Das Prüfungsthema ist zu schwierig für mich.
Ich habe für diese Prüfung zu wenig gelernt.
Dieser Prüfer ist zu
anspruchsvoll.
Auf diese
Prüfungsfragen war ich nicht vorbereitet.
Psychologische Depressionstheorien – Exkurs: Attributionsstile nach Seligman
Frage:
Wie Attribuieren Sie üblicherweise?
Können Sie Mathematik oder Fremdsprachen?
intern intern extern extern
stabil variabel stabil variabel
generell
spezifisch
Psychologische Depressionstheorien – Exkurs: Self-handicapping
Self-handicapping
Um einen Verlust des stabilen, positiven Selbstbildes zu vermeiden, kann es zu einem (selbstbehinderndes) Verhalten kommen, welches den befürchteten Misserfolg erklärt
Z.B.
Vor einer Prüfung feiern gehen und nicht lernen (Wir waren also „nur zu faul“ und nicht „zu dumm“) Fazit
Wir versuchen Situationen so zu gestalten, dass wir negative Selbstattributionen vermeiden können
Psychologische Depressionstheorien –
Kognitive T.: Attributionale Hilf- und Hoffnungslosigkeitstheorien
Psychologische Depressionstheorien –
Kognitive T.: Beck: Kognitives Modell der Depressionsentstehung
Depressionsursachen:
▪ Depression Folge von negativer Interpretation des Erlebten (z.B.
Lebensereignisse) - oft in Form von ,,automatischen Gedanken" oder Vorstellungen
▪ Wahrnehmung gesteuert durch kognitive Schemata z.B. über die eigene Unfähigkeit oder Schuld
▪ Kognitive Triade:negative Sicht von sich selbst, der Umwelt und der Zukunft
▪ interpretieren ihre eigenen Erfahrungen überwiegend als Belastungen und Hindernisse,
▪ sehen sich selbst als unfähig, wertlos und nutzlos an
▪ erwarten von der Zukunft vorwiegend Schlechtes.
Psychologische Depressionstheorien –
Kognitive T.: Beck: Kognitives Modell der Depressionsentstehung
Charakteristisch sind nach Beck folgende 6 Denkfehler:
1. Willkürliches Schlussfolgern:
Die Person zieht negative Schlüsse aus nicht ausreichendem oder widerlegtem Material.
2. Selektive Abstraktion:
Die Person konzentriert sich auf negative Einzelheiten einer Situation und ignoriert den größeren Zusammenhang.
3. Übergeneralisierung:
Die Person wendet eine allgemeine Regel oder Schlussfolgerung aufgrund von wenigen und unzusammenhängenden Erlebnissen ohne Ausnahme auf alle Situationen an, gleichgültig, ob sie ähnlich oder unähnlich sind.
Psychologische Depressionstheorien –
Kognitive T.: Beck: Kognitives Modell der Depressionsentstehung
Charakteristisch sind nach Beck folgende 6 Denkfehler:
4. Maximierung und Minimierung:
Die Person überschätzt oder unterschätzt die Bedeutung von Ereignissen, v.a.
so, dass eine negative Schlussfolgerung entsteht.
5. Personalisierung:
Die Person führt Ereignisse v.a. auf ihr Handeln zurück, auch wenn es dafür keine ausreichenden Belege gibt.
6. Verabsolutiertes, dichotomes Denken:
Die Person gruppiert alle Erlebnisse in zwei extreme und sich ausschließenden Kategorien.
Psychologische Depressionstheorien –
Kognitive T.: Beck: Kognitives Modell der Depressionsentstehung
Fazit – Es gibt nicht die eine Theorie!
Interaktive-Depressions-Modelle: de Jong, 1987
Aus Wittchen, H.- U., & Hoyer, J. (2011). Klinische Psychologie & Psychotherapie. 2. Auflage. Springer-Verlag: Berlin Heidelberg.
Exkurs Resilienz
Exkurs Resilienz – Einführung
Definition:
Resilienz (von lateinisch resilire ‚zurückspringen‘ ‚abprallen‘) oder psychische Widerstandsfähigkeit ist die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und sie durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen als Anlass für Entwicklungen zu nutzen.
Wichtig:
• Dynamisch und adaptiv!
Psychische Resilienz ist ein dynamischer Prozess, in dem schützende Faktoren und Ressourcen, trotz ungünstiger Umstände eine positive Entwicklung
ermöglichen
• Voraussetzung:
Ohne bedrohliche Situation keine Entstehung der Resilienz!
Exkurs Resilienz – Entstehung
Die Entstehung der Resilienz
Wahrnehmung der Situation
- Bewertung von Stressoren als
bedrohlich - Erfolgreiche Bewältigung des
Stressors in der Vergangenheit
Verfügbare Ressourcen:
- Genetische Veranlagung - Schutz- und Risikofaktoren (z.B.
Optimismus, elterlicher Erziehungsstil)
Erfolgreiche Bewältigung von Belastungssituationen
Exkurs Resilienz – Verwandte Konstrukte
Exkurs Resilienz – Aktuelle Forschung
Sinnhaftigkeit verwandter Konstrukte zur Resilienz wie Selbstwirksamkeit und Sense of Coherence