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VG München M 17 K vom Abgrenzung einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft REWIS: open. smart. legal. Datenbank für Rechtsprechung

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VG München

M 17 K 14.5754

vom 29.10.2015

Abgrenzung einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft

REWIS: open. smart. legal.

Datenbank für Rechtsprechung Angaben ohne Gewähr

URL: https://rewis.io/s/u/XTEn/

VG München None

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M 17 K 14.5754 vom 29.10.2015

Urteil | VG München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt einen Intensivpflegedienst und betreut unter anderem die Bewohner einer Einrichtung in der … Nach Prüfung dieser Einrichtung am 11.

und 21. November 2013 und Anhörung der Klägerin (Bl. … der Behördenakten - BA) erließ die Beklagte am … Januar 2014, der Klägerin zugestellt am … Januar 2014, einen Prüfbericht (Bl. … BA), in dem die Einrichtung als stationär eingestuft und einige Pflegemängel festgestellt wurden. Des Weiteren erging am … Januar 2014, der Klägerin ebenfalls zugestellt am 21. Januar 2014, ein Kostenbescheid, in dem für die Durchführung der Prüfung Kosten in Höhe von 36,- € zuzüglich Auslagen in Höhe von 5,60 € festgesetzt wurden.

Der hiergegen mit Schreiben vom 10. Februar 2014 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 26.

November 2014 (Bl. 612ff. BA) zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2014, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am selben Tag, erhob die Prozessbevollmächtigte der Klägerin Klage und beantragte,

den Prüfbericht vom 16. Januar 2014 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 26.

November 2014 sowie den Kostenbescheid vom 14. Januar 2014 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2014 aufzuheben.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte ihren Bescheid auf eine nicht anwendbare Rechtsgrundlage stütze. Eine Abweichung

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von Art. 11 Abs. 4 Satz 1 Pflege- und Wohnqualitätsgesetz (PfleWoqG) liege nicht vor, da die Wohngemeinschaft, in der die Klägerin Bewohner pflege, keine stationäre Einrichtung im Sinne des Art. 2 Abs. 1 PfleWoqG darstelle. Primäre Voraussetzung für das Vorliegen einer stationären Einrichtung im Sinne des Art.

2 Abs. 1 Nr. 1 PfleWoqG sei das Anbieten von Wohnraum unter gleichzeitigem Vorhalten und Anbieten von Pflege- oder Betreuungsleistungen.

Betreuungsleistungen einerseits und Wohnen andererseits würden vorliegend durch unterschiedliche Rechtsträger in gesonderten Verträgen geregelt und seien damit rechtlich und tatsächlich voneinander unabhängig. Es existiere keine alleinige Verantwortung der Klägerin für die Bereiche des Wohnens und der Pflege und Betreuung. Auch nach der Gesetzesbegründung des PfleWoqG bestehe nach wie vor der wesentliche Unterschied zwischen ambulant und stationär darin, dass die im stationären Bereich bestehende Vollverantwortung eines Trägers gerade nicht derjenigen eines ambulanten Trägers gleichzusetzen sei. Demgegenüber würden die Tatbestandsmerkmale einer ambulant betreuten Wohnform im Sinne des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 PfleWoqG erfüllt. Die Bewohner gehörten als intensivpflegebedürftige Personen zu den pflegebedürftigen Menschen im Sinne des Art. 2 Abs. 3 Satz 1 PfleWoqG. Sie benötigten und erhielten alle Grundpflegeleistungen in demjenigen Umfang, der durch die Pflegeversicherungsleistungen des Sozialgesetzbuches Elftes Buch erbracht würde. Die Bewohner schlössen mit einem externen Pflegedienstanbieter, der Klägerin, Dienstverträge über die Erbringung von Pflegeleistungen gegen Entgelt.

Die Bezahlung erfolge zum Teil durch die Pflegeversicherung des Pflegebedürftigen und durch eine Eigenleistung des Betroffenen selbst bzw., wenn dieser finanziell hierzu nicht in der Lage sei, durch den Sozialhilfeträger.

Betreuungsdienste könnten, soweit erforderlich, frei gewählt werden. Die teilweise schwerstpflegebedürftigen Bewohner lebten auch in einem gemeinsamen Haushalt. Unter dem Begriff Haushalt sei allgemein eine Wirtschaftsführung mehrerer zusammenlebender Personen oder einer einzelnen Person zu verstehen. Unter Wirtschaft sei die Gesamtheit von Handlungen zu verstehen, die der planvollen Deckung des menschlichen Bedarfs dienten. So gehöre hierzu auch eine eingerichtete, den Lebensbedürfnissen entsprechende Wohnung, die aus eigenem Recht, zum Beispiel als Eigentümer oder Mieter, genutzt werde. Diese diene der Sicherung der individuellen Bedarfsdeckung. Zu diesen Handlungen gehörten weiterhin zum Beispiel die Vorratshaltung, Verköstigung, Rechnungsführung, das Einkaufen, Kochen und ähnliche Aktivitäten, also Handlungen, die der Befriedigung der eigenen Lebensbedürfnisse dienten. Deren Umfang, Inanspruchnahme und Ausmaß sei von den individuellen Lebensbedürfnissen des Einzelnen abhängig. Der Gesetzgeber habe insoweit zum erforderlichen Umfang einer Wirtschaftsführung ausgeführt, dass es im Rahmen der ambulanten Wohngemeinschaft gerade nicht auf das Vorliegen einer Wirtschaftsgemeinschaft ankomme. Es sei nicht maßgeblich, ob die Bewohner in der Lage seien, ihren Tagesablauf eigen- bzw. selbständig strukturieren zu

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können. Im Vordergrund stehe, dass eine strukturelle Unabhängigkeit bestehe.

Demnach bedürfe es gerade nicht eines gemeinschaftlichen Wirkens im Sinne der eigenständigen Vornahme von Handlungen, die der planvollen Deckung der eigenen Bedürfnisse dienten. Es reiche aus, wenn diese Aufgabe durch Dritte, etwa Betreuer oder Angehörige, vorgenommen werde. Die Bewohner in der streitgegenständlichen Wohngemeinschaft lebten strukturell unabhängig von Dritten. Eine Abhängigkeit zum Pflegedienstanbieter bestehe nicht, da dieser insoweit in der Wohnung nur einen Gaststatus innehabe. Ein Teil der Bewohner gestalte und regele den Tagesablaufplan eigenständig, ein anderer Teil dagegen nicht, wobei der Lebensalltag dieser Bewohner durch ihre Betreuer und Angehörigen ausgeübt werde. Allen gemein sei, dass sie ihren Lebensalltag in der Wohnung verbrächten, um dort ihre individuellen Lebensbedürfnisse zu befriedigen, wozu auch die Ermöglichung ihrer Pflege gehöre. Die Bewohner lebten zusammen und teilten sich die Nutzung des Gemeinschaftsbades, des Gemeinschaftsraumes sowie der Gemeinschaftsküche. Daneben verfüge jeder Bewohner über ein eigenes Zimmer. Die Gemeinschaftsräume würden je nach individuellem Bedarf in unterschiedlicher Intensität genutzt. Die Gebrauchsmöglichkeit werde durch die Hilfestellungshandlungen Dritter, Betreuer, Angehöriger und Pflegekräfte, unterstützt und ermöglicht. So würden in der Gemeinschaftsküche die von den Angehörigen oder Betreuern mitgebrachten Essen von der Pflegeperson zubereitet. Im Gemeinschafsbad erfolge die Körperpflege durch Unterstützungshandlungen der Pflegeperson.

Soweit die Lebensgestaltung nicht eigenständig durch den Bewohner erfolgen könne, werde dieser durch den Betreuer und die Angehörigen festgelegt und bestimmt. Wann welche Grundpflegemaßnahmen durchgeführt würden, bestimmten die Bewohner situativ und eigenständig, andernfalls ihre Betreuer oder Angehörigen. Die Beklagte gehe ohne eine konkrete Tatbestandsprüfung davon aus, dass die Küche nicht benutzt werde. Die Nutzung durch Bewohner und Angehörige bzw. Betreuer erfolge nach deren eigenem Bedarf bzw. Wunsch.

Daher werde die Gemeinschaftsküche sehr wohl aktiv von Bewohnern genutzt.

Entgegen der Darstellung der Beklagten erfolgten auch Absprachen bezüglich der Essensversorgung; diese würden individuell zwischen dem Bewohner/

Betreuer und/oder deren Angehörigen mit der jeweiligen Pflegefachkraft besprochen. Dieses Thema sei erst in der Gremiumssitzung vom … Dezember 2013 erörtert worden. Am Tag der Prüfung hätten sich Küchengegenstände in den Schränken der zweiten Gemeinschaftsküche befunden. Die Mitbenutzung durch das Pflegepersonal sei durch die Bewohner legitimiert worden.

Es bestehe vorliegend auch ein Gremium, das die Selbstbestimmung der Bewohner sicherstelle. Vorsitzende sei Frau … …, die Bewohner der Wohngemeinschaft gesetzlich betreue. Frau … sei, soweit möglich, bei den Prüfungen jeweils anwesend und Ansprechpartner für Behörden und den Pflegedienst. Das Gremium treffe sich regelmäßig mindestens zweimal jährlich und außerordentlich auf Wunsch von Bewohnern, um wesentliche

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Angelegenheiten des täglichen Lebens zu regeln. Entgegen der Auffassung der Beklagten komme es bei der Prüfung des Vorliegens von Tatbeständen des PfleWoqG nicht darauf an, ob es schwer vorstellbar sei, dass bei zwei Sitzungen alles geregelt werden könne, vielmehr sei die Selbstbestimmung anhand objektiv vorliegender Kriterien zu prüfen. Entgegen dem Vortrag der Beklagten bestehe auch ein Kontakt der Bewohner untereinander. Die Angehörigen und Betreuer hätten Telefonnummern und E-Mail-Adressen ausgetauscht, worüber sie mit den anderen kommunizieren könnten. Dass sich die Angehörigen und Betreuer nicht ständig in der Wohnung träfen, liege an den unterschiedlich gestalteten Besuchen. Eine zum 15. Juni 2012 in Kraft getretene Gremiumsvereinbarung sowie diverse Protokolle von Gremiumssitzungen wurden vorgelegt.

Es hätten auch keine Mängel im pflegerischen Bereich vorgelegen.

Die Ernährung des Bewohners sei in Absprache und gemäß der ärztlichen Anordnung erfolgt, die zu beachten sei. Den Therapieplan lege der behandelnde Arzt fest und nicht die jeweilige Pflegefachkraft. Andernfalls läge eine unzulässige Kompetenzüberschreitung durch die Pflegefachkraft vor. Der Bewohner habe orale Beikost in Absprache mit dem behandelnden Arzt und der Logopädin erhalten. Es seien verschiedene und abwechslungsreiche Angebote an Beikost verabreicht worden. Eine interdisziplinäre Kommunikation und ein multiprofessionelles Handeln lägen vor; auch seien die Betreuer durch den behandelnden Arzt und die Logopädin umfangreich informiert und beraten worden. Der Bewohner sei durch das Pflegepersonal adäquat und bedarfsgerecht versorgt worden.

Bei der Bewertung der Betreuung habe die Beklagte das Lauftraining durch die Physiotherapie, die wechselnde Tagesverfassung des Bewohners, den gesundheitlichen Status, insbesondere die vorliegenden persistierenden epileptischen Anfälle, außer Betracht gelassen. Der Prüfungstag stelle grundsätzlich nur eine Momentaufnahme dar; es sei fehlerhaft, die Bewertung allein auf diesen einen Tag zu stützen. Der Bewohner sei im Rahmen eines strukturierten Tagesablaufes täglich mehrmals mobilisiert worden. Dies beinhalte auch das Laufen in der WG sowie ein Lauftraining durch die Physiotherapie. Auch seien mit dem Bewohner täglich Beschäftigungsmaßnahmen im Rahmen seiner Möglichkeiten durchgeführt und dokumentiert worden. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass sowohl die Maßnahmen der Mobilisation als auch die der Beschäftigung durch die Grunderkrankung und die jeweilige Tagesverfassung eingeschränkt gewesen seien. Der Bewohner habe eine ausgeprägte Störung der Handlungsplanungs-, Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsleistungen sowie der Exekutivleistungen im Allgemeinen gezeigt. Er habe auch bei entblockter und mit Sprechaufsatz versorgter Kanüle keine verbale Kommunikation aufbauen können. Auch das Aufbauen und Halten von Blickkontakt sei nicht sicher möglich gewesen, eine

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Kommunikation über Gestik und Mimik habe er nicht gezeigt und es habe keinen sicheren Ja-Nein-Code gegeben. Die Teilnahme an Settings, wie von der Beklagten empfohlen, sei in Betrachtung der Gesamtcompliance nicht indiziert gewesen. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen habe das Bestehen von erheblichen Anfallsleiden, von teilweise aggressivem Verhalten, die Weglaufgefährdung sowie den Umstand, dass der Bewohner Gegenstände in den Mund stecke, geistig auf dem Status eines Kleinkindes gestanden und die Pflege teilweise nicht zugelassen habe, bestätigt. Auch hier werde auf Essversuche mittels Beikost in Form eines Schlucktrainings verwiesen.

Soweit die Beklagte freiheitsentziehende Maßnahmen anspreche, werde nicht berücksichtigt, dass gerade die Weglauftendenzen des Bewohners zu unkontrollierten Handlungsabläufen führten, die gerade die unmittelbaren Sturzgefahren begründeten. Dies sei zu vermeiden gewesen. Die freiheitsentziehenden Maßnahmen seien bei dem Bewohner gemäß richterlichem Beschluss durchgeführt worden. Dies sei eindeutig in der Pflegedokumentation protokolliert. Die Maßnahmen seien stets verhältnismäßig und der jeweiligen Situation des Bewohners angepasst angewendet worden. Alle Maßnahmen seien in einem regelmäßigen Zyklus auf Notwendigkeit, Umfang sowie Art der Maßnahmen evaluiert worden. Eine durchgängige Fixierung außerhalb des richterlichen Beschlusses habe nicht vorgelegen und die Aufzeichnungen seien weder lückenhaft noch unvollständig. Alle Protokolle hätten zum Zeitpunkt der Prüfung vorgelegen. Auch seien im Vorfeld alternative Maßnahmen mit dem behandelnden Arzt und Betreuer besprochen worden, jedoch seien alle Alternativen nicht ausreichend wirksam gewesen. Dies resultiere auch aus dem Ergebnis der Ermittlungen des Amtsgerichts, insbesondere aus dem aktuellen Zeugnis des Arztes … … vom … Oktober 2013, der Stellungnahme der Betreuer und dem unmittelbaren Eindruck des Gerichts, den sich dieses anlässlich der Anhörung des Betroffenen verschafft habe.

Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.

Auch im Jahr 2013 sei die Selbstbestimmung durch das Gremium nicht gewährleistet gewesen. Es hätten lediglich zwei Gremiumstreffen am 4. Juli 2013 und am 10. Dezember 2013 stattgefunden. Gerade bei diesem Klientel, bei dem es sich ausnahmslos um schwerstpflegebedürftige Intensivpatienten handele, die sich überwiegend nicht mehr selbst äußern könnten, könne die Selbstbestimmung der Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Regelung des Alltags nicht durch Treffen, die alle sechs Monate stattfänden, geregelt werden.

Die Beklagte habe bei ihren Prüfungen am … sowie am … November 2013 Mängel im Bereich Verpflegung, Betreuung und Mobilisation sowie einen erheblichen Mangel im Umgang mit freiheitsentziehenden Maßnahmen

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festgestellt. Im Bereich Verpflegung werde nicht die ärztliche Anordnung oder deren Ausführung durch die Pflegekräfte in Frage gestellt. Die Klägerin führe aus, dass die Ernährung in Absprache und gemäß der ärztlichen Anordnung durchgeführt worden sei und die Betreuer durch den behandelnden Arzt und die Logopädin umfangreich informiert und beraten worden seien. Dies widerspreche der Darstellung von Frau …, Schwester und gesetzliche Betreuerin des Bewohners. Diese habe in einem am 13. November 2013 geführten Telefongespräch ausgeführt, dass es bezüglich der Ernährungssituation ihres Bruders bisher keine gezielten Gespräche weder mit dem behandelnden Arzt noch mit der Logopädin gegeben habe, sondern diese lediglich in Aussicht gestellt worden seien. Von Seiten der Pflegekräfte solle weiterhin geäußert worden sein, dass ausschließlich die HIPP-Fertigmenüs verwendet werden dürften, da diese ärztlich angeordnet worden seien. Eine weitere Gesprächsbereitschaft habe sich nicht gezeigt. Eine interdisziplinäre Kommunikation und ein multiprofessionelles Handeln sei aus den Unterlagen nicht ersichtlich und habe an beiden Prüfungstagen von Seiten der anwesenden Pflegekräfte nicht ausreichend dargestellt werden können. Laut Auskunft der Betreuer hätten keine umfangreichen Informationen oder Beratungen stattgefunden. Es sei ein wesentliches Merkmal der Selbstbestimmung, dass die Realisierung eigener Wünsche und Bedürfnisse der Bewohner bzw. deren gesetzlicher Vertreter gewährleistet sei. Weshalb eine ausschließliche Verwendung von HIPP-Nahrungsmitteln ärztlich verordnet worden sei, erschließe sich der Beklagten nicht. Auch das von der Klägerin angeführte Schreiben der Logopädin erscheine hier nicht hilfreich, da es sich bei dem Schreiben lediglich um eine Einschätzung bezüglich der Weiterführung einer logopädischen Behandlung handele. Wie bereits im Mangelsachverhalt im Prüfbericht dargestellt, könne der Bewohner unter Aufsicht und nach Tagesform passierte Kost und Flüssigkeiten zu sich nehmen. Ein Einbeziehen des Bewohners in die Nahrungszubereitung oder die Vorbereitung der Mahlzeiten sei nicht erfolgt. Auch die Möglichkeit der Küchenbenutzung sei nicht in Betracht gezogen worden. Nach Ansicht der Beklagten überwiege hier die strukturelle Fremdbestimmung. Ein Versuch, die Art der Ernährung im Sinne des Bewohners bzw. dessen gesetzlicher Vertreterin zu verändern, habe nicht dargestellt werden können.

Im Bereich Betreuung und Mobilisation seien das Lauftraining der Physiotherapie und der gesundheitliche Status des Bewohners berücksichtigt worden. Auch hier habe weder aus den vorliegenden Unterlagen noch durch Gespräche mit den anwesenden Pflegekräften oder der Betreuer ein strukturierter und regelmäßiger Tagesablauf nachvollzogen werden können. Des Weiteren habe nicht nachvollzogen werden können, wie lange, wie oft und in welcher Qualität die Spaziergänge im Flur oder die Beschäftigungsmaßnahmen stattgefunden hätten oder ob diese aus gesundheitlichen Gründen, wie zum Beispiel wegen eines Krampfanfalles, nicht hätten durchgeführt werden können.

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Es habe kein aktivierender Pflegeansatz oder ein an den Ressourcen des Bewohners orientierter Tagesablauf festgestellt werden können, zumal in der Pflegeplanung hinterlegt worden sei, dass der Bewohner gut laufen könne.

Entgegen den Ausführungen der Klägerin habe der richterliche Beschluss zu freiheitsentziehenden Maßnahmen auf eine akute Selbstgefährdung wegen einer ausgeprägten Sturzgefahr abgestellt, nicht jedoch auf eine Weglauftendenz. Nach Durchsicht der Dokumentationen und durch Gespräche mit den anwesenden Pflegekräften sei deutlich geworden, dass der Bewohner aufgrund einer Weglauftendenz überwiegend mechanisch fixiert worden sei.

Dieses sei auch von den Angehörigen geäußert worden. Die Einträge zu den Fixierungsmaßnahmen seien lückenhaft und nicht geeignet gewesen, die Art und die Dauer der Fixierung lückenlos zu dokumentieren. Der Auffassung, dass die Weglauftendenz zu unkontrollierten Handlungsabläufen führe, die wiederum eine unmittelbare Sturzgefahr begründeten, könne sich die Beklagte nicht anschließen, da hier im Vorfeld und rein präventiv Fixierungsmaßnahmen angewendet worden seien. Bei der am 21. November 2013 erfolgten Nachprüfung habe der Bewohner ein sicheres Gangbild gezeigt; die in den Weg gestellten Hindernisse seien erkannt und umgangen worden. Weitere Stressfaktoren, wie zum Beispiel leichtes Anrempeln, hätten keine erhöhte Sturzgefahr gezeigt und es habe ebenfalls keine erhöhte Anfallsneigung wahrgenommen werden können. Ein erweiterter Hilfsmitteleinsatz in Form eines Gehwagens oder weitere Schutzmaßnahmen, wie zum Beispiel das Verwenden eines Schutzhelmes, seien weder in Betracht gezogen noch ausprobiert worden.

Es lägen keine Aufzeichnungen über das Ausprobieren von Alternativmaßnahmen vor. Dies sei auch durch die anwesende Pflegekraft bestätigt worden. Dass der Bewohner fast überwiegend mechanisch fixiert gewesen sei, stelle nach Ansicht der Beklagten einen unverhältnismäßigen Einschnitt in die Persönlichkeitsrechte des Bewohners dar, zumal der Bewohner einen ausgeprägten Bewegungsdrang gezeigt habe.

Nach Abwägung und Würdigung aller der Beklagten bekannten Tatsachen und unter Zugrundelegung der Verwaltungsgrundsätze der Verhältnismäßigkeit und des rechtmäßigen Ermessensgebrauchs seien die getroffenen Maßnahmen erforderlich gewesen.

Mit Schriftsatz vom 17. August 2015 wiederholte und vertiefte die Klägerseite ihr Vorbringen. Sie führte insbesondere aus, dass die Voraussetzungen für eine ambulante Wohngemeinschaft vorlägen. Es sei gerade Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts der Bewohner, wenn sie sich dazu entschlössen, nur zweimal im Jahr zu tagen. Regelungen des Alltags könnten sehr wohl durch Treffen stattfinden, die alle sechs Monate erfolgten. Dies gelte auch bei intensivpflegebedürftigen Patienten. Bei Patienten, die aufgrund ihres Krankheitsbildes nicht mehr in der Lage seien, sich zu äußern, handelten deren Betreuer bzw. Angehörige. Die Bewohner könnten den Pflegedienst frei wählen,

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der in der Wohngemeinschaft auch nur einen Gaststatus habe. Auch sei die Wohngemeinschaft baulich, organisatorisch und wirtschaftlich selbständig und es hätten 2013 auch nur neun Patienten in der Einrichtung gelebt.

Hinsichtlich des Mangels im Bereich der Verpflegung seien die Pflegekräfte an die ärztlichen Anweisungen gebunden gewesen. Es werde bestritten, dass es seitens der Pflegekräfte an einer weiteren Gesprächsbereitschaft gemangelt habe und dass eine interdisziplinäre Kommunikation und ein multiprofessionelles Handeln aus den Unterlagen und an den Prüfungstagen nicht ersichtlich gewesen sei. Ein adäquates Handeln sei nicht an nur zwei Tagen zu beurteilen. Darüber hinaus sei aus dem Ernährungsplan ersichtlich, dass der Bewohner keineswegs nur mit HIPP-Nahrungsmitteln versorgt worden sei. Es sei zu beachten, dass der Bewohner neben der oralen Ernährung auch über eine PEG-Sonde ernährt worden sei und der Bewohner an Diabetes Mellitus Typ I gelitten habe. Der Bewohner habe an einem ausgeprägten Beißreflex gelitten, was verdeutliche, dass sich die Ernährung schwierig gestaltet habe. Eine ärztliche Anordnung sei notwendig gewesen, die umzusetzen gewesen sei. Die Betreuer seien durch den behandelnden Arzt umfangreich informiert und beraten worden. Der Bewohner habe aufgrund seines Krankheitsbildes auch nicht in die Vorbereitung der Nahrung mit einbezogen werden können.

Auch ein Mangel im Bereich Betreuung und Mobilisation habe nicht vorgelegen.

Der Patient habe aufgrund seines Krankheitsbildes eine wechselnde Tagesverfassung gehabt, der gesundheitliche Status sei schwankend gewesen und er habe persistierende epileptische Anfälle gehabt. Es verbiete sich daher eine Einschätzung des Gesundheitszustandes nur an einem oder zwei Tagen.

Tatsächlich sei der Bewohner mehrmals täglich mobilisiert worden. Hierzu gehörten das Laufen innerhalb der Wohngemeinschaft und ein Lauftraining durch die Physiotherapie. Die mobilisierenden Maßnahmen und die Beschäftigungsmaßnahmen, die täglich durchgeführt worden seien, seien je nach Tagesverfassung des Patienten eingeschränkt und auch von dieser abhängig, zumal der Patient nicht mehr zu einer verbalen Kommunikation fähig gewesen sei und nur zeitweise auf Gestik reagiert habe.

Mängel im Umgang mit freiheitsentziehenden Maßnahmen habe es ebenfalls zu keinem Zeitpunkt gegeben. Aus der Pflegedokumentation ergebe sich, dass die Maßnahmen gemäß dem richterlichen Beschluss durchgeführt worden seien.

Die ärztliche Bescheinigung vom *. Juni 2013 gebe wieder, dass der Bewohner wegen häufiger Unruhezuständen im Bett mit Bettgurt liege und dass der Patient nur selten und auch nur in Begleitung mobil sei. Alternative Maßnahmen seien mit dem Arzt besprochen worden, aber nicht wirksam gewesen. Sein körperlicher Zustand sei stark tagesformabhängig gewesen, so dass sich eine Beurteilung anhand eines einzelnen Tages verbiete.

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Schließlich habe die Einrichtung bei einer Prüfung des MDK im Jahr 2013 ein Gesamtergebnis von 1,1 erhalten, während der Landesdurchschnitt bei 1,3 liege.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und auf die im Parallelverfahren M 17 K 14.4341 vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2015 Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Statthafte Klage ist hier, da es sich auch bei dem Prüfbericht um einen (feststellenden) Verwaltungsakt handelt, die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO).

Diese ist zulässig, aber unbegründet, da sowohl der Prüfbericht vom 16. Januar 2014 (s.u. I.) als auch der Kostenbescheid vom 14. Januar 2014 (s.u. II.), jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. November 2014, rechtmäßig sind und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I.

Der Prüfbericht ist rechtmäßig, insbesondere konnte ein solcher basierend auf Art. 11 und 17a des Gesetzes zur Regelung der Pflege-, Betreuungs- und Wohnqualität im Alter und bei Behinderung (Pflege- und Wohnqualitätsgesetz - PfleWoqG) vom 8. Juli 2008 (GVBl S. 346), geändert durch Gesetz vom 22. Mai 2013 (GVBl S. 308) erlassen werden, da es sich bei der streitgegenständlichen Einrichtung der Klägerin nicht um eine ambulant betreute Einrichtung im Sinne von Art. 2 Abs. 3 Satz 3 PfleWoqG handelt (s.u. 1.). Zudem sind auch die in dem Prüfbericht getroffenen Feststellungen inhaltlich nicht zu beanstanden (s.u. 2.).

1. Das PfleWoqG unterscheidet nicht nur zwischen stationären Einrichtungen (Art. 2 Abs. 1 PfleWoqG) und ambulant betreuten Wohngemeinschaften (Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG), sondern nimmt auch innerhalb der ambulant betreuten Wohngemeinschaften Differenzierungen vor: Wenn

1.die Selbstbestimmung der Bewohnerinnen und Bewohner gewährleistet ist (Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 PfleWoqG ),

2.die Bewohnerinnen und Bewohner oder deren gesetzliche Betreuungspersonen die Betreuungs- und Pflegedienste sowie Art und Umfang der Betreuungs- und Pflegeleistungen frei wählen können (Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 PfleWoqG),

3.die Pflege- oder Betreuungsdienste nur einen Gaststatus, insbesondere keine Büroräume in der oder in enger räumlicher Verbindung mit der ambulant betreuten Wohngemeinschaft haben (Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 PfleWoqG),

4.die ambulant betreute Wohngemeinschaft baulich, organisatorisch und wirtschaftlich selbstständig ist, insbesondere kein Bestandteil einer stationären

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Einrichtung ist, und sich nicht mehr als zwei ambulant betreute Wohngemeinschaften der gleichen Initiatoren in unmittelbarer räumlicher Nähe und organisatorischem Verbund befinden (Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 PfleWoqG) sowie

5.nicht mehr als zwölf pflege- oder betreuungsbedürftige Personen in der ambulant betreuten Wohngemeinschaft wohnen (Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 5 PfleWoqG), gelten nur die Bestimmungen des Dritten Teils des PfleWoqG (Art. 18 bis 22) sowie Art. 23 und 24 PfleWoqG (Art. 2 Abs. 3 Satz 3 PfleWoqG). Derartige Einrichtungen unterliegen somit aufgrund der geringeren Schutzbedürftigkeit der Bewohner lediglich einer spezifischen, auf dieses Lebensfeld abgestimmten Mindestqualitätssicherung (vgl.

Burmeister/Gaßner/Melzer/Müller, Bayer. Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, 2. Aufl.

2015, Art. 2 Anm. 18, 41). In allen andern Fällen finden dagegen auf ambulant betreute Wohngemeinschaften die Bestimmungen des Zweiten Teils des PfleWoqG (Art. 3 bis 17d) Anwendung (Art. 3 Abs. 3 Satz 4 PfleWoqG).

Art. 11 PfleWoqG, wonach die zuständigen Behörden die Einrichtungen durch wiederkehrende oder anlassbezogene Prüfungen überwachen (Abs. 1 Satz 1), wobei über die am Tag der Überprüfung festgestellten wesentlichen Sachverhalte ein Ergebnisprotokoll zu erstellen ist sowie die Feststellungen zur angemessenen Qualität der pflegerischen Versorgung in dem Pflege-Prüfbericht festzuhalten sind (Art. 11 Abs. 4a, Art. 17a PfleWoqG), findet somit nicht nur auf stationäre Einrichtungen im Sinne von Art. 2 Abs. 1 PfleWoqG Anwendung, sondern auch auf ambulant betreute Wohngemeinschaften, die die oben genannten Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 PfleWoqG nicht erfüllen.

1.1 Bei der Einrichtung in der … … handelt es sich um keine ambulant betreute Wohngemeinschaft im Sinne von Art. 2 Abs. 3 Satz 3 PfleWoqG:

Voraussetzung einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft ist unter anderem das „Leben in einem gemeinsamen Haushalt“ (Art. 2 Abs. 3 Satz 1 PfleWoqG). Es spricht hier Einiges dafür, dass die streitgegenständliche Einrichtung aus diesem Grund schon nicht als ambulant betreute Wohngemeinschaft eingestuft werden kann, da keine bzw. kaum Anhaltspunkte für ein gemeinschaftliches Wirken (z.B.

Einkaufen, Kochen) oder gemeinsame Freizeitaktivitäten ersichtlich sind.

Letztendlich kann aber dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Einrichtung in der … … um eine stationäre Einrichtung handelt bzw., ob ein gemeinsamer Haushalt im Sinne von Art. 2 Abs. 3 Satz 1 PfleWoqG und damit eine ambulant betreute Wohngemeinschaft vorliegt. Denn selbst wenn diese Einrichtung eine ambulante Wohngemeinschaft sein sollte, erfüllt diese nicht die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 PfleWoqG (s.u. 1.3, 1.4), so dass auch in diesem Fall (u.a.) die Art. 11 und 17a PfleWoqG Anwendung finden.

Dem steht auch nicht entgegen, dass im Prüfbericht vom … Januar 2014 die streitgegenständliche Einrichtung ausdrücklich als „stationäre Einrichtung“

bezeichnet wird. Denn diese Einstufung erfolgte unter den Rubriken „I. Daten

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der Einrichtung“ und „II. Informationen zur Einrichtung“ und ist damit nicht Bestandteil des mit Anfechtungsklage angreifbaren feststellenden Teils des Prüfberichts (vgl. Mängelfeststellungen unter III. bis V. des Prüfberichts).

1.2 Unstrittig sind die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 (bauliche, organisatorische und wirtschaftliche Selbständigkeit der Wohngemeinschaft) und Nr. 5 (maximal zwölf pflege- oder betreuungsbedürftige Personen) PfleWoqG vorliegend erfüllt.

Gleiches gilt für Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 PfleWoqG, wonach die Bewohner oder deren gesetzliche Betreuungspersonen die Betreuungs- und Pflegedienste sowie Art und Umfang der Betreuungs- und Pflegeleistungen frei wählen können müssen. Zwar sieht § 7 der Gremiumsvereinbarung vor, dass die Beauftragung des Pflegedienstes per Mehrheitsbeschluss erfolgt, an den alle Mieter der Einrichtung gebunden sind. Dadurch wird aber die freie Wählbarkeit im Sinne des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 PfleWoqG nicht ausgeschlossen (vgl. LT-Drs.

15/10182, S. 20). Der freien Wählbarkeit steht auch keine unangemessene Kündigungsfrist entgegen, da diese laut Auskunft der Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vier Wochen beträgt und damit unter einem Monat liegt (vgl. LT-Drs. 15/10182, S. 20; Burmeister/Gaßner/Melzer/Müller, Bayer. Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, 2. Aufl. 2015, Art. 2 Anm. 48f.), und es ist auch nicht ersichtlich, dass die Kündigung des Pflegedienstvertrags automatisch zur Kündigung des Mietverhältnisses führt (vgl. LT-Drs. 15/10182, S.

20; Burmeister/Gaßner/Melzer/Müller, Bayer. Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, 2. Aufl. 2015, Art. 2 Anm. 50).

1.3 Wesentliches Kriterium für eine ambulant betreute Wohngemeinschaft, für die nach dem abgestuften System ordnungsrechtlicher Wirkmechanismen nur bestimmte Teile des PfleWoqG anwendbar sind, ist aber die Selbstbestimmung der Bewohnerinnen und Bewohner (Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 PfleWoqG), die hier nicht gewährleistet ist.

a) Für die Auslegung dieses Kriteriums ist der Schutzzweck der Regelung zu berücksichtigen. So liegt die Notwendigkeit eines ordnungsrechtlichen Schutzes in stationären Einrichtungen in dem Umstand, dass die betroffenen Bewohner möglicherweise in ihrer geistigen und körperlichen Beweglichkeit eingeschränkt sind und daher nicht die Fähigkeit haben, sich bei auftretenden Missständen selbst zu helfen (s. Burmeister/Gaßner/Melzer/Müller, Bayer. Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, 2. Aufl. 2015, Art. 2 Rn. 38ff.). Aufgrund dieser Notwendigkeit wird ein gewisses Maß an struktureller Fremdbestimmung in stationären Einrichtungen hingenommen. Sind die Bewohner jedoch zu einem selbstbestimmten Leben in der Lage, kann auf einen Teil der staatlichen Qualitätsüberprüfung der Wohnform verzichtet werden. Der Begriff der Selbstbestimmung beinhaltet eine aktive Selbstorganisation innerhalb der ambulant betreuten Wohngemeinschaft.

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b) Unzweifelhaft werden in der streitgegenständlichen Wohngemeinschaft überwiegend schwerstpflegebedürftige Menschen betreut, die zu Lebensäußerungen über die Fragen des gemeinsamen Haushalts nur sehr eingeschränkt oder gar nicht in der Lage sind. Das Gericht neigt anders als das Verwaltungsgericht Oldenburg (U.v. 21.5.2012 - 12 A 1136/11 - juris Rn. 31ff.) nicht dazu, schwerstpflegebedürftigen Patienten ein Selbstbestimmungsrecht im Sinne der Vorschrift abzusprechen. Sowohl die Gesetzesbegründung (LT-Drs.

15/10182) als auch die Kommentarliteratur (Burmeister/Gaßner/Melzer/Müller, Bayer. Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, 2. Aufl. 2015, Art. 2 Rn. 44) gehen davon aus, dass das Selbstbestimmungsrecht für solche Personen auch von Angehörigen oder Betreuern ausgeübt werden kann. Für diesen Personenkreis, der zu einer unmittelbaren Selbstbestimmung nicht in der Lage ist, sollen die gesetzlichen Vertreter dafür sorgen können, dass die Organisation der Wohngemeinschaft im Sinne des Betreuten durchgeführt wird. Kernstück der ambulant betreuten Wohngemeinschaft ist daher ein Gremium im Sinne des Art.

22 PfleWoqG, das die interne Qualitätssicherung gewährleistet und dessen Funktionieren dazu beitragen kann, die Qualitätskontrolle gegenüber den Pflege- und Betreuungsdiensten vorzunehmen, so dass die Aufsichtsfunktion des Staates nicht vollumfänglich gefordert ist. Zwar sieht Art. 22 PfleWoqG ein derartiges Gremium nur „in der Regel“ vor (vgl. a. LT-Drs. 15/10182, S. 19), es sind hier aber keine außergewöhnlichen Umstände ersichtlich, die ein Abweichen von dieser Regel rechtfertigen würden. Vielmehr ist die Einrichtung eines solchen Gremiums gerade dann essenziell, wenn - wie hier - mehrheitlich schwerstpflegebedürftige Patienten, die zu einer eigenen Lebensäußerung nicht in der Lage und daher in erhöhtem Maße von der Qualität des Pflegedienstes abhängig sind, betreut werden (vgl. VG München, U.v. 24.5.2012 - M 17 K 11.6021).

c) Im vorliegenden Fall besteht in der Einrichtung zwar ein Gremium, das gemäß

§ 4 Abs. 1 der Gremiumsvereinbarung „in regelmäßigen Abständen“ tagt.

Tatsächlich trafen sich die Mitglieder des Gremiums in den Jahren 2012, 2013 und 2014 aber nur zweimal im Jahr. Da das Eingreifen lediglich der Mindestqualitätssicherung des Dritten Teils des PfleWoqG nur dann gerechtfertigt ist, wenn durch ein Höchstmaß an Selbstbestimmung eine interne Qualitätssicherung gewährleistet ist (Burmeister/Gaßner/Melzer/Müller, Bayer.

Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, 2. Aufl. 2015, Art. 2 Anm. 43), muss das Gremium auch tatsächlich seiner Funktion als internes Qualitätssicherungsinstrument gerecht werden. Es sollen in diesem Gremium die Angelegenheiten des täglichen Lebens, d.h. insbesondere die strukturelle Gestaltung des Tagesablaufs, Fragen der Pflege, Betreuung und hauswirtschaftlichen Versorgung, sonstige in die Grundversorgung einzubindende Dienstleister und ehrenamtliche Helfer, neue Mitbewohner, die Ausgestaltung und Nutzung der Gemeinschaftsräume sowie die Klärung

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finanzieller Fragen, z.B. bei Anschaffungen, eigenverantwortlich geregelt werden (LT-Drs. 15/10182, S. 32; Burmeister/Gaßner/Melzer/Müller, Bayer. Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, 2. Aufl. 2015, Art. 2 Anm. 44f.). Um diese Fragen zeitnah klären zu können, hat sich ein Abstand von sechs Wochen bewährt (vgl. LT-Drs.

15/10182, S. 32; Burmeister/Gaßner/Melzer/Müller, Bayer. Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, 2. Aufl. 2015, Art. 22 Anm. 5).

Bei dem hier gegebenen Abstand von ca. einem halben Jahr können etwaige eilbedürftige Fragen dagegen nicht mehr zeitnah geklärt werden. Eine derartig seltene Zusammenkunft der Bewohner bzw. ihrer Angehörigen und Betreuer widerspricht dem Wesen einer Wohngemeinschaft und ist eher mit der vollkommen anders gelagerten Sach- und Interessenlage einer Wohnungseigentümergemeinschaft vergleichbar. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Bewohner bzw. ihre Vertreter in dem fraglichen Zeitraum auf andere Weise regelmäßig in Verbindung traten, um die Angelegenheiten des täglichen Lebens kurzfristig zu regeln. Ganz im Gegenteil haben die Angehörigen der Bewohner auf telefonische Anfrage der Beklagten hin im Wesentlichen geäußert, dass kein bzw. kaum Kontakt zu anderen Bewohnern oder Angehörigen bestehe (vgl. Bl. 319ff. BA).

d) Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 der Gremiumsvereinbarung eine außerplanmäßige kurzfristige Versammlung erfolgen kann. Denn zum einen besteht für einen derartigen Antrag oft eine gewisse Hemmschwelle und zum anderen muss mindestens die Hälfte der Interessengemeinschaft eine derartige außerordentliche Versammlung beantragen, so dass nicht sichergestellt ist, dass dringliche Probleme, die nur eine Minderheit der Bewohner betreffen, einer zeitnahen Lösung zugeführt werden können.

e) Schließlich spricht gegen die Gewährleistung der Selbstbestimmung durch das Gremium auch, dass laut der übermittelten Sitzungsniederschriften gerade Fragen der strukturellen Gestaltung des Tagesablaufs, der Pflege und der Betreuung nicht behandelt wurden.

1.4 Außerdem liegen auch die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 PfleWoqG nicht vor, wonach die Pflege- oder Betreuungsdienste nur einen Gaststatus, insbesondere keine Büroräume in der oder in enger räumlicher Verbindung mit der ambulant betreuten Wohngemeinschaft haben dürfen.

Denn dafür wäre erforderlich, dass das Hausrecht im Rahmen des Mieterstatus bei den Bewohnern bzw. ihren Angehörigen und Betreuern liegt. Hierfür ist wiederum Voraussetzung, dass sie einen Haus- oder Wohnungsschlüssel haben (vgl. LT-Drs. 15/10182, S. 20). Im vorliegenden Fall wurden diese Schlüssel aber erst in der Gremiumssitzung am 24. November 2014 vergeben. Bis dahin mussten die Angehörigen und Betreuer - wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen ausführte - am Hauseingang klingeln, um dann

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von Mitarbeitern des Pflegedienstes, die rund um die Uhr in der Einrichtung anwesend waren, eingelassen zu werden. Zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Prüfberichts am 16. Januar 2014 war daher das Hausrecht der Bewohner bzw.

Angehörigen/Betreuer nicht gegeben, der Pflegedienst hatte demnach auch nicht nur einen Gaststatus in der Einrichtung in der …

2. Auch die im Prüfbericht vom 16. Januar 2014 getroffenen Feststellungen sind nicht zu beanstanden.

2.1 Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass im Qualitätsbereich Verpflegung (Punkt III.1 des Prüfberichts) gegen Art. 3 Abs. 2 Nrn. 1, 2, 3, 4 und 6 PfleWoqG verstoßen wurde und dementsprechend ein Mangel vorliegt (vgl. Art. 12 PfleWoqG).

a) Gemäß Art. 3 Abs. 2 PfleWoqG haben der Träger und die Leitung einer stationären Einrichtung sicherzustellen, dass

1.die Würde sowie die Interessen und Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner vor Beeinträchtigungen geschützt werden,

2.die Selbstständigkeit, die Selbstbestimmung und die Selbstverantwortung der Bewohnerinnen und Bewohner gewahrt und gefördert werden,

3.die Leistungen nach dem jeweils allgemein anerkannten Stand fachlicher Erkenntnisse erbracht werden,

4.eine angemessene Qualität der pflegerischen Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner nach dem allgemein anerkannten Stand der pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse gesichert ist; hierzu gehört insbesondere, dass ausreichend fachlich geeignetes Personal eingesetzt wird, um unter Achtung der Menschenwürde eine nach Art und Umfang der Betreuungsbedürftigkeit angemessene individuelle Lebensgestaltung zu ermöglichen und bei Pflegebedürftigen eine humane und aktivierende Pflege zu gewährleisten, die erforderlichen Hilfen zu gewähren sowie freiheitseinschränkende Maßnahmen nur anzuwenden, wenn sie zum Schutz gegen eine dringende Gefahr für Leib und Leben unerlässlich sind,

5.die ärztliche und gesundheitliche Betreuung in der stationären Einrichtung selbst oder in angemessener anderer Weise gewährleistet wird, insbesondere die Arzneimittel ordnungsgemäß und bewohnerbezogen aufbewahrt und die in der Pflege und Betreuung tätigen Personen einmal im Jahr über den sachgerechten Umgang mit Arzneimitteln beraten werden, ein ausreichender und dem Konzept der stationären Einrichtung angepasster Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner vor Infektionen gewährleistet wird und von den Beschäftigten die für ihren Aufgabenbereich einschlägigen Anforderungen der Hygiene eingehalten werden,

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6.die hauswirtschaftliche Versorgung zur Verfügung gestellt oder vorgehalten sowie eine angemessene Qualität der sozialen Betreuung, des Wohnens und der Verpflegung gewährleistet werden,

7.die Mitwirkung und die Mitbestimmung der Bewohnerinnen und Bewohner gewährleistet werden,

8.der an der Person des Pflegebedürftigen orientierte Pflegeprozess umgesetzt und dessen Verlauf aufgezeichnet wird,

9.die Eingliederung und möglichst selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Leben der Gemeinschaft gefördert werden und das Konzept darauf ausgerichtet ist, insbesondere die sozialpädagogische Betreuung und heilpädagogische Förderung gewährleistet wird,

10.in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung für die Bewohnerinnen und Bewohner Förder- und Hilfepläne aufgestellt und deren Umsetzungen aufgezeichnet werden,

11.eine fachliche Konzeption verfolgt wird, die gewährleistet, dass die Vorgaben der Nrn. 1 bis 10 umgesetzt werden und diese fachliche Konzeption mit der baulichen Umsetzung übereinstimmt.

b) Im vorliegenden Fall hat ein Bewohner ausschließlich HIPP-Sondennahrung sowie HIPP-Fertigmenüs, d.h. industriell zubereitete Lebensmittel, erhalten.

Die Klägerseite behauptet zwar pauschal, dass sich aus dem Ernährungsplan ergebe, dass der Bewohner nicht nur mit HIPP-Nahrungsmitteln versorgt worden sei. Dies ist aber nicht nachvollziehbar, da in dem vom Arzt abgezeichneten Ernährungsplan (Bl. … BA) nur von „HIPP Highcal“ und

„Gläschen“ die Rede ist. Es ist daher davon auszugehen, dass lediglich Fertigprodukte ärztlich verordnet wurden. Dies wird auch durch die telefonische Auskunft der Schwester der Beklagten gegenüber (Bl. … BA) bestätigt.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Dokumentationsblatt

„Beikost“ (Bl. … BA), da es sich bei der dort als verabreicht aufgeführten Nahrung offensichtlich ebenfalls um HIPP-Kost handelt, wie zum Teil auch ausdrücklich angegeben ist. Dass diese Beikost frisch zubereitete Nahrung war, wird auch von der Klägerin nicht behauptet. Im Übrigen würde eine derartige Nahrungsverabreichung ohne - dokumentierte - Abstimmung mit dem behandelnden Arzt im Widerspruch zu der bereits erwähnten ärztlichen Anordnung stehen, so dass auch in diesem Fall ein Pflegemangel vorläge.

Aus der Dokumentation ist auch nicht ersichtlich, dass die Schwester als gesetzliche Vertreterin des Bewohners von der Klägerin über Alternativen in der Ernährung beraten bzw. ihr erläutert wurde, dass die Nahrungsgabe auf einer ärztlichen Anordnung beruht und sie sich bezüglich etwaiger Änderungswünsche

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an den Arzt wenden könne. Die Schwester hat vielmehr auf telefonische Anfrage der Beklagten mitgeteilt, dass keine Beratungsgespräche geführt worden seien (Bl. … BA).

Darüber hinaus wäre es aber nach Auffassung des Gerichts auch Aufgabe der Klägerin gewesen, selbst an den Arzt heranzutreten und eine Änderung der ärztlichen Anordnung dergestalt anzuregen, dass nicht nur Fertiggerichte verabreicht werden, sondern der Bewohner auch frisch passierte Kost erhält, die - soweit möglich - in Anwesenheit des Bewohners zubereitet wird. Dies wäre auch durchführbar gewesen, da in der Wohnung nicht nur eine Küche zur Verfügung stand, sondern der Bewohner laut Pflegedokumentation mundgerecht zubereitete Nahrung mit Hilfe aufnehmen bzw. er breiförmige Kost bei blockierter Kanüle essen und je nach Tagesform sogar selbständig essen konnte (vgl. Pflegeanamnese, Bl. … BA; Pflegeplanung, Bl. … BA). Dass derartige Versuche der Nahrungsänderung seitens der Klägerin unternommen wurden, ist aus der Dokumentation nicht ersichtlich. Auch hat die Klägerin lediglich pauschal behauptet, dass der Kläger aufgrund seines Krankheitsbildes in die Vorbereitung der Nahrung nicht einbezogen werden könne. Auch dies erschließt sich aber aus der Pflegedokumentation nicht.

c) Da somit nicht einmal versucht wurde, die Ernährung des Bewohners zumindest teilweise auf frisch zubereitete Kost umzustellen und ihm dabei eine olfaktorische Stimulation zukommen zu lassen, wurden seine Interessen und Bedürfnisse nicht ausreichend geschützt (Art. 3 Abs. 3 Nr. 1 PfleWoqG) und seine Selbständigkeit nicht gefördert (Art. 3 Abs. 2 Nr. 2 PfleWoqG). Außerdem entspricht die ausschließliche Gabe von industriell zubereiteter Kost nicht dem allgemein anerkannten Stand fachlicher Erkenntnisse (Art. 3 Abs. 2 Nrn. 3, 4 PfleWoqG) und vor allem wird keine angemessene Qualität der Verpflegung gewährleistet (Art. 3 Abs. 2 Nr. 6 PfleWoqG). Dies wird im Übrigen von der Klägerseite auch nicht substantiiert bestritten.

2.2 Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte festgestellt hat, dass in den Qualitätsbereichen Betreuung sowie Pflege und Dokumentation (Nrn. III.2 und III.3 des Prüfberichts) Mängel nach Art. 3 Abs. 2 Nrn. 1, 3, 4 und 6 PfleWoqG vorliegen.

a) Die Pflegedokumentation der Klägerin ist sowohl hinsichtlich der sozialen Betreuung als auch hinsichtlich der Mobilisation lückenhaft bzw. oberflächlich.

So sind auf dem Dokumentationsblatt „Pflegeplanung“ (Bl. … … BA) als Beschäftigungsmaßnahmen lediglich angegeben, „die Spielsachen regelmäßig reinigen und [dem Bewohner] in die Hand zu geben“ bzw. den Bewohner „mit seinem Ball und Ring spielen lassen“ sowie „Laufen über den Flur in Begleitung und Führung“ bzw. „Spaziergänge über den Flur“. Das aktive Anbieten von Beschäftigungsmöglichkeiten ist somit überhaupt nicht vorgesehen und außer

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dem Laufen sind auch - abgesehen von Ergo- und Physiotherapie - keine weiteren Mobilitätsmaßnahmen geplant. Ein derartiges Angebot wäre aber gerade hier besonders wichtig gewesen, da der Bewohner laut Pflegeplanung nicht in der Lage war, Beschäftigungswünsche zu äußern (vgl. Bl. … BA). Hinzu kommt, dass in der Pflegeplanung nicht festgeschrieben wird, wie oft und wie lange dem Bewohner das Laufen über den Flur ermöglicht werden soll.

Aus der Dokumentation ist ebenfalls nicht ersichtlich, dass z.B. versucht worden wäre, Mobilitätshilfen und Schutzmaßnahmen einzusetzen, um den Bewohner eine weitergehende Mobilität zu ermöglichen.

Die Dokumentation der Klägerin ist schließlich auch insoweit widersprüchlich, als laut Pflegeplanung zweimal pro Woche Physio- und Ergotherapie durchgeführt wird (Bl. …), dies aber dem Therapeutenplan nicht zu entnehmen ist. Laut diesem erhielt der Bewohner z.B. im Juli 2013 nur einmal und im August und September 2013 nur dreimal Ergotherapie sowie im November 2013 nur fünfmal Physiotherapie. Zudem sind diese Dokumentationsblätter nur sehr schwer nachzuvollziehen und zum Teil widersprüchlich. So ist z.B. nur schwer bzw. gar nicht erkennbar, ob der Bewohner im Oktober 2013 zwei- oder dreimal Ergotherapie und gar keine, zwei oder drei Physiotherapiesitzungen hatte.

b) Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der pauschalen Behauptung der Klägerseite, dass die Möglichkeiten der Betreuung und Mobilisation aufgrund der Grunderkrankung und der wechselnden Tagesverfassung eingeschränkt gewesen seien. Zum einen steht dazu ihre eigene (ebenfalls unsubstantiierte) Aussage im Widerspruch, dass der Bewohner täglich mehrmals mobilisiert worden sei. Zum anderen wurde nicht nur an den Prüfungstagen festgestellt, dass der Bewohner gut laufen konnte (vgl. Bl. … BA, vgl. a. Foto …), dies bzw. Weglauftendenzen und fehlende Immobilität sind z.B.

auch in der Pflegeplanung der Klägerin (Bl. … … im Patientenstammblatt (Bl. … BA), in der Pflegeanamnese (Bl. … BA) und in der Einstufung nach der Braden- Skala (Bl. … BA) vermerkt.

Entscheidend ist aber, dass weder eine tägliche Mobilisation bzw. eine regelmäßige Beschäftigungstherapie ausreichend dokumentiert wurden, noch, dass diese angeboten wurden, aber aufgrund der schlechten Verfassung des Bewohners nicht durchgeführt werden konnten. So wurde laut dem Dokumentationsblatt „Tageskurve“ am 20. November 2013 überhaupt keine Mobilisation durchgeführt (vgl. Bl. … BA) und an den anderen Tagen ist in der Regel weder angegeben, welche Art der Mobilisation durchgeführt wurde, noch, wie lange sie gedauert hat.

Auch Fallbesprechungen, fachliche Beratungen oder ein abgestimmtes Handeln können der Dokumentation nicht entnommen werden, vielmehr gab die Betreuerin des Bewohners an, dass eine Beratung nicht erfolgt sei (vgl. Bl. … BA).

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c) Die Pflicht zur Dokumentation der Pflegeplanung und deren Umsetzung (vgl.

Art. 3 Abs. 2 Nr. 8 PfleWoqG) soll entsprechend dem in Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 PfleWoqG niedergelegten Zweck des Gesetzes - die Interessen und Bedürfnisse der Heimbewohner vor Beeinträchtigungen zu schützen - vorrangig die gesundheitliche Betreuung der Bewohner sichern und beinhaltet unverzichtbare Anforderungen an ein entsprechendes Pflegemanagement. Die Pflegedokumentation geht in ihrer Bedeutung dabei weit über eine bloße Gedächtnisstütze der jeweils tätigen Pflegekraft hinaus. Insbesondere ermöglicht sie eine auf dem Stand aktueller pflegerischer und medizinischer Erkenntnisse erfolgende und den Bedürfnissen des Heimbewohners adäquate, strukturierte, zielführende und effektive Pflege und dient unter materiellen Gesichtspunkten der internen Überprüfbarkeit, Erfolgskontrolle und Qualitätssicherung sowie dem effizienten und wirtschaftlichen Einsatz der zur Verfügung stehenden sächlichen und personellen Ressourcen und damit der Aufrechterhaltung eines u.a. an den heimrechtlichen Anforderungen ausgerichteten Pflegebetriebs. Sie stellt gerade auch in komplexen Pflegesituationen die Informationssicherung und den verlustfreien strukturierten Informationsfluss und -austausch zwischen den (Schicht-) Mitarbeitern im Pflegeheim und außenstehenden Dritten, etwa Ärzten oder anderen Pflegekräften, bei der Pflegeüberleitung sicher, um die notwendige Koordination und Kontinuität der Pflegeplanung und der einzelnen Pflegemaßnahmen zu gewährleisten.

Durch eine ordnungsgemäße Pflegedokumentation wird somit dem Verlust von pflegerelevanten Informationen, einer diskontinuierlichen Leistungserbringung und dem Verkennen potentieller Risiken, der Entstehung von Pflegefehlern und von Sekundärerkrankungen, einer passivierenden Pflege und der Aushöhlung des Informations- und Selbstbestimmungsrechtes der Heimbewohner entgegengewirkt. Die Pflicht zur Dokumentation führt zudem dazu, dass sich der Handelnde in besonderem Maße der Richtigkeit seines Handelns vergewissert.

Eine den gesetzlichen Anforderungen gerecht werdende Pflegeplanung liegt danach nur vor, wenn über die Erfassung der jeweils erforderlichen Stammdaten hinaus für jeden einzelnen pflegebedürftigen Heimbewohner eine konkrete, auf die vorhandenen individuellen Ressourcen abgestimmte und die Selbstverantwortlichkeit der Heimbewohner wahrende/aktivierende (Art. 1 Abs.

1 Nr. 2, Art. 3 Abs. 2 Nrn. 2, 4 PfleWoqG) Pflegeplanung i.S. einer dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse (Art. 3 Abs. 2 Nr. 3 PfleWoqG) entsprechenden Ziel- und (engmaschigen) Maßnahmenplanung bis hin zur Bestimmung der einzusetzenden Pflegehilfsmittel erstellt ist, diese Pflegeplanung umgesetzt und entsprechend den erzielten Pflegeergebnissen fortgeschrieben wird. Die wesentlichen Schritte des Pflegeverfahrens (Pflegeprozess als Pflegeregelkreis) - wie die Erhebung der Stammdaten auf einem Stammblatt, die Pflegeanamnese/Informationssammlung (einschließlich

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der Bedürfnisse, Möglichkeiten und Fähigkeiten der Heimbewohner, sowie etwa die Ermittlung des Dekubitusrisikos und des Sturzrisikos), die Pflegeplanung (Pflegeziel/e, Pflegemaßnahmen: z.B. Bewegungs- bzw. Lagerungsplan, Trink-/

Bilanzierungsplan, Ernährungsplan, verordnete medizinische Behandlungspflege, Medikamentengabe), die einzelnen durchgeführten Pflegeleistungen einschließlich des Einsatzes von Pflegehilfsmitteln (Leistungsnachweise), der tatsächliche Verlauf der Pflege (einschl. des Gewichtsverlaufs; auch Pflegeprobleme, Bewegungs-/Lagerungsprotokoll, Trinkprotokoll, Ernährungsprotokoll, Vitalwerteprotokoll, Wunddokumentation, Nachweis von durchgeführten freiheitsbeschränkenden Maßnahmen, z.B.

Fixierung), das Verhalten der gepflegten Heimbewohner, die Evaluation der Pflegeergebnisse (Pflegebericht) und die Aktualisierung der Pflege - müssen insoweit schriftlich in geeigneter, leicht nachvollziehbarer Form dokumentiert werden. Aus den Unterlagen der Pflegedokumentation muss dabei jederzeit der aktuelle Verlauf und Stand des Pflegeprozesses in all seinen Schritten ablesbar sein (OVG NRW, B.v. 17.2.2011 - 12 A 241/10 - juris Rn. 42ff.).

d) Basierend auf der Dokumentation der Klägerin, die diese Voraussetzungen gerade nicht erfüllt, ist die Beklagte zu Recht von einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 Nrn. 1, 2, 3, 4 und 6 PfleWoqG ausgegangen: Das Durchführen nur rudimentärer Beschäftigungs- und Mobilisierungsmaßnahmen entspricht nicht der Würde sowie den Interessen und Bedürfnissen des Bewohners und fördert auch nicht dessen Selbständigkeit. Eine derartige Vorgehensweise stellt auch keine angemessene Qualität der Betreuung dar und entspricht nicht dem allgemein anerkannten Stand der pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse, der insbesondere eine aktivierende Pflege verlangt. Dies bedeutet, dass die Versorgung darauf auszurichten ist, vorhandene Fähigkeiten zu erhalten bzw.

aufzubauen. Nur auf diese Weise können eine erhöhte Mobilität und weniger Stürze sichergestellt werden (vgl. Burmeister/Gaßner/Melzer/Müller, Bayer.

Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, 2. Aufl. 2015, Art. 3 Rn. 19). Dieser zutreffenden Einschätzung durch die Beklagte ist die Klägerseite auch nicht substantiiert entgegengetreten.

2.3 Schließlich sind auch die angeführten erheblichen Mängel (Nr. V. des Prüfberichts, Qualitätsbereich: Freiheit entziehende Maßnahmen) zu Recht festgestellt worden.

a) Es ist zutreffend, dass der Bewohner regelmäßig über 24 Stunden täglich mechanisch fixiert wurde (vgl. Tageskurven, Bl. … BA).

b) Die Anwendung der freiheitsentziehenden Maßnahmen erfolgte zumindest am 4. Juli 2013 auch mit der Begründung „Weglauftendenz“ bzw. „Schutz liegender Sonden/Katheter“ (vgl. Dokumentationsblatt Freiheitsentziehende Maßnahmen, Bl. … BA), so dass diese zumindest teilweise nicht vom Beschluss des Amtsgerichts München vom 30. Oktober 2013 (Bl. … BA) gedeckt sind:

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Freiheitsentziehende Maßnahmen, die ohne die Einwilligung des Betroffenen vorgenommen werden, erfüllen den Tatbestand der Freiheitsberaubung gemäß

§ 239 StGB (Fischer, Strafgesetzbuch, 60. Aufl. 2013, § 239 Rn. 3) und stellen einen Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 2 GG geschützte Recht auf körperliche Bewegungsfreiheit dar (Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 11. Aufl. 2011, Art. 2 Rn. 114, 116). Sie sind nur dann gerechtfertigt, wenn sie gerichtlich genehmigt sind oder ein Notstand, das heißt insbesondere eine Selbstgefährdung, vorliegt (Fischer, Strafgesetzbuch, 60. Aufl. 2013, § 239 Rn. 12, AG Idstein, U.v. 14.2.2012 - 9 Ds 5650 Js 16593/11 - juris Rn. 5-7). Denn die Freiheit der Person ist so ein hohes Rechtsgut, dass sie nur aus besonders gewichtigem Grund angetastet werden darf (BVerfG, B.v. 23.3.1998 - 2 BvR 2270/96 - juris Rn. 14f.). Für Personen, die unter Betreuung stehen, sind diese Voraussetzungen für die Anwendung freiheitsentziehender Maßnahmen explizit in § 1906 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 und 2 BGB geregelt.

Keine der Fallgruppen, die die Anwendung freiheitsentziehender Maßnahmen rechtfertigen würde, ist hier ersichtlich. Denn das Amtsgericht München begründet die mit o.g. Beschluss erteilte Genehmigung der Freiheitsentziehung nur damit, dass Verletzungen durch Sturz oder unkontrollierte Bewegungen

verhindert werden sollen. Die Anwendung von

Freiheitsentziehungsmaßnahmen, um das Weglaufen des Bewohners zu vermeiden, wird von diesem Beschluss damit nicht umfasst, so dass in ungerechtfertigter Weise in das Recht des Bewohners auf körperliche Bewegungsfreiheit (Art. 2 Abs. 2 GG) eingegriffen wurde.

Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass aufgrund der Weglauftendenz des Bewohners eine Sturzgefahr besteht. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Bewohner, wenn er wegläuft, irgendwann stürzen könnte. Diese Fallkonstellation ist jedoch nicht zwingend, so dass die Begründungen „Weglauftendenz“ und „Sturzgefahr“ nicht identisch bzw.

deckungsgleich sind. Im Hinblick auf die große Bedeutung der Bewegungsfreiheit der Bewohner sind gerichtliche Anordnungen aber grundsätzlich restriktiv auszulegen.

c) Auch wurden vor der Anwendung der freiheitsentziehenden Maßnahmen keine Alternativmaßnahmen geprüft.

Die korrekte Handhabung freiheitsentziehender Maßnahmen gehört, zumal Grundfreiheiten der Bewohner (vgl. Art. 2 Abs. 2 GG) tangiert werden, zu den wesentlichen Qualitätsanforderungen nach Art. 3 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 PfleWoqG, wonach die Würde sowie die Interessen und Bedürfnisse der Bewohner vor Beeinträchtigungen zu schützen sind und die Selbstbestimmung und Selbstverantwortung von Bewohnern gewahrt und gefördert werden sollen.

Zudem ist nach Art. 3 Abs. 2 Nr. 4 PfleWoqG eine angemessene Qualität der

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pflegerischen Versorgung der Bewohner nach dem allgemein anerkannten Stand der pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse zu sichern, wozu insbesondere gehört, dass freiheitseinschränkende Maßnahmen nur anzuwenden sind, wenn sie zum Schutz gegen eine dringende Gefahr für Leib und Leben unerlässlich sind. Die Hürden für die Einschränkung dieser zentralen Rechte werden sehr hoch angesetzt (s. Burmeister/Gaßner/Melzer/Müller, Bayerisches Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, 2. Aufl. 2015, Art. 3 Rn. 7, 20ff.). Die Anwendung von freiheitsentziehenden Maßnahmen muss daher immer auf etwaige Alternativen hin überprüft werden. Im Mittelpunkt hat dabei die betroffene Person mit ihren Wünschen und Bedürfnissen sowie ihrer individuellen Lebensgeschichte zu stehen. Freiheitsentziehende Maßnahmen können nur dann zur Anwendung gelangen, wenn alle am Betreuungs- und Versorgungsprozess Beteiligten (Pflege und Betreuung, Medizin, Angehörige und gegebenenfalls Betreuer) zu dem Ergebnis gelangen, dass diese nicht zu vermeiden sind. Die Entscheidung über freiheitsentziehende Maßnahmen sind nach einer gewissenhaften Abwägung der Freiheitsrechte mit den Fürsorgepflichten unter Beachtung der Würde des Menschen und seiner Selbstbestimmung anzuwenden und stellen immer das letzte Mittel der Wahl dar (s. Burmeister/Gaßner/Melzer/Müller, Bayerisches Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, 2. Aufl. 2015, Art. 3 Rn. 24).

Auch das Amtsgericht München hat in seinem Beschluss vom 30. Oktober 2013 (Bl. 389 BA) explizit festgelegt, dass der Durchführende sich vor und während der Maßnahme jeweils von der Unbedenklichkeit überzeugen muss und sich die Beschränkung immer nur auf das unbedingt erforderliche Maß erstrecken darf.

Eine derartige Alternativenprüfung ist aber aus der Dokumentation der Klägerin nicht ersichtlich (vgl. Bl. 393ff. BA). Wie die Beklagte ausführt, wäre hier etwa an den Einsatz von Hilfsmitteln, wie einen Gehwagen oder einen Kippschutz beim Rollstuhl, sowie an Schutzmaßnahmen, wie einen Schutzhelm, zu denken gewesen. Dem ist die Klägerseite auch nicht substantiiert entgegengetreten.

Zu berücksichtigen ist zudem, dass der Bewohner an einigen Tagen laut Pflegedokumentation „ruhig und entspannt“ bzw. „schläfrig“ war (vgl. Bl. … … BA), so dass sich eine Überprüfung, ob auf freiheitsentziehenden Maßnahmen in dieser Zeit ganz verzichtet werden kann, aufgedrängt hätte. Zumindest hätte die dennoch bejahte Erforderlichkeit der Maßnahmen in der Dokumentation begründet werden müssen.

d) Die Dokumentation der Klägerin ist auch im Hinblick auf die Art und den zeitlichen Umfang der angewandten Maßnahmen lückenhaft bzw. ungenau (vgl.

Art. 3 Abs. 2 Nr. 8 PfleWoqG), so dass auch aus diesem Grund von einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 Nrn. 1, 2, 3 und 4 PfleWoqG ausgegangen werden muss:

So ist auf dem Dokumentationsblatt „Selbstschützende und freiheitsentziehende Maßnahmen“ (Bl. … BA) nur erkennbar, dass am 4. Juli 2013 dreimal

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entsprechende Maßnahmen angewandt wurden, nicht jedoch deren Uhrzeit bzw. Dauer. Auf den Tageskurven (Bl. … BA) fehlen regelmäßig die Angaben zur Art der freiheitsentziehenden Maßnahmen oder deren Grund, für den 21.

November 2013 ist sogar beides nicht eingetragen. Außerdem ist in diesen Dokumentationsblättern die Anwendung freiheitsentziehender Maßnahmen meist für den gesamten Tag angegeben, obwohl andererseits zum Teil mehrfache Mobilisationen, darunter auch „Laufen“ (vgl. Bl. 401, … BA), dokumentiert sind. Wie eine derartige Mobilisation trotz freiheitsentziehender Maßnahmen durchgeführt werden kann bzw. wie lange diese Maßnahmen aufgehoben wurden, um den Bewohner mobilisieren zu können, erschließt sich aus der Dokumentation nicht.

Die für oder gegen eine freiheitsbeschränkende Maßnahme getroffene Entscheidung ist aber nach Art, Zeitpunkt bzw. Dauer einschließlich der Begründung lückenlos und transparent darzulegen. Nur so kann sich der Handelnde der Richtigkeit seiner Aktionen vergewissern und nur so können die Entwicklungen der Bewohner deutlich gemacht werden, so dass die Heimaufsicht den sorgsamen Umgang mit den Bewohnern überprüfen kann.

Auch in dem Beschluss des Amtsgerichts München vom 31. Oktober 2013 (Bl. … BA) ist ausdrücklich geregelt, dass eine schriftliche Aufzeichnung über Art und Dauer der Maßnahmen zu erstellen ist.

Die oben dargelegte Lückenhaftigkeit der Dokumentation lässt hier gravierende Mängel erkennen (vgl. a. OVG NRW, B.v. 17.2.2011 - 12 A 241/10 - juris Rn. 109).

e) Bei den damit gegebenen Verstößen gegen Art. 3 Abs. 2 Nrn. 1, 2, 3, 4 (und 8) PfleWoqG handelt es sich auch um erhebliche Mängel. Zur Konkretisierung des Begriffs des erheblichen Mangels kann auf die Bestimmungen des Art. 12 Abs. 4 Satz 4 und Art. 13 Abs. 3 Satz 3 PfleWoqG zurückgegriffen werden, so dass im Falle einer (konkreten oder abstrakten) Gefahr für Leben, Gesundheit oder - wie hier - Freiheit stets von einem erheblichen Mangel ausgegangen werden muss (vgl. Burmeister/Gaßner/Melzer/Müller, Bayer. Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, 2. Aufl. 2015, Art. 13 Rn. 7f.). Zudem besteht aufgrund der Fixierung mittels Bauchgurt in einem Sessel auch eine Verletzungsgefahr für den Bewohner, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen erläutert hat.

II.

Der Kostenbescheid vom 14. Januar 2014 ist ebenfalls rechtmäßig:

Da es sich bei der streitgegenständlichen Einrichtung nicht um eine ambulant betreute Wohngemeinschaft im Sinne von Art. 2 Abs. 3 Satz 3 PfleWoqG handelt (s.o. I.), die Beklagte diese somit zu Recht einer Prüfung gemäß Art. 11 PfleWoqG unterzogen hat, bei der dann Mängel festgestellt wurden, konnte sie hierfür von der Klägerin auch Kosten, d.h. Gebühren und Auslagen, verlangen (vgl. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 10 KG). Hinsichtlich der Höhe der Kosten wurden weder

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von der Klägerseite Bedenken geäußert noch sind solche sonst ersichtlich (vgl.

Art. 6 KG i.V.m. lfd. Nr. 7.VI.4, Tarifstelle 1.6.1. i.V.m. 1.1 des Kostenverzeichnisses).

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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