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FG München 12 K 715/17 vom Tilgungswille bei gesamtschuldnerischer Steuerschuld REWIS: open. smart. legal. Datenbank für Rechtsprechung Ang

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FG München

12 K 715/17

vom 29.01.2019

Tilgungswille bei gesamtschuldnerischer Steuerschuld

REWIS: open. smart. legal.

Datenbank für Rechtsprechung Angaben ohne Gewähr

URL: https://rewis.io/s/u/3kw/

FG München None

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12 K 715/17 vom 29.01.2019

Urteil | FG München

Leitsatz

1.

Ist bei der Zahlung eines Gesamtschuldners kein abweichender Tilgungswille erkennbar, ist in der Regel anzunehmen, dass der Gesamtschuldner nur seine eigene Steuerschuld tilgen wollte

2.

Etwas anderes gilt bei der Zahlung eines Ehegatten auf die Gesamtschuld der Ehepartner.

Solange die Ehe besteht und die Eheleute nicht dauernd getrennt leben, ist hier aufgrund der zwischen Ehepartnern bestehenden Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft im Allgemeinen davon auszugehen, dass derjenige Ehegatte, der auf die gemeinsame ESt- Steuerschuld zahlt, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen mit ihm zusammen veranlagten Ehegatten begleichen will.

3.

Allerdings kommt eine Erstattung von ESt-Vorauszahlungen bei fehlender Tilgungsbestimmung im Regelfall nur hinsichtlich desjenigen Betrags in Betracht, um den die Vorauszahlungen die Summe der für beide Ehegatten festgesetzten Einkommensteuer übersteigen. Dies gilt sowohl im Fall der Zusammenveranlagung als auch bei Wahl der Einzelveranlagung (bzw. getrennten Veranlagung) und folgt aus dem Sicherungszweck der Vorauszahlungen.

4.

Stammen Zahlungen – nach dem Bekanntwerden des Getrenntlebens – von einem Bankkonto, das zum Zeitpunkt der Überweisung den Eheleuten gemeinsam zuzurechnen waren, sind Zahlende die beiden Eheleute jeweils zur Hälfte.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

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2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet; ihr werden auch keine Kosten auferlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

Streitig ist die Anrechnung von Einkommensteuervorauszahlungen.

I.

Der Kläger und die Beigeladene sind seit […] 2015 geschieden. Seit […] Juli 2012 leben sie getrennt. Das Getrenntleben wurde dem Finanzamt Landshut (Wohnsitzfinanzamt) am 20. August 2013 bekannt.

Für den Kläger und die Beigeladene waren unter der Steuernummer [… / 276 /

…] vom Wohnsitzfinanzamt für das Jahr 2013 gemeinsame Vorauszahlungen für jedes Vierteljahr zur Einkommensteuer von 2.370,00 € und zum Solidaritätszuschlag von 118,22 € festgesetzt (Bescheid vom 16. November 2012 für 2010, mit dem beide zur Einkommensteuer 2010 zusammen veranlagt wurden; […]). Die Vorauszahlungen für die vier Quartale von insgesamt 9.480,00

€ und 472,88 € wurden geleistet und am 6. März, 14. Juni, 10. September und 9.

Dezember 2013 […] dem Konto des Wohnsitzfinanzamts gutgeschrieben. Die Zahlungen erfolgten als Überweisungen von Konten bei der […] (R-Bank) und zwar für das 1. Vierteljahr von dem Konto Nr. […] (20123…), für das 2. Vierteljahr von dem Konto Nr. […] (10123…), für das 3. Vierteljahr vor dem Konto Nr. […]

(00123…) und für das 4. Vierteljahr von dem Konto Nr. 20123… […]. Diese drei Girokonten wurden von der R-Bank als Gemeinschaftskonten des Klägers und der Beigeladenen in Form von sog. Oder-Konten geführt.

Für den Kläger und die Beigeladene wurden für das Jahr 2013 vom Wohnsitzfinanzamt Einzelveranlagungen zur Einkommensteuer durchgeführt.

Mit Bescheid für 2013 vom 21. Januar 2016 wurde gegenüber dem Kläger die Einkommensteuer auf 26.893,00 € und der Solidaritätszuschlag auf 1.378,24 € festgesetzt. Angerechnet wurde der Steuerabzug vom Lohn in Höhe von 14.944,00 € auf Einkommensteuer und von 655,67 € auf Solidaritätszuschlag.

Außerdem erfolgte die Anrechnung von geleisteten Vorauszahlungen in Höhe von 7.110,00 € auf die Einkommensteuer und von 354,66 € auf den Solidaritätszuschlag […]. Das Wohnsitzfinanzamt war der Auffassung, dass die Vorauszahlungen für 2013 auf die Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag für das 1. und das 2. Vierteljahr in vollem Umfang dem Kläger zuzuordnen seien (4.740,00 € und 236,44 €). Denn nach der Probeberechnung für das Jahr 2013 habe sich lediglich für den Kläger eine Steuernachforderung ergeben. Die Vorauszahlungen für das 3. und das 4.

Vierteljahr seien von Gemeinschaftskonten nach Bekanntwerden des Getrenntlebens überwiesen worden und deshalb dem Kläger und der Beigeladenen jeweils zur Hälfte (2.370,00 € und 118,22 €) zuzurechnen […].

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Gegenüber der Beigeladenen wurde mit Bescheid für 2013 vom 8. April 2015 die Einkommensteuer auf 3.150,00 € und der Solidaritätszuschlag auf 0 € festgesetzt und es wurde der Steuerabzug vom Lohn in Höhe von 3.230,00 € und 44,71 € angerechnet. Mit Bescheid vom 10. November 2015 änderte das Wohnsitzfinanzamt gegenüber der Beigeladenen die Abrechnung und brachte zusätzlich Vorauszahlungen zur Einkommensteuer von 2.370,00 € und zum Solidaritätszuschlag von 118,22 € in Anrechnung […]; das Wohnsitzfinanzamt rechnete ihr die Hälfte der geleisteten Vorauszahlungen für das 3. und 4.

Vierteljahr 2013 zu.

Mit seinem Einspruch vom 16. Februar 2016 wendete sich der Kläger dagegen, dass ihm von den geleisteten Vorauszahlungen für 2013 nur ein Betrag von 7.110,00 € auf Einkommensteuer und 354,66 € auf Solidaritätszuschlag angerechnet wurde. Das Girokonto 00123…, von dem aus die Vorauszahlungen überwiesen worden seien, sei allein von ihm eingerichtet worden. Dies ergebe sich aus dem Kontoeröffnungsvertrag vom 2. Juli 2004. Ebenso sei das weitere Kto. 20123… allein ihm zuzurechnen gewesen. Nur das Kto. 10123… sei ein Familienkonto gewesen, auf das die Beigeladene Zugriff gehabt habe […]. Die Beigeladene trug vor, dass das Konto 00123… bei der R-Bank im Jahr 2013 ein Gemeinschaftskonto gewesen und erst nach der Scheidung am 24. April 2015 in ein Einzelkonto des Klägers umgewandelt worden sei; dies ergebe sich aus dem Auftrag zur Kontoumschreibung […].

Mit Änderungsbescheid vom 14. Juli 2016 wurde gegenüber dem Kläger die Einkommensteuer 2013 auf 26.158,00 € und der Solidaritätszuschlag auf 1.370,25 € herabgesetzt und es wurden neben dem Steuerabzug vom Lohn nun geleistete Zahlungen über Beträge von 8.844,00 € auf die Einkommensteuer und 543,36 € auf den Solidaritätszuschlag angerechnet; der Kläger hatte zwischenzeitlich am 2. März 2016 auf die verlangte Abschlusszahlung zur Einkommensteuer 2013 Zahlungen über 1.734,00 € und 188,70 € geleistet […].

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Auf Antrag des Klägers erließ der Beklagte - das Finanzamt [… F-Stadt] - als die für das Wohnsitzfinanzamt zuständige Finanzkasse am 11. August 2016 einen Abrechnungsbescheid zur Einkommensteuer 2013. Der Beklagte war der Auffassung, dass auf die Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag des Klägers neben den Steuerabzugsbeträgen vom Lohn Vorauszahlungen für das 1.

und 2. Vierteljahr 2013 zur Einkommensteuer von 4.740,00 € und zum Solidaritätszuschlag von 236,44 € und Vorauszahlungen für das 3. und 4.

Vierteljahr 2013 zur Einkommensteuer von 2.370,00 € und zum Solidaritätszuschlag von 118,22 € anzurechnen seien. Außerdem seien vom Kläger Tilgungsleistungen auf seine Nachzahlungen zur Einkommensteuer von 1.734,00 € und zum Solidaritätszuschlag von 188,70 € erbracht. Demgemäß ergebe sich eine rückständige Steuer mit Stand zum 10. August 2016 von 2.370,00 € Einkommensteuer und 118,22 € Solidaritätszuschlag (wegen der Einzelheiten wird auf den Abrechnungsbescheid verwiesen, […]).

Mit seinem gegen den Abrechnungsbescheid gerichteten Einspruch begehrte der Kläger, dass die geleisteten Vorauszahlungen in voller Höhe nur bei ihm angerechnet werden.

Die R-Bank teilte dem Beklagten auf ein Auskunftsersuchen am 14. Oktober 2016 mit, dass zum Zeitpunkt der Überweisungen der Vorauszahlungen für das 3. und 4. Vierteljahr 2013 die Konten 00123… und 20123… auf den gemeinsamen Namen des Klägers und der Beigeladenen lauteten […].

Mit Bescheid vom 6. Dezember 2016 hat der Beklagte die ehemalige Ehefrau des Klägers zum Einspruchsverfahren hinzugezogen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 21. Februar 2017 wies der Beklagte den Einspruch gegen den Abrechnungsbescheid als unbegründet zurück.

Dagegen richtet sich die Klage. Der Kläger begehrt, dass die geleisteten Vorauszahlungen (über 9.480,00 € und 472,88 €) bei ihm in voller Höhe angerechnet werden und der Abrechnungsbescheid insoweit geändert wird. Die nur teilweise Anrechnung von Vorauszahlungen bei ihm (über 7.110,00 € und 354,66 €) sei fehlerhaft. Dies begründet der Kläger unter Verweis auf das Berechnungsschema für einen Fall des sogenannten Nachzahlungsüberhanges nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 14.

Januar 2015 (IV A 3 - S 0160/11/10001, BStBl I 2015, 83 = AO-Handbuch 2018 Anhang 46, Tz. 3.6.2). Er und die Beigeladene hätten die gegen sie gemeinsam festgesetzten Vorauszahlungen für alle vier Vierteljahre ohne individuelle Tilgungsbestimmung entrichtet. Demgemäß seien von der gegenüber ihm in der Einzelveranlagung festgesetzten Einkommensteuer von 26.158,00 € (Bescheid vom 14. Juli 2016) die anzurechnende Lohnsteuer von 14.944,00 € und die anzurechnenden Einkommensteuervorauszahlungen von 9.480,00 € in Abzug zu bringen und es verbleibe eine Abschlusszahlung von 1.734,00 €. Diese

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verbleibende Abschlusszahlung habe er, wie sich aus der Abrechnung im Bescheid vom 14. Juli 2016 ergebe, zwischenzeitlich freiwillig geleistet (7.110,00 + 1.734,00 = 8.844,00). Nach diesen Grundsätzen sei auch die Abrechnung über den Solidaritätszuschlag unzutreffend. Im Übrigen hätten er und die Beigeladene in der Scheidungsvereinbarung vom 6. März 2015 eindeutig vereinbart, dass im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung aufgrund der bereits seit 2012 durchgeführten Einzelveranlagungen keine Vereinbarung mehr erforderlich sei. Mit dieser Vereinbarung könne nur gemeint sein, dass jede der Parteien davon ausgehe, dass sie ausschließlich für ihre eigenen, auf sie entfallenden und von ihr verursachten Steuerbelastungen hafte. Auch vor diesem Hintergrund sei die vom Beklagten vorgenommene Aufteilung der geleisteten Vorauszahlungen unzutreffend.

Mit Beschluss vom 31. August 2017 hat der Berichterstatter auf Antrag des Beklagten die ehemalige Ehefrau des Klägers zum Verfahren beigeladen.

Der Kläger weist ergänzend darauf hin, dass die Beigeladene zwischenzeitlich wegen der Anrechnung der Vorauszahlungen an ihn 1.244,00 € bezahlt hat. Im Übrigen sei dem Finanzamt die Trennung bereits im Juli 2013 bekannt gewesen.

Denn die Beigeladene habe im Juli 2013 einen Wechsel ihrer Lohnsteuerklasse von V auf I veranlasst. Der entsprechende Wechsel der Lohnsteuerklassen sei dann auch am 20. August 2013 bei ihm vorgenommen worden. Damit sei jede der Vorauszahlungen für 2013 nur auf ihn anzurechnen.

Der Kläger beantragt,

den Abrechnungsbescheid vom 11. August 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Februar 2017 dahin abzuändern, dass sämtliche Vorauszahlungen zur Einkommensteuer in Höhe von 9.480,00 € und zum Solidaritätszuschlag in Höhe von 472,88

€ bei ihm angerechnet werden.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte begründet seinen Antrag durch die Verweisung auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass sich eine andere rechtliche Beurteilung auch nicht aus der Scheidungsvereinbarung zwischen dem Kläger und der Beigeladenen vom 6. März 2015 ergebe. Die Scheidungsvereinbarung sei eine rein privatrechtliche Regelung. Die Überlegung, dass aus der Scheidungsvereinbarung abzuleiten sei, dass die Zahlungen für das 3. und 4. Vierteljahr 2013 mit einer Tilgungsbestimmung zu Gunsten des Klägers geleistet worden seien, sei unzutreffend. Der Vertrag enthalte keine Aussagen zur Zurechnung von Einkommensteuervorauszahlungen für 2013. Im Übrigen

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wäre diese Vereinbarung eine nachträgliche Tilgungsbestimmung und eine solche sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) unbeachtlich.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten - insbesondere zur tatsächlichen Nutzung der Girokonten bei der R-Bank - wird auf die ausgetauschten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift verwiesen.

II.

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger ist durch den angefochtenen Abrechnungsbescheid im Sinne des § 218 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) nicht in seinen Rechten verletzt. Der Beklagte hat zu Recht entschieden, dass dem Kläger von den geleisteten Vorauszahlungen nur Beträge in Höhe von 7.110,00 € Einkommensteuer und 354,66 € Solidaritätszuschlag zuzurechnen sind. Der Kläger hat demgemäß keinen Anspruch auf Erstattung der der Beigeladenen zugerechneten Beträge aus Vorauszahlungen von 2.370,00 € zur Einkommensteuer 2013 nebst 118,22 € zum Solidaritätszuschlag 2013.

1. Zu Recht hat der Beklagte den Abrechnungsbescheid und die Einspruchsentscheidung erlassen, denn der Beklagte ist für das Wohnsitzfinanzamt seit dem 1. August 2015 die sachlich und örtlich zuständige Finanzkasse i.S. des § 17 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Satz 4 Finanzverwaltungsgesetz (FVG). Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Verordnung über Organisation und Zuständigkeiten in der Bayerischen Steuerverwaltung vom 1. Dezember 2005 in der für den Streitfall gültigen Fassung (Steuer-Zuständigkeitsverordnung - BayZustVSt; juris Abkürzung: StVwOrgZustVBY) i.V.m. Anlage 3 Nr. […] ist dem Beklagten die Zuständigkeit in Sachen Erhebung für den Bezirk des Wohnsitzfinanzamts übertragen (Anlage 3 zur BayZustVSt […], zuletzt geändert mit BayZustÄndVSt vom 15. Dezember 2017, BStBl I 2018, 248).

2. Im Streitfall ergibt sich die Verpflichtung zur Abschlusszahlung des Klägers nach § 36 Abs. 4 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) als das Ergebnis eines Überschusses zuungunsten des Klägers nach Anrechnung der entrichteten Einkommensteuervorauszahlungen und Steuerabzugsbeträge auf die festgesetzte Einkommensteuer. Für die Beigeladene ergibt sich eine Erstattungsberechtigung nach § 36 Abs. 4 Satz 2 EStG.

a) Zu Recht ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass im Streitfall ein sogenannter Fall mit Nachzahlungsüberhang (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2015, 83, Tz. 3.6.2) vorliegt. Denn den Einkommensteuerfestsetzungen aus den Einzelveranlagungen gegenüber dem Kläger mit 26.158,00 € und der

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Beigeladenen mit 3.150,00 € (Summe: 29.308,00 €) stehen nur Anrechnungsbeträge über Lohnsteuerabzug von 14.944,00 € (für den Kläger) und 3.230,00 € (für die Beigeladene) sowie Einkommensteuervorauszahlungen von insgesamt 9.480,00 € (Summe: 27.654,00 €) gegenüber. Entsprechendes gilt für den Solidaritätszuschlag mit 1.317,25 € (Kläger) und 0 € (Beigeladene) und Anrechnungsbeträgen über 655,67 € und 44,71 € bzw. Vorauszahlungen von 472,88 € (Summen: 1.317,25 € bzw. 1.174,26 €).

b) Hinsichtlich der einbehaltenen Steuerabzugsbeträge zur Lohnsteuer und zum Solidaritätszuschlag ist nach der ständigen BFH-Rechtsprechung derjenige Beteiligte erstattungsberechtigt, von dessen Arbeitslohn die Abzugssteuer einbehalten wurde (BFH-Urteil vom 5. April 1990 VII R 2/89, BFHE 160, 400, BStBl II 1990, 719). Dies ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig. Ebenso ist zu Recht zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass die vom Kläger auf die aus der Einzelveranlagung resultierenden Abschlusszahlungen zur Einkommensteuer 2013 nebst Solidaritätszuschlag entrichteten Teilbeträge von 1.734,00 € und 188,70 € allein dem Kläger zuzurechnen sind.

c) Zwischen den Beteiligten ist nur die Aufteilung der geleisteten Vorauszahlungsbeträge streitig. Insoweit ist der Senat der Auffassung, dass die vom Beklagten im angefochtenen Abrechnungsbescheid vorgenommene Aufteilung zutreffend ist.

Nach ständiger BFH-Rechtsprechung ist nach § 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG derjenige anrechnungsberechtigt, auf dessen Rechnung, nicht aber derjenige, auf dessen Kosten gezahlt worden ist. Es kommt also nicht darauf an, von wem und mit wessen Mitteln gezahlt worden ist, sondern nur darauf, wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem Finanzamt erkennbar ist, getilgt werden sollte (BFH-Urteil vom 26. Juni 2007 VII R 35/06, BFHE 218, 10, BStBl II 2007, 742 BFH-Beschluss vom 13. Mai 2015 VII R 41/14, BFH/NV 2015, 1347).

Ist bei der Zahlung eines Gesamtschuldners kein abweichender Tilgungswille erkennbar, ist in der Regel anzunehmen, dass der Gesamtschuldner nur seine eigene Steuerschuld tilgen wollte. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des BFH bei der Zahlung eines Ehegatten auf die Gesamtschuld der Ehepartner.

Solange die Ehe besteht und die Eheleute nicht dauernd getrennt leben (§ 26 Abs. 1 EStG), ist hier aufgrund der zwischen Ehepartnern bestehenden Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft im Allgemeinen davon auszugehen, dass derjenige Ehegatte, der auf die gemeinsame Steuerschuld zahlt, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen mit ihm zusammen veranlagten Ehegatten begleichen will. Hinsichtlich der Tilgungsabsicht ist unerheblich, welcher der Ehegatten in seiner Person Tatbestände verwirklicht hat, die zum Entstehen der die Eheleute als Gesamtschuldner treffenden Steuerschuld geführt hat. Ob die Ehegatten sich später trennen oder einer der Ehegatten nachträglich die

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Einzelveranlagung nach § 26a EStG beantragt, ist für die Beurteilung der Tilgungsabsicht nicht maßgeblich, denn es kommt nur darauf an, wie sich die Umstände dem Finanzamt zum Zeitpunkt der Zahlung darstellten (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juni 2007, VII R 35/06, BFHE 218, 10, BStBl II 2007, 742). Allerdings kommt eine Erstattung von Vorauszahlungen nach § 36 Abs. 4 Satz 2 EStG bei fehlender Tilgungsbestimmung im Regelfall nur hinsichtlich desjenigen Betrags in Betracht, um den die Vorauszahlungen die Summe der für beide Ehegatten festgesetzten Einkommensteuer übersteigen. Dies gilt sowohl im Fall der Zusammenveranlagung als auch bei Wahl der Einzelveranlagung (bzw.

getrennten Veranlagung) und folgt aus dem Sicherungszweck der Vorauszahlungen (BFH-Urteil vom 22. März 2011 VII R 42/10, BFHE 233, 10, BStBl II 2011, 607; BFH-Beschlüsse vom 13. Mai 2015 VII R 38/14, BFH/NV 2015, 1346, Rn. 11 - 12 juris; vom 13. Mai 2015 VII R 41/14, BFH/NV 2015, 1347, Rn. 15 juris).

d) Diese Grundsätze gelten nach § 1 Abs. 2 Solidaritätszuschlagsgesetz (SolzG) entsprechend für die Anrechnung der Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträge auf den festgesetzten Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer.

3. Von diesen Grundsätzen ausgehend gelangt der Senat zu dem Ergebnis, dass beim Kläger die Vorauszahlungen zur Einkommensteuer und zum Solidaritätszuschlag für das Jahr 2013 nur in dem vom Beklagten vorgenommenen Umfang angerechnet werden können.

a) Zwar lebten der Kläger und die Beigeladene seit […] 2012 getrennt. Das Getrenntleben wurde dem Finanzamt aber - nach dessen Vortrag - erst am 20.

August 2013 bekannt. Soweit der Kläger nun vorträgt, dass das Getrenntleben dem Finanzamt bereits im Juli 2013 bekannt wurde, ändert dies nichts an der Beurteilung, denn auch dieses Datum liegt nach der Zahlung und der Fälligkeit der Vorauszahlungen für das 1. und 2. Vierteljahr und vor denen für das 3. und 4. Vierteljahr.

b) Für die beiden Vorauszahlungen für das 1. und das 2. Vierteljahr 2013 wurden weder vom Kläger noch von der Beigeladenen ausdrückliche Tilgungsbestimmungen getroffen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Überweisung der Vorauszahlungen für das 1. und 2. Vierteljahr 2013 gab es für das Wohnsitzfinanzamt (ebenso wie für den Beklagten) - wegen der fehlenden Kenntnis vom Getrenntleben - keine Veranlassung, einen von den oben (Tz. II.1.c der Urteilsgründe) dargestellten Erfahrungssätzen abweichenden Tilgungswillen anzunehmen. Da im Streitfall die jeweils hälftige Aufteilung der Vorauszahlungen für die beiden ersten Vierteljahre 2013 zu einem Erstattungsanspruch der Beigeladenen führen würde, während der Kläger eine Abschlusszahlung zu leisten hat, sind die Vorauszahlungen allein dem Kläger zuzurechnen. Der Beklagte hat demgemäß im Streitfall zutreffend einen Fall des Nachzahlungsüberhanges angenommen und entsprechend diesen Grundsätzen

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(vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2015, 83; zustimmend BFH-Beschluss vom 13. Mai 2015 VII R 41/14, BFH/NV 2015, 1347, Rn. 15 juris) die beiden Vorauszahlungen für das 1. und 2. Vierteljahr 2013 allein dem Kläger zugerechnet. Diese Handhabung ist auch zu Recht zwischen den Beteiligten nicht streitig.

c) Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Überweisung der Vorauszahlungen für das 3. und 4. Vierteljahr 2013 am 10. September bzw. 9. Dezember 2013 war dem Wohnsitzfinanzamt (ebenso wie dem Beklagten) das Getrenntleben bekannt.

Diese beiden Vorauszahlungen sind jeweils hälftig dem Kläger und der Beigeladenen zuzurechnen.

Zwar führt im Streitfall die hälftige Aufteilung der Vorauszahlungen zu einem Erstattungsanspruch der Beigeladenen, während der Kläger eine höhere Abschlusszahlung zu leisten hat, dennoch sind die Vorauszahlungen nicht dem Kläger allein zuzurechnen. Der Kläger und die Beigeladene haben für die Vorauszahlungen für das 3. und 4. Vierteljahr 2013 explizit keine individuelle Tilgungsbestimmung abgegeben. Demgemäß ist auch für diese beiden Zahlungen ein Fall der erkennbaren individuellen Tilgungsbestimmung anzunehmen (so auch BMF-Schreiben, BStBl I 2015, 83, Tz. 3.2 und Tz. 3.6.2). Ab dem Zeitpunkt, zu dem das dauernde Getrenntleben der Ehegatten dem Finanzamt bekannt geworden ist, ist von dem Erfahrungssatz auszugehen, dass der Zahlende nur auf eigene Rechnung leisten will (BFH-Urteil vom 25. Juli 1989 VII R 118/87, BStBl II 1990, 41; BFH-Beschluss vom 13. Mai 2015 VII R 41/14, BFH/

NV 2015, 1347). Dieser Erfahrungssatz führt im Streitfall dazu, dass diese beiden Zahlungen für das 3. und 4. Vierteljahr 2013 jeweils dem Kläger und der Beigeladenen hälftig zuzurechnen sind. Denn diese beiden Zahlungen stammen von Gemeinschaftskonten (Nr. 00123… und Nr. 20123…), die zum Zeitpunkt der Überweisung dem Kläger und der Beigeladenen gemeinsam zuzurechnen waren […], Zahlende sind demgemäß der Kläger und die Beigeladene jeweils zur Hälfte.

Dass der Kläger nur das Konto Nr. 10123… als das Privat- und Familienkonto bezeichnet hat und dass die Beigeladene nur zu diesem Konto bis zum Zeitpunkt der Trennung eine EC-Karte hatte und Online-Banking ausführen konnte, ist dagegen für die Frage, wen der Beklagte als Zahlenden betrachten kann, ohne Bedeutung. Entscheidend für die Bestimmung des Zahlenden ist, wer über das Konto als Berechtigter verfügen darf und der Bank einen Zahlungsauftrag erteilen kann. Bei einem Gemeinschaftskonto, das als Oder-Konto geführt wird, kann jeder der beiden Berechtigten verfügen (van Look in Claussen, Bank- und Börsenrecht, 5. Aufl. 2014, § 2 Rz. 81 m.w.N., § 4 Rz. 16); im Zeitpunkt der Überweisungen waren dies aber immer noch der Kläger und die Beigeladene, da die Konten erst nach der Scheidung umgeschrieben wurden. Der Kläger und die Beigeladene haben demgemäß die Zahlungen jeweils zur Hälfte als Gesamtschuldner auf die festgesetzten Vorauszahlungen geleistet.

Der Umstand, dass durch die bei der Überweisung verwendeten Angaben zum Verwendungszweck der Betrag für das 3. Vierteljahr der Steuernummer [… / 276

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/ …] gutgeschrieben wurde und der für das 4. Vierteljahr der Steuernummer [… / 195 / …], führt zu keiner unterschiedlichen Beurteilung der beiden Vorauszahlungen. Denn diese neue Steuernummer [… / 195 / …] wurde für eine mögliche spätere Zusammenveranlagung des Klägers und der Beigeladenen im Laufe des Jahres 2013 neu vergeben, da der Kläger auch über Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft verfügt und diese Einkunftsart im Wohnsitzfinanzamt zentralisiert bearbeitet werden sollte. Wegen der späteren Einzelveranlagungen kam es aber für 2013 nicht zu einer Veranlagung unter dieser Steuernummer […

/ 195 / …]. In der Finanzkasse des Beklagten wurden diese beiden Überweisungen vom Computerprogramm des Beklagten in der sog. „Liste der klaren Fälle“ geführt und wurden später mit den ersten beiden Vorauszahlungen für 2013 unter der Steuernummer [… / 195 / …] zusammengeführt […] und von dort für die Einzelveranlagungen auf die Steuernummern des Klägers und der Beigeladenen wie oben ausgeführt umgebucht. Als rein kassentechnische Behandlung ist dieser Vorgang aber für die Bestimmung des Zahlenden ohne Bedeutung.

d) Welche Regelungen der Kläger und die Beigeladene in ihrer Scheidungsvereinbarung vom 6. März 2015 getroffen haben, ist gegenüber der hier vorgenommenen Aufteilung irrelevant. Da eine einmal getroffene Tilgungsbestimmung nicht rückwirkend geändert werden kann, kann es nur auf den für den Beklagten erkennbaren Tilgungswillen zum Zeitpunkt der Zahlung ankommen (BFH-Urteil vom 26. Juni 2007 VII R 35/06, BFHE 218, 10, BStBl II 2007, 742; BFH-Beschluss vom 13. Mai 2015 VII R 41/14, BFH/NV 2015, 1347).

4. Für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines Abrechnungsbescheides sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (Einspruchsentscheidung) maßgebend (BFH-Urteil vom 21. November 2006 VII R 68/05, BFHE 215, 70, BStBl II 2007, 291; Lindwurm in Leopold/Madle/Rader, AO, § 218 AO Rz. 34 [Feb. 2015]) und nicht wie sonst bei Anfechtungsklagen, der Zeitpunkt, in dem die gerichtliche Entscheidung ergeht (Lange in Hübschmann/

Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 100 FGO Rz. 39 [Feb. 2014]). Der Senat teilt demgemäß die anzurechnenden Abzugssteuern und Steuervorauszahlungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen entsprechend den Regelungen des angefochtenen Abrechnungsbescheids auf.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet (§ 139 Abs. 4 FGO); ihr werden auch keine Kosten auferlegt (§ 135 Abs. 3 FGO). Die Beigeladene hat keine Anträge gestellt. Die Revision wird zugelassen (§ 115 Abs.

2 Nr. 2, 1. Alt. FGO).

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